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Kriminalfall Kim Wall

28.987 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: 2017, Dänemark, U-boot ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Kriminalfall Kim Wall

Kriminalfall Kim Wall

23.10.2017 um 08:59
Zitat von ThetiPanThetiPan schrieb:Hhhhm, sein U-Boot hat er aber trotzdem versenkt. Will heißen, es bestand immernoch die Möglichkeit, dass er seiner Tat überführt wird. Warum dann eine nicht in solchen Taten spezialisierte Verteidigerin zu wählen?
Die Verteidigeri wird ja nicht alles alleine machen.
Ich weiss gar nicht, warum dieser punkt immer wieder diskutiert wird.
Sie wird schon schon gute, fitte Leute dazu geholt haben, die sie beraten.
Gerade, wenn sie auf ihrem Gebiet einen guten Namen hat, ist sie gut vernetzt und arbeitet nicht allein.


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23.10.2017 um 09:00
@ThetiPan
Hhhhm, sein U-Boot hat er aber trotzdem versenkt. Will heißen, es bestand immernoch die Möglichkeit, dass er seiner Tat überführt wird. Warum dann eine nicht in solchen Taten spezialisierte Verteidigerin zu wählen?
Anfänglich ging es nur um Havarie. Die Frage ist eher, warum er die Anwältin nicht gewechselt hat, nachdem sich das Blatt in eine andere Richtung gewendet hat. Noch seltsamer finde ich, dass seine Anwältin den Fall nicht erfahreneren Kollegen abgibt. Interessenten gebe es inzwischen zur Genüge.


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23.10.2017 um 09:04
Zitat von MaryPoppinsMaryPoppins schrieb:Die Frage ist eher, warum er die Anwältin nicht gewechselt hat, nachdem sich das Blatt in eine andere Richtung gewendet hat. Noch seltsamer finde ich, dass seine Anwältin den Fall nicht erfahreneren Kollegen abgibt. Interessenten gebe es inzwischen zur Genüge.
Wie gesagt, die Anwältin arbeitet bestimmt mit einem Team. Und das werden keine Steueranwälte sein.
Das wäre ja absurd.


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23.10.2017 um 09:41
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Wie gesagt, die Anwältin arbeitet bestimmt mit einem Team.
Wenn ich eine Herz-OP benötige, wende ich mich auch nicht an einen Orthopäden und hoffe, dass er sich schon mit einem Team beraten wird.

Es ist höchst seltsam, dass er diese Anwältin wählte und noch seltsamer, dass sie den Fall weiterhin übernimmt!


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23.10.2017 um 09:55
Zitat von Maxi05Maxi05 schrieb:Wenn ich eine Herz-OP benötige, wende ich mich auch nicht an einen Orthopäden und hoffe, dass er sich schon mit einem Team beraten wird.

Es ist höchst seltsam, dass er diese Anwältin wählte und noch seltsamer, dass sie den Fall weiterhin übernimmt!
Ein hinkendes Beispiel.
Der Orthopäde hat nicht das nötige Equipment.

...und der Orthopäde, den ich neulich (in echt)  aufgesucht habe, hatte Null Ahnung.
Nicht alle Orthopäden sind gut, nur weil sie eine Zulassung haben.

Aber gut. Du wunderst dich.
Was ist deine Theorie dazu?
Meine ist, dass die Frau in einem Team arbeitet, auf das PM setzt.

Ich frage mich aber, wann seine Anwältin das Handtuch schmeisst.


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23.10.2017 um 10:04
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Ein hinkendes Beispiel.
Ich finde nicht, dass es hinkt. Wir haben zwei Juristen in der Familie. Beide unterschiedliche Fachrichtungen. Genau wie Mediziner spezialisiert.
Es kann sein, dass PM die Anwältin persönlich kennt und sie daher bat, seinen Fall zu übernehmen. Damals noch unter der Vorgabe: ich hab ihr nichts getan und Hauptanliegen ist der Untergang meines U-Bootes.
Jetzt bleibt sie aber, trotz der Monströsität, an diesem Fall dran, obwohl es überhaupt ihr Metier ist. Das könnte bedeuten, sie will die Publicity. Das könnte mächtig nach hinten losgehen.


