Polizei erschießt 16-Jährigen mit Maschinenpistole
15.12.2024 um 12:33Die Polizisten hätten davon ausgehen müssen, in Gefahr zu sein, als Mouhamed Dramé sich mit einem Messer auf sie zu bewegte.https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/urteil-polizisten-prozess-drame-100.html
Natürlich, nur ist das ein Sprung mitten in einen kausalen Ablauf. Zuvor haben sie MD mit Gewalt zu dieser vorhersehbaren Fluchtbewegung gezwungen. Eigeninitiativ zeigte er keinerlei Bestrebungen, überhaupt aufzustehen. Mag sein, falls sich MD suizidiert hätte, dass man dem Einsatzleiter den Nichteinsatz von Gewalt / Zwangsmitteln vorgeworfen hätte. Aber vice versa trifft diese Konjunktiv-Aussage auch zu, in dem Fall sogar bewiesen, sonst wäre er nicht angeklagt worden.
Nach Ansicht des Gerichts habe Dramé allerdings nicht die Polizisten angreifen, sondern vor dem eingesetzten Pfefferspray flüchten wollen. Den Einsatz von Pfefferspray gegen Dramé bewertete das Gericht als rechtmäßig und als das einzig geeignete Vorgehen.Wikipedia: Todesfall Mouhamed Dramé
Das Gericht behauptet, dass der Einsatz von Pfefferspray gegen MD das einzig geeignete Vorgehen war, weil das Hinzuziehen eines Psychologen und Dolmetschers zu lange gedauert hätte. Genauer spezifiziert ist das nicht, also pure Spekulation, Scheinkausalität?
Beispielsweise einen Psychologen und Dolmetscher herbeizuziehen, hätte zu lange gedauert.https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/urteil-polizisten-prozess-drame-100.html
Wurde nachweislich ein Psychologe und Dolmetscher angefordert und die haben gesagt: Okay, aber dauert 3 Stunden? Wenn nicht, woher wusste man dann, dass es zu lange dauert? Welche Zeit ist "zu lange" und lt. welcher wissenschaftlichen Studie?
MD lief nicht schreiend und bedrohlich mit Messer in der Hand durch die vollbesetzte Fußgängerzone, er hockte schon ne halbe Stunde oder länger ruhig und isoliert im eingezäunten Garten seines Zuhauses, ohne jmd zu bedrohen. Ein oder 2 Tage vorher ist er selbst zur Polizei gegangen und hat Hilfe gesucht. Ein deutliches Zeichen für nicht erforderlichen hohen Handlungsdruck und gegen überstürzte Gewaltmaßnahmen mit hohem Eskalationspotenzial, die jegliches Vertrauen zerstören. Zudem optimale Voraussetzungen für geeignete Deeskalationsmaßnahmen.
Dennoch war absolut klar, dass er sich innerhalb der nächsten 10 Minuten etwas antut, wenn man nicht sofort Gewalt und Zwangsmittel anwendet? Was hat der apathische MD da plötzlich und nachweislich anders gemacht, als in der Stunde zuvor? Ganz einfach, er hat nicht auf die Zivilpolizisten reagiert oder sie nicht verstanden und damit war der Einsatzleiter nach 10 Minuten am Ende mit seinem Deeskalations-Latein.
Gilt dieses angeblich "einzig" geeignete Reizgas- und Taser-Vorgehen auch für Personen, die sich vom Hochhaus stürzen wollen? Werden die auch erschossen, wenn sie nicht springen oder ruhig stehenbleiben, sondern 3 Meter zur Seite flüchten? Das Messer spielte ja keine Rolle im Sinne "Gefahr für andere". MD war weder aggressiv, noch bedrohlich, er wurde im Sitzen mit Reizgas angegriffen und bereits beim ersten Ausweichschritt getasert, 3 Meter weiter erneut getasert und gleichzeitig erschossen. Alleine das beweist zu geringen Abstand und Überforderung mit der eigenen Gewalttaktik.
Origines schrieb:Ja. Völlig daneben - wenn man kapiert hat, dass jemand in einer psychiatrischen Notlage ist. Was bei Suizidverdacht oder hier -drohung (Messer am Bauch) ziemlich klar auf der Hand liegt. Dann ist die militärische Taktik entweder obsolet oder tödlich. Zumal es sich um einen höchst irrational handelnden Gefährder (Täter kann man ihn nicht nennen, Opfer wurde er erst) handelt, also jemand, der sich gerade nicht so verhält, wie es mit der Polizeitaktik (soweit man das noch Taktik nennen will) beabsichtigt ist. Der ergibt sich nicht und der lässt nicht die Waffe fallen.Besser und empathischer kann man den Fall nicht auf den (traurigen) Punkt bringen.
Der hat Angst, Panik, der will weg, raus, die Suizidabsicht ist zumeist kein Todes- sondern ein Zäsurwunsch, das "Nicht-mehr-Aushalten-Wollen/Können" der momentanen psychischen Qual. Und wer mal Panikattacken oder Angstzustände hatte (oder es bei einem Erkrankten miterlebt hat), der weiß, wie sich das anfühlt, egal ob Psychose oder nicht. Da ist keine Kontrolle über den Körper mehr da, keine gesteuerte Handlungsfähigkeit. Und dann noch eine "volle Ladung Pfefferspray"!!! Ich habe jedes Verständnis für die Beamten vor Ort. Aber kein Verständnis für Jene, die das ok finden.
Und wenn sich ein ganzer Zug Polizisten irrt, dann ist solchen Irrtümern abzuhelfen. Die Grundzüge der Reaktion auf psychiatrische Notfälle sind von Fachärzten allgemeinverständlich auf Youtube-Videos abrufbar. 30 Minuten, die (leider) Leben retten könnten. Und in einem Staat, der sich die Wahrung der Menschenwürde als oberstes Ziel allen staatlichen Handelns auf die Fahnen schreibt, eigentlich selbstverständlich.
Zwei Drittel der in diesem Jahr getöteten Polizeiopfer sollen psychisch krank gewesen sein. Sie waren wohl nicht in der Lage, angemessen mit dem jeweiligen polizeilichen Vorgehen umzugehen. Daraus ergab sich dann aus Sicht der schießenden Beamten eine ganz besonders große Gefährlichkeit, da das Verhalten völlig erratisch und unvorhersehbar erscheint. Und man setzte eben solche "verhängnisvollen Kausalverläufe" in Gang. Die in Summe verhängnisvoll für das Verhältnis Gesellschaft/Bürger - Polizei sein können.