Mordfall Hinterkaifeck
04.03.2009 um 18:35
Hier noch die letzten Punkte Ulrich/Leuschner im Vergleich.
Zu eins bis zehn siehe hier am 25.02.2008, 15:36h, 16:15h und 16:49h.
Ulrich, Nr. 11:
"Der Mörder muß bekannt gewesen sein auf dem Hof. Der Hund hat ihn ja nicht gemeldet. Auf dem Heuboden wurden zwei im Heu eingesessene Stellen gefunden, woraus man schloss, dass es sich um zwei Mörder handle. Unterstützt sollte das angeblich dadurch werden, dass man zwei Dachziegel aufgestellt fand, die den beiden Verbrechern dazu gedient haben sollen, nach anderen Besuchern des Hauses auszuspähen. Verständlich wird diese Sache aber erst dann, wenn man an eine Blickverbindung zum Dach des nächsten sichtbaren Hofes denkt. Das war der Schlittenbauers."
Leuschner, Punkt 3:
"Der Mörder muß auf der Einöde bekannt gewesen sein. Der Hund hat ihn ja nicht gemeldet."
Ulrich, Nr. 12:
"Schlittenbauer ist seinerzeit nicht so vernommen worden, wie es richtig gewesen wäre. Es steht fest, dass der untersuchende Kriminalbeamte von der Münchner Mordkommission Rauchfleisch von ihm angenommen hat. Der Staatsanwalt Renner wiederum hat erklärt, es sei unmöglich, dass Lorenz Schlittenbauer der Mörder sein könnte: "Kein Vater bringt es übers Herz, sein Kind so bestialisch zuzurichten. Das hätte er bestimmt geschont." (Schon um sich damit in besonderen Verdacht zu bringen.) Es ist nicht notwendig auf die Naivität dieser Gründe einzugehen, da ja Schlittenbauer gar nicht der Vater des Kindes war. Gerade dieses Kind muss er ja besonders gehasst haben. Zur Rückversicherung, falls es vielleicht doch sein Kind sein konnte, die Kerzen.
Dazu gibt es bei Leuschner keine Entsprechung.
Ulrich, Nr. 13:
Zuletzt kommt die Frage nach dem Motiv. Weder Eifersucht noch Raublust hätten ein solches Verbrechen zustande gebracht. Der Mord war genauestens vorbereitet, von jemand, der genau Bescheid wusste im Haus, zu einer Zeit, als Regen oder Schnee bevorstand, der die Spuren beseitigen konnte, was dann auch eintraf. Das Wichtigste wurde bisher nicht erwähnt: Es fehlte weder Geld noch Geldeswert in dem Haus. Zwei Töpfe mit Gold und Silbermünzen waren in der Zeit der Inflation ein solcher Schatz, dass jeder Verbrecher diese Gelegenheit ergriffen hätte, es sei denn, er habe aus "ehrenhaften" Motiven gehandelt.
Man kann nicht erwidern, die Mörder hätten vielleicht in Hast gehandelt und diese Töpfe übersehen, denn sie haben ja noch drei Tage nach dem Mord das Vieh gefüttert. Um die Menschen und ihre Güter hat man sich nicht gekümmert. Auch das spricht dafür, dass sich die Mörder nicht drei Tage im Haus aufgehalten haben, sondern dass das Vieh von jemand gefüttert wurde, der ein oder zweimal am Tag extra deswegen hinging. Wagen konnte das nur jemand, der in dieser Gegend absolut unverdächtig war, ein Nachbar.
Sechs Menschen einen nach dem andern abzuschlachten wie es hier geschah, ohne dass sich nicht das Gewissen regen würde, dass der Plan nicht Fehler bekommen würde, das ist nur möglich, wenn sich der Täter im Recht glaubt, dann also, wenn persönliche Rache im Spiel ist.
Wir wissen von Schlittenbauer, dass er gedroht hat: "Ich zeige den Alten an. Jetzt kommt er mir wegen Blutschande dran. Dem brock ich ein, dass er gleich drin bleibt." Trotzdem hat er nachher die Vaterschaft anerkannt und damit seine bereits vollzogene Anzeige selber ad absurdum geführt, sodass der alte Gruber freikam. Die tausend Mark, die Schlittenbauer dafür bekam, musste er damals an die Gerichtskasse zahlen. Er hatte daran keinen Verdienst. Warum also tat er es trotzdem? Er hatte sich wieder mal einseifen lassen. Man hatte ihm Viktoria versprochen, aber der alte Gruber hatte seine Tochter dann doch nicht hergeben wollen. Wenn wir in Lorenz Schlittenbauer den Rächer seiner Ehre und darüber hinaus den Rächer, der diese Sippschaft der Schande auslöschte, sehen wollen, dann haben wir ein stichhaltiges Motiv und einen Mörder, der fähig ist, dieses ganze Blut zu vergiessen. Ein Mann, der im Recht ist, wenn er einen anderen tötet, braucht diese Tat auch nicht zu beichten. Sie bedrückt ihn ja nicht. Im Gegenteil, der fühlt sich als Held."
Dies entspricht in Teilen den Punkten 4, 5, 6 und 7 bei Leuschner.
Die Veränderungen von Leuschner sind hier nicht so signifikant, daß ich sie einzeln anführe.
Bemerkenswert ist aber weiter das, was weggelassen wurde.
Es kann ja (fast) jeder selber vergleichen. Die meisten User dürften das Buch von Peter Leuschner parat haben.