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23.10.2017 um 10:20
Habt ihr Langeweile?
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Ich weiss gar nicht, warum dieser punkt immer wieder diskutiert wird.
Sie wird schon schon gute, fitte Leute dazu geholt haben, die sie beraten.
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Ich frage mich aber, wann seine Anwältin das Handtuch schmeisst.
Zitat von Maxi05Maxi05 schrieb:Das könnte bedeuten, sie will die Publicity. Das könnte mächtig nach hinten losgehen.
warum k ö n n t e das nach hinten losgehen?
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Ich weiss gar nicht, warum dieser punkt immer wieder diskutiert wird.
Sie wird schon schon gute, fitte Leute dazu geholt haben, die sie beraten.
Zitat von Maxi05Maxi05 schrieb:Es ist höchst seltsam, dass er diese Anwältin wählte und noch seltsamer, dass sie den Fall weiterhin übernimmt!
Seltsam? Warum?.. was wäre denn wenn er sie vorher kannte? Darf er das nicht? Selbst wenn es irgendwelche Verbindungen geben würde - selbst wenn sie in der selben Szene unterwegs wären, würde das doch überhaupt nichts ändern.. oder dürfen Anwälte mit ihren Mandanten nicht befreundet sein?
Zitat von Maxi05Maxi05 schrieb:noch seltsamer, dass sie den Fall weiterhin übernimmt!
das verstehe ich überhaupt nicht..


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23.10.2017 um 10:21
Wenn man aber die bezeichnung liest, haben sie zumindest in ihrer kanzlei auch mit strafverteidigung zu tun.
Advokat Betina Hald Engmark er indehaver af Blinkenberg & Engmark Strafferetsadvokater.
Das heißt übersetzt:

"Rechtsanwältin Betina Hald Engmark ist Inhaberin der Strafrechtsanwälte Blinkenberg & Engmark."

http://www.strafferetsadvokaterne.dk/advokat-betina-hald-engmark/


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23.10.2017 um 11:24
Zitat von MaryPoppinsMaryPoppins schrieb:Anfänglich ging es nur um Havarie. Die Frage ist eher, warum er die Anwältin nicht gewechselt hat, nachdem sich das Blatt in eine andere Richtung gewendet hat. Noch seltsamer finde ich, dass seine Anwältin den Fall nicht erfahreneren Kollegen abgibt. Interessenten gebe es inzwischen zur Genüge.
Das verstehe ich allerdings auch nicht.

Ich frage mich, wie die Strategie der Verteidigung aussehen wird, wenn PM das Zerteilen nicht zugeben wird. Eine Amnesie wäre ein plausibeles Szenario. Das können wahrscheinlich nur Neurologen und Psychologen mit einem Gutachten feststellen bzw. dem Bereich des Möglichen zuordnen. Der unbekannte Dritte scheidet aufgrund vorliegender Daten und Indizien wahrscheinlich aus. Es wäre zumindest eine unerwartete Wendung in dem Fall, auf die momentan gar nichts hindeutet und die z.Zt. als Verteidigungsstrategie nur Sinn macht, wenn konkret jemand anderes belastet würde.

Nach PMs Szenario ( ohne Ermittlungsergebnisse), ginge es z.Zt nur um die Störung der Totenruhe und ggf. einfache fahrlässige Tötung, da er seiner Sorgfaltspflicht nicht nachgegangen ist. Falls er von seiner Lukenversion Abstand nehmen sollte, gibt es sicherlich noch andere Szenarien, die sich, aufgrund seines scheinbar nicht besonders ausgeprägten Sicherheitsempfinden, anbieten würden. Von Vorteil wäre nun, einen anderen Unfall zu offerieren, in dessem Fall zusätzliche Nachlässigkeit dokumentiert werden könnte. Einen Unfallszenario durch ein anderes zu ersetzen, macht hier nur Sinn, wenn der zweite Unfall verantwortungsloser von PM verschuldet worden wäre als ein Lukenunfall. Es braucht ja eine einleuchtende Erklärung für einen Sinneswandel, hier von einfacher zu grober Fahrlässigkeit zu wechseln, z.B. weil er letztere anfangs nicht eingestehen wollte, daher die Lukenversion und nun Szenario xy.

