schluesselbund schrieb:Anbei will ich gar nicht bestreiten, dass Stoll leicht depressiv war. Die Darstellung bei XY lässt sicher dieses Bild zu. Dass aber die Krankheit soweit fortgeschritten war, dass eine paranoide-schizoide Psychose vorlag ist eher nicht anzunehmen.
Sorry, aber das was Du hier schreibst ist aus medizinisch-psychiatrischer Sicht einfach nur falsch!
Eine paranoide-schizoide Psychose ist nicht ein von einer Depression vollständig unterschiedliches und eigenständiges Krankheitsbild. Sie ist weder die Steigerung noch die Folge einer Depression. Eine Depression die schlimmer wird endet nicht irgendwann in einer Psychose.
Patienten können an beiden Erkrankungen gleichzeitig oder auch nacheinander erkranken, man kann also durchaus eine paranoide-schizoide Psychose UND eine Depression haben, es kommt aber eher selten vor.
Eine Depression ist eine ernste Erkrankung, die das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen stark beeinflusst. Und eine Depression im medizinisch-psychiatrischer Sinne ist bei weitem nicht das gleiche wie eine schlechte Stimmungslage, eine Antriebslosigkeit, eine Unzufriedenheit mit der beruflichen udn/oder familiären Situation und noch nicht einmal ist es einfach eine tiefe Verzweiflung angesichts mangelnder beruflicher Perspektiven oder anderer externer Faktoren.
Ich finde es absolut unangemessen, mit hier psychiatrische Diagnosen aus dem Handgelenk geschossen werden, ohne dass man sich auch nur annähernd über das Krankheitsbild informiert hat. Gleichzeitig ist man sich aber nicht zu schade, einer Psychiaterin als unseriös und inkompetent abzutun und glaubt, ihre Fachkenntnisse pauschal herabwürdigen zu können.
Sie hat in dem Podcast eben keine Ferndiagnose gestellt, sondern hat nur ausgeführt, dass bestimmte Verhaltensweisen, die Zeugen vor seinem Tod bei Stoll beobachtet haben, durchaus mit den Symptomen, die eine paranoide-schizoide Psychose verursacht, in Einklang zu bringen sind.
Sie hat weder gesagt, dass Stoll an dieser Erkrankung litt noch hat sie gesagt, dass diese ursächlich für seinen Tod war. Und das ist ein sehr großer Unterschied zu dem, was ihr hier immer wieder in den Mund gelegt wird.
schluesselbund schrieb:Da wäre Stoll sicher in ärztlicher Behandlung gewesen.
Und auch das stimmt nicht!
Die wenigsten Patienten sind in der Lage, die Symptome einer Depression oder gar einer paranoid-schizoide Psychose an sich selbst oder ihren Angehörigen zu erkennen und kommen deshalb gerade im Anfangsstadium selber auf die Idee, deswegen einen Arzt geschweige denn einen Facharzt aufzusuchen oder sich anderswo gezielt Hilfe zu suchen.
Bis zu einer Diagnose und vor allem auch zu einer Therapie ist es selbst heute noch oft ein sehr langer Weg mit vielen Umwegen und das, obwohl heute das Wissen über diese Erkrankungen und ihre Symptome sowohl bei den Allgemein- und Hausärzten als auch bei der allgemeinen Bevölkerung sehr viel verbreiteter und besser ist und diese Erkrankungen auch sehr viel breiter als das anerkannt und erkannt sind, was sie sind, nämlich behandlungsbedürftige und -fähige Erkrankungen.
Gerade im Fall Stoll ist es doch so, dass sich sein gesamtes Umfeld, also seine Frau, seine Bekannten in der Kneipe und die alte Bekannte Frau Hellfritz sein Verhalten überhaupt nicht erklären können. In der damaligen Zeit wurde Antriebslosigkeit eher als Faulheit und Leistungsschwäche und Arbeitslosigkeit als persönliches Versagen abgestempelt. Bei einem Benehmen wie dem von Stoll hat man sich eher amüsiert die Köpfe zusammengesteckt und getuschelt, dass der wohl jetzt "total Plemplem" geworden ist und eh schon länger nicht mehr alle Tassen im Schrank hat, also dass man auf die Idee gekommen wäre, dass einem da eine Mensch gegenübersteht, der akut Hilfe benötigt.
Wie kommst Du da auf die Idee, dass wenn Stoll an einer paranoid-schizoiden Psychose gelitten hätte, diese hätte diagnostiziert und behandelt worden sein müssen und das als Argument dafür anzuführen, dass er eben kein hatte.