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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

11.655 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Wald, Entführung, München ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

09.01.2021 um 14:46
Zitat von julina32julina32 schrieb:Es geht nicht darum sie für dumme Menschen zu halten, die einen schlechten Job machen, sondern darum einen Eindruck darüber zu gewinnen, ob die Schuld des Verurteilten aus dem Ergebnis ihrer Arbeit nachvollziehbar ist.
Genau den zweiten Teil deines Satzes versuchen ja diejenigen, die sich hier mit der Auswertung der Pfaffinger-Angaben abmühen. Sie fragen sich: Kann man aus den Aussagen des KP wirklich die Schlüsse ziehen, die das Gericht gezogen hat, oder kann man das nicht, und wenn nein, warum nicht? Wo widersprechen die Aussagen des KP anderen festgestellten Tatsachen, wo hat das Gericht etwas übersehen, etwas vernachlässig, etwas falsch interpretiert, und welchen Einfluss hätte das auf das Gesamtergebnis?

Ein vollständiges Bild kann man zwar nur dann bekommen, wenn man auch die Vernehmungsprotokolle sämtlicher anderer Personen, insbesondere die von WM, hätte sowie den weiteren Inhalt der Ermittlungsakten. Aber die Vernehmungsprotokolle des KP im Verbund mit den Aussagen präsenter Zeugen in der Hauptverhandlung bzw., soweit sie da wie KP bereits verstorben waren, dem Inhalt ihrer verlesenen Aussagen muss hier nun mal genügen, um sich ein Bild darüber zu machen, ob es sich um ein Fehlurteil handelt oder nicht.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

09.01.2021 um 15:40
Zitat von julina32julina32 schrieb:Jedem, der hier schreibt geht es um Wahrheit (aber bevorzugt um die historische und nicht die juristische Wahrheit, die können nämlich deutlicher auseinander driften).In diesem Fall wurde in einem Indizienprozess vieles zusammengetragen.
Vieles, aber nicht alles. Die Ermittlungsbehörden sind nicht auf die Idee gekommen, dass die Täter die Ausscheidungsprodukte ihres menschlichen Daseins hinterlassen haben könnten. Auch wenn sie eine Latrine benutzt haben könnten und alles vergraben haben, ein ordentlich ausgebildeter Polizeischäferhund hätte diese Spur gefunden. Im Umkreis von max. 50m hätte ich gesucht.
Mit solchen Beweisen hätte man den Fall wasserdicht machen können.

Noch zu der Statur von WM und der Größe des Fiat 600. Ich kannte jemanden, der war 2,41m und fuhr einen 70er Mini Cooper, dabei saß er aber auf der Rückbank.
Ich selber bin größer als WM und habe einen Fiat 500 gefahren ohne Probleme. Wenn man will geht alles.

JagBlack


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

09.01.2021 um 16:49
Die Täter werden nicht vorgehabt haben in dem gelben Fiat 500 zu fliehen nachdem es zur Geldübergabe gekommen wäre. Es kann spekuliert werden , warum ausgerechnet dieses Fahrzeug von Ihnen verlangt wurde. Es war auf jeden Fall alleine schon von der Farbe her ein Fahrzeug, das ins Auge fiel. Eventuell planten die Täter es zu beobachten und hatten Berechnungen aufgestellt, wann es sich auf einer von ihnen ausgedachten und geplanten Route wann wo genau aufhalten würde. Daher vielleicht die Aufforderung nicht schneller als 90 km zu fahren. Der gelbe Fiat und das ganze Drumrum wirkt zumindest auf mich genauso zusammengeschwurbelt und aufgeblasen unnötig wie viele andere "Planungselemente" und deren Umsetzung durch die Täterschaft.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

