Hanna W. tot aus der Prien geborgen
23.11.2023 um 23:10
Bericht vom 23.11.
Heute war nach länger Zeit der Andrang wieder ziemlich groß, was aber natürlich zu erwarten war.
Der Verhandlungstag begann verzögert, da sich die Erste Zeugin verspätete.
Es handelte sich hierbei um eine ältere Dame, die als Leichenbeschauerin nach Kaltenbach gerufen wurde. Es waren Feuerwehr, Polizei und die Kripo schon anwesend.
Der Zeugin kam merkwürdig vor, dass H. keine Hose anhatte und diese über die geschlossenen Schuhe gegangen sein muss und der Slip regelrecht gesessen ist.
Aus Sorge vor Schaulustigen gab es keine Blutentnahme und Temperaturmessung in Kaltenbach, sondern sie wurde nach Prien zu einer „Firma“ gebracht, ich vermute ein Bestattungsinstitut. Später wurde sie gefragt, ob sie Schaulustige gesehen hätte, sie meinte nein, da die Polizei weiträumig abgeriegelt hat. Auch sei am Körper die Leichenstarre eingetreten.
Die Zeugin erinnerte Blaue Flecken, die ihr seltsam vorkamen, da diese wohl vor dem Tod entstanden sein mussten. Es meinte dann der Verteidiger Dr. Frank, dass er ein bisschen gegoogelt hätte und es dort heißt, dass solche Verletzungen schon nach dem Tod entstehen können. Die Ärztin entgegnete, ja das schon aber nicht solche „Griffspuren.“ Kann sein, dass ich einfach nicht ganz mitgekommen bin, aber so wirklich verstanden habe ich nicht, was da jetzt genau sich unterscheidet und was das überhaupt sein soll.
Sie wurde gefragt, wie die Haarlänge der Verstorbenen war. Die Zeugin meinten es waren lange Haare. Die Richterin habe ich so verstanden, dass sie eher kurz gewesen wären. Was mich zwar auch wundern würde, da sie mir auf dem einen Foto eher sehr lang scheinen, aber die Beschauerin wusste nicht mehr zu sagen, dass sie verfilzt waren.
An einer Stelle hat die Zeugin gesagt „Man wusste ja nicht, dass es sich um einen Mord handelt.“ Da würde ich sogar soweit gehen, dass sie das wirklich genauestens so gesagt hat. Verteidigerin Rick fragte ein paar Minuten später, woher sie das nun jetzt wüsste, dass es sich um einen handelt. Mit dem Zitat vorausgestellt. Die Beschauerin meinte, dass schließt sie daraus, da man ja hier in einem Mordprozess sei. Worauf sich die Vorsitzende einschaltete und sagte „Die Zeugin hat gesagt, sie weiß es nicht.“ Frau Rick verneinte und sagte nochmal das Zitat. Die Richterin wurde lauter und sagte zur Anwältin sie hätte doch sich verpflichtet ein faires Organ der Rechtspflege zu sein. Die Anwältin entgegnete „Sie auch.“ Die Richterin meinte Rick hätte angeblich schon mehrmals von ihr ermahnt müssen, da sie falsch vorhalte. Und sie müsse wenn es so weitergeht bald mal Abmahnungen geben. Frau Rick wirkt irritiert: „Wie wollen sie mich den abmahnen wir sind doch hier nicht im Arbeitsrecht.“ Bisher war mir ja die Richterin eigentlich sympathisch, auch wenn zumindest spätestens ab dem Dritten Mal ihre Aussageaufforderungen seltsam gewirkt haben, aber das ging überhaupt nicht.
Es ging dann erstmal in eine Pause. Davor wurde noch diskutiert wie es mit den Fotos von der Obduktion gemacht werden sollen, da eine Sachverständige meinte, es ist schwierig wenn alle um einen Laptop rumstehen. Die Vorsitzende sagte, es würde ihr sehr widersprechen die Obduktionsbilder an die Leinwand zu projizieren. Eine Obduktion mag auch noch was Anderes sein als der Leichnam so, aber das war schon etwas seltsam.
Es folgte die Toxikologische Rechtsmedizinerin.
