bb37 schrieb:Es ist bekannt, dass Herr S. schon Wochen vor der Tat Ängste hatte und sich bedroht fühlte. Seiner Familie war es offensichtlich unbekannt, woher dieser Sinneswandel so urplötzlich kam.
Jetzt gehen wir den Tatabend einmal von Anfang an durch!
1. Bedrohung zu Hause- Nein! Ängste und Sorgen- ja!
Können wir schon einmal festhalten, dass das Opfer plötzlich aufgebrochen ist, ohne jegliche erkennbare Gefahr für Frau und Kind
2. Bedrohung im Papillion- Nein! Ängste und Sorgen- jein!
Er kippt im Papillion vom Stuhl, dies wird auch von Zeugen bestätigt. Wahrscheinlich hat das Opfer sich derart in seine Ängste verrannt, dass er somit das Bewußtsein verloren hat. Weitere Informationen hinsichtlich des Papillion gibt es nicht, nur der Zeitpunkt des Verlassens ist uns bekannt.
3. Ankunft bei Frau Hellfritz
Bedrohung- Nein! Ängste (Todesängste) und Sorgen- ja!
Stunden später klingelt er bei der alten Frau Hellfritz und bittet um Einlaß. Er spricht von schlimmen Geschehnissen, die ihm erwarten in dieser Nacht. Sie weist ihn ab und bittet ihn, doch nach Hause zu fahren.
Seine Eltern besucht er nicht, da sie ihn eh nicht verstehen!
Es gibt diese drei wichtigen Punkte im Vorfeld, ehe er an der A45 100 km nördlich gefunden wird.
Was fällt als Erstes auf? Eine ersichtliche Bedrohung für Außenstehende lag zu keiner Zeit vor.
Weiterhin weiß das Opfer am frühen Abend zu Hause und auch in der Nacht in Gegenwart von Frau Hellfritz, dass etwas Schlimmes passieren wird. Jetzt die alles entscheidene Frage, mit der dieser Fall steht und fällt: Woher weiß das spätere Opfer bereits Stunden vorher, dass etwas Schlimmes mit ihm geschehen wird?
Da es, wie beschrieben keine ersichtliche Bedrohung gab, bleibt nur noch eine andere Möglichkeit übrig.
Sicherlich konnten die Bedroher das Opfer beschatten, sehe aber keinen Grund dafür. Wenn es einen Grund gibt, dann sähe die Situation natürlich ganz anders aus. Aber das Restrisiko der Täter, sollten sie diesen Menschen bedroht haben, wäre enorm hoch gewesen.
Wenn man diese Fakten alle aneinander reiht, kann man nicht von einem Kapitalverbrechen ausgehen, sondern eher von einem Suizid oder Unfall. Letzteres sehe ich aufgrund der Nacktheit eher als Ausschlußkriterium, denn es sieht eher so aus, als sollte tatsächlich in der Tatnacht etwas passieren, damit dem Opfer endlich Gehör geschenkt wird.
Eine echte physische Bedrohung (z. B.: Männer stehen unten und blicken zu Stolls Wohnung) gabs in den drei von dir geschilderten Situationen wohl nicht, sicherlich aber ein Bedrohungsgefühl und große Angst. Zwei Alternativen, wie bereits diskutert: Entweder hatte Stoll eine Angststörung mit psychotischen Elementen (Verfolgungswahn) oder das Bedrohungsgefühl beruhte auf früherer realer Bedrohung.
Warum wechseln Stolls zunächst zeitlich unspezifische Aussagen (die geben mir die Schuld, die wollen mir was antun) zu einer zeitlich spezifischen (heute wird was Schlimmes passieren)? Zwischen den beiden Aussagen liegt das Schreiben der Buchstaben Yogtze... Er könnte diese Buchstaben als letzte Warnung interpretiert haben, brauchte aber Zeit, bis er sie kapierte. Nun wieder zwei Möglichkeiten: Entweder haben die Buchstaben einen “harmlosen“ Hintergrund (Traum oder hat Kritzeleien an einer Wand gesehen u.a.) und er interpretiert aufgrund seiner Angststörung eine tödliche Bedrohung für die nächsten Stunden hinein. Oder die Nachricht wurde ihm real zugesandt usw. Auf jeden Fall glaube ich, dass seine Angst durch die Buchstaben noch gesteigert wurde, unabhängig davon, wie sie ihm vermittelt wurden.
Weiter gings dann mit den zwei bereits diskutierten Alternativen: Selbstmord durch Sichüberrollenlassen usw. im Falle der Angststörung oder ein realer Hintergrund, von dem wir nichts wissen. Dass sich jemand nackt überrollen lässt, finde ich merkwürdig, schließlich wird der “durchschnittliche“ Selbstmörder bestrebt sein, seine Würde zu wahren (siehe Barschel, der mit voller Montur in der Badewanne lag). Aber nichts ist unmöglich: In Berlin ist z. B. vor einigen Jahren eine nackte Frau von einem Turm gesprungen. Außerdem hatte ich eine psychisch kranke Nachbarin, die nackt auf die Straße lief.