09.01.2021 um 17:01
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:Die Firmen die die Platten vertrieben haben, werden auch Zuschnitt gemacht haben? Egal wer der Täter war, wenn dieser die Kiste selbst gebaut hat, so muss er doch an das Holz gekommen sein.
Es gab keine Baumärkte, die diese exotische Version von Tischlerplatten zugeschnitten haben.
Hier die Quellenbeschreibung Lest euch die Details bitte selbst durch.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

09.01.2021 um 17:15
Zitat von AndanteAndante schrieb:Genau den zweiten Teil deines Satzes versuchen ja diejenigen, die sich hier mit der Auswertung der Pfaffinger-Angaben abmühen. Sie fragen sich: Kann man aus den Aussagen des KP wirklich die Schlüsse ziehen, die das Gericht gezogen hat, oder kann man das nicht, und wenn nein, warum nicht? Wo widersprechen die Aussagen des KP anderen festgestellten Tatsachen, wo hat das Gericht etwas übersehen, etwas vernachlässig, etwas falsch interpretiert, und welchen Einfluss hätte das auf das Gesamtergebnis?
Ich bin jetzt bei Blatt 109 (rechte große Zahl) und mir fallen etliche Dinge auf. Merkwürdige Befragungen, Zustände von KP (Braucht Tabletten, Tränen in die Augenschiessen, erzählt unzusammenhängendes Zeug), hat sich mit dem Fall Herrmann detailliert beschäftigt und bemerkenswert finde ich KPs vorhandenes, gestörtes Betrügergen. Sich den Betrug und die Schädigung anderer schön zu reden (z.B, für ein unbezahltes Auto Pfand hinterlegen, damit sich derjenige nicht betrogen fühlt, vorsätzliche ungedeckte Schecks verwenden), seine Frau lässt sich da mit reinziehen (wahrscheinlich auch kriminelle Energie) und natürlich gibt es Belastungseifer gegenüber WM.

Mich interessiert haargenau alles was KP im Zusammenhang mit WM aussagt.

-Thema Citroën: Wie ist die Story weiter verlaufen. Der Wagen wurde nicht bezahlt. Schuldete KP WM noch 1000DM zum Zeitpunkt als er ihm in der Werkstatt von einem Job für 1000DM plus Farbfernseher erzählte? Wie sind die Befragungen von WM dazu
-Thema 5 gestohlener Scheinwerfer. KP laviert WM in einen Auftragsdiebstahl, den WM angeblich nicht bezahlt hätte. Wie sind die Befragungen von WM dazu


Timeline Fehler? (Blatt 86ff) KP sagt im März hätte er Mazurek bei seiner neuen Firma besucht.Der fragte ihn angeblich nach Gartengeräte und bietet ihm den angebl. den 1000DM Job +FF an wobei KP kein Interesse äußert wofür (!!). Stellt den Spaten vor WMs Tür.
Ende März, April will KP WM bei der Fernsehklinik getroffen haben. War die Fernsehklinik nicht die Firma von der KP im März sprach
die aufgelöst wurde?
Und dann wären sie zu der Stelle in den Wald gefahren. Auch hier interessiert sich KP nicht was, wann wer, warum (!!).

In den WMs Vernehmungen aus dem Urteil wird KP nicht erwähnt. @robernd Werden WMs Vernehmungen noch veröffentlicht?
Zitat von Sam789Sam789 schrieb:Wie gesagt, die Ermittler haben KP nicht für voll genommen.
Ein Betrüger, der vor einem sitzt, wiederholt mehrere Varianten zu Abläufen und Unglaubwürdiges erzählt zumal etwas von täglich 5 Liter Bier, 2,3 Schnäpse und Trance, der ist schwierig ernst zu nehmen. Und dann noch Tabletten. Vor allem sind die Formulierungen zur Niederschrift anstrengend mit KP zu erarbeiten.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

