Mordfall Hinterkaifeck
29.10.2018 um 20:19Da doch über die bayerische Einwohnerwehren und deren Bewaffnung (auch nach der Auflösung wurde mehr als die Hälfte der Gewehre NICHT zurückgegeben) offensichtlich ein falsches Verständnis herscht, hier noch weitere Informationen:
Für Anfang 1919 schätzte der bayerische Innenminister Fritz Endres die personelle Stärke der bayerischen Einwohnerwehren auf rund 200.000 Wehrmänner. Für Januar 1920 gab Rudolf Kanzler den Mitgliederbestand mit rund 260.000 und für Mai 1920 mit schon über 300.000 Wehrleuten an.Quelle: Wikipedia: Einwohnerwehr
Grundsätzlich sollte jeder Wehrmann mit einem Gewehr 98 und 50 Patronen und jede Ortswehr mit einem MG und 2000 Patronen ausgerüstet sein. Beschafft wurden die Waffen größtenteils über die Reichswehrbrigade 21 (Brigade Epp) deren Waffenreferent Ernst Röhm eine große Menge an Waffen an die Einwohnerwehr lieferte. Man wollte mit den Waffentransfers den Zugriff der Siegermächte auf die Reichswehrwaffen unterbinden und den Grundstock für eine Neuaufrüstung legen. Bis Oktober 1919 konnten alle südbayerischen Gaue mit ausreichend Waffen, Munition und Wehrmaterial versorgt werden. Escherich gab in seinem unveröffentlichte Manuskript an, dass bis zu diesem Zeitpunkt über „2,5 Mio. Infantriegewehre, 130.000 leichte M.G., 3000 schwere M.G., 100 leichte Feldartillerie-Batterien, eine ganze Reihe 15-cm-Haubitzen und 13-cm-Langrohrkanonen sowie 30 Flugzeuge neuster Bauart 🧐 nach Bayern“ geliefert wurden. Zu diesem Zeitpunkt war die Bewaffnung Nordbayerns noch nicht abgeschlossen. Da aber in ganz Bayern die transferierbaren Waffenbestände zur Neige gingen, wurde der Versuch unternommen, die fehlenden Bestände beim Preußischen Innenministerium anzufordern. Daraufhin setzten sich im Februar 1920 200.000 Gewehre, 10 Mio. Patronen, 3 Panzerwagen und weiteres Wehrmaterial mittels Zug in Bewegung, Richtung der beiden Einwohnerwehr-Waffengroßlager Wasserburg und Erlangen. Somit war es möglich, ganz Bayern mit Waffen auszurüsten.
Wichtigste Waffe war das Gewehr 98 als Langwaffe und die Pistole 08 als Kurzwaffe. Eher selten waren Gewehr 88 (Ortmeier und Klein zeigen allerdings eine Aufnahme mit Wehrmännern, ausgerüstet mit dem G88), Karabiner 98a, Mauserpistole C96 oder Mauserpistole M14.
Erst am 10. März 1920 wurde eine Markierungsanweisung erlassen. Die verwendeten Waffen wurden vor allem mit Brandstempeln (Schaft) mit dem Kürzel E.W.B. bezeichnet. Stoffteile wurden mit Farbstempeln, Metallteile mit Schlagstempeln gekennzeichnet.
Mitte 1921 konnte sich die Reichsregierung dem alliierten Druck nicht mehr widersetzen, bereits im April wurde die Entwaffnung angeordnet. Am 27. Juni 1921 lösten sich die Orgesch und die bayerischen Einwohnerwehren auf. Von den mindestens 350.000 Gewehren wurden nur 169.800 zurückgegeben.