Das rätselhafte Verschwinden von Kris Kremers & Lisanne Froon
10.02.2016 um 02:18
Ich habe mich jetzt extra hier angemeldet, lese seit vielen Jahren still mit, aber dieses Thema macht mich so betroffen, dass ich ein paar Gedanken äußern möchte.
Zu der Aussage, man würde Schuhe vor einer Tour einlaufen: habe das Gegenteil in Thailand auf einer mehrtägigen Trekkingtour an der birmanesischen Grenze beobachtet (und weil ja gerade jemand schrieb, eine Plastiktüte in der Hand wäre unpraktisch: auch das durfte ich dort erleben). Auch war ich die einzige Person in Trekkingkleidung (lange Trekkinghose, langärmeliges Trekkinghemd – Schutz gegen Moskitos, Geäst und auch Sonne, wenn man sich mal außerhalb eines Blätterdachs befand). Die anderen Backpacker waren durchweg in Spaghettishirts, Shorts und Sandalen unterwegs. Und nicht nur Backpacker gehen so in den Busch: in Vietnam liefen mir mitten im tiefsten Nationalpark mal ein paar Briten gesetzteren Alters über den Weg, die ebenfalls Shorts trugen – dabei gab es dort Blutegel. Unpraktische Bekleidung ist meiner Erfahrung nach absolut nicht ungewöhnlich, zumindest nicht in Südostasien. Ich denke, das ist in Panama ähnlich. Man sieht, dass alle so loslaufen, dann wirds ja schon ok sein...
Hier gab es ja schon die Geschichte mit den Wasserbüffeln, auch ich habe eine Dschungel-Verirr-Story zu bieten und will mal ein paar Eindrücke teilen, auch bezugnehmend auf Vorschläge aus diesem Thread.
(Situation: ich wollte eine eigentlich zweistündige Wanderung quer durch den Dschungel auf einer thailändischen Insel ablaufen, die ich bereits zuvor mit Begleitung zurückgelegt hatte, daher traute ich sie mir alleine zu, obwohl ich weiß, dass man NICHT allein in den Dschungel sollte. Kurz hinter einem wunderschönen Aussichtspunkt, von dem aus man den Dschungel bis zum Meer herrlich überblicken konnte, bin ich dann vom Trampelpfad abgekommen, was ich leider nicht sofort merkte, da dieser extrem schwer zu erkennen war, da selten frequentiert).
Ich hatte mein Daypack mit Kompass (DEM HIMMEL SEI DANK), Digicam, Kekse, Taschenmesser, Wasser und ein paar Kleinigkeiten dabei, aber KEIN Handy, und trug „richtige“ Trekkingkleidung.
Meine Eindrücke, in Bezug auf diesen Thread und allgemein:
- Ich hätte definitiv NICHT händchenhaltend mit jemandem laufen können. Sicher, das hängt von der Vegetation ab, aber allein schon, um das Gleichgewicht auf dem unebenen Untergrund zu halten, hatte ich die Arme eher ausgestreckt bzw. habe damit Gebüsch weggeschoben. Wenn die Beiden zusammen in einen Abgrund gestürzt sind, muss das anders passiert sein, denke ich.
- Ich wäre, ohne Kompass, instinktiv Richtung Norden gelaufen. Keine Ahnung, warum, aber ich musste alle paar Meter den „Kurs“ korrigieren – ich wusste, dass ich nach Westen muss, wenn ich den schnellsten Weg zum Meer laufen will (sah alles gleich grün aus, keine Orientierungspunkte, Sonne konnte man wegen des dichten Blätterdachs nicht sehen). Es ist unglaublich schwer, sich ohne Kompass in eine Richtung zu halten, obwohl ich die ja kurz zuvor vom Aussichtspunkt aus sogar noch gesehen habe! Von Natur aus neigt man außerdem dazu, im Kreis zu laufen.
- Hätte ich keine Karte der Insel im Kopf gehabt bzw. die Form der Insel gut gekannt, hätte mir der Kompass auch nicht viel gebracht!
