Hanna W. tot aus der Prien geborgen
12.10.2023 um 16:35
Dann werde ich mal ein bisschen die Eindrücke schildern.
Heute in der Früh, bin ich im Gebäude angekommen. Bei der obligatorischen Eingangskontrolle, wurde man gefragt, wo man hin muss. Das ist schon der Erste Unterschied zu einem Gericht wie in München. Zum Glück, war mir der Nachname des Angeklagten schon bekannt, hört sich irgendwie so Sensationslüstern an, wenn man es umschreiben müsste, auch wenn es klar ist. Außerdem weiß man ja manchmal noch gar nicht, was man anschauen will.
Es war noch über 100 Minuten bis Prozessbeginn und vor der Tür hat sich schon eine kleine Schlange gebildet. Habe erst noch überlegt, ob ich mit der Zeit ein bisschen übertrieben habe. Schnell waren auch schon einige Kamerateams und die beiden Verteidiger im Foyer. Die Schlange wurde bald auch schon ziemlich lang. Ein paar Justizbeamte waren auch aufgestellt, schienen das schon konkret durchgeplant zu haben.
Einer davon rief dann, es werden jetzt bald die Türen aufgesperrt, aber erst der Haupteingang für die Kamerateams und danach der daneben für die Zuhörer. Als es dann so weit war, hat man von einem Beamten ein kleines Zettelchen mit Nummer bekommen, auch das kannte ich bisher nicht. Aber es hat sich dann herausgestellt, dass jeder eigentlich schnell seinen Platz einnehmen konnte, egal wo man in der Schlange war. Und da es nur ca. sechs lange Reihen war, ist es von der Sicht auch eher unerheblich gewesen, welchen man bekommt. Darüber hätte es auch noch eine Empore gegeben, die aber glaube ich nicht benötigt wurde.
Der Gerichtssaal, füllte sich langsam mit den Beteiligten. Auf der Einen Seite waren zwei Staatsanwälte da, Nebenklagevertreter, Gutachter und die Eltern, wiederum neben ihnen ein polizeilicher Betreuer. Dahinter saßen auch noch zwei Leute, vllt einer davon ein Geschwisterteil plus möglicherweise Nebenklagevertreter.
Auf der Anderen Seite die zwei Verteidiger und daneben die Jugendgerichtshilfe.
Der Angeklagte wurde dann von mehreren Beamten mit Fuß-und Handfesseln reingeführt. Das rührt wohl daher, dass das kleine Gericht keinen Vorführtrakt hat und die Angeklagten ganz normal über den Gang gebracht werden.
Er trug ein blaues Hemd und Jeans und war deutlich kleiner als gedacht, hat aber wenn ich mich nicht täusche, ziemlich trainiert gewirkt. Er lies ruhig das Blitzlichtgewitter über sich ergehen und machte einen nicht unbedingt unsympathischen Eindruck. Jedoch hat er nicht, ich sag mal, sonderlich urbanes Aussehen und Ausstrahlung, teilweise ein bisschen unbeholfen gewirkt.
Mit etwas Verspätung, trat dann das Gericht ein. Die Kammer war neben der Vorsitzenden Richterin mit einem Berichterstatter, einer zusätzlichen Berufsrichterin und zwei Schöffen besetzt. Daneben haben jeweils zwei Ersatzschöffen Platz genommen.
Es wurde dann die Anwesenheit festgestellt. Zum Schluss stellte die Richterin auch die Kammer vor, was ich sonst auch nicht kannte.
Dann kamen die Personalien des Angeklagten dran. Er erklärte, dass er 21 ist und Anlagenmechaniker in Ausbildung. Als Nächstes wurde die schon Bekannte Anklage verlesen.
Die Richterin verlas als Nächstes, dass vor kurzem noch ein Treffen zwischen den Beteiligten stattfand. War jedoch keine Verständigung, es ging lediglich um zur Verfügung gestellte Aufenthaltsräume für Verteidiger und Nebenkläger. Auch um die Einführung des Handys und dass die Eltern der Geschädigten generell über Pläne über neue Beweisaufnahmen unterrichtet werden und erst danach die Presse.
