Hallo
@jaska jaska schrieb:Pielmayer gibt auch Stegmeier als Zeugen für den fehlenden Hausschlüssel an, zumindest verstehe ich das so:
Ich verstehe hier Deinen Einwand nicht. Das habe ich doch nie bestritten oder anders dargestellt. In meinen letzten Diskussionsbeiträgen ging es um diesen Beitrag von Zilch:
zilch schrieb:Hingegen ist die Befragung von Lorenz Schlittenbauer 1931 eine solche, wo ihm unterstellt wird, er habe sich zu der Schlüsselsituation geäußert, obwohl dazu null Akteninhalt bestanden hat.
Dazu dann mein Beitrag hier:
DerGreif schrieb:Pielmayer bezieht sich hier ausschließlich auf Stegmeier und LS und zwar beide (Plural).
Zilch hat dann nochmal präzisiert, dass es ihm um das Aufschließen mit dem Schlüssel, und nicht um den Schlüsselverlust geht:
zilch schrieb:Ich glaube, das ist missverständlich. Es gibt ja den Aspekt "Schlüsselverlust" und den Aspekt "Öffnen der Haustür mit jenem Schlüssel".
Daraufhin habe ich in diesem Beitrag
DerGreif schrieb:LS ist mindestens noch einmal vernommen worden, und zwar am 25.9.1926,
und diesem Beitrag
DerGreif schrieb:Aber Pielmayer gibt ja aber auch noch an, dass LS sich auch zu dem abgehenden Hausschlüssel geäußert hat. Da er das nicht in der Aussage vom 5.4.1922 tat, kann das dann ja nur in einer späteren uns leider nicht überlieferten Aussage von LS geschehen sein. Wenn das nicht gelegentlich der Skizzenerläuterungen geschah, dann eben in einer weiteren dritten Vernehmung vor dem Bericht von 1926. Sehr wahrscheinlich hatte LS dann auch in diesem Zsammenhang über das Öffnen der Haustüre von innen mit Schlüssel gesprochen. In Betracht kommt schließlich auch noch die von Dir erwähnte Sühneverhandlung, die ja leider auch nicht überliefert ist.
erläutert, dass es Aussagen von LS gab, die Pielmayer vorlagen, uns aber leider nicht mehr, die das Abgehen des Hausschlüssels erwähnen und die daher auch Äußerungen zum Öffnen der Türe mit dem Hausschlüssel enthalten könnten. Darum ging es. Natürlich hat Stegmeier, das mit dem Hausschlüssel auch ausgesagt. Geau das steht ja in meinem ersten Beitrag zu diesem Diskussionsabschnitt mit Zilch.
jaska schrieb:Das mit dem langen Zeitraum zwischen Tat und Auffindung relativiert sich meiner Meinung nach, wenn man sich mit der damaligen Zeit und den Gepflogenheiten beschäftigt und wenn man dazu noch berücksichtigt, dass die HKler als leutscheu beschrieben wurden. Lange Wege, schlechtes Wetter, Wochenende, keine Handys, wenige soziale Kontakte...
Hier stimme ich Dir prinzipiell zu, hatte ich ja auch schon geschrieben:
DerGreif schrieb:Ohne diese Spuren hätte ich dafür noch Verständnis bei der Zurückgezogenheit der HKler,
Aber mit den Einbruchsspuren sieht die Situation eben anders aus. Es will mir schon nicht einleuchten, dass diese Einbruchsgeschichte von den Zeugen, die davon tatsächlich wussten, nicht gleich weiter im Dorf verbreitet wurde, zumal man sich ja auch sonst mit Tratsch nicht zurückhielt. Diese Geschichte betraf ja die Sicherheitssituation von allen. Wenn wir also davon ausgehen, dass diese Spuren existierten unds so wie die Zeugen es beschreiben, weiter gegeben wurden, dann erscheint es mir unwahrscheinlich, dass da wirklich niemand schon früher auf die Idee kam, nachzusehen. Von LS wissen wir auch, dass sein Sohn vom Fehlen der CGa in der Schule wusste. Möglich, dass er das nicht an die Eltern weitergab, aber wie wahrscheinlich ist das, dass das nicht zumindest im Zusammenhang mit den Kaffeehändlern von JD erwähnt wurde? Dann ist das Sigl, der laut seiner Aussage von 1952 ja von den Spuren auch schon am 30.3. von seinem Schwiegervater Stegmeier erfahren haben will. Stegmeier soll sich sogar Sorgen gemacht und ihn explizit gewarnt haben. Und bei Sigl kamen auch die Kaffeehändler vorbei. Und wenn Stegmeier das Sigl erzählt hat, erscheint es mir naheliegend, dass sich diese Information noch weiter hätte verbreiten müssen. Ich kann auch Deine Ansicht nicht teilen, dass die Wege lang waren. Zumindest Gröbern lag gerade mal 500 Meter weg. 500 Meter legt man in sieben Minuten zurück, wenn man normal geht. Wenn man läuft, geht das deutlich schneller. Schwaiger hat ja auch seinem Sohn angeblich von diesen Spuren berichtet, auch wenn wir da nicht genau wissen, wann das war. Insgesamt ist es für mich schwer vorstellbar, dass in dieser kleinen Gemeinschaft eine derartige Bedrohung, wenn sie denn bekannt gewesen wäre, nicht ernst genommen wurde.
