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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

11.655 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Wald, Entführung, München ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

12.05.2020 um 14:56
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:Du schreibst: „Es war ein nicht streitentscheidendes Indiz.“ Woher weißt du das?
Weil die Gutachterin im Prozess eben nicht gesagt hat, dass das Tonbandgerät "mit Sicherheit" für die Tat benutzt wurde. Sie hat gesagt, es sei "wahrscheinlich" benutzt worden.

Und so viel verstehe ich von Straf- und Strafprozessrecht allemal, um zu wissen, dass ein Gericht niemals eine Verurteilung auf eine gutachterliche Angabe stützen würde, die lediglich mit "Wahrscheinlichkeit" argumentiert. Da müssen also sehr viele andere Indizien dazugekommen sein, auf die sich das Gericht dann weit eher als auf bloße "Wahrscheinlichkeit" gestützt hat.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

12.05.2020 um 15:09
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Auch hier passt es einfach "zu gut" zu Mazurek, dass die Indizien echte Indizien sind, er der Täter ist, die Idee zur Tat ankündigt, andere für sich die Drecksarbeit machen lässt, irgendwas zusammenbastelt, was dann nicht funktioniert, sich in Widersprüche verstrickt und seine Tat hinterher einen Betriebsunfall nennt. Aber darauf fällt nur das Gericht rein. Wir suchen stattdessen nach dem/den Typen im Verborgenen, dem ohne Motiv, mit Alibi, den die Ermittler übersahen (vielleicht im Jagdeifer sogar absichtlich übersahen?)
Das liest man hier bei den sog. Justizirrtümerfällen auch imme wieder, dass das, was "nicht gepasst" habe, von den Ermittlern (wahlweise auch von Gericht) "passend gemacht worden" sei.

Auf die Idee, mal zu fragen, ob gewisse Sachen schlicht von Anfang an passend waren und deutlich auf einen Verdächtigen, den späteren Verurteilten, hinwiesen, kommt man offenbar nicht.


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12.05.2020 um 15:17
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Mir scheint das mit einer allgemeinen Tendenz zu tun zu haben, der Justiz gerne dunkle Machenschaften zu unterstellen. Und wer mich kennt, weiss, dass ich durchaus kritisch manches Urteil sehe und auch in dem einen oder anderen Fall persönlich ein Urteil anders gefällt hätte als das zuständige Gericht. Dennoch scheint es mir, wenn man hier die verschiedenen Threads verfolgt, eine gewisse Lust am Justizirrtum zu geben. Das ist auch nicht so ganz verständlich.
Ob es eine solche Tendenz oder Lust gibt, weiß ich nicht. Freilich sind mir diese Justizirrtumsdebatten bekannt – und zu eurer Beruhigung: Ich kenne keinen zweiten Fall, in dem ich persönlich ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des Urteils hätte. Wie du selbst ja auch sinngemäß schreibst: Man kann Justizirrtumsthesen nur von Fall zu Fall prüfen. Aber gerade deshalb verstehe ich den Reflex nicht, sobald Kritik an einem Urteil aufkommt, sofort darauf zu sprechen zu kommen, der Justiz würden generell gerne "dunkle Machenschaften" unterstellt. Entweder sind die vorgebrachten Argumente stichhaltig oder nicht. Man muss gegebenenfalls also konkret dagegen argumentieren oder eben gar nicht. Verweise auf allgemeine gesellschaftliche Tendenzen ('Narrative' o.Ä.) helfen überhaupt nicht weiter – es sei denn als Diskussionsverweigerungsstrategien.