Ob so ein Strategiewechsel überhaut noch Sinn macht, steht auf einem anderen Blatt. Aus der Richtung der Ermittler und der Rechtsmedizin kommen nur spärliche Informationen, daraus kann man m.E. auf noch gar nichts schließen.


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23.10.2017 um 11:38
Zitat von tracestraces schrieb:Vielleicht beruhigst du dich erstmal und führst dir die Unterschiede zu Gemüte, die es zwischen einer juristischen Herleitung und Begründung eines Tatbestands gibt und der Herleitung sowie Begründung eines kriminalistisch-verhaltensbasierten Tatbestands
Ich kenne in diesem Fall weder einen juristischen, noch einen kriminalistisch-verhaltensbasierten Tatbestand, daher finde ich z.B. die Aussage
Zitat von tracestraces schrieb:15 Stiche, die sich auf eine definierte Region konzentrieren, sind ein Indiz für eine sehr schnelle, impulsive Tatausführung. Stiche, die einen phantasiengeleiteten Lustgewinn ermöglichen sollen, werden i.d.R. erstens nicht schnell und zweitens nicht auf eine Körperregion konzentriert beigebracht.
äußerst gewagt.


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23.10.2017 um 11:39
@FadingScreams

Nee, keine Langeweile
Zitat von Maxi05Maxi05 schrieb:Es kann sein, dass PM die Anwältin persönlich kennt und sie daher bat, seinen Fall zu übernehmen. Damals noch unter der Vorgabe: ich hab ihr nichts getan und Hauptanliegen ist der Untergang meines U-Bootes.
Jetzt bleibt sie aber, trotz der Monströsität, an diesem Fall dran, obwohl es überhaupt ihr Metier ist. Das könnte bedeuten, sie will die Publicity. Das könnte mächtig nach hinten losgehen.
Ich gehe immer davon aus, dass es einen Grund gibt, wenn etwas so ist, wie es ist.
Diese Anwältin hat ihn sich ja nicht gekapert. Er will sich von ihr vertreten lassen.
Und scheinbar will er das immer noch.

Ich könnte mir aber vorstellen, dass er irgendwann den Rechtsbeistand wechseln wird.

Weiss jemand, wie das juristisch geregelt ist?
Während eines Prozesses ist ein Verteidigerwechsel nicht ohne Weiteres möglich, jedenfalls bei "uns" und was die Pflichtverteidiger betrifft.
Siehe der Prozess Beate Zschäpe

Bei frei gewählten Anwälten wird das vermutlich anders sein?

Oder muss ein Wechsel in der Verteidigung begründet und vom Gericht genehmigt werden, weil sich die neue Kanzlei erst in den Fall einarbeiten muss- Akten lesen usw.- was zu einer Verzögerung des Prozesses führen würde?


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23.10.2017 um 12:38
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:In den defensiv motivierten Fällen, waren vier Täter dabei, bei denen eine „schwere andere  seelische  Abartigkeit“  festgestellt  wurde,  drei  wurden  als  „normal“  eingestuft und bei einer Täterin lag eine
gestörte Persönlichkeitsstruktur vor.  In den psychologischen Zusatzgutachten dieser Täter war häufig von Schwierigkeiten im  sozialen  Bereich  und  einer narzisstischen  Persönlichkeit  die  Rede.  Ein  als „normal“ eingestufter Täter zeigte keinerlei Schuldgefühle, sondern eher Selbstmitleid
Mir fällt zu den gutachterlichen Einschätzungen und den Urteilsbegründungen, die Du zitierst hast, eine Menge ein. Aber das würde zum einen den Rahmen sprengen und zum anderen zum Teil die Regeln des Forums verletzen.

