@Rick_Blaine Ich lese Deine stets informativen und differenzierten Beiträge sehr gerne. Daher wundert es mich, dass Du schreibst:
Rick_Blaine schrieb:Und daher vermutlich mit Mord.
Warum nicht Totschlag, fahrlässige Tötung, Tötung auf Verlangen oder Beihilfe zum Suizid? Als Jurist weißt Du worauf ich hinaus möchte.
Was ich mich immer wieder frage:
Warum reicht so vielen vermeintlich kritischen Menschen die Annahme: "So kann es nicht gewesen sein?"
Wenn man davon ausgeht, dass etwas "so nicht gewesen sein kann", dann muss man doch, bevor man zu dem Ergebnis kommt, dass es praktisch das Gegenteil nur sein kann, sich wenigstens mal überlegen, warum etwas konkret nicht so gewesen sein kann.
Ich gebe ein paar Stickpunkte:
1. Wenn man dem Artikel glauben möchte, dass bei der Obduktion nur(!) auf Alkohol geprüft wurde, dann darf man doch mal fragen, wie realistisch diese Behauptung(!) des Journalisten ist. Die Polizei geht von einem Suizid aus. Sie lässt die Leiche gerichtsmedizinisch obduzieren. Und die Polizei möchte nicht wissen, ob sich Antidepressiva oder Lithium (ein Stummungsstabilisator) im Blut befanden? Sie möchte nicht wissen, ob sich möglicherweise andere Drogen neben Alkohol im Blut befanden?
Und ehrlich: Glaubt hier jemand ernsthaft, dass es bei einer Obduktion darum ginge, eine gemutmaßtes Ergebnis zu bestätigen und nicht vielmehr darum, neue Erkenntnisse zu gewinnen?
2. Die vorgefundene Körperhaltung wird hier für unvereinbar mit einem Suizid angenommen. Dabei ist zunächst bemerkenswert, wie viele Experten es plötzlich für Schusswaffen, Schmauchspuren, Blutspritzer und postmortale Bewegungsablaufe gibt. Davon abgesehen, ist man sich hier ja noch nicht mal einig darüber, ob die Frau sich im sitzen oder im liegen erschossen hat. Wenn sie sich im liegen erschossen hat: Einfach mal mit einer Spielzeugpistole nachstellen. Man wird feststellen: Die vorgefundene Haltung der Arme und der Umstand, dass die Waffe noch in der Hand war, erscheinen gar nicht so ungewöhnlich. Wenn man aber meint, dass dies nicht möglich ist: Bitte, warum dann nicht erklären, wie(!) Hände und Arme hätten liegen müssen. Denn immerhin zweifelt man hier das Ergebnis von Kriminalexperten an.
Wenn man annimmt, die Frau hat sich im sitzen erschossen und man möchte auch dieses Szenario nachstellen, wird man schnell feststellen, dass dies ein ungleich komplexerer Vorgang ist. Wer mir hier erzählen will, er wüsste es besser, muss wenigstens erklären, wie denn wahrscheinlicherweise(!) und warum(!) die Armposition sich hätte gestalten müssen.
3. Die fehlenden Blutspritzer an den Händen: Ich habe die Frage schon mehrmals gestellt und die hier die Erfahrung gemacht, dass es immer einfacher ist zu behaupten, als konkrete Fragen zu beantworten. Will sagen: Ist es zwingend(!) unmöglich, dass sich keine Blutspritzer an den Händen befunden haben? Und wenn man meint, dass dies zwingend unmöglich ist: Warum ist das so und woher weiß man das?
4. Die fehlenden Schmauchspuren:
Ehrlich: Ich glaube nicht daran, dass diese fehlen. Ich halte den gesamten Artikel und auch die Doku für sehr oberflächlich in der Darstellung. Ich halte beide (Artikel wie Doku) für tendenziös. Das ergibt sich für mich allein daraus, dass der Artikel nur sehr wenige Informationen über die Auffindesituation der Frau enthält (saß oder lag sie? Trat die Kugel aus dem Schädel aus und wenn ja, wo schlug sie ein)?
5. Der "starke" Rückstoß der Waffe: Ich kenne das Modell nicht, habe aber schon des Öfteren privat geschossen. 9mm-Munition bleibt 9mm-Munition. Der Rückstoß beim Abfeuern einer 9mm-Munition ist gering. Ich habe auch schon Kaliber 45 geschossen (Revolver) und auch hier ist der Rückstoß geringer, als Hollywood gerne darstellt. Ich will darauf hinaus, dass hier quasi explosionsartige Armbewegungen (nach meiner Überzeugung) gar nicht zu erwarten sind.
6. Als letztes:
Oslo ist mit über 600.000 Einwohnern eine große Großstadt. Die ermittelnden Beamten gehören nicht zur Hof- und Wiesenpolizei auf dem Land. Zur Kripo kommt man (anders als im Tatort gerne dargestellt wird) nicht direkt mit Beendigung der Ausbildung. Die Leute sind erfahrene Spezialisten. Sie haben in ihrer beruflichen Laufbahn mehr Tötungsdelikte und Suizide gesehen, begutachtet und ermittelt, als jeder andere hier im Forum.
Es reichen aber offensichtlich nur ein(!) Journalist und eine Doku aus, damit einige glauben, nunmehr über überlegenes Expertenwissen zu verfügen.
Wenn ich sowas hier lese:
Hathora schrieb:Danke für Dein Statement. Ganz genau. In der Gesamtheit sehe ich es auch als wahrscheinlich, dass es eiskalt kalkulierter Mord war.
Frage ich mich: Wow! Hast Du eine Glaskugel zu Hause oder verfügst Du von Haus aus über überlegenes Wissen? Es war also nicht nur Mord (was eine juristische Bewertung noch vor dem Gerichtsurteil ist), es war sogar "eiskalt kalkulierter" Mord.
Wer mit dieser mit brustgeschwelter Überzeugung schreibt, weiß gar nichts. Er glaubt. Das aber mit fester Überzeugung.
@runaway100
Gibst Du noch eine Antwort auf meine Frage? Ich bin mir sicher, dass
@Hathora ein Auge zudrückt.