09.01.2021 um 18:49
Zitat von roberndrobernd schrieb:Hier die Quellenbeschreibung Lest euch die Details bitte selbst durch.
Vielen Dank @robernd. Interessant ist, dass 40% der angeschriebenen Firmen nicht geantwortet haben und wohl auch nicht nachgehakt wurde. Schade, denn irgendwo muss die Kiste ja gebaut worden sein.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

09.01.2021 um 18:53
Zitat von AndanteAndante schrieb:Ein vollständiges Bild kann man zwar nur dann bekommen, wenn man auch die Vernehmungsprotokolle sämtlicher anderer Personen, insbesondere die von WM, hätte sowie den weiteren Inhalt der Ermittlungsakten.
NUR DANN schreibst du. Damit hätten die Richter kein vollständiges Bild bekommen können. Sie haben nämlich wichtige Teile der Ermittlungsakten nachweislich nicht gelesen. Zumindest haben sie den Inhalt nicht berücksichtigt.
Markantes Beispiel: Die Pressemitteilung der Kripo. Ein sogenannter Zufallsfund aus den Ermittlungsakten.
Demnach hatte KP sein gesamtes Wissen aus den Medien erfahren können. Das war dem Gericht offenbar unbekannt.
Es gibt Freunde, die sich sicher sind, dass KP mehr wusste als er sagte. Für mich ist eher Fakt, dass er mehr gesagt hat, als er wirklich wusste (Lochgröße, Lochtiefe, Haubenfarbe).

Während der Zivilverhandlung fragte Mazureks Verteidiger einen der früheren Vernehmungsbeamten, welche der von Pfaffinger
geschilderten Details seiner Meinung nach nicht aus den Medien stammen können. Der Beamte meinte, es wäre der Jägerstand nahe dem Grabungsort.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

09.01.2021 um 18:54
Das Urteil und die KP-Vernehmungen stehen jetzt auch in der Themen-Wiki.


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09.01.2021 um 19:10
@robernd

Du beziehst dich auf die Mitteilung der Kripo für die Presse. Was von diesem für eine Pressemitteilung sehr langen Text die Presse dann tatsächlich übernommen und in der Folgezeit auch so gedruckt hat, ist noch einmal eine andere Frage.

Das Gericht hat sich im übrigen sehr wohl mit der Frage befasst, ob KP sein Wissen aus der Presse haben könnte, und gemeint:
Entgegen der Auffassung der Verteidigung ist die Kammer auch nicht der Meinung,dassderZeuge^^^^^^^^sein detailliertesWissenalleinaus der Presse hat. Zwar wurde über den Entführungsfall Ursula Herrmann seinerzeit in allen Einzelheiten in der Pfesse berichtet, wovon sich die Kammer durch die Verlesung der von der Verteidigung vorgelegten damaligen Zeitungsartikel überzeugen konnte. Allerdings h a t ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ B in seinem „Geständnis“ Einzelheiten geschildert, die in dieser Form zumindest in keinem der verlesenen Zeitungsartikei standen. Zwar ist es zutreffend, dass die Maße der Kiste schon frühzeitig und meist korrékt in den Zeitungsartikeln genannt waren. So konnte man z.B. in der Süddeutschen Zeitung vom 06.10.1981 und in der TZ vom 06.10.1981 die Kistenmaße von 139 x 72 x 60 cm nachlesen. Allerdings wären nur die Kistenmaße, nicht aber die Maße der aufgesetzten Abdeckhaube genannt.
in seinem „Geständnis“ aber nicht die Kistenmaße zitiert, sondern angegeben, dass das Loch so groß wie er hoch gewesen sei und er sich gut darin habe bewegen können. Er hätte daher aus den in der Presse veröffentlichten Ausmaßen der Kiste die Tiefe und Breite des érforderlichen Loches ableiten und in Relation zu seiner'eigenen Körpergröße setzen müssen. Dies hâtte - vorausgesetzt, hatte in der konkreten Vernehmungssituation am 26.02.1982 überhaupt noch die konkreten Maße der Kiste im Kopf - eines nicht unbeträchtlichen Abstraktionsprozesses bedurft und hätte im Rahmen eines nur erfundenen Geständnisses, das zudem nur wenige Stunden aufrecht erhalten wurde, keinerlei Sinn gemacht. Selbst dann wäre er aber nicht auf eine Lochtiefe von etwa 167 cm gekommen, da ihm aus der Presse allenfalls die Höhe der Kiste, nicht aber die Höhe der Gesamtkonstruktion mit der Abdeckhaube bekannt war. Den

