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Polizei erschießt 16-Jährigen mit Maschinenpistole

2.008 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Dortmund, 2022, Erschossen ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Polizei erschießt 16-Jährigen mit Maschinenpistole

15.12.2024 um 12:33
Die Polizisten hätten davon ausgehen müssen, in Gefahr zu sein, als Mouhamed Dramé sich mit einem Messer auf sie zu bewegte.
https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/urteil-polizisten-prozess-drame-100.html

Natürlich, nur ist das ein Sprung mitten in einen kausalen Ablauf. Zuvor haben sie MD mit Gewalt zu dieser vorhersehbaren Fluchtbewegung gezwungen. Eigeninitiativ zeigte er keinerlei Bestrebungen, überhaupt aufzustehen. Mag sein, falls sich MD suizidiert hätte, dass man dem Einsatzleiter den Nichteinsatz von Gewalt / Zwangsmitteln vorgeworfen hätte. Aber vice versa trifft diese Konjunktiv-Aussage auch zu, in dem Fall sogar bewiesen, sonst wäre er nicht angeklagt worden.
Nach Ansicht des Gerichts habe Dramé allerdings nicht die Polizisten angreifen, sondern vor dem eingesetzten Pfefferspray flüchten wollen. Den Einsatz von Pfefferspray gegen Dramé bewertete das Gericht als rechtmäßig und als das einzig geeignete Vorgehen.
Wikipedia: Todesfall Mouhamed Dramé

Das Gericht behauptet, dass der Einsatz von Pfefferspray gegen MD das einzig geeignete Vorgehen war, weil das Hinzuziehen eines Psychologen und Dolmetschers zu lange gedauert hätte. Genauer spezifiziert ist das nicht, also pure Spekulation, Scheinkausalität?
Beispielsweise einen Psychologen und Dolmetscher herbeizuziehen, hätte zu lange gedauert.
https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/urteil-polizisten-prozess-drame-100.html

Wurde nachweislich ein Psychologe und Dolmetscher angefordert und die haben gesagt: Okay, aber dauert 3 Stunden? Wenn nicht, woher wusste man dann, dass es zu lange dauert? Welche Zeit ist "zu lange" und lt. welcher wissenschaftlichen Studie?

MD lief nicht schreiend und bedrohlich mit Messer in der Hand durch die vollbesetzte Fußgängerzone, er hockte schon ne halbe Stunde oder länger ruhig und isoliert im eingezäunten Garten seines Zuhauses, ohne jmd zu bedrohen. Ein oder 2 Tage vorher ist er selbst zur Polizei gegangen und hat Hilfe gesucht. Ein deutliches Zeichen für nicht erforderlichen hohen Handlungsdruck und gegen überstürzte Gewaltmaßnahmen mit hohem Eskalationspotenzial, die jegliches Vertrauen zerstören. Zudem optimale Voraussetzungen für geeignete Deeskalationsmaßnahmen.

Dennoch war absolut klar, dass er sich innerhalb der nächsten 10 Minuten etwas antut, wenn man nicht sofort Gewalt und Zwangsmittel anwendet? Was hat der apathische MD da plötzlich und nachweislich anders gemacht, als in der Stunde zuvor? Ganz einfach, er hat nicht auf die Zivilpolizisten reagiert oder sie nicht verstanden und damit war der Einsatzleiter nach 10 Minuten am Ende mit seinem Deeskalations-Latein.

Gilt dieses angeblich "einzig" geeignete Reizgas- und Taser-Vorgehen auch für Personen, die sich vom Hochhaus stürzen wollen? Werden die auch erschossen, wenn sie nicht springen oder ruhig stehenbleiben, sondern 3 Meter zur Seite flüchten? Das Messer spielte ja keine Rolle im Sinne "Gefahr für andere". MD war weder aggressiv, noch bedrohlich, er wurde im Sitzen mit Reizgas angegriffen und bereits beim ersten Ausweichschritt getasert, 3 Meter weiter erneut getasert und gleichzeitig erschossen. Alleine das beweist zu geringen Abstand und Überforderung mit der eigenen Gewalttaktik.
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Ja. Völlig daneben - wenn man kapiert hat, dass jemand in einer psychiatrischen Notlage ist. Was bei Suizidverdacht oder hier -drohung (Messer am Bauch) ziemlich klar auf der Hand liegt. Dann ist die militärische Taktik entweder obsolet oder tödlich. Zumal es sich um einen höchst irrational handelnden Gefährder (Täter kann man ihn nicht nennen, Opfer wurde er erst) handelt, also jemand, der sich gerade nicht so verhält, wie es mit der Polizeitaktik (soweit man das noch Taktik nennen will) beabsichtigt ist. Der ergibt sich nicht und der lässt nicht die Waffe fallen.