Sie stellte in dem Körper des Opfers Koffein, Ibuprofen und Chinin fest. Weiter schickte sie zur Feststellung von Drogen, genau gesagt „Designerdrogen“ eine Probe nach Freiburg. Darunter verstehen sie „Designer-Benzodiazepine und „Designer-Opioide“, wie „Designer-Fentanyl“. Dies verlief negativ. Auch wurde kein synthetisches Cannabis, generell keine Cannabisprodukte und auch kein GHB entdeckt. Auch auf Halluzinogene,wie explizit erwähnt „LSD und LSA“ und MagicMushrooms“ wurde getestet und verlief negativ. Die gängigen Partydrogen, die auch auf Mainstream-Musik genommen werden wie Kokain, Amphetamin, Metaamphetamin, Ketamin, Mephedrone und leichtere Halluzinogene wie „2-CB“ wurden hingegen gar nicht erst von ihr erwähnt. Finde ich ein bisschen seltsam, zumal das Andere mehrfach aufgezählt wurde. Aber wer kennt sie nicht die entweder freiwilligen oder untergemischten Fentanyl-Partys im Eiskeller. Da dürfte man nicht mal mehr die dortige Straße bei dem Alkoholkonsum schaffen. Zumal es mich wundern würde wenn es „Design-Fentanyl gibt.“ Bin zwar kein Mediziner und Pharmazeut und auch nehme ich keine Opioide, aber davon hätte ich noch nicht gehört, zumal das ja schon vollsynthetisch ist. Aber das wurde wahrscheinlich nicht in Freiburg gemacht sondern so und nicht aufgezählt. Also es wurden wohl keinerlei illegale Drogen im Körper gefunden. Auch kein Äther. Der Promillewert lag, wie bekannt bei 2,06 Promille.
Die Sachverständige geht davon aus, dass bei diesem Wert eine Beeinträchtigung der Wahrnehmung anzunehmen ist, aber bei H. keine komplette Aufhebung davon geschehen ist. Sie zitiert den Freundeskreis, dass sie einiges vertragen haben und es nie zu kompletten Ausfällen kam, sondern sie immer noch gut drauf war. Sie erwähnte die eine Zeugin, die aussagte, Hanna hätte gelallt, es sei jedoch kein großer Dialog zwischen den beiden entstanden.
Bei dem erwähnten Ibuprofen sei wenige Stunden vor dem Tod eine therapeutische Dosis anzunehmen, beim Ableben war sie nicht mehr therapeutisch.
Im Urin war wohl ein erhöhter Glucosespiegel wahrzunehmen, dies sei bei einem Versterben aber durch den erhöhten Adrenalinspiegel nicht ungewöhnlich. Sie kann Toxikologisch nicht sagen, ob die Blase kurz vor dem Tod entleert wurde.
Die Gutachter Prof. Mützel( Rechtsmedizin) und Dr. Adamec (Biomechaniker) hielten ihren Vortrag gemeinsam bzw. wechselten sich ab.
Die Rechtsmedizinerin berichtete von der körperlichen Untersuchung des Angeklagten, die glaube ich im rechtsmedizinischen Institut am 9.12 gemacht wurde. Er war damals 1,67 groß und 62 kg schwer. Es wurde eine Schürfwunde am Oberschenkel festgestellt, sowie eine Narbe am linken Kniegelenk. Diese könne Zeitlich nicht mehr zugeordnet werden und auch andere Narben sind für den 3.10 zu alt. Sie ging auf die Aussage der Hausmeisterin ein. Die Schilderungen der Zeugin machen wohl rechtsmedizinisch nicht komplett Sinn, wenn es sich um rote Linien ohne Krusten handelt, können sie ohnehin nicht älter als zwei Tage und somit auch nicht vom 3.10 sein.
Es stieg Dr. Adamec ein. Er sichtete bei der Polizei in Rosenheim einige Aservate. Es wurde teilweise unter dem Einsatz von Aluminium nach Blutspuren gesucht. Eine wohl größere wurde im Auto von T. gefunden und eine ganz dezente auf einem Sportshirt und einer Sporthose. Man könne aber kein Alter der Blutspuren bestimmen und ob es von einem Mensch oder Tier stammt. Es seinen aber keinesfalls spritzartige Blutspuren. Auf einer Softshelljacke von ihm hat man noch was mit der Infrarotkamera gesehen, aber nicht mehr mit Luminol, so ging man da auch eher von sonstigen Anhaftungen aus.
Nun kam wieder die Dame mit der Obduktion (03.10/ 23:42) der Hanna zu Wort.
Die Geschädigte war 1,86 groß und 70 kg schwer. Ihre Haare sahen wellig und verfilzt aus, auch waren sie mit Ästen versetzt.
Neben den bekannten fünf Rissquetschwunden waren noch eine Vielzahl anderer Verletzungen vorhanden. Unter Anderem waren beide Schulterdächer und der 5. Halswirbel gebrochen. Es gab fleckförmige Einblutungen in beide Bindhäute, ein Brillenhämatom und die Stirnmitte war deutlich geschwollen. Weiter gab es Einblutungen in die Rechte Halsregion, viele Schürfwunden und sogenannte „Tragus“ (ein deutsches Wort wusste die Gutachterin nicht) an den Ohrmuscheln.
Der Genitalbereich war unverletzt und der Slip nicht verrutscht. Der Kehlkopfknorpel war auch frei von Verletzungen genauso wie die Hörner, was gegen ein bewusstes Strangulieren spricht und mit ihrer Kette am Hals bei schneller Geschwindigkeit im Wasser gut erklärbar sei. Die Arme wiesen keine Griffspuren auf, was gegen Abwehrverletzungen und somit auch gegen einen Kampf spricht. Sie griff dabei auch nochmal auf, dass Dr. Frank mit seiner Internetrecherche recht hatte.
