Polizei erschießt 16-Jährigen mit Maschinenpistole

Das ZDF berichtet in seiner neuen Dokureihe "Die Spur" über den Fall um Mouhamed.

Es wird über das Leben von Mouhamed berichtet, der diskutierte Einsatz skizziert und die Polizeiarbeit -hier Einsätze mit Personen in psychischen Ausnahmesituationen- beleuchtet.

https://www.zdf.de/dokumentation/die-spur/polizeieinsatz-gewalt-rassismusverdacht-dortmund-nordstadt-100.html

Der 16-jährige Mouhamed droht, sich in einer Jugendhilfeeinrichtung das Leben zu nehmen. Die Polizei wird gerufen, kurz darauf ist der Junge tot. Getötet von Kugeln aus einer Polizeiwaffe.

Quelle: ZDF-Mediathek, o.g. Link

Ich denke, der halbstündige Bericht gibt einen guten Überblick zu dem Geschehen und setzt sie in Kontext mit Hintergrundinformationen.

Ich bin erstaunt, dass man so gar nichts mehr hört. Der Junge starb im August 2022, im Februar '23 wurden 5 Polizisten angeklagt. Seitdem nichts mehr?

Photographer73 schrieb:Seitdem nichts mehr?

Doch, der Prozess beginnt wohl im Dezember:

Das Landgericht Dortmund plant den Start des Prozesses noch in diesem Jahr. Das geht aus internen Dokumenten hervor, die t-online vorliegen. Demnach beabsichtigt die Kammer, den Auftakttermin auf den 19. oder 21. Dezember 2023 zu terminieren. (...)

Die Staatsanwaltschaft hatte bereits im Februar 2023 Anklage gegen den Schützen wegen des Vorwurfs des Totschlags erhoben. Zwei weitere am Einsatz beteiligte Polizistinnen und ein Polizist müssen sich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten, der Dienstgruppenleiter ist wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung angeklagt.

https://www.msn.com/de-de/nachrichten/panorama/fall-mouhamed-dram%C3%A9-prozess-soll-im-dezember-starten/ar-AA1iRPPi

sooma schrieb:Doch, der Prozess beginnt wohl im Dezember:

Vielen Dank für die Info. Bin gespannt, wie die Urteile ausfallen werden. Normalerweise habe ich zumindest gefühlsmäßig immer eine gewisse Tendenz. Hier könnte ich mir beides vorstellen - Verurteilung als auch Freispruch.

Photographer73 schrieb:Vielen Dank für die Info. Bin gespannt, wie die Urteile ausfallen werden. Normalerweise habe ich zumindest gefühlsmäßig immer eine gewisse Tendenz. Hier könnte ich mir beides vorstellen - Verurteilung als auch Freispruch.

Gemäß einer Studie zur Polizeigewalt könnten sie Glück haben, milde davonzukommen.

Warum werden die meisten Verfahren gegen die Polizei eingestellt?

Das Missverhältnis lässt sich laut den Fachleuten nicht nur auf ungerechtfertigte Anzeigen zurückführen. Stattdessen gebe es in diesen Verfahren strukturelle Besonderheiten:

Tatverdächtige Polizistinnen und Polizisten können nicht identifiziert werden
Objektive Beweise fehlen, so dass Aussagen gegeneinander stehen
Staatsanwaltschaften und Justiz schätzen Polizistinnen und Polizisten häufig als besonders glaubwürdig ein
Mangelnde Ausstattung der Justiz
Vorurteile gegen Betroffene von Polizeigewalt, die als unglaubwürdiger eingeschätzt werden
Polizistinnen und Polizisten im Zeugenstand sind nicht neutral

„Der Staat tut sich schwer damit, Fehlverhalten der eigenen Bediensteten zu ahnden, weil ihm der neutrale Blick auf seine eigenen Amtsträger*innen fehlt“, schließen die Forschenden. Hinzu komme die besondere Definitionsmacht der Polizei in der Gesellschaft. Es sei Aufgabe der Polizei, Situationen verbindlich zu klären und bestimmte Normen, Interessen und Deutungsweisen durchzusetzen. Aber auch im Nachhinein habe die Polizei eine Definitionsmacht.