Fehlurteile können – sollten sie existieren – problemlos ohne "dunkle Machenschaften" erklärt werden. Und im Fall Herrmann wäre dies (einen Irrtum hypothetisch vorausgesetzt) sogar besonders gut möglich. Ich werde bei Gelegenheit einen entsprechenden Versuch vorlegen.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:In meiner persönlichen Einschätzung messe ich diesem Gutachten keinerlei Relevanz zu und komme dennoch zu dem Schluss, dass die schwere der anderen vom Gericht beurteilten Indizien einen Schuldspruch Mazureks begründen.
Verstehe ich dich recht: Du misst dem Gutachten keinerlei Relevanz zu? Wenn dem so ist: Warum spielt es deiner Meinung nach überhaupt eine Rolle in dem Urteil?
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Vielleicht mag ja der geneigte Mitdiskutant hier in diesem Punkt wenigstens zustimmen, dass ein Nachweis, dass das Gutachten unbrauchbar oder falsch ist, noch lange kein "Beweis" für Mazureks Unschuld ist.
Dem stimme ich in der Tat zu. Aber ich dachte, dass es ohnehin Konsens sei, dass keine 'Beweise' für Mazureks Unschuld vorliegen. Doch was ist damit gewonnen? Unschuldsbeweise werden in einem Rechtsstaat nicht verlangt.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Daher muss man sich mit den anderen Indizien und vor allem mit dem Zusammenhang und Zusammenspiel aller anderen Indizien beschäftigen.
Genau dies war aber doch eines meiner Argumente. Wenn man das Gutachten herausnimmt, ist das Mosaik der Indizien nicht mehr in der Form existent, wie es das Gericht gebaut hat. Es verschieben sich der Wert und das Gewicht der anderen Indizien. Entscheidend ist dabei aus meiner Sicht, dass das Gutachten die einzige direkte Verbindung zu Mazurek war, und dass die anderen, weniger konkreten Indizien dadurch immens aufgewertet wurden. Das sich hieraus ergebende Gesamtbild war dann entscheidend. Wenn ich jetzt einen Baustein herausnehme, ist dieses Gesamtbild nicht mehr gegeben. Und wenn du nun sagst, dass das Gesamtbild trotzdem bestehen bliebe, frage ich: Warum baute man dieses doofe Gutachten dann überhaupt ein?

Und was hältst du von meinem ebenfalls bereits dargelegten Argument, dass ein Richter doch eigentlich keinen großen Spielraum mehr hat, wenn er die Einschätzung 'wahrscheinliches Tatmittel' als Ergebnis des Gutachtens akzeptiert und übernimmt? Erlangt das Gutachten nicht gerade dadurch – wohlgemerkt: im Zusammenspiel mit der zweiten sogenannten Säule – eben doch ein einzigartiges Gewicht? Und hat die zweite Säule ohne die erste immer noch denselben funktionalen Wert?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

12.05.2020 um 15:27
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:Genau dies war aber doch eines meiner Argumente. Wenn man das Gutachten herausnimmt, ist das Mosaik der Indizien nicht mehr in der Form existent, wie es das Gericht gebaut hat.
Warum denn nicht? Man muss doch bloß fragen, ob Mazurek auch ohne das Gutachten verurteilt worden wäre. Und wenn die Indizienlast so stark war, dass die Verurteilung auch ohne geschehen wäre, ist das Gutachten eben keineswegs die conditio sine qua non, als die das Gutachten von einigen (Nichtjuristen) gerne betrachtet wird.

Dass eben das Gutachten nicht der Grundstein war, ohne den das ganze Urteilsgebäude wie selbstverständlich in sich zusammengefallen wäre, sagt immerhin ein versierter Strafrechtler wie @Rick_Blaine, der das Urteil gelesen hat, und das ergibt sich auch aus der vorhin zitierten Pressemitteilung des BGH. Und eben auch aus der Tatsache, dass die Gutachterin die Benutzung genau dieses Tonbandgeräts bei der Tatausführung lediglich als "wahrscheinlich" bezeichnet hat. Jeder Jurist weiß, was derlei bedeutet.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

12.05.2020 um 15:35
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:Genau dies war aber doch eines meiner Argumente. Wenn man das Gutachten herausnimmt, ist das Mosaik der Indizien nicht mehr in der Form existent, wie es das Gericht gebaut hat. Es verschieben sich der Wert und das Gewicht der anderen Indizien.
Worauf stützt Du diese Behauptung? Liegt Dir das Urteil vor?

Und kannst Du dann bitte auch erklären, warum der BGH zumindest in der Pressemitteilung kein Wort über das Tonbandgerät verloren hat?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

12.05.2020 um 15:40
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:Und was hältst du von meinem ebenfalls bereits dargelegten Argument, dass ein Richter doch eigentlich keinen großen Spielraum mehr hat, wenn er die Einschätzung 'wahrscheinliches Tatmittel' als Ergebnis des Gutachtens akzeptiert und übernimmt?
Ein Gericht wird natürlich als erstes die stärksten Indizien nehmen und nicht lediglich "wahrscheinliche". Die bloß wahrscheinlichen kommen ganz hintendran, zuletzt, quasi als Garnierung, nicht als Grundlage.