- Ich habe SOFORT ein Video gedreht, als klar war, dass ich mich verlaufen habe (zum Thema, auf Abschiedsfotos/Videos käme man in so einer Stresssituation nicht), damit meine Familie erfährt, was passiert, wenn alle Stricke reißen und ich es nicht schaffe. Ich denke, dass zurückgehaltene Foto der Niederländerinnen ist ein Abschiedsfoto.
- Ich hatte jemandem (halb im Spaß) Bescheid gesagt, dass ich Hilfe benötige, wenn ich Abends nicht zurückkehre, fragte mich dann aber unterwegs zunehmend, wie man sich verhält, wenn man gesucht wird: an einer Stelle bleiben? Weiterlaufen? Ich bin nicht auf die Idee gekommen, Zeichen zu hinterlassen, obwohl es ja eigentlich total naheliegend ist (hatte ein Taschenmesser dabei)!
- Meine Kleidung war im Anschluss verschmutzt, der Rucksack nicht. Die Trekkinghose war sogar an einer Stelle aufgerissen, wo ich über Felsen gerutscht bin. Weiß man sicher, dass die Bekleidung der beiden jungen Frauen sauber und intakt war? Das ist extrem seltsam.
- An Wildtieren sind mir Schlangen, ein Waran und Affen begegnet sowie eine Echse. Keines hat mich bedroht. Scheu waren sie aber NICHT (die Schlangen sind nicht mal weggekrochen). Ich habe noch von niemandem gehört, dass er/sie von Wildtieren auf Trekkingtouren angefallen wurde (ok, der Wasserbüffel hier im Thread! Das ist tatsächlich das erste Mal, dass ich von sowas höre/lese).
- Ich muss ehrlich sagen, dass ich, wenn ich nicht zufällig bei der Bundeswehr gewesen wäre, mich diese Situation in Hysterie hätte verfallen lassen. Ich musste meine Panik ganz bewusst mit Mantras, Durchhalteparolen und ähnlichem runterkämpfen. Am liebsten hätte ich mich mit Nervenzusammenbruch unter einem Baum eingerollt und mich nicht mehr bewegt...ich war ganz allein in diesem verdammten Dschungel, und das nur, weil ich zu blöd war, den Trampelpfad zu erkennen. Man kann sich diese anschwelende Angst nicht vorstellen, wenn man es nicht erlebt hat. Und es ist extrem schwer, dann die Nerven zu behalten. Ich hatte z.B. (vom einrollen abgesehen) teils den Reflex, einfach loszurennen (wenn es gerade vom Gebüsch her ging), nur weg aus diesem Wald. Aber ich habe mich GEZWUNGEN, langsam zu gehen, um mir nichts zu brechen (es war abschüssig, felsig). Ich weiß nicht, wie die beiden Mädchen gedacht haben, ich kann nur sagen, man neigt in der Situation nicht unbedingt zu dem Verhalten, welches am klügsten wäre!
Und noch eine ganz andere Situation: in Laos war ich mal wandern, am hellichten Tag, direkt neben einer großen Stadt, sollte ein netter Spaziergang sein, ein winziger Teil des Wegs führte als Trampelpfad durch etwas angrenzenden Dschungel, und dort versuchte ein Typ, mich in den Wald zu locken. Da ich nicht in die von ihm vorgeschlagene Richtung folgen wollte, überfiel er mich an Ort und Stelle, ich schlug ihn in die Flucht, zeigte den Vorfall bei der Touristenpolizei an, die mit mir an den „Tatort“ zurückkehrte und mir mitteilte, dass ich, wäre ich mit ihm in die von ihm vorgeschlagene Richtung gegangen, total ab vom Schuss gewesen wäre...ich habe mir öfters von Einheimischen irgendwelche versteckten Orte zeigen lassen, war reines Glück, dass ich in diesem Falle einfach keine Lust hatte. Wer weiß, was da passiert wäre (wartende Kumpels?). Sowas geschieht...
Das sind nur ein paar Gedanken.
Ich empfinde diesen Fall mysteriös und schrecklich, er lässt mich gar nicht mehr los.