Vercingetorix schrieb:Bleiben wir doch einfach bei der naheliegenden und wahrscheinlichsten Möglichkeit. Schlittenbauer war der Vater von Joseph und er hat das auch gewusst. Die Geschichte wie es zu dem Verhältnis zwischen ihm und Viktoria kam ist erfunden.
Zustimmung. Dafür spricht auch, daß er die im Verhör angegebene Version, das Verhältnis habe kurz nach dem Tod seiner Frau im Sommer 1918 nur einige Wochen lang bestanden, nicht bei der Vaterschaftsfeststellung ins Feld geführt hat. Denn daß er, falls diese Version stimmen sollte, unmöglich der Vater des m.W. Anfang September 1919 geborenen Josef hätte sein können, wird wohl auch ihm klar gewesen sein. Stattdessen stellte er die Behauptung auf, Viktoria habe ihm die erneute Blutschande um den Empfängniszeitraum gestanden, d.h. er hat die sog. Mehrverkehrseinrede erhoben. Aus den Umständen ergibt sich, daß Viktoria dies vor Gericht bestritten haben muß, denn andernfalls wäre ihr Vater nicht freigesprochen worden.
canales schrieb:Wurde M. Asam eingezogen oder meldete er sich freiwillig?
In seiner Kriegsstammrolle wird sein Dienstgrad mit Ldst. (Landsturmmann) angegeben, von einer freiwilligen Meldung ist dort nichts vermerkt.
Bezüglich der Anzeige im Jahre 1915 könnte ich mir schon vorstellen, daß die Familie Gabriel ein Motiv dafür gehabt hätte. Nachdem ihr Sohn auf Hinterkaifeck alles andere als gut behandelt worden war (er habe sich ja darüber beschwert, daß die Leute so geizig seien, daß es oftmals nicht mal ein Mittagessen gebe), sowie nach dessen Soldatentod und der angeblichen kaltherzigen und rohen Reaktion der Schwiegermutter darauf ("nun ist die Ehescheidung schon da") und nachdem ihr neugeborenes Enkeltöchterchen dann noch beim Erbe übergangen worden war (der Erbschein wurde ja erst nach dem Mord als falsch erkannt und eingezogen), wäre das wohl Grund genug gewesen, die Familie Gabriel auf die Palme zu bringen.
Es fragt sich nur, wie diese die Blutschande im fraglichen Zeitraum hätte beweisen können. Es könnte wohl sein, daß Viktoria ihrem Ehemann darüber berichtet hätte und dieser dann wiederum seinen Eltern und Geschwistern, doch wäre diese Kenntnis nur vom Hörensagen gekommen und Karl Gabriel selbst war inzwischen ja gefallen.
Denkbar wäre auch, daß Martin Asam als auf dem Hofe lebender Zeuge vernommen worden ist und wenn sich dieser durch seine Halbschwester und deren Eltern ums Erbe geprellt gefühlt haben sollte, wäre es wohl möglich, daß er belastende Aussagen über seine Beobachtungen der Zustände auf dem Hof gemacht hätte.
Eine weitere Möglichkeit wäre auch, daß die erste Ehefrau von Lorenz Schlittenbauer als Zeugin gehört worden ist. Dazu hätte wohl genügt, daß die Anzeigeerstatter in ihrer Anzeige darauf hingewiesen hätten, daß Viktoria Gabriel ihr seinerzeit die Blutschande gestanden haben soll. Sowas spricht sich in einem solchen Kaff bekanntlich herum wie ein Lauffeuer und könnte somit auch den Gabriels bekannt geworden sein.