Man müsste das Urteil kennen, um zu wissen, wieviel Raum das Gericht überhaupt dem Thema "Gutachten" gewidmet hat. Ich wette, nicht viel. Weit mehr Raum wird etwa die Beleuchtung der Pfaffinger-Angaben eingenommen haben.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

12.05.2020 um 15:55
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:Entscheidend ist dabei aus meiner Sicht, dass das Gutachten die einzige direkte Verbindung zu Mazurek war,
Wie bitte? Alles andere hat "keine direkte Verbindung" zu ihm? Nicht seine Geldnot, seine Äußerung, dass man jemanden entführen müsse, um an Lösegeld zu kommen, sein handwerkliches Geschick, seine Materialien und seine Werkstatt (ideal fürs Kistenbauen), der Kombi, sein fehlendes Alibi, die abgehörten Gespräche, Pfaffingers Aussagen?

Wie "direkt" muss denn eine Verbindung zu ihm noch sein?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

12.05.2020 um 16:11
Warum hätte Mazurek zum Ausheben der Grube Pfaffinger anheuern sollen? Ich hole mir doch nicht noch einen Vierten ins Boot, wenn ich schon zwei Komplizen für die Tatausführung habe.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

12.05.2020 um 16:38
Zitat von RinTinRinTin schrieb:Rationalheld schrieb:
Genau dies war aber doch eines meiner Argumente. Wenn man das Gutachten herausnimmt, ist das Mosaik der Indizien nicht mehr in der Form existent, wie es das Gericht gebaut hat. Es verschieben sich der Wert und das Gewicht der anderen Indizien.

Worauf stützt Du diese Behauptung? Liegt Dir das Urteil vor?
Die Struktur A, B, C, D ist nicht identisch mit der Struktur A, B, D. Beide Komplexe können also nicht gleichermaßen das Vorliegen des Sachverhalts X indizieren. In einem Indizienprozess geht es um die Gesamtwürdigung aller Indizien unter Berücksichtigung ihres Zusammenspiels. A, B, D haben jeweils einen anderen funktionalen Wert, wenn sie mit C zusammenspielen, als wenn sie dies nicht tun. In unserem Fall: Die von vielen als problematisch angesehene Pfaffinger-Aussage reicht allein nicht hin; aber in Verbindung mit der Tatsache, dass eine Gutachterin einen bei Mazurek gefundenen Gegenstand als wahrscheinliches Tatmittel einstuft, sieht die Sache schon anders aus. Im Zusammenspiel mit anderen Indizien ist der Wert von einem Einzelindiz ein anderer (höherer), als wenn das Einzelindiz nur für sich stünde. Je mehr ineinandergreifende Indizien man hat, desto besser. Die Indizien werden nicht einfach summiert, sondern zueinander in Beziehung gesetzt.

Ich will nicht grundsätzlich ausschließen, dass @Andante und andere recht haben, wenn sie sagen, A, B, C, D und A, B, D seien völlig äquivalent und C mithin redundant. Ich frage mich eben nur, warum man sich dann nicht von Vornherein mit A, B, D begnügt.
Zitat von RinTinRinTin schrieb:Und kannst Du dann bitte auch erklären, warum der BGH zumindest in der Pressemitteilung kein Wort über das Tonbandgerät verloren hat?
Die Funktion dieses Textes besteht darin, darzulegen, dass und warum keine Gründe für eine Revision vorlagen. Eine Aufzählung der im Mazurek-Prozess relevanten Indizien ist nicht zweckdienlich. Es findet nur ein einziges Indiz überhaupt Erwähnung (überwachte Telefonate). Ein Rückschluss auf die Irrelevanz aller sonstigen Indizien wäre Unsinn. Deiner Argumentationslogik zufolge müsste die Pfaffinger-Aussage unbedeutend gewesen sein, da sie im BGH-Text nicht vorkommt.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

12.05.2020 um 16:56
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:Die Funktion dieses Textes besteht darin, darzulegen, dass und warum keine Gründe für eine Revision vorlagen. Eine Aufzählung der im Mazurek-Prozess relevanten Indizien ist nicht zweckdienlich. Es findet nur ein einziges Indiz überhaupt Erwähnung (überwachte Telefonate).
Tatsächlich finden in der Presseerkläung gleich mehrere Indizien Erwähnung. Du machst daraus allerdings nur ein Indiz. Die abgehörten Telefonate und die Wohnraumüberwachung haben gleich mehrere Anhaltspunkte für die Täterschaft Mazureks ergeben. Zudem macht der BGH in der Pressemitteilung deutlich, dass sich das erkennende Gericht ausführlich mit der Möglichkeit anderer Täter beschäftigt hat und insofern andere Täter ausschließen konnte.

