Mordfall Hinterkaifeck

Mit der Inflation fing es mE so richtig erst nach der Ermordung von Walter Rathenau im Juni 1922 an. Etwas später hat dann eine Zeitung auch einfach mal so 39 Mark gekostet, habe ich mal gelesen.

http://www.kollektives-gedaechtnis.de/texte/weimar/ohe/inflation1923.htm (Archiv-Version vom 29.06.2007)

Nun gut so in der Art hatte ich Recht es fing damal so an !

O.k., ich habe mich gerade schlau gemacht. Eine Unterscheidung zwischen der Reichs-und der Goldmark bestand nur in der Namensgebung. Die Goldmark ersetzte die ursprüngliche Reichsmark in Papierform.

Demnach würde es passen. Die Inflation setzte bereits 1919 ein und erreichte in den Jahren 1922/1923 den absoluten Höhepunkt. Die Inflation bestand zumindest schon in gewissem Umfang....

genau also waren 700 reichsmark mark Goldmark wie auch immer nicht wirklich viel Geld oder sehe ich das jetzt Falsch ?

Zur Ergänzung:
Demnach waren 700 Goldmark wirklich kein großes Vermögenswert.

@mandy

Jetzt haben wir uns aber sowas von überschnitten, aber zumindest hatten wir einen Gedanken :-)

Naja das Thema hätten wir nun geklärt, ich lese ziemlich neu hier habe aber in der Schule damals schon was von dem Mordfall gehört, ich denke Ehrlich gesagt gibt es nicht viel Chancen den aufzuklären da es keine Zeitzeugen mehr gibt, aber ich lese immer wieder gerne über eure neuen Erkenntnisse und finde es echt toll wie ihr das macht !

Hallo,

da geht wohl jetzt einiges durcheinander:

Es bestand sehr wohl eine großer Wertunterschied zwischen Papiermark und Goldmark.

Ich versuche mal mit einer laienhaften Darstellung dies deutlich zu machen:

Papiermark = "fiktiver" Geldwert mit damals extremen Schwankungen (Inflation) !

Goldmark = Wert angelehnt an das Edelmetall Gold und dessen Notierung

Allerdings müßte uns mal ein Spezialist den Wert der Goldmark in dem Zeitraum Oktober 1921 bis März 1922 genauestens darstellen (im Vergleich zur Papiermark und zum heutigen Gegenwert).

Sicher bin ich mir nur, daß die 700 Goldmark damals einen beträchtlichen Wert hatten !

Gruß Kcefiak

HMMMMMM gespannt bin was sonst noch kommt hört sich Interessant an !

@all

Im Film von Kurt Hieber wird erwähnt, dass am 04.04.22 im Haus "Gold- und Silbergeld im Wert von 142.000 Mark (!)" gefunden wurden.

Wir wissen aus dem Aktenmaterial, dass im Hause 1880.- Goldmark und 327.- Silbermark zurückgelassen wurden.

Zusammen mit den eventuell gespendeten 700 Goldmark hätte sich das Gesamtvermögen der HKer also auf 2580 Goldmark und 327.- Silbermark belaufen.

Die 700 Goldmark aus dem Beichtstuhl wären also nach diesem Umrechnungsschema etwa 50.000 Mark wert gewesen.

Unabhängig davon, ob dieses Umrechnungsschema nun realistisch ist und ob Hieber diese Summe nun in Reichmark oder in D-Mark angibt, denke ich, dass es sich um ein für die damalige Zeit in diesem Millieu sehr grosses Vermögen gehandelt hat.
Selbstverständlich muss man sich daher die Frage stellen, ob diese Summe allein durch Einnahmen aus der Landwirtschaft erwirtschaftet worden sein kann.

Ich hatte am 27.11.07 (7.43) schon mal geschrieben, dass insbesondere ab 1920 die Preise für Baumaterialien gestiegen sind, hatte dazu allerdings nur Angaben aus dem Buch "Geschichte der Stadt Hannover". Allerdings gehe ich davon aus, dass man die Preissteigerung auch in Bayern vorgefunden hat.

Ich gehe deshalb davon aus, dass auch die Kosten für den geplanten Neubau des Stalles explodiert sind.

Gerade in dieser Zeit (Weimarer Republik) hat die Rechtsprechung auch das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage geschaffen, d.h. Verträge (geschuldete Geldbeträge) etc. wurden an die inflationäre Entwicklung angepasst. Das könnte auch bedeutsam sein für die Unterhaltszahlung (Abfindungssumme 1919 1800 Mark) für Josef.

Hallo,

gut das das Thema Inflation angeschnitten wurde, denn diese Problematik muß unbedingt ausgeleuchtet werden, um ggf. die Transaktionen des letzten halben Jahres zu deuten.

Ganz wichtig wäre zu wissen, wie die Leute damals die Inflation im Zeitraum 1921 - 1922 empfunden haben.

Nach meinen Recherchen gewann die Inflation (bezogen auf den Verlust der Kaufkraft innerhalb Deutschlands) erst im Verlauf des Jahres 1922 deutlich an Fahrt.