„Für Betroffene übermäßiger polizeilicher Gewaltanwendungen zum Beispiel entsteht so eine Situation, in der sie ohne Mechanismen, die der polizeilichen Dominanz entgegenwirken, in der Praxis kaum zu ihrem Recht kommen können“, erklären die Forschenden. Auch für die Polizistinnen und Polizisten gebe es hohe Hürden, Gewalt der Kolleginnen und Kollegen zu kritisieren oder anzuzeigen.

Quelle: https://www.fr.de/politik/polizeigewalt-studie-mit-niederschmetterndem-ergebnis-veroeffentlicht-zr-92282918.html

JosephConrad schrieb:Gemäß einer Studie zur Polizeigewalt könnten sie Glück haben, milde davonzukommen

Gibt wahrscheinlich beides. Polizisten, die viel zu hart durchgreifen und hinterher milde davonkommen. Aber auch wirklich gefährliche Situationen für die Polizisten, die dann z.B. ihren Job verlieren, obwohl das Verhalten angemessen war.

Schängel schrieb:Aber auch wirklich gefährliche Situationen für die Polizisten, die dann z.B. ihren Job verlieren, obwohl das Verhalten angemessen war.

Gibts da Beispiele?
Klingt mir etwas gewagt.
Natürlich kann es Fehlurteile geben, davor idt unsere Justiz nicht gefeit.
Aber ein Jobverlust nach einer Fehlreaktion in einer gefährlichen Situation, davon habe ich noch nichts gehört.

fischersfritzi schrieb:Fehlreaktion in einer gefährlichen Situation

Da gibt es doch oft gar keine neutralen Zeugen. Wie soll da klar sein, was noch relativ normal oder schon ziemlich gefährlich ist? Wenn nur die Suspendierung oder Kündigung droht..., oft genug ist der Polizist verletzt oder tot. Mir ging es auch generell um das nicht immer einfache Abwägen in bestimmten Situationen.

Schängel schrieb:Mir ging es auch generell um das nicht immer einfache Abwägen in bestimmten Situationen.

Ich denke, das dürfte allen klar sein, dass Situationen herausfordernd sein können und ein Abwägen mitunter schwierig ist.
Aber hier geht es um den Tod eines 16-jährigen Jungen.
Und wir sind auf Seite 47 des Threads. Da muss man jetzt nicht mit irgendwelchen Allgemeinplätzen kommen, die hier schon x mal formuliert wurden.
Zu deinem Behauptungen hast Du offenbar keine Belege. Hatte ich mir fast gedacht.
Schade.

fischersfritzi schrieb:Ich denke, das dürfte allen klar sein, dass Situationen herausfordernd sein können und ein Abwägen mit unter schwierig ist.
Aber hier geht es um den Tod eines 16-jährigen Jungen.
Und wir sind auf Seite 47 des Threads. Da muss man jetzt nicht mit irgendwelchen Allgemeinplätzen kommen, die hier schon x mal formuliert wurden.
Zu deinem Behauptungen hast Du offenbar keine Belege. Hatte ich mir fast gedacht.
Schade.

Weiß nicht worauf du hinaus willst? Aber egal, der 16-jährige hatte ein Messer, oder? In letzter Zeit gab es relativ viele Opfer durch ziemlich junge Täter! Einfach mal Zeitung lesen.

Schängel schrieb:Weiß nicht worauf du hinaus willst

Steht eigentlich in meinem Beitrag.
Du hast Dinge behauptet die du nicht belegen kannst.