Der hat Angst, Panik, der will weg, raus, die Suizidabsicht ist zumeist kein Todes- sondern ein Zäsurwunsch, das "Nicht-mehr-Aushalten-Wollen/Können" der momentanen psychischen Qual. Und wer mal Panikattacken oder Angstzustände hatte (oder es bei einem Erkrankten miterlebt hat), der weiß, wie sich das anfühlt, egal ob Psychose oder nicht. Da ist keine Kontrolle über den Körper mehr da, keine gesteuerte Handlungsfähigkeit. Und dann noch eine "volle Ladung Pfefferspray"!!! Ich habe jedes Verständnis für die Beamten vor Ort. Aber kein Verständnis für Jene, die das ok finden.
Und wenn sich ein ganzer Zug Polizisten irrt, dann ist solchen Irrtümern abzuhelfen. Die Grundzüge der Reaktion auf psychiatrische Notfälle sind von Fachärzten allgemeinverständlich auf Youtube-Videos abrufbar. 30 Minuten, die (leider) Leben retten könnten. Und in einem Staat, der sich die Wahrung der Menschenwürde als oberstes Ziel allen staatlichen Handelns auf die Fahnen schreibt, eigentlich selbstverständlich.

Zwei Drittel der in diesem Jahr getöteten Polizeiopfer sollen psychisch krank gewesen sein. Sie waren wohl nicht in der Lage, angemessen mit dem jeweiligen polizeilichen Vorgehen umzugehen. Daraus ergab sich dann aus Sicht der schießenden Beamten eine ganz besonders große Gefährlichkeit, da das Verhalten völlig erratisch und unvorhersehbar erscheint. Und man setzte eben solche "verhängnisvollen Kausalverläufe" in Gang. Die in Summe verhängnisvoll für das Verhältnis Gesellschaft/Bürger - Polizei sein können.
Besser und empathischer kann man den Fall nicht auf den (traurigen) Punkt bringen.


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Polizei erschießt 16-Jährigen mit Maschinenpistole

15.12.2024 um 12:36
Für mich ist das problematische an dem Urteil auch, dass manche sich doch hüten werden, bei suizidgefährdeten Menschen die Polizei zu rufen, um diesen zu helfen. Das kann doch nicht Sinn und Zweck sein?
ich bin wirklich gespannt darauf, das Urteil in Gänze zu lesen. Vielleicht ist dann der Richter besser zu verstehen. Bei dem, was es bis jetzt - über das ganze Verfahren hinweg - so zu lesen gab, bin ich eher enttäuscht von dem Richter.


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Polizei erschießt 16-Jährigen mit Maschinenpistole

15.12.2024 um 12:39
Natürlich ist man nachher im Gerichtssaal immer schlauer. Deshalb gibt es Gerichtsverfahren.

Bei wohlwollender Auslegung will der Vorsitzende vermutlich damit betonen, dass sich die Beamten geirrt haben, was Verhalten und Gefährlichkeit des Opfers betrifft. Und da ist für die strafrechtliche Beurteilung der Zeitpunkt der Tat, also die Situation vor Ort entscheidend. Nicht das später generierte Wissen.

Zitat:
Zitat von TussineldaTussinelda schrieb:Die Beamten seien irrtümlicherweise davon ausgegangen, der junge Mann wolle sie angreifen. Tatsächlich habe er zwar versucht, der Situation zu entkommen. Dies konnten die Beamten in der Kürze der Zeit aber nicht erkennen, meint das Gericht.
Sollte wohl volksnah klingen, der Satz, ist aber ziemlich missglücklich formuliert.

Noch schwieriger finde ich die Argumentation, es sei nicht nur zulässig, sondern sogar geboten, einen Suizidgefährdeten mit massiver Gewalt ("volle Ladung Pfefferspray") vor sich selbst zu schützen. Das ist doch absurd.

Beispiel: Mann steht auf Brückengeländer. Will springen. Die Polizisten ziehen die Waffe und rufen: "Sofort runter kommen - oder wir schießen!"

Im Übrigen: Fachleute sprechen keine Gerichtsurteile. Sondern beurteilen typische Sachverhalte. Ob aus fachlicher Sicht bei einem Fall richtig oder falsch gehandelt wurde, kann strafrechtlich völlig anders beurteilt werden. Wenn beispielsweise ein Irrtum vorliegt, dieser aber nicht strafrechtlich vorwerfbar ist.

Und das muss man halt akzeptieren, auf beiden Seiten der Schützengräben: Fachlich völlig falsch gehandelt, aber strafrechtlich ohne Schuld. Aus dem Urteil abzuleiten, diese Taktik sei quasi rechtlich erlaubt, ist ein grobes Missverständnis.


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Polizei erschießt 16-Jährigen mit Maschinenpistole

15.12.2024 um 13:03
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Aus dem Urteil abzuleiten, diese Taktik sei quasi rechtlich erlaubt, ist ein grobes Missverständnis.
Ich muss das noch erläutern:

Es könnte sogar so sein, dass sich rechtlich aus diesem öffentliche Verfahren und diesem Urteil erhöhte Anforderungen an die Sorgfaltspflichten für künftige Einsätze in solchen Situationen ergeben. Lehren aus diesem Fall gezogen werden müssen. Weil der polizeiliche Kenntnisstand nach diesem Urteil ein anderer ist als vorher.

