Mordfall Hinterkaifeck

"Ansonsten könnte man ja alles, was andere Zeitzeugen jemals zu Protokoll gegeben haben, ebenfalls als mal mehr oder weniger wertlos bezeichnen."

Ja, selbstverständlich. Man kann (und soll) alles kritisch lesen und gegenprüfen.

Es wäre - bei welchem Kriminalfall der Welt auch immer - verwunderlich, wenn alle Zeugen immer nur die Wahrheit sagen und sich immer nur richtig erinnern.

@Badesalz und @AngRa

eigentlich müßte doch die Aussage Sellwangers im Augsburger Staatsarchiv vorliegen, wenn zumindest eine Abschrift im Jahre 1948 vorlag.

@Badesalz

dann kann ich konstatieren, daß wir uns im Grunde doch einig sind. Nur hat halt jeder seine eigene Einschätzung, die durchaus gegenüber anderen differieren kann.

wichtige Ergänzung zur Aussage der Sophie F.:

Sie hat diesen "Paarspaziergang" nicht nur 1980 gegenüber Konrad M. geschildert sondern bereits in einem Protokoll vom 17.12.1951 gegenüber der Landpolizei Bayern, Chefdienstelle Schwaben (in ihrer Wohnung) !!

Dort erwähnt sie, daß die kleine Cilli von dem Schulfräulein "Weichert" am Freitag den 31.03.1922 angesprochen wurde, warum sie im Unterricht schlafe.

F.X. Meiendres, 12.8.1948:

"Die beiliegende Vernehmungsniederschrift des mir persönlich unbekannten Oberlehrers Sellwanger von Jesenwang hat die Verdächtigung der Gebrüder Gabriel zum Ziele. Es erscheint mir unklar, warum Sellwanger nicht schon damals, also unmittelbar nach dem Mord seine Angaben gemacht hat. Es wäre wohl von Wichtigkeit, von Sellwanger zu erfahren, in welcher Lage er die Leichen von Hinterkaifeck bei seinem Besuch am 4.4.22 angetroffen hat, bzw. welche Wahrnehmungen er beim Betreten des Anwesens Hinterkaifeck machen konnte. Auch das Verhalten des Schlittenbauer ihm gegenüber wäre wichtig, ferner, was er über die Entdeckung des Mordes und dessen Hintergründe zu sagen weiß. Über die gegen Schlittenbauer vorhandenen Verdachtsgründe ist Sellwanger bestimmt genauestens orientiert, da er damals als Lehrer in Waidhofen tätig war. Das bei dem Mord umgekommene Mädchen im Alter von 7 Jahren war bereits schulpflichtig. Sellwanger könnte als Lehrer darüber Auskunft geben, wann das Kind letztmals in der Schule war, bezw. wieviele Tage es bis zur Entdeckung des Mordes im Unterricht fehlte. Es berührt eigenartig, daß sich Sellwanger über diese wichtigen Punkte ausschweigt und nur nebensächliche Dinge anführt, ohne sie näher zu begründen. Eine nochmalige Einvernahme des Sellwanger dürfte daher als zweckmäßig erscheinen."


Eventuell handelt es sich beim Protokoll der Aussage von Sellwanger um eine Unterlage, die Meiendres quasi zur Bewertung vorgelegt wurden.

Es dürfte sich um eine Aussage der Nachkriegszeit, jedenfalls aber nicht um eine Aussage kurz nach der Tat handeln.
Sellwanger wird als "Oberlehrer" bezeichnet, was er frühestens in den (späten) 30er Jahren gewesen sein dürfte.

@kcefiak

Ob Sellwanger oder "Schulfräulein Weichert" - eine Begebenheit, wie von S.F. erinnert, wäre nicht in den Wänden des Klassenzimmers geblieben.

@Badesalz

ist es ja auch nicht - wie man an den Unterlagen von 1951 und 1980 sieht.

Fazit:

Es bleibt jedem Hinterkaifeckologen selbst überlassen, wie er diese - und andere - Aussagen gewichtet

Georg Sel(l)wanger, *19. Dezember 1893 in Freising

1913 Austritt aus dem Lehrerseminar, gute und befriedigende Noten

1. Okober 1913 bis 30. September 1914 Einjährig-Freiwilliger

1914 - 1917 "Im Kriege"

Ab 1. Mai 1918 "Hilfslehrer" in "Schellenberg", "k. Distriktsschulinspektion Berchtesgaden"


In der - unvollständigen - Personalakte wird der Name mit "Selwanger" wiedergegeben.

@kcefiak

Aber nicht jede Gewichtung kann richtig sein.

@Badesalz

Jau - so ist es !

...letzte Anmerkung:

Ich halte es für wenig wahrscheinlich, daß es nicht auch 1922 eine Aussage bzw. Befragung von Sel(l)wanger gegeben hat.
Man wird wohl wieder bei den berühmt-berüchtigten in Augsburg verbrannten Neuburger Akten landen...