von ihm genannten Niveauunterschied von etwa 10 cm konnte er ebenfalls nicht aus der Presse haben, da dort von einer 20 cm dicken Lehmschicht über dem Kistendeckel die Rede war. Die Angaben des sind mit den in den Zeitungen genannten Maßen also nicht erklärlich. Auch in Bezug auf die von ihm in seiner Vernehmung am 01.03.1981 geschilderte Lage und Größe des Vergrabungsortes (vgl. im Einzelnen unter E.lll.4.e.hh. „Ortskenntnis vom Vergrabungsort“), standen nicht alle von ihm erwähnten Details in der Zeitung.
Abgesehen davon liegen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass
^ ^ ^ ^ |s ä m tlic h e Presseberichte über den Entführungsfall gelesen hat. Nach seinem eigenen Bekunden habe er seine Informationen über das Verschwinden der Ursula Herrmann überwiegend aus der TZ und der Abendzeitung bezogen, hin und wieder habe er auch die Bildzeitung oder eine lllustrierte gelesen. Er hat sich allerdings in keiner seiner Vernehmungen darauf berufen, sein Detailwissen, das er in dem „Geständnis“ offenbarte, aus der Zeitung zu haben. So betonte er beispielsweise in seiner Vernehmung am 09.03.1982, dass er bisher aus keiner Zeitung oder sonstigen Zeitschrift habe entnehmen können, wo die Auffindungsstelle tatsächlich gewesen sei. Im übrigen hält es die Kammer auch für lebensfremd, dass ein nicht unmittelbar von dem Entführungsfall Betroffener die Presseberichterstattung so genau studiert, dass er noch Monate später so exakte Details wie beispielsweise die Maße der Kiste im Kopf hat und diese Details in einer Vernehmungssituation auch noch abrufen kann.
Quelle: Urt. S. 133, 134


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

09.01.2021 um 19:30
Wer sich mit den Spatenfahrten beschäftigt stolpert auch hier über Ungereimtheiten.

Da wären zunächst einmal die Uhrzeiten.
Der Zeuge an der Aumühle will KP am späten Nachmittag des 15.09.1981 auf der Straße Richtung Utting gesehen haben.

Spaten aumuehle

Sein Vermieter hat ihn nach Hause kommen sehen, als es schon dunkel war. Ist KP wirklich 3 Stunden im Kreis herum gefahren?

Spaten dunkelheit

Dann gab es noch Überlegungen, ob das Spatenblatt am Mofa nach vorne oder nach hinten gerichtet war. Das ist dem Gericht offenbar aufgefallen.

Spatenblatt vorne-hinten

Vorne und hinten ist eine Orientierung. Rechts und links eine andere. KP will den Spaten rechts am Mofa befestigt haben. Das wäre normal, wenn man von links aufsteigt.

Spatenblatt rechts

Wer als Autofahrer ein Mofa überholt fährt auf der linken Seite vorbei. Und während der Vorbeifahrt will der Aumühlen-Zeuge den Spaten erkannt haben, dessen Blatt außerdem noch umwickelt war.