Leider verschweigst Du hier vollständig, dass es die abgehörten Telefonate und die Wohnraumüberwachung gab. Dies(!) sind wirklich wichtige Indizien.

Darüber hinaus behauptest Du (wie schon in der Vergangenheit), das Gericht hätte sich nicht mit potentiellen anderen Tätern auseinander gesetzt. Offenbar hat es das aber getan.

Im Übrigen ist diese mathematische Herangehensweise an das Urteil befremdlich. Derart funktioniert ein Urteil nicht und auch nicht die Würdigung von Indizien.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

12.05.2020 um 17:11
Zitat von RinTinRinTin schrieb:Leider verschweigst Du hier vollständig, dass es die abgehörten Telefonate und die Wohnraumüberwachung gab. Dies(!) sind wirklich wichtige Indizien.
Ich verstehe dich nicht. Ich habe doch geschrieben, dass der Text auf die Überwachungsaktion eingeht.
Zitat von RinTinRinTin schrieb:Darüber hinaus behauptest Du (wie schon in der Vergangenheit), das Gericht hätte sich nicht mit potentiellen anderen Tätern auseinander gesetzt. Offenbar hat es das aber getan.
Ich glaube, du verwechselst mich. So etwas habe ich nie behauptet.


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12.05.2020 um 17:24
Zitat von AndanteAndante schrieb:Man müsste das Urteil kennen, um zu wissen, wieviel Raum das Gericht überhaupt dem Thema "Gutachten" gewidmet hat. Ich wette, nicht viel. Weit mehr Raum wird etwa die Beleuchtung der Pfaffinger-Angaben eingenommen haben.
Diese Frage hat @Rick_Blaine bereits geklärt: Das Gutachten nahm keinen großen Raum ein. So weit waren wir schon. Meine Frage, inwieweit ein Rückschluss vom quantitativen Anteil der Darstellung bestimmter Indizien im Begründungstext auf ihre qualitative Bedeutung für das Urteil sinnvoll ist, blieb bislang unbeantwortet. Fiktives Beispiel: Dass sich auf der Tatwaffe die DNA des Angeklagten befand, kann eventuell in einem Satz abgehandelt werden, weil es nicht weiter erläuterungsbedürftig sein mag; trotzdem ist es vielleicht das schwerwiegendste Indiz von allen. Der Schluss, dass diese DNA-Spur für den Schuldspruch geradezu verzichtbar gewesen sei, weil sie keinen großen Raum im langen Urteilstext einnimmt, während dieser auf andere Indizien viel ausführlicher eingeht, leuchtet mir spontan nicht ein. Vielleicht stehe ich aber auch auf dem Schlauch.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

12.05.2020 um 17:34
Für Techniker ist das phonetische Gutachten sicherlich reizvoll, und so jemand kann sich lange damit beschäftigen und daran abarbeiten, wie robernd es ja auch getan hat.

Aber ein Gericht hat eine völlig andere Sichtweise und hat die gesamten Indizien im Blick und in der Bewertung, das muss es ja auch haben. Eine Überhöhung des Gutachtens, wie Techniker es vermuten - und selber auf ihre Art praktizieren - durch das Gericht bei der Beweiswürdigung hat offenbar nicht stattgefunden, auch wenn es immer wieder behauptet wird.

Im übrigen hat @RinTin recht: Beweiswürdigung ist mit einer Rechenaufgabe, wo man hier addiert und da subtrahiert, nicht im entferntesten vergleichbar. Die Sache ist schon etwas komplexer.
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:Dass sich auf der Tatwaffe die DNA des Angeklagten befand, kann eventuell in einem Satz abgehandelt werden, weil es nicht weiter erläuterungsbedürftig sein mag; trotzdem ist es vielleicht das schwerwiegendste Indiz von allen.
Himmel, der Unterschied liegt doch darin, dass in deinem Beispiel die DNA des Angeklagten nicht bloß "wahrscheinlich" auf der Tatwaffe war, sondern sicher. Gerade diese Sicherheit macht die DNA zu einem wichtigen Indiz.