Jetzt weiß man, was wie falsch eingeschätzt wurde. Und Irrtümer sind für den sorgfältig handelnden Polizisten zukünftig leichter vermeidbar. Und damit strafrechtlich relevant.

Ob das Gericht diesen Imperativ in seiner Verhandlungsführung und im Urteil angedeutet hat, können nur Prozessbeobachter beurteilen. Wäre ich Polizeijurist, würde ich aber dringend empfehlen: Vorsicht in vergleichbaren Fällen!


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Polizei erschießt 16-Jährigen mit Maschinenpistole

15.12.2024 um 13:05
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Und das muss man halt akzeptieren, auf beiden Seiten der Schützengräben: Fachlich völlig falsch gehandelt, aber strafrechtlich ohne Schuld.
Da ist wohl bei aller Kritik die ich an einzelnen Annahmen oder Vorstellungen habe durchaus was dran. Das kann ich persönlich auch im Kern teilen.

Man kann demnach mit meiner eigenen Meinung durchaus subsumieren, dass polizeiliche Eskalationsfortschreitung im strafrechtlichen Sinne legitim bzw. entschuldbar war, aber dennoch annehmen, dass das einsatztaktische Verhalten - zumindest im Wissen der Gesamtumstände oder Rahmenumstände - ggf. zu eskalativ oder 'falsch' war, im Sinne oder im Abgleich zu einer idealen Vorstellung der passiven Deeskalation zumindest.





Nüchtern und emotional distanziert nehme ich für mich mit, dass wieder jemand in einer eskalierten Lage verstarb. Denken wir an das Große Ganze und nicht die Einzelperson weil die ... tut mir Leid, nicht hämisch und nicht kalt emotional, eher nüchtern emotional gemeint ... ohnehin irgendwann vergessen wird bis auf Einzelpersonen die vom Tod wirklich persönlich betroffen sind, ob Familienangehörige oder Schützen usw. Und dann sporadisch Erinnernde.

Wichtig ist doch eigentlich im Großen Ganzen und partiell emotional distanziert die Frage: Was kann man für einsatztaktisches Verhalten bei der bzw. den Polizeien aus dem Fall mitnehmen? Best practices, ein Hinterfragen bisheriger ggf. starrer Vorgehensweisen, ein besseres Gesamtverständnis für diverse Lagen um im Idealfall vergleichbare Fälle zu einem nicht-tödlichen Ausgang zu bewegen?

Das ist aus meiner Sicht neben individueller Tragödien in dem Fall doch weitaus relevanter, um halt abstrakt künftig so etwas als Ausgang verringern zu können. Zum Opfer selbst habe ich persönlich nämlich 0 Berührungsppunkte und in der individuellen Fallkonstellation kann man auch mit Verweis auf das Urteil im Sinne des Ablaufes zu 100% die beteiligten Polizist(inn)en in den Hexenkessel werfen weil die halt in einer spezifischen Notlage situativ und individuell und subjektiv Handeln mussten.

Zugleich verstehe ich sehr wohl, dass Menschen in psychischen Ausnahmesituationen nicht zwingend so bewusst und mit Kalkül handeln wie Mörder, Extremisten, Terroristen die ganz andere Motivationen und Ziele haben. Es ist dann auch tragisch wenn man in so einem Fall umkommt.

Wir müssen quasi oder daher auch an diesem tragischen Fall mitnehmen oder prüfen, wie man ggf. polizeiliches Handeln und / oder Abwägen für künftige vergleichbare Fälle optimieren kann, wenn möglich. Die Toten kommen nicht wieder, aber künftige Tote oder partiell Schwerstverletzte kann man situativ meiden.

Was ich im Grunde semi-philosophisch oder allgemein sagen will ist, dass selbst bei Freispruch der Angeklagten (weil gerichtlich das Handeln legitimiert oder alternativ nicht strafrechtlich belangt wurde) man schauen muss, ob man hier polizeilich ein "lessons learned" ableiten kann um künftig vielleicht in einer vergleichbaren Lage ein besseres nicht-tödliches Ergebnis zu erhalten.

Das wäre für alle besser: Den (dann vermiedenen) Toten / Schwerstverletzten selbst, deren Angehörigen und Bekannten sowie die hypothetischen Polizeischützen, die partiell vmtl. auch mit Trauma und Druck zu kämpfen haben, weil wir als moderne Gesellschaft vermutlich wohl im Schnitt eher nicht darauf gepolt sind, Menschenleben zu nehmen. Auch wenn es in einem dienstlich relevanten Kontext oder für empfundene Notwehr/Nothilfe geschieht hat man wohl daran zu kauen.

Man sollte also versuchen auch aus diesem tragischen Einzelfall etwas im weiteren Sinne Positives zu subsumieren. Gerade wenn man teils argumentieren kann, dass das einsatztaktische Verhalten ggf. anders und partiell deeskalativer hätte ablaufen können.
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Es könnte sogar so sein, dass sich rechtlich aus diesem öffentliche Verfahren und diesem Urteil erhöhte Anforderungen an die Sorgfaltspflichten für künftige Einsätze in solchen Situationen ergeben. Lehren aus diesem Fall gezogen werden müssen. Weil der polizeiliche Kenntnisstand nach diesem Urteil ein anderer ist als vorher.