Jetzt bin ich einmal gespannt, welchen Reim sich unsere Amateurdetektive dafauf machen.
Die vermutliche Überlegung, dass das alles irrelevant ist, lasse ich nicht gelten. Dann hätte das Gericht vorne und hinten ebenso vernachlässigen können.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

09.01.2021 um 19:55
Zitat von roberndrobernd schrieb:Jetzt bin ich einmal gespannt, welchen Reim sich unsere Amateurdetektive darauf machen.
Die vermutliche Überlegung, dass das alles irrelevant ist, lasse ich nicht gelten.
Sei doch nicht so streng :-)


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

09.01.2021 um 19:56
Zitat von AndanteAndante schrieb:Du beziehst dich auf die Mitteilung der Kripo für die Presse. Was von diesem für eine Pressemitteilung sehr langen Text die Presse dann tatsächlich übernommen und in der Folgezeit auch so gedruckt hat, ist noch einmal eine andere Frage.
Dann hat das Gericht wohl glaubhaft erkannt, was aus dieser Mitteilung in die Presse gelangt ist und was nicht.
Es ist übrigens in der Branche sehr beliebt, aus Einzelbeispielen (hier SZ und TZ) auf den Rest der Welt zu schließen. Das kenne ich auch aus dem Dunstkreis des LKA-Gutachtens. Einzelbeispiele werden gerne als Beweis angeführt. Einwandfreie Logik funktioniert genau anders herum: Bereits ein Gegenbeispiel widerlegt die schönste Theorie.
Und wie sieht es mit dem Fernsehen aus? Darauf wird in der Mitteilung speziell hingewiesen.


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09.01.2021 um 20:03
Das Gericht geht davon aus, dass das Geständnis von KP stimmt. Er also das Loch für WM im Weingarten gegraben hat und dann sogar nochmal zurückkam und sah, dass nun eine Holzkiste im Loch ist. Kurze Zeit später wird ein Kind entführt, und man findet sie im Weingarten in einer vergrabenen Holzkiste. Das Gericht argumentiert jetzt, da KP ja nicht unmittelbar betroffen war, wäre es lebendsfremd, dass er die Berichterstattung studiert. Zitat aus dem Urteil:
Zitat von AndanteAndante schrieb:Im übrigen hält es die Kammer auch für lebensfremd, dass ein nicht unmittelbar von dem Entführungsfall Betroffener die Presseberichterstattung so genau studiert, dass er noch Monate später so exakte Details wie beispielsweise die Maße der Kiste im Kopf hat und diese Details in einer Vernehmungssituation auch noch abrufen kann
Entweder KP hat nichts mit dem Loch zu tun, dann verstehe ich die Aussage des Gerichts. Oder KP hat was mit dem Loch zu tun und hätte dann durchaus einen Grund die Berichterstattung zu verfolgen. Das ist für mich ein Widerspruch in der Argumentation des Gerichts. Ich halte es nämlich für lebendsfremd, dass selbst wenn KP nichts mit der eigentlichen Entführung zu tun hatte, ihm doch aufgefallen sein muss: Oh, ich grabe ein Loch im Weingarten in dem eine Holzkiste steckt und ein paar Tage später wird ein Kind entführt und in einer vergrabenen Holzkiste im Weingarten tot entdeckt. War das vielleicht mein Loch? Gerade dann hätte er doch Interesse den Fall in der Presse zu verfolgen. Egal ob an der eigentlichen Entführung beteiligt oder nicht.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

09.01.2021 um 20:28
Zitat von roberndrobernd schrieb:Die vermutliche Überlegung, dass das alles irrelevant ist, lasse ich nicht gelten.
Ewige Reflexion: Was ist es denn mit den Gehirnen: Glaubhaftigkeit ...

https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/augenzeugen-wenn-die-erinnerung-truegt-a-927666.html
Glaubhaftigkeit

Neben den vielfältigen Fehlermöglichkeiten, mit denen selbst gewissenhafte Zeugenaussagen behaftet sein können, kommt noch das Risiko hinzu, dass Zeugen aus den verschiedensten Gründen heraus bewusst die Unwahrheit sagen. Um die Glaubhaftigkeit einer Zeugenaussage zu beurteilen, hat die Rechtspsychologie eine ganze Reihe von Kriterien entwickelt, von denen wir hier nur zwei ansprechen wollen: die Inhaltsanalyse und die Konstanzanalyse.