Im Fall Mazurek war aber das Tonbandgerät laut Gutachten bloß "wahrscheinlich" benutzt worden. Wie ich schon schrieb, ist für ein Gericht "wahrscheinlich" relativ wenig wert. Erst im Zusammenspiel mit anderen, sichereren Indizien bekommt das "wahrscheinliche" Indiz überhaupt eine, wenn auch gegenüber wichtigeren Indizien untergeordnete Bedeutung, vielleicht nur in dem Sinne, dass das Gutachten den anderen Indizien nicht widerspricht und damit das gesamte Indiziengebäude in sich stimmig ist.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

12.05.2020 um 17:51
Zitat von AndanteAndante schrieb:Wie bitte? Alles andere hat "keine direkte Verbindung" zu ihm? Nicht seine Geldnot, seine Äußerung, dass man jemanden entführen müsse, um an Lösegeld zu kommen, sein handwerkliches Geschick, seine Materialien und seine Werkstatt (ideal fürs Kistenbauen), der Kombi, sein fehlendes Alibi, die abgehörten Gespräche, Pfaffingers Aussagen?

Wie "direkt" muss denn eine Verbindung zu ihm noch sein?
Hier liegt wahrscheinlich ein Missverständnis vor. Dass eine direkte Verbindung zwischen Mazureks Werkstatt und Mazurek besteht, ist unbestreitbar. Es besteht aber keine bekannte Verbindung zwischen der Werkstatt und der Tat. Wenn aber ein Tatmittel bei Mazurek gefunden würde, so stellte dies eine mehr oder weniger direkte Verbindung zwischen ihm und der Tat her. Ich hoffe, du verstehst jetzt, was ich meine.

Übrigens: Nach den Darstellungen von @2r2n hier im Thread haben die Ermittler sogar weitgehend ausgeschlossen, dass die Kiste in besagter Werkstatt gefertigt worden ist. Denn es gilt als höchst unwahrscheinlich, dass dies keine Rückstände hinterlässt (z.B. Sägestaub, der in feinste Ritzen dringt und faktisch nicht entfernbar ist, Holzfasern etc.), solche wurden aber nicht gefunden. Demnach müsste Mazurek die Kiste woanders gefertigt haben. Aber ich gebe euch schon einmal im Vorhinein recht: Dies ist nicht auszuschließen und somit Mazureks Unschuld nicht bewiesen.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

12.05.2020 um 18:03
Zitat von AndanteAndante schrieb:Rationalheld schrieb:
Dass sich auf der Tatwaffe die DNA des Angeklagten befand, kann eventuell in einem Satz abgehandelt werden, weil es nicht weiter erläuterungsbedürftig sein mag; trotzdem ist es vielleicht das schwerwiegendste Indiz von allen.

Himmel, der Unterschied liegt doch darin, dass in deinem Beispiel die DNA des Angeklagten nicht bloß "wahrscheinlich" auf der Tatwaffe war, sondern sicher. Gerade diese Sicherheit macht die DNA zu einem wichtigen Indiz.

Im Fall Mazurek war aber das Tonbandgerät laut Gutachten bloß "wahrscheinlich" benutzt worden. Wie ich schon schrieb, ist für ein Gericht "wahrscheinlich" relativ wenig wert. Erst im Zusammenspiel mit anderen, sichereren Indizien bekommt das "wahrscheinliche" Indiz überhaupt eine, wenn auch gegenüber wichtigeren Indizien untergeordnete Bedeutung, vielleicht nur in dem Sinne, dass das Gutachten den anderen Indizien nicht widerspricht und damit das gesamte Indiziengebäude in sich stimmig ist.
Ich habe dein Argument schon verstanden. Insbesondere dein letzter Satz mit dem Nicht-Widersprechen leuchtet mir durchaus ein. Dein Himmel-Aufschrei ist aber insofern unangebracht, als ich eben keinen solchen Vergleich zwischen DNA-Spuren und Tonbandgerät angestellt habe. Bitte unterstelle mir keine Dummheit. Ich benutzte das fiktive Beispiel in einem völlig anderen Kontext, nämlich bezüglich der allgemeinen Frage, ob der quantitative Anteil der Darstellung bestimmter Indizien im Begründungstext auf ihre qualitative Bedeutung für das Urteil schließen lässt. Ich kann nicht glauben, dass du meine Frage (und meinen Nicht-Vergleich!) tatsächlich nicht verstanden haben willst.