Jetzt weiß man, was wie falsch eingeschätzt wurde. Und Irrtümer sind für den sorgfältig handelnden Polizisten zukünftig leichter vermeidbar. Und damit strafrechtlich relevant.
Kurzum habe ich das Zitat was ich gerade kurz vor Absenden des Posts noch gesehen habe hier mit reingenommen, weil ich mit viel mehr Wörtern und Zeilen im Grunde das Gleiche wie das im Zitat meine. Man kann oder sollte aus der individuellen Tragödie also kurzum versuchen, etwas Positives oder nachhaltig Optimierendes zu ziehen; es wäre zumindest das Mindeste.


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Polizei erschießt 16-Jährigen mit Maschinenpistole

15.12.2024 um 14:24
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Und das muss man halt akzeptieren, auf beiden Seiten der Schützengräben: Fachlich völlig falsch gehandelt, aber strafrechtlich ohne Schuld. Aus dem Urteil abzuleiten, diese Taktik sei quasi rechtlich erlaubt, ist ein grobes Missverständnis.
Genauso ist es. Wobei aus meiner Sicht auch mit dieser Begründung des Gerichts nach wie vor der zu geringe Sicherheitsabstand Fragen aufwirft, die laut der mündlichen Urteilsbegründung offen geblieben sind. Denn mit einem höheren Sicherheitsabstand hätten die Polizisten vielleicht erkennen können, dass von ihm in Wirklichkeit keine Gefahr mehr ausging.

Ich verstehe nicht, dass dies das Gericht in der mündlichen Begründung - laut Medien - nicht thematisiert hat. Unabhängig, ob das nicht doch strafrechtlich relevant gewesen wäre, für künftige Einsätze ist die Vermeidung dieser Fehler ebenfalls sehr wichtig.

Definitiv falsch war die Schussabgabe, nur konnte wegen des Notwehrirrtums bisher niemand belangt werden.
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Es könnte sogar so sein, dass sich rechtlich aus diesem öffentliche Verfahren und diesem Urteil erhöhte Anforderungen an die Sorgfaltspflichten für künftige Einsätze in solchen Situationen ergeben. Lehren aus diesem Fall gezogen werden müssen. Weil der polizeiliche Kenntnisstand nach diesem Urteil ein anderer ist als vorher.
Man kann jedoch nicht davon ausgehen, das Polizisten dieses Urteil lesen bzw. im Falle des Falles man ihnen die Kenntniss nachweisen kann. Daher hilft nur eins Schulungen, Schulungen und Schulungen. Erst dann wird es den Polizisten auch persönlich vorwerfbar sein. Wenn jetzt nicht endlich die Schulungen in Gang gesetzt werden, nachdem der vorliegende Fall nicht der Einzige ist, dann ist und bleibt es ein behördliches Versagen, was man nicht mehr schönreden kann.


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Polizei erschießt 16-Jährigen mit Maschinenpistole

15.12.2024 um 14:38
Zitat von LentoLento schrieb:Definitiv falsch war die Schussabgabe, nur konnte wegen des Notwehrirrtums bisher niemand belangt werden.
Wenn ich das richtig mitbekommen habe, wurde kein Einzelschuss aus der MP5 abgegeben sondern bewusst eine ganze Salve. Da stellt sich mir die Frage der Verhältnismäßigkeit. Auch mit einer MP5, die nicht mit besonderer Mannstopmunition bestückt ist, kann man auf sensible Körperteile oder den Bewegungsapparat zielen und mit Einzelschüssen agieren. Auch die haben eine sehr gute Wirkung, minimieren aber das Tötungsrisiko. Voll auf den vermeintlichen Angreifer draufzuhalten und damit dessen Tötung mMn nicht nur billigend in Kauf zu nehmen sondern ziemlich zu forcieren, erscheint mir nicht so zielführend, auch wenn sich hier im Rahmen der Gesetzmäßigkeit bewegt wurde.


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15.12.2024 um 15:34
Zitat von WardenWarden schrieb:Denken wir an das Große Ganze und nicht die Einzelperson weil die ... tut mir Leid, nicht hämisch und nicht kalt emotional, eher nüchtern emotional gemeint ... ohnehin irgendwann vergessen wird bis auf Einzelpersonen die vom Tod wirklich persönlich betroffen sind, ob Familienangehörige oder Schützen usw. Und dann sporadisch Erinnernde.
Vielen Dank für Deine ausführlichen Gedanken.

Zumeist werden die Opfer vergessen, ja. Aber nicht immer.

