Vielen Dank für den Hinweis mit dem Fernsehbeitrag,
@fassbinder1925! Ich bin leider noch nicht dazu gekommen, ihn anzuschauen, hoffe aber, dass ich zeitnah dazu komme.
Darkmimi schrieb:Mir fällt es nur schwer sich in die Situation von S. hineinzuversetzen.
Wenn ich unschuldig wäre und werde trotzdem zu 9 Jahren haft verurteilt, dann - glaube ich - wären mir irgendwelche Ratschläge Wurst. Ich würde blärren dass ich unschuldig bin.
Mir ist dazu ein Zitat eines Mitgefangenen von ST im Gedächtnis geblieben:
ST sei fest davon überzeugt, dass das Gericht die Wahrheit herausfinden würde und er dann freigesprochen wird.
Wie man mit einer solchen Situation umgeht, ist natürlich von Mensch zu Mensch verschieden. Zudem wissen wir auch nicht wirklich, wie und ob es ihn umtreibt. Laut Mitgefangenem hält er sich an diesem Vertrauen in die Justiz fest und wird dabei sicherlich von Familie und seiner Anwältin gestützt, da diese ihn ja ebenfalls für unschuldig halten.
Zudem wurde während des Prozesses (sinngemäß) erwähnt, dass ihm die Zeit im Gefängnis hinsichtlich des Reifungsprozesses gut getan hätte. Je nach Persönlichkeitsstruktur kommt es nicht allzu selten vor, dass Menschen mit den klaren Regeln und Abläufen im Gefängnis besser zurecht kommen, als in einem unstrukturierten Leben in Freiheit. Damit will ich jetzt nicht sagen, dass es toll ist, im Gefängnis zu sein - sondern einfach, dass manche Menschen Strukturen brauchen, die sie selbst nicht herzustellen vermögen und sich dann gut zurecht finden, wenn ihnen diese Strukturen von außen vorgegeben werden.
Lento schrieb:was war eigentlich der wirkliche Grund, denn die sogenannte "Qualitätssicherung " sollte nach 2 Monaten doch abgeschlossen sein. Ja, die Qualität ist imo schlecht, aber das kann man später nicht mehr ändern)
Die Qualität ist in der Tat sehr schlecht gewesen. An einigen Stellen sind die Klarnamen von Zeugen nicht geschwärzt worden und ich könnte mir vorstellen, dass es auch wegen solcher Fehler wieder rausgenommen wurde.
peoplesplace schrieb:Schwer belastet wurde Sebastian T. durch seine eigenen Angaben bei der Polizei. In der Vernehmung vermutete er noch einen Tag vor den Presseberichten, Hanna könnte mit einem Stein niedergeschlagen worden sein. „Das konnte nur der Täter wissen“, so die Richter.
Grillage schrieb:Das Gutachten hat ergeben, dass er keine Intelligenzeinschränkungen hat. Er hat einen Führerschein, absolvierte recht erfolgreich eine Ausbildung im handwerklichen Bereich und darf per Wahl imitbestimmen, wer dieses Land regieren soll. Da muss man ihm dann eben auch zutrauen, dass er, wenn die Polizei ihn befragt, in der Lage ist, wahrheitsgemäß zu antworten.
Irgendwie wird er hier immer als grenzdebil beschrieben, wenn es gerade in den Kram passt. Ist er laut Gutachten aber eben nicht.
Im Laufe dieser Diskussion ist ja bereits sehr deutlich geworden, dass man angesichts der Prozess- und Beweisführung geteilter Meinung darüber sein kann, ob hier ein gerechtes Urteil getroffen wurde, oder nicht.
Womit ich in Bezug auf die Geständnisse und die Hauptbelastungszeugin die größten Probleme habe ist, dass wir den Gesprächsablauf nicht beurteilen können, der letztlich die für die Polizei handlungsleitenden Informationen hervorgebracht habe. Damit will ich in keinster Weise unterstellen, dass vorsätzlich Geständnisse o.ä. erzwungen worden wären, wie das etwa im Rupp-Fall vorgekommen ist.
Trotzdem ist Kommunikation einfach sehr mächtig. Und die Aussagesituationen sowie die Textnachrichten der Hauptbelastungszeugin zeigen, dass sie die Vernehmungssituation und die Aussagen der Beamten vielleicht subjektiv etwas verzerrt wahrgenommen hat ("Ich bin jetzt mit beschuldigt" / "Ich brauche einen Anwalt" / "Ich muss in U-Haft"...).
Und ich kann mir auch vorstellen, dass eine solche Vernehmungssituation mit ggbfs. mehreren Rückfragen auch für ST schwierig zu meistern war. Das hat auch nichts mit irgendeinem Intelligenzkonstrukt zu tun.
Bei der Formulierung der Tathergangshypothese klingt es für mich so, als hätte es wohl mehrere Rückfragen durch die Beamten gegeben (genau weiß ich das natürlich nicht, siehe Grundproblematik oben). Auf die Frage nach der Tatwaffe hat er ja zunächst geantwortet, es sei etwas gewesen, was er (der Täter) schon im Auto hatte. Erst danach kam der Stein ins Spiel. Hat er den selbst noch genannt? Wurde nochmal genauer nachgefragt? Wollte er es in der Situation "gut machen" und Antworten für die Beamten liefern, weil er dachte, das gehört sich so?
Für mich persönlich ist die Sache nicht ganz so klar.