Strongbow schrieb:Ich glaube, dass Scarlett die E6 nicht gelaufen ist und andere Pläne hatte.
Glauben kann man viel, wenn der Tag lange ist. Denken hilft auch nicht viel weiter, denn Vieles ist denkbar. Fast so viel, wie man glauben möchte. Spekulieren ist schließlich das Ziehen von Schlussfolgerungen aus nicht vorhandenen oder gemutmaßten Erkenntnissen.
Also: Es ist nicht ausgeschlossen, dass S.
nicht auf der E6 durch einen Unfall zu Tode gekommen ist. Es ist
möglich, dass sie gar nicht in die E6 eingestiegen und Teile der Etappe gelaufen ist. Es ist möglich, dass sie auf Gomera in den Höhlen als Tantra-Lehrerin lebt oder in Neuseeland als Schafzüchterin - oder in China. Auch ein Suizid ist möglich.
Aber (außerhalb jeder Polemik): Ist all das
wahrscheinlich??? Es gibt
keine tatsächlichen Anhaltspunkte, also keinen Funken Verdacht, dass sie etwas Anderes vorhatte, als die E6 von Todtmoos nach Wehr zu laufen. Alle ihre Äußerungen, Pläne und ihr Vorverhalten (wer kauft bei EDEKA Kekse und ein Smoothie, wenn er/sie vorhat, sich von dieser Welt zu verabschieden) wie auch die bekannten technischen Daten deuten darauf hin.
Das muss nicht zwingend bedeuten, dass sie in die E6 eingestiegen und (einen Teil) durchwandert hat. Es fehlt jeder Beweis, wie auch ein Beweis für ihren Tod. Und so lange ist es natürlich
möglich, dass auch etwas Anderes geschehen ist. Die Frage ist, wie wahrscheinlich sind andere Varianten? Abtauchen? Suizid? Sehr, sehr unwahrscheinlich.
Nachdem der Weg so intensiv abgesucht wurde, von Polizei, Bergwacht, Freiwilligen und Freizeitsuchern, über Jahre hinweg, und keine Spur von S. gefunden wurde, denke (!) ich (auf Grundlage der mir bekannten Tatsachen): Die Wahrscheinlichkeit, dass ihr etwas auf dem Weg von Todtmoos nach Wehr zugestoßen ist, die ist nach wie vor sehr groß. Nur glaube (!) ich immer mehr, dass ihre Leiche dort nicht mehr zu finden ist. Weil eine unbekannte Person ihren Weg gekreuzt hat. Dafür sprechen auch ein paar tatsächliche Anhaltspunkte, die hier auch schon intensiv erörtert worden sind (Sichtung Parkplatz, Ende der Hundespur, letzte Verbindung zur Funkzelle Todtmoos). Die lassen sich freilich auch anders interpretieren, deshalb meine Einschränkung "glauben" i.S.v. "nicht wissen".
Im o.g. ZDF-Beitrag merkt einer der privaten Sucher an, es sei alles an der E6 abgesucht worden. Er glaube (!) nicht an einen Unfall.
Da es sinnlos erscheint, S. auf Gomera oder in Neuseeland zu suchen, sollte man sich m.E. innerlich auf ein Verbrechen konzentrieren, dem sie zum Opfer gefallen ist und in dessen Durchführung (oder danach) ihr Körper außerhalb des klassischen Suchgebiets verbracht wurde. Da ich der Überzeugung bin, dass die Polizei diese Möglichkeit in Betracht gezogen und auch entsprechend (außerhalb eines förmlichen Ermittlungsverfahrens) untersucht hat, werden wir uns hier wohl leider damit abfinden müssen, dass sie bzw. ihre sterblichen Überreste nie wieder auftauchen werden. So weh mir das aus tiefsten Herzen für die Angehörigen tut, insbesondere für ihre Eltern. Die haben nichts unversucht gelassen und wirklich alles getan, um konstruktiv an einer Aufklärung mitzuwirken. Das ist leider nicht in jedem Fall so.
Ich kann gut verstehen, wenn sie hoffen, S. lebe noch. Es ist nicht ausgeschlossen. Aber sehr, sehr unwahrscheinlich. Manchmal gibt es noch nach 20 oder 30 Jahren Gewissheit, durch Forstarbeiter oder Pilzsucher. Manchmal sind Opfer von Verbrechen aber auch so versteckt, dass die Ermittler sagen: "Ohne ein Geständnis des Täters hätten wir die Überreste nie gefunden." Und es gibt leider eine ganze Latte junger vermisster junger Frauen, schon seit den 1970er Jahren, die nie wieder aufgetaucht sind. Die Aufklärungsquote bei Mord ist zwar sehr hoch (ca. 95%), aber dafür muss auch ein entsprechendes Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, um in der Statistik berücksichtigt zu werden. In reinen Vermisstenfällen ohne tatsächliche Anhaltspunkte für ein Tötungsdelikt - wie hier - gelten diese 95% nicht. So dürfte es - das ist jetzt reine Spekulation - ein paar hundert oder mehr Mörder geben, die unerkannt und unbelangt in diesem unseren Lande herumlaufen.