Schängel schrieb:der 16-jährige hatte ein Messer, oder

Ja, er hatte ein Messer, das er in suizidale Absicht gegen sich gerichtet hat.
Alles weitere kannst du hier im Thread nachlesen, wenn du dich in das Thema einlesen möchtest.
Es sind auch diverse Artikel verlinkt. Die findest du oben in der Rubrik "Infos"

fischersfritzi schrieb:Du hast Dinge behauptet die du nicht belegen kannst

Wo?

fischersfritzi schrieb:Ja, er hatte ein Messer, das er in suizidale Absicht gegen sich gerichtet hat.

Hoffen wir mal, dass das Urteil angemessen ist. Wie gesagt, nützliche Zeugen sind leider zu selten am Tatort.

Schängel schrieb:Wo?

Hier:

Schängel schrieb:Aber auch wirklich gefährliche Situationen für die Polizisten, die dann z.B. ihren Job verlieren, obwohl das Verhalten angemessen war.

Hast Du da prominente Beispiele?

Schängel schrieb:Wie gesagt, nützliche Zeugen sind leider zu selten am Tatort.

Es gab ja anscheinend Zeugen.

sooma schrieb am 08.11.2022:Zwei bis drei Betreuer sollen das Geschehen beobachtet haben. Einer von ihnen gilt als wichtiger Zeuge.
https://www.berliner-kurier.de/panorama/polizei-erschiesst-16-jaehrigen-in-dortmund-das-ist-der-grund-li.254684.amp

sooma schrieb:Hier:
Zitat von Schängel Schängel schrieb:
Aber auch wirklich gefährliche Situationen für die Polizisten, die dann z.B. ihren Job verlieren, obwohl das Verhalten angemessen war.

Hast Du da prominente Beispiele?

@sooma
Bitte alle wichtigen Stellen zitieren und nicht durch Weglassung Zitate verfälschen. Das vollständige Zitat lautet:

Schängel schrieb:Gibt wahrscheinlich beides. Polizisten, die viel zu hart durchgreifen und hinterher milde davonkommen. Aber auch wirklich gefährliche Situationen für die Polizisten, die dann z.B. ihren Job verlieren, obwohl das Verhalten angemessen war.

Hervorhebung durch mich.

@Schängel schreibt ausdrücklich: "wahrscheinlich", aber @sooma läßt es weg und macht eine Behauptung daraus. Das ist ganz schlechter Stil.

Sherlock_H schrieb:@sooma läßt es weg und macht eine Behauptung daraus.

Du hast recht – es ist eine Vermutung, eine Annahme gewesen. Das "wahrscheinlich" hab ich geflissentlich überlesen. Sorry auch an @Schängel, ich hab überreagiert.

Trotzdem ist es wahrscheinlich ;) die Ausnahme, dass Beamte ganz ihren Job verlieren. Sie werden im Rahmen eines Disziplinarverfahrens eher suspendiert, degradiert, versetzt.

Der Bericht stellt ja gerade fest, dass Polizisten zu wenig zur Verantwortung gezogen werden. Also von hundert Anzeigen gegen Polizeibeamte, verfolgt die Staatsanwaltschaft nur 2.

...
Nur zwei Prozent der angezeigten Fälle wird laut Staatsanwaltschaften Anklage erhoben. Im Durchschnitt aller Verfahren sind es dagegen 22 Prozent. Ein weiterer Grund sind Gegenanzeigen durch die Polizei – knapp ein Drittel der Befragten gab an, selbst angezeigt worden zu sein.
...
„Der Staat tut sich schwer damit, Fehlverhalten der eigenen Bediensteten zu ahnden, weil ihm der neutrale Blick auf seine eigenen Amtsträger*innen fehlt“, schließen die Forschenden.
...

Quelle: s.o.

Ich denke, es wird ein politisches Urteil werden.
Streng genug, um der Bevölkerung zu zeigen: Wir nehmen das Vorkommniss ernst und mild genug um den Beamten zu zeigen: Wir stehen hinter euch!
Eine Gradwanderung die ich gespannt abwarte.

:mlp:

Hier noch ein interessantes Inteview mit der Nebenklägerin.

