Kailahki schrieb:Dem 'Psychogeschwurbel Wiedergutmachung' das womöglich zur heutigen 'Weicheierzeit' passen mag, kann ich für 1922 nun wirklich nicht folgen.
Ich glaube auch, man kann heutige Verhaltensweisen nicht unbedingt auf die Vergangenheit übertragen.
Für uns sind Tote ein Schrecken. Wer möchte seine Großeltern oder Eltern in der eigenen Wohnung aufbahren?
Um 1900 wurden Tote noch im Haus, in der Wohnung aufgebahrt.
Ich habe neulich einen Text über Berliner Mietshäuser gelesen. Da wurde das erwähnt.
Ein Manko damals, wenn man seinen Toten sofort abholen ließ- aufgrund einer Seuche etc.
Irgendwann wurde die Aufbahrung in den eigenen vier Wänden als unhygienisch angesehen und verboten.
Ich bin überzeugt davon, dass der/die Täter darauf achteten, dass jemand, der auf den Hof kommt und die Bewohner sucht, die Toten nicht sofort entdeckt.
Damals war es üblich einfach durch die Fenster zu glotzen, wenn eine Tür nicht geöffnet wurde.
Jedenfalls in ländlichen Regionen.
Wenn man die Zeugenaussagen liest, kommt das ja mehrfach vor.
Ich erinnere mich an das, was der Briefträger erzählte. Er habe den Kinderwagen in der Küche gesehen-und dahinter die geöffnet Tür.
Gesichter abdecken, um die geliebten/verhassten, vertrauten Gesichter nicht anblicken zu müssen....Das kommt mir sehr klischeehaft vor.
Wenn ein verschmähter Liebender die Victoria erschlagen hätte, hätte er ganz einfach das Weite gesucht. Er hätte nicht ihr Gesicht verdeckt. Auch nicht, wenn er etwas gesucht hätte.
Das passt für mich nicht zum bäuerlichen Milieu.
Und man muss sich doch nur mal angucken, wie sie dalagen.
Im Stall wie tote Gegenstände übereinander gestapelt. Eine Tür obendrauf.
Das wirkt nicht sorgsam. Das wirkt brutal und roh.
Das Kleinkind wurde mit einem einzigen Hieb ermordet. Was gerade zur Hand war über den Stubenwagen geworfen, um die Kinderleiche zu verstecken.
Die Magd. Warum wurde denn die verdeckt?- Eine Beziehung kann am wenigsten der Grund sein. Sie war doch erst Stunden zuvor auf den Hof gekommen.
Der Grund für ihre Abdeckung war das Fenster. Wer die Tote von draußen gesehen hätte, hätte Alarm geschlagen. Also wurde hastig ein Oberbett wurde über den ganzen Körper gezogen.
Das Bett wurde auch von einem Besucher gesehen. Das Zimmer wirkte dadurch unordentlich. (Ein Federbett hat ja nichts auf dem Boden zu suchen) Das war´s.
Ich habe keine Ahnung, was passiert ist. Mehrere Lösungen sind möglich.
Nur eins ist mir klar: Der/die Täter haben die Leichen in großer Eile versteckt.
Vielleicht hörten sie ein Geräusch und flüchteten?
Gut möglich, dass einer Schmiere stand und das Signal zum Abhauen gab.
Und ob etwas gestohlen worden ist, weiss man nicht.
Viel blieb zurück-aber was fehlte?
Ich finde durchaus interessant, wenn man sich mit der heutigen Denkungsart dem Fall nähert.
Die Polizeischüler favorisieren eine Lösung. Aber mehr kann es nicht sein.
Es ist wahrscheinlich unmöglich das Selbstverständnis eines Menschen aus dem 19Jh. nachzuvollziehen.
Der Fall ist zu kompliziert.
Es ist ja noch nicht einmal möglich, Tatsachen von Fantasie und Dichtung zu unterscheiden.