Es ist natürlich
absolut möglich, dass es sich so abgespielt hat, wie Du es beschreibst. Aber wenn ich Leute nicht erreiche, die mir noch einen Tag vorher erzählt haben, dass bei ihnen eventuell Einbrecher im Haus sind, dann rufe ich gleich die Polizei und schaue da gerade deshalb nochmal die nächsten Tage vorbei, ob alles in Ordnung ist. Mag sein, dass das andere nicht so machen, aber Deine Beispiele von heute bringen mE für diesen Fall rein gar nichts, es sei denn, da wurde auch vorher schon eingebrochen oder versucht einzubrechen und die Opfer haben das Bekannten erzählt. Das ist ja hier der springende Punkt!
Nicht dass die Opfer
generell spät entdeckt wurden,
sondern dass sie so spät entdeckt wurden,
obwohl diese Einbruchsgeschichte angeblich mindestens vier Personen aus dem Ort bekannt war: LS, Stegmeier, Sigl und Schwaiger. Das
kann Zufall sein, aber ob das in diesem Zusammenhang die wahrscheinlichste Erklärung ist, halte ich für zweifelhaft. Da finde ich es genauso wahrscheinlich, dass es diese Spuren nicht gab, sondern dass sie eine nachträgliche Erfindung von LS sind, eventuell inspiriert von dem Bericht des Monteurs, die sich dann über die Jahre verselbständigt hat.
Das ist auch kein Masterplan, für den man ein verbrecherisches Superhirn haben muss. Dazu muss man nichts weiter tun, als diese Monteursgeschichte in ein etwas anderes Gewand packen und das den Beamten erzählen. Dazu muss man keine fingierten Spuren legen, oder sonst etwas machen. Ein paar Sätze in der Vernehmung und fertig. Ob diese Geschichte noch andere bestätigen, ist auch völlig irrelevant, weil niemand das Gegenteil behaupten, nämlich dass AGr diese Geschichte LS nicht erzählt hat. Schlimmstenfalls hätte er sie eben nur LS erzählt. Dass Stegmeier diese Geschichte dann aufgreift und als Selbsterlebtes weitergibt, ist ein glücklicher Zufall. Das
muss nicht so gewesen sein, ist aber in eben in Betracht zu ziehen. Und die späte Auffindung ist
in diesem konkreten Zusammenhang ein Indiz dafür.