Nun war es soweit, dass der Angeklagte belehrt wurde und gefragt, ob er sich denn äußern wollen würde. Der Verteidiger erklärte dann, dass sich Sebastian T. heute nicht zur Person und zu den Vorwürfen einlässt. Die Richterin wendete sich dann an den Angeklagten und erklärte ihm, dass er es sich jederzeit anders überlegen könnte und wenn ein Angeklagter nicht aussagt, es zu einem Indizienprozess kommt und ein Bild zu einem Puzzle zusammengefügt wird. Je nachdem gibt es eins oder es gibt keins. Und über die Motivation und Hintergründe kann nur ein Angeklagter Auskunft geben. Auch würde sie gern sich ein Bild von seiner Person machen, da das Gericht ihn ja noch nicht lange kennt. Weiter betont sie zum Schluss erneut, dass das auch später im Prozess passieren kann. Sebastian T. nahm das nickend zur Kenntnis und sein Anwalt erklärte, dass er deswegen auch sagte, man behält es sich vor.
Nun sollte statt der möglichen Aussage ein Ermittler der Kripo Rosenheim gehört werden. Da dieser noch nicht da war, wurde erstmal der gesamte Fahrplan durchgenommen, was interessant ist, aber ich auch wieder so nicht kenne. Jedoch war es zu viel und zu schnell dass ich genau wiedergeben was an welchem Tag ist.
Morgen sollten die Eltern von T. und von Hanna aussagen. An den weiteren Tagen werden ganz besonders viele Zeugen aus dem Umfeld des Angeklagten gehört. Freunde und Tanten. Dann gibt es einen Tag mit vielen Eiskeller-Zeugen. Und der erwähnte Kriminalkommissar wird noch öfter aussagen. Irgendwann sollen dann der Auffinder der Leiche und noch später die ganzen Gutachter gehört werden.
Die Richterin erklärte, dass sie weiß, dass die Eltern des Angeklagten sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht am nächsten Tag berufen werden. Da sie es aber von ihnen gehört haben muss, lies sie die Eltern und eine Schwester gleichzeitig aufrufen, die das bestätigten und sich dann in die Zuschauerreihen begaben. Auch an sie gerichtet sagte die Vorsitzende, dass es ja später nochmal dazu kommen könnte, da es für das Gericht interessant ist, was er für ein Kind war und wie man sich ihn vorstellen muss.
Nun war der Zeuge an der Reihe. Er schilderte wie er am bekannten Nachmittag informiert wurde, dass in der Prien eine unbekannte Leiche gefunden wurde. Dies zeigte er an anhand einer projezierten Map. Als Erstes ging es darum die Leiche mit Bergwacht und Feuerwehr zu bergen. Diese war mit Schuhen, BH, Tanga und Schmuck bekleidet. Aber es fehlten Hose und Oberteil, wenn ich das richtig verstanden habe. Dadurch dass sie den Stempel vom Eiskeller noch trug und es bekannt war, dass das Re-Opening stattfand, hat man gleich gewusst, wo sich das Opfer aufgehalten haben muss. Eine „visuelle Identifizierung“ war aufgrund der zerzausten Haare und das Treiben nicht möglich. Einer glaubte es könnte eine Bekannte sein, die war aber telefonisch erreichbar.
Die nun eingerichtete Soko sichtete nun Bilder aus dem Club, wo sie den Schmuck wiedererkannt haben. Also ein Bild haben sie ziemlich schnell wohl gehabt, aber noch keinen Namen. Die Eltern von Hanna fanden es auch nicht ungewöhnlich, dass sie am Vormittag nicht da war, da sie wohl öfter in solchen Fällen bei Freundinnen übernachtet hat. Sie war auch extra länger geblieben, da sie das Fest einer Freundin mitnehmen wollte. Offiziell war Semesterbeginn am 03. 10. Ab Nachmittag fingen sich die Eltern an Sorgen zu machen und telefonierten den Bekanntenkreis ab, der aber nicht helfen konnte. Da aber eine Freundin mitteilte, dass viel Polizei vor dem Eiskeller steht, entschied sich der Vater für eine Vermisstenanzeige. Das war wohl gegen 22 Uhr. Um die Zeit stand der Hannas Name auf jeden Fall das Erste Mal im Computer. Über den Schmuck wurde sie dann auch letztendlich identifiziert. Und aus der Rechtsmedizin kam ich relativ schnell die Mitteilung, dass Verletzungen für ein Tötungsdelikt sprechen.