Da ist zum Beispiel Oury Jalloh, ein eigener Thread hier. Er starb vor 20 Jahren in Polizeigewahrsam. Auch er nicht mehr Herr seiner Sinne, im Alkohol- und Drogenrausch. Er hätte in ein Krankenhaus gemusst, hätte nicht festgenommen und nicht an Armen und Beinen gefesselt in "Gewahrsam" genommen werden dürfen. Man hätte den Feueralarm und seine Hilfeschreie nicht ignorieren dürfen. Der Fall wurde auch nicht ordentlich aufgeklärt, die beteiligten Beamten deckten sich, die Politik wiegelte viel zu lange ab. Größtmöglicher Schaden. So hat man seit 20 Jahren einen (zwar unzutreffenden, aber wegen unzureichender Aufklärung nicht einfach zu widerlegenden) "Es war Mord!"-Slogan am Hals - und grauenhafte Bilder der verbrannten Leiche.

Dann Blumenhändler Enver Simsek, das erste Opfer der NSU-Mord-Serie (2001) und Opfer falscher Ermittlungsrichtung. Oder Michele Kiesewetter, das letzte Opfer (2007). 22, Polizistin. Größter Polizeifehler ever: Der (mutmaßliche) Mord an Benno Ohnesorg (1967), der Täter rechter Polizist und Stasi zugleich, gedeckt von seinen Kollegen, die nicht wussten, dass er Kommunist war.

Tennessee Eisenberg (2009) ist zumindest in Bayern noch ein Begriff. Ähnlicher Fall: Psychose, Messer. Bis dahin braver Bayer. Er hatte seinen Mitbewohner bedroht, der rief die Polizei. Er bedrohte offenbar die Beamten, reagierte nicht auf Pfefferspray und Knüppel und rief bei Schusswaffenandrohung "Dann erschießt's mi halt!" Die Gefährdungslage deutlich schwerwiegender als in Dortmund. Trotzdem war der Einsatz war ein Desaster für die so selbstgewisse bayerische Polizei, 16 Schüsse wurden abgegeben, 12 trafen, 7 in den Rücken. Ganz ohne MP5. Es wurde nie ermittelt.

Es gibt also schon Opfer, die im Gedächtnis geblieben sind. Deren Tod vielleicht auch was bewegt hat. Dafür öffnen sich dann wieder andere Baustellen. Der Fall hier ist schon sehr außergewöhnlich, dieses offensichtliche Missverhältnis aus objektiver Gefährlichkeit und Mitteleinsatz. Als ob man es mit einem Terroristen oder Serienkiller zu tun gehabt hätte. Im Gegensatz zu anderen Fällen ist ein Verfahren durchgeführt und abgeschlossen worden. Bei aller Kritik im Einzelnen: Das ist schon mal gut.

"Lesson learned" - das wäre toll.


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Polizei erschießt 16-Jährigen mit Maschinenpistole

15.12.2024 um 15:53
Zitat von LentoLento schrieb:Man kann jedoch nicht davon ausgehen, das Polizisten dieses Urteil lesen bzw. im Falle des Falles man ihnen die Kenntniss nachweisen kann.
Das muss man auch nicht. Zumindest im betroffenen Bundesland darf man davon ausgehen, dass Vorgesetzte im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht darauf hinweisen, was in bestimmten Fällen getan werden sollte - und was nicht. Dafür gibt es Rundschreiben, Erlasse, Hausmitteilungen usw. Es gibt ausreichend Mittel in der Bürokratie, um die Risiken auf die abzuwälzen, die an der Front sind. Wenn ein Fall gezeigt hat, dass Mittel und Methoden unzulänglich sind, dann muss das zumindest dienstlich kund getan werden.

Sinnvoller Schulungen klar, es scheint ja an den Polizei-FHs schon länger Thema zu sein, aber dann im Beruf halt nicht mehr. Der von mir schon häufiger erwähnte Deeskaltionstrainer aus der Psychiatrie, der schult regelmäßig die Polizisten, die für die Klinik zuständig sind. Die haben dort natürlich häufiger mit solchen Fällen zu tun und dann sollte ihnen jemand Fachkundiges auch praktische Handlungsanweisungen geben. Erschossen wurde da noch niemand.

Es geht ja erst mal um Sensibilisierung, keinen Wochenkurs. Es ist ja auch einfach: Keine Panik. Ruhe ist erste Bürgerpflicht. Distanz. Sicheren Raum schaffen. Reden. Geduld. Keine offene Bedrohung. Auf Fachpersonal warten. Und der Trainer, der hat ja auch was erlebt, in seiner Klinik. Der kann also praktische Beispiele bringen, keine Psychoanalyse.


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Polizei erschießt 16-Jährigen mit Maschinenpistole

15.12.2024 um 21:31
Zitat von OriginesOrigines schrieb:Die haben dort natürlich häufiger mit solchen Fällen zu tun und dann sollte ihnen jemand Fachkundiges auch praktische Handlungsanweisungen geben. Erschossen wurde da noch niemand.
Ja natürlich ist auch der Polizist im Steifeneinatz geschult worden auch psychologisch.
Aber in der normalen Polizei- Praxis passiert das doch eher selten, so das es eine Ausnahmesituation darstellt,.