Wenn ich einen historischen Sachverhalt habe, such ich immer nach der Quelle, die zeitlich und örtlich am nächsten dran ist. Für die Spuren im Schnee ist das die Aussage von LS vom 5.4.1922: Da wird diese Geschichte erstmals erwähnt. Prinzipiell wäre LS eine gute Quelle, wenn er eben nicht als potentieller Täter in Betracht käme. Und angesichts des klar ersichtlichen Motivs, bzw. sogar Motivbündels, muss LS als potentieller Täter in Betracht gezogen werden. Das bedeutet auch, dass seine Motivation für die Spurengeschichte unter dieser Annahme eben auch nicht mehr wahrgeitsgetreue Widergabe von Fakten sein muss, sondern auch und gerade eine Lüge darstellen kann, die von seiner möglichen Täterschaft ablenken soll. Um also den Wahrheitsgehalt dieser Aussage zu verifizieren, brauchen wir eine weitere unabhängige Quelle, die diese Aussage bestätigt. Die nächsten Quellen sind sechs verschiedene Zeitungsberichte, die diese Spuren erwähnen. In vier dieser Zeitungsberichte, wird explizit nur ein nicht namentlicher benannter Zeuge für diese Spuren angegeben, wobei zwei dieser Zeitungsberichte in der gleichen Zeitung zu unterschiedlichen Zeitpunkten erschienen sind. In zwei dieser Zeitungsberichte werden vage und unspezifisch Zeugen im Plural erwähnt. Dabei handelt es sich bei einem dieser Zeitungsberichte um einen Leserbrief einer Person, die vor Ort den Tatort gesehen haben will, jedenfalls nicht um einen Reporter. Der andere Zeitungsbericht verwendet auch in anderem Zusammehang den Plural, wo aus anderen Quellen ersichtlich wird, dass für diese Angabe es nur einen Zeugen gibt. Damit sind beide Zeitungsberichte auch aufgrund ihrer Natur als Quelle nicht geeignet, die Aussage unabhängig zu bestätigen, weil es sich eben auch und gerade nur um die Widergabe der Aussage des LS handeln kann. Die nächste Quelle ist die Zusammenfassung Pielmayers von 1926. Er erwähnt als leitender Ermittler in diesem Fall zwei Zeugen für die Spuren im Schnee, LS und Stegmeier. Sicher ist damit, dass Stegmeier irgendwann vor Abfassung dieses Berichts zu den Spuren im Schnee ausgesagt hat. Leider ist aber gerade die Aussage Stegmeiers nicht überliefert, auch nicht das Datum, wann sie getätigt wurde. Da theoretisch auch eine vergleichsweise späte Aussage Stegmeiers in Betracht kommt, die bereits von der Aussage des LS und den Zeitungsberichten im Anschluss kontaminiert worden sein kann, ist ohne das Vorliegen dieser Aussage und einer sicheren Datierung derselben keine Verifizierung der LS-Angaben möglich. Die späten Aussagen sind zeitlich viel zu weit von dem Ereignis entfernt, um als unabhängige Verfizierung herhalten zu können. Hinzu treten weitere Indizien, die an den späten Aussagen zweifeln lassen:
* Die Tatsache, dass Mayers Aussage nicht im Ermittlungsbericht von 1926 erwähnt wird, auch und gerade nicht im Zusammenhang mit den Spuren im Schnee, obwohl er laut eigener Aussage bereits zeitnah vernommen worden war.
* Die Tatsache, dass Sigl die Spuren im Schnee nicht in seiner Aussage von 1922 erwähnt, obwohl er sogar nach Verdächtigen befragt wurde, und er laut eigener Aussage von 1952 von Stegmeier über die Spuren schon am 30.3. informiert wurde.
* Die Tatsache, dass Schwaigers Angaben auch wieder nur aus zweiter Hand stammen.
* Die Tatsache, dass trotz Kenntnis dieses Einbruchs bei mindestens vier Nachbarn und weiteren Indizien für einen Zwischenfall (CGa fehlt in der Schule, die Schirovskys treffen niemanden an, der Postschaffner trifft niemanden an) die Opfer erst so spät gefunden wurden.
Um es noch einmal zu betonen: Die oben gemachten Ausführungen sind kein Beweis dafür, dass die Spuren im Schnee nicht existiert haben. Aber sie sind absolut hinreichend, um eben Zweifel daran aufkommen zu lassen, die dazu führen, dass man beide Varianten berücksichtigen muss: Einmal die Existenz der Spuren, eimal deren Erfindung durch LS. Das gilt solange, bis doch noch eine weitere zeitnahe unabhängige Quelle diese Aussagen bestätigt, bspw. die Aussage Stegmeiers, sofern zeitnah erfolgt, oder die Aussage Mayers, die Goldhofer wahrscheinlich 1922 aufgenommen haben soll.
Generell sollte man immer unterscheiden: Was ist gesicherter Fakt und was ist nicht gesichert, aber möglich, was eben auch manchmal zwei verschiedene Varianten beinhalten kann. Das sind nicht immer binäre Entscheidungen und Wahrscheinlichkeiten festzulegen ist in diesen Fällen auch immer sehr schwierig und entspringt meist rein subjektiven Wertungen.
Mich würde immer noch ganz ehrlich Deine Meinung hierzu interessieren: Unterstellt die Spuren gab es, so wie sie von LS berichtet wurden, wie kamen diese ganzen Spuren zustande? Was ist da Deiner Meinung nach passiert?
LG
G.