@kcefiak
@Badesalz

Aus dem Augenscheinsprotokoll vom 5.4.1922 geht hervor, dass Wachtmeister Blank die Schule in Waidhofen aufgesucht hat, um sich danach zu erkundigen, wann Cäzilia zuletzt in der Schule war. Dies geschah, um den Tatzeitpunkt besser eingrenzen zu können. Ich gehe davon aus, dass es der Polizei zunächst nur darauf angekommen ist und eine weitere Vernehmung nicht angeordnet wurde.

Meiendres war seit 1931 in der Gendarmerie-Station Hohenwart tätig. Er hat zusammen mit dem Kommissär Peter Schuster vom Gendarmerie-Posten Sandizell 1934 die Ermittlungen gegen die Gabriel Brüder durchgeführt. Die Staatsanwaltschaft Ausburg hatte damals umfangreiche Ermittlungen angeordnet und ich nehme an, dass in dieser Zeit auch der Lehrer Sellwanger zum Mordfall Hinterkaifeck vernommen wurde, um den Verdachtsmomenten gegen die Gabriel-Brüder nachzugehen.



Nochmals zu Sophie Fuchs:

An sich gehe ich schon davon aus, dass auch spätere Aussagen von Zeitzeugen verwertbar sind. Natürlich muss man die Glaubhaftigkeit einer jeden Aussage prüfen.

Sophie Fuchs war zum Tatzeitpunkt halt erst 7 Jahre alt. Ich spreche ihr aber nicht die Fähigkeit ab sich ordnungsgemäß zu erinnern. Durch den schrecklichen Tod der Tischnachbarin mag ihr schon einiges im Gedächtnis haften geblieben sein.

Ich nehme auch nicht ohne Weiteres an, dass sie fabuliert hat. Ich vertraue da uneingeschränkt auf Konrad Müller, der noch mit ihr persönlich gesprochen hat.

Nur, was mir schon nicht gefällt ist der Umstand, dass niemand außer ihr über den Punkt "Paar-Spaziergang, nächtliche Suche" ausgesagt hat. Ich denke, das wäre Tagesgespräch gewesen und alle Gerüchte kommen irgendwann auch der Polizei zu Ohren.

Hinzu kommt, dass ihre Aussagen von 1951 und 1980 in einem wichtigen Punkt widersprüchlich sind, nämlich in dem Punkt, wer denn nun nachts gesucht werden musste, ob es nun Victoria Gabriel oder Cäzilia Gruber war.

Wenn Zeugenaussagen in einem wichtigen Punkt widersprüchlich sind, dann kommen Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen auf. Das ist nun mal so.

Gleichwohl geht von ihrer Aussage für viele Hinterkaifeckologen eine gewisse Faszination aus, der auch ich mich nicht entziehen kann, weil sie etwas über die letzten Tage im Leben der Hinterkaifecker ausgesagt hat und wir doch so gerne darüber etwas wissen würden.

Guten morgen!
Neues zum Mordfall in Volkenschwand findet ihr in der Landshuter Zeitung:

www.Landshuter-Zeitung.de - Aktuelles/Heute

Liebe Grüße aus LA

hideho

Mordfall in Volkenschwand

"........die gezielten und nah aufgebrachten Kopfschüsse bei den weiblichen Opfern lassen auf innere Kälte bei der Tatausführung schließen. Bei Michael M. sieht das anders aus: die Vielzahl der Schnitte und Stiche, die den aufgrund einer Querschnittslähmung wehrlosen Mann verbluten ließen, lässt auf Wut beim Täter schließen. Und Wut könnte ein Indiz für Rache sein. ..........."


....da gibt es schon sehr ineressante Parallelen zum HK-Fall.

@alle,
erinnere ich mich recht, dass Sellwanger erst kurz vor der Tat die Lehrertätigkeit in Waidhofen aufgenommen hatte !? Er könnte demnach nicht allzuviel über die Hinterkaifecker und deren Umfeld, resp. der Nachbarn, gewusst haben, weil er bis dahin woanders gelebt und gearbeitet hatte, hielt sich wohl gerade deshalb mit kritischen Bemerkungen oder Einschätzungen zurück !?
*****
Bernie

@flaucher

Sehe ich auch so......

Nur anstatt Spargelland - Hopfenland

@alle,
Nachtrag: laut unseren Informationen war Sellwanger von April 1921 bis Oktober 1922 an der Schule in Waidhofen tätig. Demnach nur etwa 1 1/2 Jahre !
*****
Bernie

Trotzdem sollte nochmals geforscht werden, ob es nicht doch im Augsburger Staatsarchiv eine Aussage von Georg Sellwanger gibt. Sie war ja 1948, also nach dem Krieg noch vorhanden. Meiendres hatte auch eine erneute Zeugenvernehmung für zweckmäßig erachtet. Auch die Vernehmung des Friseurs Schröffer von Hohenwart, den Sellwanger in seiner Vernehmung erwähnt hatte, hielt Meiendres für zweckmäßig.

@AngRa

Der Friseur Schröffer???????