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12.05.2020 um 18:11
Den Schluss, den Du hier vermitteln willst (oder sagen wir: worüber Du zum Nachdenken anregen möchtest) finde ich durchaus putzig:

Nur weil das Gericht sich im Urteil nicht eingehend und ausführlich mit dem Gutachten über das Tonbandgerät auseinandersetzt, hieße ja nicht, das es gleichwohl eine Wichtigkeit für die Verurteilung Mazureks gehabt habe.

Wenn man ein Gegengutachten zu dem Tonbandgutachten total spannd finden würde, vielleicht sogar selbst eins geschrieben hätte, dann erklärt sich zwanglos die enorme Wichtigkeit eines solchen Gutachtens.


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12.05.2020 um 18:16
Das hatte ich noch gefunden:
Zitat von Heidi71Heidi71 schrieb am 22.08.2019:Im 4. Teil des BR2-podcast schildert Werner Mazureks Anwalt Walter Rubach (durchaus auch zu meiner eigenen Überraschung!), dass aus seiner Sicht wesentlich für die Verurteilung von WM die nachträgliche Neubewertung des Pfaffinger-Geständnisses war und eben nicht das hier schon bis zur Erschöpfung durchdiskutierte LKA-Tonbandgutachten!



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12.05.2020 um 18:20
Zitat von RinTinRinTin schrieb:Den Schluss, den Du hier vermitteln willst (oder sagen wir: worüber Du zum Nachdenken anregen möchtest) finde ich durchaus putzig:

Nur weil das Gericht sich im Urteil nicht eingehend und ausführlich mit dem Gutachten über das Tonbandgerät auseinandersetzt, hieße ja nicht, das es gleichwohl eine Wichtigkeit für die Verurteilung Mazureks gehabt habe.

Wenn man ein Gegengutachten zu dem Tonbandgutachten total spannd finden würde, vielleicht sogar selbst eins geschrieben hätte, dann erklärt sich zwanglos die enorme Wichtigkeit eines solchen Gutachtens.
Wenn der quantitative Anteil der Indizienbesprechung keinen Rückschluss auf die Bedeutung zulässt, so gilt das selbstverständlich in beide Richtungen. Man könnte dann eben weder Wichtigkeit noch Bedeutungslosigkeit daraus schließen. Ich weiß aber nicht, wie sich das verhält. Ich hatte eigentlich nur eine Frage gestellt, die sich mir aus @Rick_Blaines Analyse ergab, und keine Behauptung aufgestellt.


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12.05.2020 um 18:25
Zitat von Delphi10Delphi10 schrieb:Warum hätte Mazurek zum Ausheben der Grube Pfaffinger anheuern sollen? Ich hole mir doch nicht noch einen Vierten ins Boot, wenn ich schon zwei Komplizen für die Tatausführung habe.

Du vielleicht nicht, aber Du hättest hoffentlich auch nicht ein Kind entführt, in eine Kiste gesperrt und im Wald verbuddelt. Wer zu so etwas
fähig ist und vorher darüber auch noch redet, der handelt ja nicht unbedingt berechenbar und konventionell.

Es gab mMn. mehrere Mitwisser/Helfer. Es war eine Gruppe, die die Entführung gemeinsam geplant hat, bei der jeder mitgewirkt hat und darüber natürlich schwieg, erst recht, als die Sache so fürchterlich schiefging. Pfaffinger war vermutlich auch eingeweiht und sollte einen Anteil bekommen. Das Kind sollte entführt und nach der Lösegeldübergabe wieder freigelassen werden. Jeder sollte sein Geld bekommen und hält aus eigenem Interesse dicht.
So wie es dann tatsächlich planungswidrig lief - Kind tot, Pfaffinger redet, aber nur ein bisschen, nur übers Graben - damit rechnete im Vorfeld keiner, da wurde dann improvisiert und gehofft und es schien ja auch lange Zeit, als würde keiner belangt werden können.


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12.05.2020 um 18:34
[@JosephConrad

Mehr oder weniger sachkundige Interpretatoren des Urteils haben hier oft verkündet, worauf die Verurteilung wesentlich gestützt sei. Solange das niemand nachprüfen und nachlesen kann, weil das Urteil nicht öffentlich zugänglich ist, kann man das glauben oder auch nicht. Aber dass es nicht das Gutachten war, das entscheidend zur Verurteilung geführt hat, sondern dass das Gericht andere Aspekte, mit denen es sich befasst hat, für wichtiger und überzeugender befunden hat, ist offensichtlich. Der BGH hat es auch so gesehen und anscheinend in dieser Beweiswürdigung keine Fehler gefunden.


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