Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre
14.05.2020 um 12:27Rationalheld schrieb:Ganz so schlimm ist es nicht. Es wurde ja direkt vom Prozess berichtet und Richter Rothermel in seinen begründenden Ausführungen zu einem großen Teil wörtlich zitiert, z.B. in dem oben verlinkten Bericht der SZ anlässlich der Urteilsverkündung. Natürlich ist das nur eine Art 'Best-of', aber das Gesagte wird unverzerrt und wertfrei wiedergegeben. Des Weiteren hatten einige Medien, die Michael Herrmann begleiteten, z.B. die Autorin des BR-Podcasts, direkten Einblick ins Urteil – auch in die Ermittlungsakten. Sie konnte sich ein eigenes Bild machen und musste Michael Herrmann nicht zwingend in allem folgen – und tat dies auch nicht. Sie konnte ableichen: Was steht in den Akten und wie wird es von wem interpretiert? Besonders wertvoll finde ich dabei ihre Interviews mit direkten Beteiligten, z.B. mit dem Polizisten Franz Josef Baumgartner und natürlich mit Rothermel selbst.Trotzdem: Es sind und bleiben Informationen aus zweiter, dritter und vierter Hand, beeinflusst und gefiltert durch das Verständnisvetmögen und die Sichtweise und die Interessen des jeweiligen Betrachters. Kurzum: Es sind Interpretationen. Nun hat aber jeder Historiker immer lieber die Originalquelle als eine Interpretation der Originalquelle. Und wir hier, die wir uns für Kriminalfälle interessieren, möchten doch in erster Linie anhand dieser Quellen diskutieren und nicht auf der Grundlage von Informationen aus zweiter, dritter, vierter Hand, vermute ich mal.
Und was befragte Polizisten und Richter betrifft: Die dürfen sich qua Gesetz bei Interviews von vornherein nur so weit äußern, wie es die Wahrung des Dienst- und Beratungsgeheimnisses zulässt, also recht allgemein und über das, was ohnehin schon öffentlich bekannt ist oder wie etwa ein üblicher Strafprozess verläuft etc.