Was hier kaum zur Sprache kommt ist, das der Erzieher, ein psychologisch geschulter Mensch, speziell auch auf die Problematik der von ihm betreuten Flüchtlingen abgestellt, nicht mehr klar kam mit dem Mann und sich veranlasst sah die Polizei zu Hilfe zu rufen.
Wie passt das mit dem angeblich ruhig am Boden kauernden Zusammen ?


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Polizei erschießt 16-Jährigen mit Maschinenpistole

15.12.2024 um 21:47
@Nightrider64
lies Dich doch einfach mal ein.
Der hatte Angst, der 16jährige tut sich etwas an. Deshalb rief er die Polizei. Macht der bestimmt auch nie wieder.


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Polizei erschießt 16-Jährigen mit Maschinenpistole

15.12.2024 um 22:02
Zitat von Nightrider64Nightrider64 schrieb:Was hier kaum zur Sprache kommt ist, das der Erzieher, ein psychologisch geschulter Mensch,
Erzieher sind nicht "psychologisch geschult"
Und sie sind auch nicht dafür ausgebildet, mit Personen umzugehen, die akut suizidal sind und/oder mit einem Messer rumfuchteln.
In solchen Situationen muss die Polizei gerufen werden.


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Polizei erschießt 16-Jährigen mit Maschinenpistole

15.12.2024 um 22:39
Zitat von Nightrider64Nightrider64 schrieb:Was hier kaum zur Sprache kommt ist, das der Erzieher, ein psychologisch geschulter Mensch, speziell auch auf die Problematik der von ihm betreuten Flüchtlingen abgestellt, nicht mehr klar kam mit dem Mann und sich veranlasst sah die Polizei zu Hilfe zu rufen.
Wie passt das mit dem angeblich ruhig am Boden kauernden Zusammen ?
Ich würde sagen, mit einem Menschen, der akut psychotisch, ist so ziemlich jeder überfordert.
Selbst die Psychiatrie hat ja in der absoluten Akutsituation erst mal nur anzubieten, die Person im Ernstfall mit Medikamenten ruhigzustellen und idealerweise in eine möglichst reizarme Umgebung zu bringen (bzw. wenn es sehr günstig läuft, ohne Medikamente für Beruhigung zu sorgen. Das ist aber eher unwahrscheinlich.)

Der Erzieher hat wahrscheinlich eigengefährdendes Verhalten wahrgenommen, wie auch immer sich das in dem konkreten Moment genau abgespielt hat.
Das tückische an Psychosen ist ja, dass der Verlauf völlig unberechenbar ist.
Es kann sein, dass jemand total eskaliert und fünf Minuten später wieder ruhig ist oder umgekehrt.
Jedenfalls ein sehr gefährlicher Zustand und das Verhalten der Außenwelt beziehungsweise die Reize der Umgebung sind mitentscheidend dafür, was passiert.


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15.12.2024 um 22:47
Zitat von equinoxxequinoxx schrieb:Ich würde sagen, mit einem Menschen, der akut psychotisch, ist es so ziemlich jeder überfordert.
Selbst die Psychiatrie hat ja in der absoluten Akutsituation erst mal nur anzubieten, die Person im Ernstfall mit Medikamenten ruhigzustellen und idealerweise in eine möglichst reizarme Umgebung zu bringen.
Da stimme ich Dir voll zu. Er hätte besser einen Arzt geholt der dann wohl versucht hätte den Psychotischen falls nötig erstmal ruhig zu stellen um ihn in die Psychiatrie zu verfrachten
Zitat von equinoxxequinoxx schrieb:Das tückische an Psychosen ist ja, dass der Verlauf völlig unberechenbar ist.
Es kann sein, dass jemand total eskaliert und fünf Minuten später wieder ruhig ist oder umgekehrt.
Das stimmt wohl. Wahrscheinlich wissen das auch Polizisten und deuteten die Vorwärtsbewegung mit Messer als Angriff.
Dann galt "Selbstschutz geht vor" und es wurde wie in der Theorie geübt, vorgegangen.


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Polizei erschießt 16-Jährigen mit Maschinenpistole