Nur so viel: die Strafmaßbemessung deutscher Gerichte bei Tötungsdelikten erscheint mitunter arbiträr und ist offenbar auch für Juristen mitunter kaum nachvollziehbar.

Die "Qualität" der psychologisch/psychiatrischen Beurteilung der Täter leidet sowohl an einer nicht eben gleich hohen Qualifikation der Gutachter als auch am Festhalten überholter psychiatrischer Konzepte, die an den aktuellen neuropsychologischen Erkenntnissen vorbeigehen. Man möchte mit aller macht am Prinzip der "Nachreifung" , "Resozialisierung" festhalten. Dieses Prinzip ist aber für bestimmte Tätergruppe eine Schimäre.

Wer z.B. bei einem Menschen mit psychopathischer Persönlichkeitsstörung Kriterien wie Therapiebereitschaft, "Einsicht", Verhalten im Gefängnis oder gar "Reue" für Strafmaß und Risiko - Einschätzung einer Wiederholungstat heranzieht, handelt in meinen Augen verantwortungslos.

Die Diagnose einer psychopathischen Persönlichkeitsstörung wird aber zumeist gescheut, da eine solche Diagnose mit dem hehren Prinzip der Läuterung und Besserung von Straftätern nicht vereinbar ist. Und das anzuerkennen, läuft diametral dem Menschenbild zuwider, das - vor allem an psychosozialen Fakultäten - noch dominant ist.

Das nur dazu.

Zu der Verstümmelung: Madsen hat die Verstümmelung der Genitalorgane mit deutlichem zeitlichen Abstand vor der Zerstückelung des Gesamtkörpers vollzogen. Die erstgenannten Verletzungen wurden perimortal, also im Rahmen des Tötungsgeschehens, gesetzt, so dass meines Erachtens die von Dir angeführten Beispiele, wonach eine postmortale Zerstückelung des Körpers nicht per se als strafverschärfend greift, auf die strafrechtliche Wertung der durch Madsen verursachten perimortalen Verstümmelungen keinen Einfluß haben sollte.

Im Übrigen: vor Gericht und auf hoger See sind wir alle in Gottes Hand. Ich habe nie behauptet, dass Madsen eine lebenslange Haftstrafe bekommen wird. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass er nicht wegen einer vorsätzlichen Tötung verurteilt werden wird. Aber warten wir ab.


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23.10.2017 um 12:43
Zitat von Ebba11Ebba11 schrieb:Eine Amnesie wäre ein plausibeles Szenario. Das können wahrscheinlich nur Neurologen und Psychologen mit einem Gutachten feststellen bzw. dem Bereich des Möglichen zuordnen.
Die berühmt berüchtigte "Amnesie" ist eine erkennbare Schutzbehauptung - bis zum Beweis des Gegenteils. Das Problem aber ist, dass es sehr schwierig ist, eine statt Amnesie zu verifizierbaren oder aber zu widerlegen, wenn der die Amnesie Behauptende ein bißchen clever ist.


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23.10.2017 um 12:55
Zitat von trailhamstertrailhamster schrieb:Die berühmt berüchtigte "Amnesie" ist eine erkennbare Schutzbehauptung - bis zum Beweis des Gegenteils. Das Problem aber ist, dass es sehr schwierig ist, eine statt Amnesie zu verifizierbaren oder aber zu widerlegen, wenn der die Amnesie Behauptende ein bißchen clever ist.
PM hatte ein psychologisches Gutachten erst abgelehnt. Nach seiner Zustimmung könnte ich mir vorstellen, dass er versuchen könnte eine Amnesie vorzutäuschen. Ich persönlich würde ihm die, bei dem was uns bekannt ist, schwerlich abnehmen können, aber es soll ja Psychologen geben, denen in Gutachten verhängnisvolle Fehler unterlaufen. Neurologen wären diesbzgl. schon ein anderes Kaliber.


