@flaucherIch gebe ihnen in vielen Punkten Recht. Es läßt sich im Nachhinein auch nur schwer sagen wer denn angefangen hat und wer dann vorsorglich als erstes zurück geschlagen hat. Es ist aber vereinfacht gesagt so, wenn ich den LS suche werde ich immer nur den LS finden. Ich habe eigentlich schon vor geraumer Zeit aufgehört einen bestimmten Täter / Täterkreis zu verdächtigen. Nichts desto Trotz habe ich mich genauso emotional mitreißen lassen, wie es sehr vielen an der Diskussion beteiligten immer wieder passiert.
Es ist tatsächlich notwendig die Persönlichkeitsstruktur des/der Täter, die Vorgeschichte und den Charakter der Tat herauszuarbeiten, um dann den Kreis der Tatverdächtigen einzuengen. Im Idealfall auf einen Tatverdächtigen – der dann nach bestem Wissen und Gewissen auch Täter genannt werden darf. Ich selbst habe mir vorgenommen an dem Punkt, an dem ich ein Verständnis für die Ursachen und die im Tatgeschehen verwickelten Personen/Charaktere entwickelt habe aufzuhören. Woran ich mich methodisch orientiere habe ich in einigen der letzten Beiträge versucht zu schildern.
@pilvaxSie haben mir vorgeworfen, ich hätte den Fall Tim Thode, der sie so sehr beeindruckt hat, nicht gelesen. Da ich vergleichende Fallanalyse durchaus für legitim, sinnvoll, nützlich und richtig halte, habe ich mir die gefühlt 5,34m Text selbstverständlich gegeben. Nur habe ich diesen Text eben nicht eingebracht. Es kann deshalb auch nicht von mir gefordert werden mich dazu zu äußern. Die Haare hat es mir an keiner Stelle aufgestellt.
@allKurz, weil eben hier notwendig, was spricht für eine geplante Tat:
- Vorbereitungshandlungen für die Tat
- Konstellation der Tatsituation auf den Täter
- Zielgerichtete Gestaltung des Tatablaufs vorwiegend durch den Täter
- Komplexer Handlungsablauf in unterschiedlichen Etappen
- Länger hingezogenes Tatgeschehen
Gerade im direkten Vergleich mit dem Fall Tim Thode zeigt sich, wie sich ein Täter über längere Zeit immer weiter in eine Planung steigern kann, bis es geradezu zwangsläufig zur Tatausführung kommt. Gerade die Komplexität des Gesamtgeschehens in beiden Fällen verstellte und verstellt immer wieder den Blick auf die dann doch primitive und simple aber auch phantasievolle Vorgehensweise. Es handelte sich aber in beiden Fällen um keine fundierte Planung mit Berücksichtigung aller Eventualitäten. Die immer konkreter werdenden Phantasien kondensierten gleichsam in der Tat selbst. Inwieweit dies auch für Hk gilt muß einstweilen dahin gestellt bleiben.
Jetzt der analytische Teil:
Ich versuche die Tötungshandlungen in Sequenzen aufzuteilen und komme zu dem Schluß, dass Andreas Gruber das erste Opfer war. Seine spärliche Kleidung spricht nicht dagegen. Es kann von bedrohlichen Ereignissen im Vorfeld der Tat ausgegangen werden und es wäre eher sonderbar angesichts der Mentalität und Zeitumstände, wenn eine der Frauen zum Nachsehen (von was auch immer) gegangen wäre. Grund für meine Annahme ist auch die vergleichsweise Schwere der Kopfverletzung. Der Täter konnte nur beim ersten Opfer überraschend und nachhaltig wirksam zuschlagen. Bei den weiteren Opfern im Stadel läßt sich die geringe Wirkung der Tatwaffe im Verein mit der Häufigkeit der Kopfverletzungen nur mit einem Kampfgeschehen erklären. Auch die für mich deutlich erkennbaren Verletzungen der auf den Fotos sichtbaren Unterarme der beiden erwachsenen Frauen, sowie das beschriebene unstrukturierte Verletzungsbild bei dem Mädchen sprechen dafür. Die erkennbaren Schwellungen sprechen auch dafür das keines der weiblichen Opfer im Stadel sofort tot war.
Dies ist eine Arbeitshypothese, die ich zum weitestgehend authentischen Nachvollziehen des Tatgeschehens aufstelle. Meine Hypothese geht davon aus, dass die Tat im Stadel ihren Anfang nahm, die Magd im Verlauf das nächste Opfer war und zum Ende das Kleinkind erschlagen wurde.
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Da meine Beiträge nicht tendenziell sein sollen und auch der Vollständigkeit halber, noch alle Kriterien die nach Henning Saß (
http://www.ukaachen.de/go/show?ID=16099397&DV=0&COMP=page&ALTNAVID=16099139&ALTNAVDV=0 ) für eine Affekttat sprechen.
Spezifische Vorgeschichte und Tatanlaufzeit
Affektive Ausgangssituation mit Tatbereitschaft
Psychopathologische Disposition der Persönlichkeit
Konstellative Faktoren
Enger Zusammenhang Provokation – Erregung – Tat
Abrupter elementarer Tatablauf ohne Sicherungstendenzen
Einengung des Wahrnehmungsfeldes und der seelischen Abläufe
Vegetative psychomotorische und psychische Begleiterscheinungen heftiger Affekterregung
Charakteristischer Affektauf- und -abbau
Folgeverhalten mit schwerer Erschütterung