Mordfall Hinterkaifeck
10.01.2008 um 02:28
Guten Morgen zusammen,
Ich bin neu hier, lese aber schon seit einigen Wochen immer wieder mal stückchenweise mit.
Hier mal meine Anmerkungen/Überlegungen:
1. Fremde auf dem Hof: Es macht durchaus Sinn, dass "streunendes Volk" sich lieber im warmen Heuboden versteckt als (zumal es ja noch Schnee hatte) draußen zu frieren.
2. Reichtum: Die Frage nach dem Ursprung des Geldes kommt ja immer wieder neu auf. Falls es stimmt, dass der Wert des Hauses auf 5000 Mark geschätzt wurde (Ehevertrag Viktoria), dann erscheinen die genannten Summen von 100000 Mark an Wertpapieren, 1800 Mark am Tatort gefundenes Bargeld, geliehenes Geld von 1800 bzw. 3000 Mark, Geldspende von 700 Mark trotz Inflation immens hoch (habt Ihr schon den Geldwert damals 1922 verglichen?). Nur über landwirtschaftliche Arbeit ist dies jedenfalls nicht zu erwirtschaften. Wenn man mehrere größere Erbschaften ausschließen kann, stellt sich die Frage, ob A.G. nicht in irgendwelche krummen Geschäfte verwickelt war (Diebereien, Hehlerei, Wucherei ). Das würde auch erklären, warum er trotz der vielen Spuren auf dem Hof keine Polizei eingeschaltet hat.
3. Motiv: Kürzlich wurde der Sohn der Schlittenbauers als Tatverdächtiger ins Spiel gebracht. Mir persönlich fällt noch die neue Frau Schlittenbauer als passend ein: Nicht nur wurde sie nur als zweite Wahl geheiratet, sie musste auch mit dem Nachbarskind als lebender Liebesbeweis zurechtkommen. Die Geldzahlungen sowie der Tod des eigenen Kindes dürften ihr Übriges beigetragen haben, Frau S. in eine emotional sehr unberechenbare Situation zu bringen. Ich stimme schon zu, dass die Mordart nicht unbedingt weiblich erscheint. Allerdings könnte eine den Grubers/Gabriels bekannte Frau als Täterin die Sorglosigkeit der Hofbewohner erklären, mit der sie anscheinen einzelnd in den Stall gingen. Ein Vorwand könnte evtl gewesen sein, etwas auszuleihen (Werkzeug...), Viktoria begleitete sie und wurde ermordet. Man muss auch bedenken, dass zur damaligen Zeit die Frauen nicht verwöhnt und verhätschelt waren, sie mussten richtig mit anpacken, auch beim Schlachten usw...
4. Verweilen der Täter/ungebetenen Gäste nach dem Mord: Eventuell kommen tatsächlich 2 unterschiedliche Gruppen für die dubiosen Vorfälle in Frage. Der/die Mörder und diejenigen, die sich nach dem Mord um den Hof gekümmert haben. So unwahrscheinlich das auch ist, lässt man diesen Gedanken erst mal zu, so könnten einige Ungereimtheiten sich erklären. Z.B. kann ein Bauer wie L.S. nicht unbemerkt seinen eigenen Hof und einen anderen dazu versorgen, das würde auffallen. Fremde könnten den Hof übers Wochenende noch als günstiges Quartier genützt haben (warm, sicher). Denn am Wochenende, Anfang April und bei Schnee draußen ist es recht unwahrscheinlich, dass Nachbarn ungebeten zu Besuch kommen.