Was die Lage der fünf Kopfverletzungen angeht, habe ich es leider nicht ganz verstanden. Drei waren anscheinend auf der linken Seite und Andere bei der rechten hinteren Scheitelregion. Kann sich jetzt aber auch ein bisschen mit anderen Quetschungen vermischt haben. Es gab dabei aber keine Inneren Verletzungen.
Da sie eben ziemlich gleichmäßig verliefen und auch gleich groß waren, erinnerten diese Wunden nicht an typische Wasserleichen im Gegensatz zu den Meisten Anderen, wie im Gesichtsbereich und am Knie und an den Armen, die mit Treibverletzungen in Einklang zu bringen sind. Weshalb man ein Tötungsdelikt andachte, zum Beispiel mit einem Stein. Dieser sei wohl eine mögliche Tatwaffe, jedoch dann wahrscheinlich der Gleiche und in der selben Hand geführt. Auch mit einem IPhone XR wurde getestet, sowohl mit der Fläche auch als mit der Kante, dies wurde aber schnell verworfen.
RA Frank fragte später nochmal, ob man damit ein Treiben gegen zwei gleichmäßige Steine im Fluss gänzlich ausschließen könnte, da meinte Dr. Adamec dass man das wohl nicht kann. Das mit dem Schlagen war mehr eine mögliche Denkvariante gewesen. Grundsätzlich kann es auch beim Aufprall schwere Kopfverletzungen geben. Adamec führte es mit sogenannten „Dive-Injurys“ an, wo niedrige Höhen zu schweren Verletzungen geführt haben. So kommt man wenn man ungewollt ins Wasser fällt, aber eher selten auf.
Der Biomechaniker hat heute auch länger über die möglichen Fließgeschwindigkeiten referiert. So ist von mindestens 10 km/h auszugehen. Der Körper hat also mindestens 65 Minuten vom möglichen Tatort nach Kaltenbach benötigt. Selbst ein Profi wie Michael Phelps wäre dazu nicht in der Lage dagegen anzuschwimmen, das einzige was man dagegen machen könne ist, versuchen sich ans Ufer zu retten.
Interessant fand ich natürlich auch den Bruch der Schulterdächer. Diese waren wohl so gleichmäßig gebrochen, dass die Gutachter eine Treibeverletzung schnell ausschlossen. Auch ein vom Verteidiger ins Spiel gebrachte Wehr hielt Adamec nicht für geeignet, da diese nur bei einer Frau nur 47 cm auseinander liegen. Ein Schöffe stellte sich zur Verfügung um zu demonstrieren, wo diese genau liegen. Da sie beim Opfer auch noch nach vorne abgeknickt waren, habe ich es so verstanden, dass man da ja draufspringen müsste, was ja entgegen der Anklage stehen würde. Ich glaube die Gutachter konnten sich nicht festlegen, ob draufgesprungen oder gekniet.
Der Anwalt fragte, ob der Gutachter glaubt, dass ein Mensch dazu überhaupt in der Lage wäre und ob er die Kraft dazu berechnen könnte. Der Sachverständige würde sich festlegen, dass der Mensch jeden Knochen des Körpers brechen könnte, zumindest mit dem richtigen Werkzeug. Zu der Kraft könne er nichts sagen, da die Verletzung so selten ist, dass es darüber keine richtige Studie gibt.
Der Verteidiger führte dann ein neues Foto ins Verfahren ein, es ist ein Bild vom Fluss wo Rohre rausragen und das er aus privaten Quellen hat. Der Hauptsachberarbeiter wird nun von der Richterin beauftragt weitere relevante Video und Fotoaufnahmen zu machen. Damals hatte der Sachverständige mal eine Begehung gemacht. Es war nur noch ein Rinnsal. Ansonsten wie ein Kanal und es waren Steine vorhanden.
Die Rechtsmedizinerin hielt dann nochmal fest, dass Todesursache als Ertrinken zutrifft. Aufgrund der aufgeblähten Lungenflügel könne man davon ausgehen, dass Hanna Bewusstseinsgetrübt war. Ob sie auch bewusstlos war, kann man so nicht unterscheiden. Auch könne man aufgrund der Blase keine Aussage treffen, ob sie davor austreten war, da Urin auch noch nach dem Tod abtreten kann, man kann es aber auch nicht ausschließen.
Mache daraus wieder zwei Teile. Habe zu dem Gutachten noch 1-2 nicht unwichtige Sachen, wie ich finde. Plus wie es die nächsten Tage weitergeht. Und es fehlt noch das Gutachten von einem Herren von der Uni Jena vom Nachmittag.