Rechtsanwältin Lisa Grüter vertritt die Familie des Verstorbenen als Nebenklägerin. Im Interview spricht sie über ihre Sicht auf den Fall, die Situation der Familie und über Verfahren in Bezug auf Polizeigewalt in Deutschland.
...
Und ja, meine Erfahrung ist, dass es in der Vergangenheit in Verfahren, in denen es um Polizeigewalt ging, in der Regel nur sehr selten zur Anklage gekommen ist. Das ist nicht nur meine Erfahrung, sondern auch bundesweit wissenschaftlich belegt. Einen Grund sehe ich darin, dass sich Polizei und Staatsanwaltschaft einfach sehr nahestehen.
...
Sie treten im Prozess als sogenannte Nebenklägerin auf, was ist dabei Ihr Ziel?

Ich möchte alle fünf Beamtinnen und Beamte verurteilt wissen. Wichtig ist mir auch, dass die Rolle des Einsatzleiters gründlich aufgeklärt wird. Dieser hat meiner Auffassung nach dazu angestiftet, überhaupt Gewalt anzuwenden. Er war es, der entschieden hat, dass eine sogenannte Mischbewaffnung eingesetzt wird – also Pfefferspray, Taser und Maschinenpistole. Er soll dem Schützen gesagt haben, er sei der "Last Man Standing" und er war auch derjenige, der über Funk der Gruppe strategisch grünes Licht für die volle Dosis Pfefferspray gegeben hat und im Grunde damit die Dynamik, die letztlich zu Mouhameds Tod führte, in Gang gesetzt hat.
...
Unterstellen Sie den Einsatzkräften Rassismus?

Ich habe keine Anhaltspunkte, einem der an dem Einsatz beteiligten Beamten konkret rassistisches Gedankengut zu unterstellen. Aber ich glaube, es ist schon ein problematisches gesellschaftliches Stereotyp, dass der schwarze Mann mit dem Messer in der Hand gefährlich ist. Und ich glaube, von diesem Stereotyp kann sich auch ein Beamter in der Nordstadt nicht frei machen. Ich glaube nicht, dass wir ausschließen können, dass das auch mitgewirkt hat.

Die Einsatzkräfte haben noch am selben Abend Strafanzeige zum Nachteil des erschossenen 16-Jährigen gestellt. Wie bewerten Sie diese?

Ich nehme wahr, dass es eigentlich immer, wenn es zu einem Aufeinandertreffen mit der Polizei kommt, bei dem meine Mandanten von der Polizei misshandelt oder verletzt worden sind, reflexartig auch ein Verfahren gegen meinen Mandanten gibt. In meiner Kanzlei ist noch kein Mandant erschienen, der nicht ein eigenes Ermittlungsverfahren gegen sich laufen hat. Oft habe ich den Eindruck, dass damit der Einsatz nachträglich legitimiert werden soll, denn ohne ein Fehlverhalten des Bürgers gibt es keine Befugnis zur Gewaltanwendung.
...

Quelle: https://www.t-online.de/region/dortmund/id_100265128/fall-mouhamed-drame-anwaeltin-spricht-ueber-polizeigewalt-und-moeglichen-rassismus.html

Heute war erster Prozesstag.

Der Fall sorgt seit August 2022 bundesweit für Aufsehen. Dementsprechend wird auch der Prozess vor dem Dortmunder Landgericht mit Spannung erwartet. 100 Zuschauerplätze sollen in dem Saal des Landgerichts der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Fast die Hälfte davon wird durch Journalisten besetzt.

Bisher sind elf Verhandlungstage bis in den April 2024 angesetzt. Verhandlungstage, an denen das Gericht klären muss, warum dieser Polizeieinsatz im August 2022 so eskaliert ist und der 16-jährige Mouhamed Dramé durch Schüsse aus einer Maschinenpistole der Polizei getötet wurde.

Quelle: https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/fall-mouhamed-drame-prozess-100.html

heute wurde nur die Anklage verlesen.