@DerGreif Es stimmt ja, dass die Arbeitshypothese Raubmord einen hohen Stellenwert einnahm.
Das lag daran, dass die Ermittler von entwendetem Geld und von einem vorangegangenen Einbruch ausgingen. Und sie kannten die Gesellschaft, die Arten von Verbreche(r)n, sie wußten, was damals möglich und wahrscheinlich war. Dieses festgestellt sind die folgenden Ermittlungen in diese Richtung nur konsequent und richtig.
Mir ist klar, dass grade aktuell der versuchte Einbruch, die noch weniger greifbaren Vorzeichen wie Nervosität und Angst in Frage gestellt werden, ebenso wie ein Betrag x an Papiergeld, der im Haus vermutlich vorhanden war. Ohne diese Nenner wären sicher die Ermittlungen anders verlaufen.
Andererseits hat man durchaus in der Vergangenheit der Opfer gewühlt, hat gerade den Konflikt um die Vaterschaft des kleinen Josef durchleuchtet. Auch die Mischform von Beziehungstat und Raubmord wurde ausgiebig untersucht, nach Händlern, nach Hamsterern, ehemaligen Knechten, den lokalen Kleinkriminellen...
Für die damaligen Ermittler ergab sich daraus nichts Greifbares. Auch unter Kenntnis aller damals vorhandenen Akten. Auch unter Zugriff auf alle Zeitzeugen. In keine Richtung. Es gab zunächst keine Tatwaffe, keine konkreten Gegenstände, nach denen man hätte suchen können, keine Spuren, die auf eine bestimmte Person hingewiesen hätten.
Übrig blieben nur Indizien, die zu mehreren "Rasterfahndungen" führten und eine Unmenge an gutgemeinten oder selbstsüchtigen "Hinweisen" aus der Bevölkerung, denen allen akribisch nachgegangen wurde.
Tatsache ist, dass wir nicht mal ansatzweise alles über die Ermittlungsschritte und deren Ergebnisse wissen. Dass zu den ca. 3.500 erhaltenen Aktenseiten durchaus noch viele hundert (?) dazugerechnet werden müssen, die vernichtet oder verlegt wurden. Mag sagen: uns steht mitnichten alles zur Verfügung, was es je gab. Und doch steht uns vielleicht in der Gesamtschau ein noch komplexerer Überblick zur Verfügung, weil wir ja verschiedene Bestände zusammenfügen können, die früher nur je 1 Behörde bereitstanden.
Mir ist einfach ein bloßes verwundertes, heutiges Kopfschütteln über die Polizeiarbeit zu pauschal. Wenn man im Archiv sitzt und die Unmengen an Ermittlungssträngen anschaut, die man kaum überblicken kann, wenn man schaut, was da für ein Aufwand betrieben wurde, dann merkt man schnell, dass so ein Urteil dem einfach nicht gerecht wird.
Natürlich wurden Fehler gemacht, natürlich würde man aus heutiger Sicht Dinge anders bewerten oder ausführlicher tun, als wir es aus den erhaltenen Akten herauslesen können. Heute würden auch ganz andere Spuren auffindbar sein.
Die Wahrheit liegt wahrscheinlich wie immer irgendwo zwischen bequem-schlampigen und korrekt-eifrigen unantastbaren Ermittlungen.