@arschimedesJa gut, der Haftbefehl des Amtsgerichts Augsburg wurde aufgehoben.
Zuerst wurde er zwar verhaftet, am 7.5.52, denn man hatte Angst, dass er wegen der zu erwarteten Strafe fliehen würde, siehe unten, aber dann wurde er mit Aufhebung des Haftbefehls vom 30.5.52 freigelassen wegen Verfolgungsverjährung und er deswegen keine Strafe zu erwarten hätte.
Oh Mannomann, warum einfach, wenns kompliziert auch geht.
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. Ingolstadt, den 7.5.1952
Landespolizei Bayern
Chefdienststelle Schwaben
I/Krim.Az.28s 22.10 (S)
Tgb. 206/52
An den Ermittlungsrichter
bei dem Amtsgerichte
in Ingolstadt
Stempel Amtgericht
H a f t !
Betrifft: Gump, Vorname Anton, verh. Rentner, geb. 11.6.1887 in Karlskron,
LK. Neuburg/ D., wohnhaft in Ingolstadt, Griesmühlstraße 5, u.A.
wegen Verdacht des 6 fachen Mordes im Anwesen Hinterkaifeck am 31.3.1922
Anlagen:
Bericht an die StA. Augsburg vom 2.5.1952
Fotokopie der Angaben der Kreszenz Maier vom 1.9.1941
Tatort: Hinterkaifeck, Gde. Wangen, LK. u. AG.Schrobenhausen
Tatzeit: Vermutlich in der Nacht zum 1.4.22
Unter Bezugnahme auf die Äußerungen der Schwester des Verdächtigten Kreszenz Maier, vom 1.9.1941 (s. Fotokopie) ist der im Betreff näher bezeichnete
Anton Gump
dringend verdächtig, mit seinem Bruder, Adolf Gump, geb. 4.12.1889 in Karlskron, verstorben am 29.2.1944 in Würzburg, in der Nacht vom Freitag, den 31.3. auf Samstag den 1.4.1922, die sämtlichen Bewohner (6 Personen) ermordet zu haben.
Die Schwester der beiden Täter, Frau Kreszenz Maier von Augsburg, bezichtigte am Krankenbett ihre beiden Brüder der Täterschaft von Hinterkaifeck. Sie gebrauchte diese Äußerung zwei verschiedenen Geistlichen, welche sie am Krankenlager besucht haben. Ein Geistlicher notierte sich auf Wunsch der Kranken die Angaben, wie sie auf der Fotokopie zu ersehen sind. Im übrigen wird auf den Bericht an die StA. Augsburg vom 2.5.1952 und auf das in Abschrift beiliegende Augenscheinprotokoll vom 4. u. 5.4.1922 der Gerichtskommission des AG. Schrobenhausen hingewiesen. Nach den durchgeführten Ermittlungen stand
1.) Anton Gump zur fraglichen Zeit (Ende März, anfangs April 1922) bei den Deutschen Werken in Ingolstadt (jetzt Despag) in Arbeit. Unterlagen darüber, ob Gump zur kritischen Zeit einige Tage der Arbeit ferngeblieben ist, konnten nicht einwandfrei erbracht werden.
2.) Adolf Gump war zur fraglichen Zeit als Korbmacher in Lande umhergezogen. Konkrete Angaben über seinen damaligen Aufenthalt konnten bis jetzt noch nicht ermittelt werden. Tatsache aber ist, nach Aussage der Zeugin Magdalena Schindler (damalige Geliebte des Adolf Gump), daß Gump und die Schindler auf ihren gemeinsamen durchgeführten Reisen auch in die Gegend von Schrobenhausen usw. gekommen sind. Adolf Gump soll auch nach der Tat alleine in die Gegend von Hinterkaifeck gekommen sein. Adolf Gump ist am 29.2.1944, infolge eines Unglücksfalles, im Reservelazarett I in Würzburg als Unterfeldwebel gestorben.
Anton Gump wurde am 6.5.1952 im Dienstgebäude der Kriminalpolizei Ingolstadt zur Sache von Herrn StA. Dr. Popp, Augsburg, vernommen. Gump stellt jede Teilnahme, und Mitwisserschaft ganz entschieden in Abrede. Er behauptet, in seinem Leben nie in die Gegend von Hinterkaifeck gekommen zu sein, obwohl er in dem etwa eine Gehstunde entfernt liegenden Ort Niederarnbach mehrere Jahre als Dienstknecht beschäftigt war. Außerdem will er den Ort Waidhofen, in welchem die Opfer von Hinterkaifeck beerdigt liegen, nicht wissen.
Gump Anton erscheint nach wie vor der Tat dringend verdächtig. Seine Festnahme, welche am 7.5.52 um 9.30 Uhr erfolgte, war unumgänglich, weil der Gegenstand der Untersuchung ein Verbrechen bildet und außerdem Fluchtgefahr besteht, da anzunehmen ist, daß er sich wegen der Schwere der Tat und der zu erwartenden Strafe durch Flucht dem Gericht entziehen werde. Weiterhin würde er die Freiheit dazu benützen, Zeugen zu unwahren Aussagen inbezug auf sein Alibi usw. zu veranlassen bezw. zu verleiten.
Unterschrift
(Halbedel)
Insp.d.LP.
3 Offene Fragen/Bemerkungen
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B e s c h l u s s
der 1. Strafkammer des Landgerichts Augsburg vom 30. Mai 1952 in dem Strafverfahren gegen G u m p Anton wegen Mordes.
Auf die Beschwerde des Beschuldigten wird der Haftbefehl des Amtsgerichts Augsburg vom 3.5.1952 aufgehoben.
Gründe
Auf Grund der bisherigen Ermittlungsergebnisse bestünde an sich gegen den Beschuldigten zwar ein dringender Tatverdacht bezüglich des dem Beschuldigten durch den Haftbefehl zur Last gelegten Verbrechens. Wegen des Leugnens des Beschuldigten wäre an sich auch Verdunkelungsgefahr zu bejahen. Trotz des Verbrechenscharakters der dem Beschuldigten vorgeworfenen Straftat kann aber im Falle infolge der Aufhebung des Haftbefehls die Gefahr eine Flucht des 65 jährigen, verheirateten Beschuldigten nicht als gegeben erachtet werden, da selbst im Falle einer Überführung des Beschuldigten dessen Bestrafung infolge wegen der inzwischen eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht mehr erfolgen kann.
Die von der Staatsanwaltschaft geltend gemachten Anhaltspunkte dafür, dass die Verfolgungsverjährung nach §67 StGB unterbrochen worden sei, wurden bisher nicht bestätigt. Da nach Sachlage selbst bei einer Überführung des Beschuldigten in einem nach § 66 Abs. II StGB betriebenen Verfahren wegen des Prozesshindernisses der nicht wiederlegten Verfolgungsverjährung lediglich auf die Einstellung des Verfahrens unter Übernahme der Kosten auf die Staatskasse erkannt werden könnte, ist die weitere Aufrechterhaltung des Haftbefehls wegen Fehlens von tatsächlichen Haftgründen nach § 112 StPO nicht gerechtfertigt. Der Haftbefehl des übrigens örtlich unzuständigen AG. Augsburg vom 3.5.1952 ist daher, wenn auch aus anderen, als in der Haftbeschwerde vorgetragenen Gründen, aufzuheben. §§ 112, 125, 115, 304 StPO.