5. Leichenfund
a) Irgendwo wurde mal erwähnt, dass die kleine Cecilia sitzend neben dem Gruber aufgefunden wurde. Ich habe mal in einem Bild gekennzeichnet, wie ich glaube, dies zu erkennen. Unterhalb des Kopfes auf dem Foto meine ich eine gekrümmte rechte Hand mit ausgestrecktem Daumen zusehen (wahrscheinlich die vom alten Bauer).
b) bei dem 2. Bild des Tatortes wurde der alte Bauer zur Seite gedreht (da gibts hier schon ein entsprechendes Bild, das das eindeutig beweist). Dreht man das Foto um 90°, so (denke ich) erkennt man wieder das Gesicht der kleinen Cecilia. Sie wurde demnach bei der Freilegung der anderen Leichen zur Seite gelegt. Der weiße Arm, der früher auch schon diskutiert wurde, würde demnach der alten Gruberin gehören, so dass tatsächlich alle vier Leichen zu sehen wären.
c) Der Stubenwagen des kleinen Josefs wurde ja auch schon näher untersucht und auch ich kann rechts unten ein großes Gesicht ausmachen. Allerdings spricht zum einen die schiere Größe und zum anderen der lachende Gesichtsausdruck dagegen, dass es sich um den kleinen Josef handelt. Auch die Position so nahe am Wagenrand ist nicht zu erkläre. Vielmehr frage ich mich, ob es sich dabei vielleicht um eine Pippe handelt??? Auf dem dazu angehängten Bild könnte links dahinter ein realistischeres Gesichtchen zeigen, mit geschlossenen Augen und offenem Mund.
5. Leben auf dem Dorf damals: Da ich auf dem Dorf groß wurde und viele Geschichten meiner Großeltern noch kenne, darf man nie vergessen, dass das absolut andere Zeiten waren. Die große Liebe auszuleben war garantiert eine Seltenheit, viel eher war eine Ehe einfach eine Versorgungsgemeinschaft. Auch der Nachbarschaftstreit, der laut Zeugenaussagen des L.S. schon nach kurzer Zeit wieder beigelegt war, könnte sich damit erklären. Auch die Nachbarn waren auf einander angewiesen, viel mehr noch als heute. Man brauchte sich um Wache zu schieben, u Werkzeug und Maschinen zusammen anzuschaffen oder auszuleihen, für Arbeiten rund um den Hof. Gerade der alte Gruber als einziger Mann im Haus konnte es sich nicht leisten (wahrscheinlich) seinen nächsten Nachbarn dauerhaft zu vergrämen- Das bringt mich noch zu meinem letzten Punkt: L.S. war ja Ortsvorsteher (was ist da eigentlich der Unterschied zum Bürgermeister? Nur die Größe der Ortschaft?). Früher waren die Leute absolut obrigkeitshörig. Einen Verdacht gegenüber einem Amtsträger auszusprechen, das kostete sicherlich sehr viel Überwindung und konnte v.a. von schlecht situierten Leuten wohl nicht verlangt werden.
6. Andere unbekannte Täter: Könnte es nicht sein, wenn K. Gabriel wirklich schon im Krieg verstorben ist, dass sein/seine ehemaliger/e Kamerad/en die Blutschande gerächt haben? Gute Freunde mussten evtl. was von dem vielen Geld, der schönen Bäuerin und dem Verdacht des Inzests wissen. Was, wenn sie vorbeigekommen sind, um die letzten Erinnerungen/Grüße von K.G. mitzuteilen und feststellten, dass sich V. eher als lustige denn als trauernde Witwe ihr Leben eingerichtet hat. Was m.E. gegen diese Überlegungen spricht ist das liegengelassene Geld. Bei der Menge konnten man sich bestimmt einige Zeit über Wasser halten, so eine Gelegenheit lässte man sich nicht entgehen.
7. Brotzeit des L.S.: Ich habe zwar die Quelle nicht gefunden, in der das ursprünglich erwähnt wurde, trotzdem wurde das ja einige Male als Schuldbeweis aufgefasst. Trockenes Brot gilt bei Übelkeit als Hilfsmittel Ich musste selbst einmal miterleben, dass nach einem Unfall die Notärzte nach dem Anblick eines getöteten Kindes einen Laib Brot zerrissen und es aßen. Solange L.S. also nicht Brotzeit im Sinne von opulentem Mahl zu sich nahm mit Wurst, Rauchfleisch usw. kann man dieses Argument wohl nicht aufrecht erhalten.
Bin gespannt, ob ich alles gut erklärt habe. Die Fotos lade ich gleich nacheinander hoch.
Grüße
Jaska