Die Inhaltsanalyse geht der Überlegung nach, dass ein Zeuge, der die Wahrheit sagt, die erlebten Ereignisse aus dem Gedächtnis rekonstruiert. Ein Zeuge hingegen, der die Ereignisse erfindet, muss mit hohem kognitiven Aufwand Schemata des Ereignisablaufs der Tat aktivieren. Aufgrund dessen ist er meist nicht mehr in der Lage, den Tathergang entsprechend detailreich und unter Einbeziehung der eigenen psychischen Erlebnisse wiederzugeben.


Im Rahmen der Konstanzanalyse werden Übereinstimmungen, Widersprüche, Auslassungen und Ergänzungen in den verschiedenen Aussagen zu einem Sachverhalt betrachtet. Konstruierte, d.h. erfundene Ereignisse können meist über einen längeren Zeitraum in gleicher Güte produziert werden, da der Zeuge für sich Regeln hat, anhand derer er die Geschichte zusammenstellt. Anders sieht dies bei erlebten Ereignissen aus. Hier kommt es aufgrund von Gedächtnisprozesses zu einer größeren Anzahl von Variationen in den Aussagen, denn der Zeuge greift nicht auf Regeln des Ablaufs zurück.


Das Gutachten eines Rechtspsychologen kann weder die Glaubhaftigkeit eines Zeugen noch die Prognose des künftigen Verhaltens eines Straftäters mit absoluter Genauigkeit beurteilen oder vorhersagen. Solche absoluten Vorhersagen sind allerdings selbst für weit weniger komplizierte technische Systeme nicht möglich. Letztendlich ist alles eine Frage der Wahrscheinlichkeiten. Die Entscheidung und das verbleibende Restrisiko muss letztendlich vom Gericht getragen werden.
Quelle: https://www.br.de/telekolleg/faecher/psychologie/personalauswahl-rechtspsychologie108.html


Aber: Spaten auf Mofa zur passenden Zeit: Pfaffinger unterwegs ...


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

09.01.2021 um 20:29
Zitat von roberndrobernd schrieb:Während der Zivilverhandlung fragte Mazureks Verteidiger einen der früheren Vernehmungsbeamten, welche der von Pfaffinger
geschilderten Details seiner Meinung nach nicht aus den Medien stammen können. Der Beamte meinte, es wäre der Jägerstand nahe dem Grabungsort.
Und an diesen Jägerstand koppelt KP anfänglich dunkle vage Erinnerungen (obwohl die Stelle im Wald zur Mittagszeit besucht worden sei) und vergisst den Jägerstand in der wiederholenden Befragung am 09.03.1982 völlig zu erwähnen.


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09.01.2021 um 20:29
Komisch, in der Pressemitteilung vom 5.10. stehen die Kistenmaße 150x60x60 und im Urteil findet man diese Info:

So konnte man z.B. in der Süddeutschen Zeitung vom 06.10.1981 und in der TZ vom 06.10.1981 die Kistenmaße von 139 x 72 x 60 cm nachlesen.

Diese Angaben hätten so gar nicht in SZ und TZ stehen können. Oder hat sich das Gericht hier geirrt?