Allerdings war dies vorher offenbar schon deutlich erkennbar an den wesentlich höheren, als die von uns heute gewohnten (und trotzdem tlw. als schmerzhaft empfundenen) Preissteigerungen.

Beispiel: 1 Pfund Butter (Quelle: Internet)

Jahr 1918 = 4,20 Papiermark
Jahr 1919 = 6,20 Papiermark
Jahr 1920 = 15,00 Papiermark
Jahr 1921 = 32,00 Papiermark
Jahr 1922 = 483,00 Papiermark


Ich hätte vor diesem Hintergrund noch eine weitere Theorie der Geldleihen (5000 Mark + 3000 Mark von Z. Starringer und eine Anfrage über 10000 Mark von A.Gruber beim Bürgermeister) neben der "Erpressungstheorie":

Inflationsbereicherung !

und das ging damals so:

Schuldner (v.a. von langfristigen Geldleihen/Krediten) investierten mit dem geliehenen Geld in Sachwerte - zum Beispiel in einen Stallneubau. Zu einem späteren Zeitpunkt wird der Betrag dann - entwertet - unter Beibehaltung des Ursprungsbetrags (nebst gleichbleibenden Zinsen) zurückgezahlt.

Übrigens:

Landwirte "profitierten" von der Geldentwertung dahingehend, daß sie ihre Produkte entsprechend der lfd. Geldentwertung verkauften

Allerdings:

hatten die Hinterkaifecker ein beträchtliches Vermögen in Pfandbriefen angelegt - möglich, daß sie damals arg unter Zugzwang kamen, diese gewinnbringend loszuwerden (Sachwerte)

Frage:

was haltet Ihr von der Hypothese "Inflationsbereicherung" bezogen auf die Hinterkaifecker ? Mir fällt in diesen Zusammenhang der Vermerk auf den Sterbebildchen ein: "räuberisch" (oder "wucherisch" ?) + "In der ganzen Umgegend verachtet".



@hauinolo + MandyJ

Habe gerade in meinen Unterlagen gewühlt - dort fand ich folgende Vergleich:

Im Oktober 1924 waren 57 000 000 000 000 Mark genau 57 Goldmark wert


Gruß Kcefiak

@AngRa

ich möchte auch davon ausgehen, dass infolge dieser Anpassung an die inflationäre Entwicklung auch die Unterhaltszahlung für den kleinen Josef wieder ein Thema wurde. Es hätte nachgebessert werden müssen, falls diese inflationären Anpassungen nicht im Vorfeld vertraglich ausgeschlossen worden sind.

Stimmt diese Einschätzung?

@oldschool70

Deine Einschätzung stimmt. Eine Nachbesserung wäre möglich und notwendig gewesen, eben weil bezüglich des Geldwertes Änderungen eingetreten sind.

@oldschool

Du dürftest mit Deiner Einschätzung recht haben. Jedoch möchte ich nochmal auf den Vergleich Papiermark zur Goldmark zurückkommen. Woher habt ihr diese Informationen, dass die Goldmark einen höheren Wert als die Papiermark hatte?

Meinen Informationen nach zu urteilen, hatte die Goldmark nominal denselben Wert wie Papiermark. Siehe hierzu auch:

Wikipedia: Deutsche Inflation 1914 bis 1923

Ergänzung: Wir müssen glaube ich zwischen Goldmark und Goldmünzen (Feinunzen/Kurantmünzen) unterscheiden. Inwieweit diese Unterscheidung durch Herrn Leuschner getroffen wurde weiß ich nicht.

Gruß Hauinolo

P.S. Bin jetzt wieder weg, melde mich aber später oder morgen wieder!

Hallo

@AngRa

eine Anpassung wäre sicherlich von nöten gewesen. Nur: gab es diese Anpassung bzw. ab wann gab es diese Anpassung ?

Das oben von mir erwähnte Prinzip (Inflationsbereicherung) ist offenbar ein fester Begriff in der Thematik Inflation.

Gruß Kcefiak

Hallo nochmal,

ich möchte ja keine Grundsatzdiskussion einsetzen lassen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mit meiner Einschätzung recht hatte. Nominalwert (der Wert, welcher die Kaufkraft ausdrückt) von einer Papiermark zu einer Goldmarkt 1:1.

Unterscheiden müssen wir zwischen Goldmark und Goldmünzen (Kurantmünzen/Feinunzen), von denen hier aber höchstwahrscheinlich nicht die Rede ist. Demnach würden sich die 700,-- Goldmarkt im Jahre 1921 auf einen nicht wirklich beachtlichen Wert belaufen haben.

Ich lasse mich aber wirklich gerne eines Besseren belehren. Bis demnächst,

Gruß Hauinolo

@hexenholz hat am 20.11.2007 um 06:40:20 auf Seite 448 ausführlich über die Goldmark referiert und auch Umrechnungswerte bis 1915 genannt.

Interessant ist auch die folgende Seite, die sich mit der Berechnung der jeweiligen Kaufkraft beschäftigt:

http://home.arcor.de/fredrik.matthaei/HVV/kaufkraft.htm (Archiv-Version vom 01.10.2007)