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23.10.2017 um 14:01
Hier steht etwas von dem Strafmaß, was ihn eventuell erwarten könnte.
http://www.dr.dk/nyheder/indland/ubaadssagen-sav-fundet-i-koege-bugt
Google-Übersetzung:
Die Gebühren
Der U-Boot-Erbauer und Erfinder Peter Madsen sind verantwortlich für:
Mordmorde - Strafgesetzbuch §237: Wer einen anderen tötet, wird wegen Totschlags mit Freiheitsstrafe von 5 Jahren bis zum Leben bestraft.
Unfaire Verbrechen - Strafgesetzbuch §139: Jeder, der das Grab verletzt oder sich einer unzulässigen Behandlung des Sorgerechts schuldig gemacht hat, die mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten strafbar ist.
Peter Madsen bestreitet einen schuldhaften Totschlag, erkennt jedoch eine ungerechte Interaktion mit dem Körper an, als er anerkennt, "Kim Wall vollständig im Wasser begraben" zu haben.
Quelle: Das Gesetz der Anhörung vom 5. September und das Strafgesetzbuch


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23.10.2017 um 15:00
Zitat von trailhamstertrailhamster schrieb:Mir fällt zu den gutachterlichen Einschätzungen und den Urteilsbegründungen, die Du zitierst hast, eine Menge ein. Aber das würde zum einen den Rahmen sprengen und zum anderen zum Teil die Regeln des Forums verletzen.

Nur so viel: die Strafmaßbemessung deutscher Gerichte bei Tötungsdelikten erscheint mitunter arbiträr und ist offenbar auch für Juristen mitunter kaum nachvollziehbar.

Die "Qualität" der psychologisch/psychiatrischen Beurteilung der Täter leidet sowohl an einer nicht eben gleich hohen Qualifikation der Gutachter als auch am Festhalten überholter psychiatrischer Konzepte, die an den aktuellen neuropsychologischen Erkenntnissen vorbeigehen. Man möchte mit aller macht am Prinzip der "Nachreifung" , "Resozialisierung" festhalten. Dieses Prinzip ist aber für bestimmte Tätergruppe eine Schimäre.

Wer z.B. bei einem Menschen mit psychopathischer Persönlichkeitsstörung Kriterien wie Therapiebereitschaft, "Einsicht", Verhalten im Gefängnis oder gar "Reue" für Strafmaß und Risiko - Einschätzung einer Wiederholungstat heranzieht, handelt in meinen Augen verantwortungslos.

Die Diagnose einer psychopathischen Persönlichkeitsstörung wird aber zumeist gescheut, da eine solche Diagnose mit dem hehren Prinzip der Läuterung und Besserung von Straftätern nicht vereinbar ist. Und das anzuerkennen, läuft diametral dem Menschenbild zuwider, das - vor allem an psychosozialen Fakultäten - noch dominant ist.
Das scheint mir Deine subjektive Meinung zu sein, die bestimmt von vielen anderen in unserer Gesellschaft geteilt wird.
Bei Urteilen und Gutachten vertraue ich den in Demokratien vorhandenen Rechtssystemen, denn auch wenn unser Rechtssystem nicht perfekt ist, so ist es doch das einzige das wir haben. Und wenn die Staatsanwaltschaft oder Verteidigung mit dem Strafmaß nicht einverstanden ist, so können verschiedene Rechtsmittel ausgeschöpft werden.

Nicht der Vergeltungs- und Racheaspekt, sondern eine gelungene Resozialisierung des Täters steht im heutigen Strafvollzug an erster Stelle.
(Siehe http://www.deutschlandfunk.de/rechtsprechung-vom-sinn-der-strafe.1148.de.html?dram:article_id=326535)

Immer nur pauschal (am besten noch öffentlich wirksam) Kritik auszuüben, schwächt das Rechtssystem eher, weil dan diejenigen, die sowieso keine Ahnung haben glauben, dass mit dem ganzen System was nicht stimmt und irgendwelchen Populisten hinterherjagen.
Dies wird durch populistische Medien dann noch verstärkt, da hier das Strafmass bei Tötungsdelikten sowieso immer zu gering ausfällt, wenn es unterhalb "Lebenslänglich mit besonderer schwere der Schuld und anschließender Sicherheitsverwahrung" liegt.