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09.01.2021 um 21:03
Zitat von julina32julina32 schrieb:Und an diesen Jägerstand koppelt KP anfänglich dunkle vage Erinnerungen (obwohl die Stelle im Wald zur Mittagszeit besucht worden sei) und vergisst den Jägerstand in der wiederholenden Befragung am 09.03.1982 völlig zu erwähnen.
aber
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:im Rahmen der Konstanzanalyse werden Übereinstimmungen, Widersprüche, Auslassungen und Ergänzungen in den verschiedenen Aussagen zu einem Sachverhalt betrachtet. Konstruierte, d.h. erfundene Ereignisse können meist über einen längeren Zeitraum in gleicher Güte produziert werden, da der Zeuge für sich Regeln hat, anhand derer er die Geschichte zusammenstellt. Anders sieht dies bei erlebten Ereignissen aus. Hier kommt es aufgrund von Gedächtnisprozesses zu einer größeren Anzahl von Variationen in den Aussagen, denn der Zeuge greift nicht auf Regeln des Ablaufs zurück.



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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

09.01.2021 um 21:13
@robernd

Was möchtest du denn sagen? Dass es die Spatenfahrten des KP nicht gab? Es existieren dazu zahlreiche Zeugenaussagen, die im Urteil dargestellt sind. Viele Zeugen gaben an, dann und dann den KP mit Spaten (und Spatenblatt nach hinten) auf dem Mofa gesehen zu haben, eine Zeugin beschrieb die schwarzen Gummistiefel, ein anderer den Parka, also Teile der von KP selbst erwähnten Grabebekleidung, andere beschrieben das mit rot-weißem Band umwickelte Spatenblatt.

Sollten die sich allesamt komplett geirrt bzw. alle bewusst gelogen bzw. alle sich untereinander oder mit KP abgesprochen haben? Warum hätten sie alle lügen sollen? Woher hätten sie von den schwarzen Gummistiefeln, dem Parka, dem rot-weißen Band wissen sollen, wenn sie das nicht selbst gesehen hätten?
Zitat von Sam789Sam789 schrieb:Diese Angaben hätten so gar nicht in SZ und TZ stehen können. Oder hat sich das Gericht hier geirrt?
Wohl nicht. Die Verteidigung hatte ja die Presseartikel mit diesen Angaben in der Hauptverhandlung präsentiert. Die Medien müssen diese Maße also anderswoher herhaben als aus der Pressemitteilung vom 5.10. Diese kommt übrigens überraschend früh nach der Entdeckung der Kiste. Da hatte man die genauen Maße vielleicht noch nicht. Vielleicht war es ein Entwurf, der in dieser Form gar nicht sofort an die Medien gegeben wurde, sondern in einer überarbeiteten Fassung. In den Akten müsste vermerkt sein, wann welche Pressemitteilung mit welchem Inhalt auch tatsächlich rausgegeben wurde.
Zitat von julina32julina32 schrieb:Und an diesen Jägerstand koppelt KP anfänglich dunkle vage Erinnerungen (obwohl die Stelle im Wald zur Mittagszeit besucht worden sei) und vergisst den Jägerstand in der wiederholenden Befragung am 09.03.1982 völlig zu erwähnen.
Nun ja, KP ist kein hilfreicher Zeuge, der der Kripo helfen wollte. Der war damals Beschuldigter im Fall Herrmann und wollte seinen Hals retten. Ist klar, dass der nicht nur immer brav die Wahrheit gesagt hat und nicht unbedingt auf eine richtige Beschreibung der Grabestelle erpicht war. Eher im Gegenteil...


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

09.01.2021 um 21:23
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:aber
Ist klar, aber die Telefonnrn, das rote Fahrrad und die Kennzeichen hat er drauf. Und deshalb hat er laut Gericht
einen klaren Gedankengang und ein gutes Erinnerungsvermögen.

Dein Ernst?

Was ist jetzt mit den Verhörprotokollen von WM? Dann macht das ganze vielleicht noch mehr Sinn.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

09.01.2021 um 21:25
Also es ist doch nicht einmal zweifelsfrei bewiesen, dass das Loch mit einem Spaten gegraben wurde. Auch so bleibe ich dabei, dass KPs Aussage mit größter Vorsicht zu betrachten ist.
Hätte er zum Prozess noch gelebt, hätte er das sicher alles klar gestellt.


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