15.12.2024 um 23:06
Zitat von Nightrider64Nightrider64 schrieb:Da stimme ich Dir voll zu. Er hätte besser einen Arzt geholt der dann wohl versucht hätte den Psychotischen falls nötig erstmal ruhig zu stellen um ihn in die Psychiatrie zu verfrachten
Ja, es wäre gut gewesen, wenn ein Arzt dabei gewesen wäre, also wenn der Erzieher die 112 statt der 110 gerufen hätte. Aber auch er war wohl überfordert und vielleicht gab es keinen vernünftigen Ablaufplan für solche Situationen.
Am besten sollte es so sein, dass die Polizei standardmäßig in solchen Situationen einen Rettungsdienst hinzuholt. Und ungekehrt kommt der ohne Polizei in der Regel sowieso nicht zu solchen Einsätzen.
Zitat von Nightrider64Nightrider64 schrieb:Das tückische an Psychosen ist ja, dass der Verlauf völlig unberechenbar ist.
Es kann sein, dass jemand total eskaliert und fünf Minuten später wieder ruhig ist oder umgekehrt
Zitat von Nightrider64Nightrider64 schrieb:Das stimmt wohl. Wahrscheinlich wissen das auch Polizisten und deuteten die Vorwärtsbewegung mit Messer als Angriff..
Ja, deswegen ist einerseits zu verstehen, dass die Polizisten sich wohl überfordert fühlten — und andererseits ist damit aber natürlich auch wieder bestätigt, dass es noch mehr Schulung braucht bzw. eine grundlegend andere Art, wie an solche Einsätze herangegangen wird.
Klar ist, dass jegliche Form des Anscheins einer Bedrohung (wie zum Beispiel große Waffen) das Verhalten eines Menschen in so einer Krise eher eskalieren lässt. Für die konkrete Situation lässt sich sagen, es wäre besser gewesen, wären Mediziner/Psychologen federführend gewesen und die Polizei hätte sich im Hintergrund gehalten.
Ist natürlich im Einzelfall alles Abwägungssache und niemand behauptet, dass das eine einfache Situation gewesen ist.


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Polizei erschießt 16-Jährigen mit Maschinenpistole

16.12.2024 um 01:31
Zitat von Nightrider64Nightrider64 schrieb:Da stimme ich Dir voll zu. Er hätte besser einen Arzt geholt der dann wohl versucht hätte den Psychotischen falls nötig erstmal ruhig zu stellen um ihn in die Psychiatrie zu verfrachten
Zitat von equinoxxequinoxx schrieb:Aber auch er war wohl überfordert und vielleicht gab es keinen vernünftigen Ablaufplan für solche Situationen.
Ich hab jetzt noch mal einige Artikel gelesen und scheinbar war sich der Einrichtungsleiter der die Polizei geholt hat, auch gar nicht sicher, ob die Polizei überhaupt der richtige Ansprechpartner ist, was diese aber bejaht hat:
Gast erzählt, er sei in sein Büro gegangen und habe den Notruf der Polizei gewählt, weil er und seine Mitarbeiter die Situation nicht haben "auflösen" können. Ob er dort richtig sei oder ob er einen Rettungswagen rufen soll, habe er gefragt. Er sei hier richtig, habe der Polizist am anderen Ende der Leitung entgegnet. Bis zu den tödlichen Schüssen dauert das Gespräch zwischen den Beiden
Quelle: https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/erste-zeugenaussagen-fall-mouhamed-drame-100.amp

Und Drame war gar nicht unaufgeschlossen, sich helfen zu lassen. Er hatte sich in den Tagen zuvor selbst eingewiesen und dafür sogar eine Polizeistation aufgesucht und wurde aber wieder aus der Klinik entlassen. (Seine Diagnose war wohl schwere Depression und nicht Psychose, wie ich angenommen hatte. Ich denke aber auch nicht, dass man ihn vollumfassend diagnostiziert hatte bei dem kurzen Aufenthalt.) Jedenfalls macht es das für mich besonders tragisch. Dass jemand institutionelle Hilfe sucht und es einfach nicht gelingt, im Gegenteil, die Person kurz darauf tatsächlich stirbt.
In den Gesprächen habe Mouhamed dann von lebensmüden Gedanken berichtet, nicht aber von suizidalen Handlungen. Er habe nicht mehr leben wollen und dann Hilfe bei der Polizei gesucht, die ihn dann in die LWL-Klinik Dortmund brachte
Quelle: https://www.nordstadtblogger.de/immer-wieder-zum-bvb-sozialarbeiterin-und-aerztin-berichten-wie-sie-mouhamed-erlebten/

Und es existiert ein Papier von 2018 in NRW das auf den Umstand, dass der Job gefährlicher geworden ist, folgende Empfehlungen für die Marschrichtung der Polizei gibt:
Die wichtigste These des Papiers steht auf Seite zehn. "Die Polizei muss an Konsequenz, Stabilität, Führungsstärke und Robustheit deutlich zulegen", heißt es da. Insgesamt sieben Mal finden sich die Worte "robust" oder "Robustheit" in dem Dokument einer Arbeitsgruppe der Polizei in NRW.
Quelle: https://www.spiegel.de/panorama/justiz/polizei-in-nrw-soll-robuster-werden-a-1195662.html

Kann sich jeder selbst seine Meinung dazu bilden.