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23.10.2017 um 15:16
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:Nicht der Vergeltungs- und Racheaspekt, sondern eine gelungene Resozialisierung des Täters steht im heutigen Strafvollzug an erster Stelle.
Und? Klappt das gut? Wie hoch ist die Rückfallquote? In unserem Strafrechtssystem wird sich meiner Meinung nach zu viel um die Täter, zu wenig um die Opfer gekümmert.

Wenn ich das zu erwartende Straßmaß für Madsen hier ab und an lese, wird mir übel. Zerteilung einer vorher Ermordeten scheint eh ein fast zu vernachlässigendes Delikt zu sein. Und bevor mir das unterstellt wird: Ich bin absolut kein Befürworter der Todesstrafe aber ich halte Tötungsdelikte für nicht so unbedeutend, wie die Strafen, die nicht selten dafür ausgesprochen werden.


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23.10.2017 um 15:36
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:Das scheint mir Deine subjektive Meinung zu sein, die bestimmt von vielen anderen in unserer Gesellschaft geteilt wird.
Bei Urteilen und Gutachten vertraue ich den in Demokratien vorhandenen Rechtssystemen, denn auch wenn unser Rechtssystem nicht perfekt ist, so ist es doch das einzige das wir haben. Und wenn die Staatsanwaltschaft oder Verteidigung mit dem Strafmaß nicht einverstanden ist, so können verschiedene Rechtsmittel ausgeschöpft werden.

Nicht der Vergeltungs- und Racheaspekt, sondern eine gelungene Resozialisierung des Täters steht im heutigen Strafvollzug an erster Stelle.
(Siehe http://www.deutschlandfunk.de/rechtsprechung-vom-sinn-der-strafe.1148.de.html?dram:article_id=326535)

Immer nur pauschal (am besten noch öffentlich wirksam) Kritik auszuüben, schwächt das Rechtssystem eher, weil dan diejenigen, die sowieso keine Ahnung haben glauben, dass mit dem ganzen System was nicht stimmt und irgendwelchen Populisten hinterherjagen.
Dies wird durch populistische Medien dann noch verstärkt, da hier das Strafmass bei Tötungsdelikten sowieso immer zu gering ausfällt, wenn es unterhalb "Lebenslänglich mit besonderer schwere der Schuld und anschließender Sicherheitsverwahrung" liegt.
Ohweia, jetzt kommt das Populisten-Ding...das ist natürlich ein Totschlagargument, dass man unabhängig vom Wahrheitsgehalt nichts äußern darf, was angeblich "Wasser auf die Mühlen der Populisten" sein könnte...und was "Wasser auf die Mühlen" wäre...wer entscheidet das eigentlich, was "Wasser auf die Mühlen" und wer "ahnungsloser Populist" ist?...eine recht eigenwillige Vorstellung, freie Informationspolitik würde dem ahnungslosen Volk nicht gut tun. Das ist die Nudgingform von Zensur und mag Frau Kahane gefallen. Menschen, die weiterhin in einer freiheitlichen Gesellschaft leben wollen, aber kaum.

Aber lassen wir das. Nur zwei Anmerkungen:

Die Staatsanwaltschaft ist politisch weisungsgebunden. Die höheren Richterränge werden von Gremien berufen, in dem es parteipolitischen Proporz gibt. Karriere macht man weder als Staatsanwalt noch als Richter, wenn man sich allzu deutlich vom politischen Mainstream distanziert. Heißt, ohne ein parteipolitisches Ticket der großen im Bundestag vertretenen Parteien, wird niemand oberhalb einer Minimalebene Richter.

Zum Strafmaß. Hättest Du Dir das Vergnügen gegönnt, meine Worte in Ruhe und ohne Populophobie zu Gemüte zu führen, wäre Dir aufgefallen, dass ich "von arbiträr" schrieb. Keineswegs davon, dass das Strafmaß "sowieso immer zu gering ausfällt". Solche Unterstellungen lassen nun meinerseits auf einen gewissen Grad an Populismus schließen.