Der Kommissar startete auch einen virtuellen Heimweg. Man sah Fotos vom Eingang des Clubs und es wurde die Straße nach Osten gezeigt, den das Mädchen nahm. Die Eltern folgten ruhig den Ausführungen und der Angeklagte verfolgte es teilweise aufmerksam, auch seine Angehörigen schauten gespannt zu. Nun wurde geschildert, wie
sie in die Kampenwandstraße einbog und entlang ging. Dort kam sie direkt an der Straße vorbei wo Sebastian T. wohnhaft ist, diese wurde auch gezeigt. Auch der Tatort wurde dann an die Wand geworfen, wo man am Gras noch sehen konnte wie hoch das Wasser in der Tatnacht war.
Der Polizist kam dann drauf zu sprechen, dass eine Zeugin die dort ein Apartment angemietet hat gegen 02:30 einen panischen Schrei gehört hat. Wie als würde man eine Frau an den Haaren ziehen. Deshalb wurde auch von dieser Tatzeit ausgegangen. Auch sagte er, dass sie von drei Zeugen in der Nähe des Clubs bzw. am Parkplatz selbst, informiert wurden, dass ein Jogger mit Stirnlampe und kurzer Hose an ihnen vorbeilief. Weshalb durch die Pressestelle gesucht wurde. Es erklärte dann die Mutter des Angeklagten telefonisch, dass ihr Sohn zu dieser Zeit gejoggt ist, sie es aber nicht für wichtig befunden hat, da er wohl nichts mitbekommen hat und auch nicht im Eiskeller war.
Dann unterbrachen die Anwälte von Sebastian T. Der Komplex, wie man auf ihn aufmerksam wurde solle jetzt nicht weiter vertieft werden, da dazu Zeugen gehört werden und es nicht jetzt in die Presse soll. Dem gab die Richterin statt, da der Zeuge ohnehin noch oft zur Verfügung steht.
Nachfragen gab es nicht viele. Aber als die Rechtsmedizinerin fragte, wann Hanna den Club betraten hat, erläuterte der Mann von der Soko, dass sie erst im Freundeskreis beisammen waren und sich mit Trinkspielen auf den Abend einstimmten. Sie waren dann um 23:05 schon im Eiskeller, da sie dort schon sehr bekannt waren und einen Tisch reserviert haben, konnten sie gleich durch. Hanna wurde dort auch von mehreren erkannt und gesprochen. Auffällig war, dass sie ihre Hose immer festhalten musste, da der Reisverschluss kaputt war. Das konnte man wohl schon im Club sehen, auch wurde dadurch die Unterwäsche teilweise frei.
Ihr Nachbar, mit dem sie verabredet hatte Heimzugehen, hat sie wohl verpasst. Beziehungsweise beide sich. Sie sagte, sie will wieder rein vom Raucherbereich um zu ihm zu gehen. Er meinte wiederum er muss raus,aber da war sie schon weg. Auch zwei weitere Bekannte boten an sie jetzt heimzufahren, aber sie meinte sie hat es mit dem Nachbar ausgemacht und muss auf ihn warten.
Nun war die Aussage für den Tag durch. Und es wurde beschlossen, dass man generell fertig ist. Morgen sollen so wie ich es verstanden habe, eben Hannas Eltern aussagen, die von Sebastian fallen ja weg und es sollen Bilder vom Zustand der Geschädigten gezeigt werden. Ob weitere Zeugen und weitere Bilder vom Tatort, Club etc. kommen, kann ich nicht sagen.