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Polizei erschießt 16-Jährigen mit Maschinenpistole

16.12.2024 um 06:34
Zitat von Nightrider64Nightrider64 schrieb:Was hier kaum zur Sprache kommt ist, das der Erzieher, ein psychologisch geschulter Mensch, speziell auch auf die Problematik der von ihm betreuten Flüchtlingen abgestellt, nicht mehr klar kam mit dem Mann und sich veranlasst sah die Polizei zu Hilfe zu rufen.
Wie passt das mit dem angeblich ruhig am Boden kauernden Zusammen ?
Du insinuierst mit Deiner Frage einen Sachverhalt, der gerichtlich widerlegt ist.
Zitat von TussineldaTussinelda schrieb:Der hatte Angst, der 16jährige tut sich etwas an. Deshalb rief er die Polizei. Macht der bestimmt auch nie wieder.
Ja. Er konnte ja nicht ahnen, dass die Polizei größtmögliche "Robustheit" an den Tag legen würde.
Zitat von fischersfritzifischersfritzi schrieb:Und sie sind auch nicht dafür ausgebildet, mit Personen umzugehen, die akut suizidal sind und/oder mit einem Messer rumfuchteln.
In solchen Situationen muss die Polizei gerufen werden.
Wie oben. Das Opfer hat nicht mit dem Messer rumgefuchtelt. Bitte bei solchen Behauptungen beim gerichtlich festgestellten Sachverhalt bleiben.
Zitat von equinoxxequinoxx schrieb:Der Erzieher hat wahrscheinlich eigengefährdendes Verhalten wahrgenommen, wie auch immer sich das in dem konkreten Moment genau abgespielt hat.
Ja, Es ging offenbar nicht - wie im Falle Eisenberg - um die Bedrohung Dritter mit dem Messer, sondern alleine um Suizidgefahr.
Der zitierte Beitrag von fischersfritzi wurde gelöscht. Begründung: Antwort auf gelöschten Beitrag
Sehr billiger Strohmann. Aus den Lehrplänen für Erzieher (NRW/Berlin/Brandenburg):
In Maßnahmen der Hilfen zur Erziehung und der Eingliederungshilfe stehen vielschichtige soziale und individuelle Problemlagen im
Schwierigkeiten in Familien, individuelle Orientierungs- und soziale Anpassungsschwierigkeiten Heranwachsender und eine Gefährdung ihrer psychischen und physischen Integrität und Entwicklung (§ 8 a SGB VIII)
Quelle: https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/fileadmin/bbb/unterricht/rahmenlehrplaene/berufliche_bildung/be/RLP_FS_Sozpaed.pdf

Informationen über den Umgang mit psychiatrischen Notfällen sind weit gestreut. Suizidgefahr/Suizidalität sind häufige Phänomene in Einrichtungen, in denen soziale Probleme im Vordergrund stehen. Letztlich sollte jedermann wissen, der häufiger mit solchen Menschen in Berührung kommt (wie soziale, medizinische und pflegerische Berufe - und auch Polizisten) was zu tun ist: Im Zweifel Arzt. Und keine MP5 oder gleich das SEK.

https://psychiatrie.charite.de/fileadmin/user_upload/microsites/m_cc15/psychiatrie/alt_vorlesungsfolien_psychologie/10-Notfallpsychiatrie.pdf

Auch die Erste Hilfe bei Psychosen richtet sich an Jedermann, der z.B. erkrankte Angehörige oder eben Bewohner in Einrichtungen hat.

https://www.mhfa-ersthelfer.de/media/guidelines_files/Richtlinien_zumUmgang_mit_Psychose.pdf
Zitat von equinoxxequinoxx schrieb:Er hatte sich in den Tagen zuvor selbst eingewiesen und dafür sogar eine Polizeistation aufgesucht und wurde aber wieder aus der Klinik entlassen. (Seine Diagnose war wohl schwere Depression und nicht Psychose, wie ich angenommen hatte. Ich denke aber auch nicht, dass man ihn vollumfassend diagnostiziert hatte bei dem kurzen Aufenthalt.)
Das war der Einrichtung also sicher bekannt. Es kann auch schwere depressive Episoden mit psychotischen Symptomen geben. Aber Menschen in akuter Suizidalität sind so oder so krank und gelten als nicht zurechnungsfähig. Sonst dürfte ich sie gar nicht davon abhalten, weil das BVerfG ein Recht auf den eigenen Tod zugesteht.

Natürlich wäre der Arzt die bessere Wahl gewesen. Doch die haben in der Notrufzentrale "Messer" gehört - und dann wird gleich hyperventiliert und "das große Besteck" in Marsch gesetzt. Nur nebenbei: "Messer" ungleich "Messer". Besonders gefährlich sind Messer, die von vorne herein als Waffen konzipiert sind, also Waffen i.S.d. WaffenG. Mit meinen Küchenmessern kann ich mir dagegen höchstens einen blauen Fleck zufügen.
Zitat von equinoxxequinoxx schrieb:Und es existiert ein Papier von 2018 in NRW das auf den Umstand, dass der Job gefährlicher geworden ist, folgende Empfehlungen für die Marschrichtung der Polizei gibt:
Und das ist das Armutszeugnis für diese "robuste" Polizeistrategie. "Entwaffnen", "Eigensicherung", "Festnahme" - Du zitierst die Linie, in der Differenzierung, ob ich es mit einem Anis Amri, einem Amokläufer, einem Besoffenen oder einem Depressiven zu tun habe, zweitrangig ist. Lieber erst schießen und dann fragen. Das dreht die Eskalationsspirale dann halt noch weiter.


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