Ein Freund von mir ist Kinder- und Jugendpsychiater. Der sagt zum dem volkspädagogisierten Ziel unseres Strafvollzugs: "Es kann niemand resozialisiert werden, der es nie war". Punkt. Da hat er Recht.
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:Immer nur pauschal (am besten noch öffentlich wirksam) Kritik auszuüben, schwächt das Rechtssystem eher
Unser Rechtssystem wird durch ganz andere Entwicklungen und Sachverhalte geschwächt. Nicht durch gezielte Kritik an Mißständen.
Du verwechselst da Ursache und Wirkung.


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23.10.2017 um 15:45
Zitat von peawepeawe schrieb:Und? Klappt das gut? Wie hoch ist die Rückfallquote? In unserem Strafrechtssystem wird sich meiner Meinung nach zu viel um die Täter, zu wenig um die Opfer gekümmert.

Wenn ich das zu erwartende Straßmaß für Madsen hier ab und an lese, wird mir übel. Zerteilung einer vorher Ermordeten scheint eh ein fast zu vernachlässigendes Delikt zu sein. Und bevor mir das unterstellt wird: Ich bin absolut kein Befürworter der Todesstrafe aber ich halte Tötungsdelikte für nicht so unbedeutend, wie die Strafen, die nicht selten dafür ausgesprochen werden
Es gibt aus meiner Sicht keine Alternative zum bestehenden Rechtssystem. Oder hast Du eine? Auge im Auge, oder doch besser Selbstjustiz?
In den Ländern mit schlimmeren Strafen ist die Verberechesquote doch eher höher.

Das Thema ist ...

"eine permanente Herausforderung an die Menschen und Institutionen, die Strafen zu verhängen haben. Ob es nun Eltern, Pädagogen oder Richter sind.
Man muss an die Kontexte dieser Straftat denken, man muss an die Folgen für die Öffentlichkeit denken, man muss auch an den konkreten Straftäter, an die Situation denken. Und dann merkt man relativ schnell, dass das etwas ist, was eine enorme Sensibilität und auch eine enorme hermeneutische Aufgeschlossenheit verlangt. Nämlich zu fragen, was ist in dieser Situation angemessen, wie kann man dem, was aus der Sicht des Opfers, der Gesellschaft, des Gesetzgebers, der Rechtsordnung, notwendig ist, umsetzen."
http://www.deutschlandfunk.de/rechtsprechung-vom-sinn-der-strafe.1148.de.html?dram:article_id=326535)
Zitat von trailhamstertrailhamster schrieb:Heißt, ohne ein parteipolitisches Ticket der großen im Bundestag vertretenen Parteien, wird niemand oberhalb einer Minimalebene Richter.
Auch das ist Populismus, wie viele der 20.000 Richter in Deutschland haben denn ein Parteibuch? Und wie viele sind denn über der "Minimalebene?"
Zitat von trailhamstertrailhamster schrieb:Ein Freund von mir ist Kinder- und Jugendpsychiater. Der sagt zum dem volkspädagogisierten Ziel unseres Strafvollzugs: "Es kann niemand resozialisiert werden, der es nie war". Punkt. Da hat er Recht.
Eine Tautologie, daraus folgt gerade nicht: "Es kann niemand sozialisiert werden, der es nie war"


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23.10.2017 um 16:08
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:Es gibt aus meiner Sicht keine Alternative zum bestehenden Rechtssystem. Oder hast Du eine? Auge im Auge, oder doch besser Selbstjustiz?
In den Ländern mit schlimmeren Strafen ist die Verberechesquote doch eher höher.
Es geht mir nicht um ein anderes System aber ein mögliches höheres Ausnutzen von Strafrahmen. Gerade im Bereich der Jugendkriminalität wirken sich immer wieder verhängte Bewährungsstrafen verheerend aus, nämlich, dass sie nicht ernst genommen werden. Da bin ich ganz auf der Seite des Bernauer Jugendrichters Andreas Müller. Wenn ich manchmal lese, mit welch geringen Strafen das Nehmen eines Lebens gesühnt wird, war das genommene Leben wirklich so wenig wert? Und nein, ich bin nicht für Selbstjustiz.


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