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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

11.655 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Wald, Entführung, München ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

06.11.2019 um 00:02
Zitat von LichtenbergLichtenberg schrieb:Nein. Es gibt keinen solchen "Ausnahmetatbestand". Ermittlungsakten werden spätestens mit Abschluss des Ermittlungsverahrens für alle Beteiligten zur Verfügung gestellt.
Das Informationsfreiheitsgesetz regelt allerdings nciht die Herausgabe von Informationen an "Beteiligte" sondern an "Interessierte" :-)


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

06.11.2019 um 00:07
Zitat von EdelstoffEdelstoff schrieb:Frage an die Juraprofis hier im Forum: Wären die Akten zum Prozess unter dem Informationsfreiheitsgesetz herauszugeben oder gbt es hier einen Ausnahmetatbestand?
Bayern hat, im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern, kein eigenes Informationsfreiheitsgesetz. Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes gilt nur für Bundesbehörden.

In Art. 39 des Bayrischen Datenschutzgesetzes ist ein Auskunftsrecht verankert. Es gilt nach Abs. 4 aber zB nicht für Gerichte, Staatsanwaltschaften, Polizeibehörden.

Auch in den Informationsfreiheitsgesetzen der Bundesländer ist aber nirgendwo ein voraussetzungsloses Auskunftsrecht bezüglich Gerichtsakten, Staatsanwaltschaftsakten, Polizeiakten enthalten. Es geht da ja nun wirklich um höchstpersönliche Lebensumstände und Daten von Menschen. Da wäre es ja noch schöner, wenn da jedermann Einsicht hätte, etwa ins Scheidungsverfahren des Nachbarn, Prozesse um ärztliche Kunstfehler oder eben auch Strafverfahrensakten (etwa Sexualdelikte).


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

06.11.2019 um 00:11
Zitat von EdelstoffEdelstoff schrieb:Das Informationsfreiheitsgesetz regelt allerdings nciht die Herausgabe von Informationen an "Beteiligte" sondern an "Interessierte" :-)
Das Informationswasauchimmergesetz spielt hier aber keine Rolle.

Vielleicht verstehe ich Dich auch nicht: Worauf möchtest Du hinaus? Und welcher Paragraph Deines genannten Gesetzes soll Deiner Ansicht nach hier eine Rolle spielen? Hast Du gar eine Anspruchsgrundlage ermittelt oder im Gegenteil: Ein Verbotsgesetz?

Ich bin kein Ingenieur. Insofern verzeih mir bitte meine unbedarften Nachfragen.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

06.11.2019 um 00:14
@Lichtenberg

Hier ist keine Ing. gefragt sondern ein Linguist. Es war eine enfache Frage, Deine Antwort bezog sich nicht auf den Sachverhalt aus der Fragestellung. Was Andante geschrieben hat, erscheit mir plausibel, eine inhaltliche Prüfung werde ich aber an dieser Stelle nicht vornehmen.

War nur ein Versuch zur Klärung, ob Hintergrundinfos zum Fall öffentlich verfügbar gemacht werden müssen.

Also Pech für alle Beteiligten, hier wird jemand seinen Informationsvorsprung behalten, der leider nicht mehr aktiv am Forum teilnimmt.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

06.11.2019 um 04:30
Ich versuche, soweit es mir meine Zeit und meine derzeitigen Mandanten, deren Fälle für mich natürlich Vorrang haben, Fragen zu beantworten. Allerdings bewegt sich dieser Thread sehr schnell von einem Thema zum anderen, deshalb kann ich nicht allem folgen und deshalb kommen meine Kommentare manchmal erst viele Seiten nach der Frage.

Nun ein paar Fragen, die ich bemerkt habe:
Zitat von Jacksy24Jacksy24 schrieb:Ich kann es nicht nachvollziehen, wie man einem Zeugen (oder auch Tatgehilfen) glaubt, obwohl nur ein Teil seiner Aussagen "detailgetreu" sind... andere einfach falsch (noch dazu in meinen Augen die Wichtigsten). Dazu kommt, dass die detailgetreuen Aussagen (Beschaffenheit des Bodens, Jägerstand) vielen Leuten bekannt war.
Das Gericht hat sich nicht nur die Personen angeschaut, um die es hier geht, also natürlich in erster Linie P. und dann auch die verschiedenen Polizeibeamten, Protokollführer, sogar einen Richter im Ruhestand, einen Staatsanwalt, Gefängnisdirektoren usw. um sich ein Bild von der Glaubwürdigkeit Ps. und der Ermittlungsbeamten zu machen. Das hat es auch nachvollziehbar im Urteil dargelegt (wo ich auch wieder sagen kann, das macht nicht jedes Gericht).

Für die Einschätzung der Aussagen Ps. war wichtig, dass er
1. seine Angaben teilweise zu seinem Nachteil machte. Seine Angaben verstärkten den Verdacht, dass er an der Tat beteiligt war und eventuell angeklagt werden könnte. Das ist in den Augen dieses Gerichts und auch üblicherweise ein Indiz dafür, dass der Zeuge solche Angaben nicht erfunden hat. Denn umgekehrt nutzten die Angaben ihm nichts, auch wenn das Gericht davon ausgeht, dass eventuell eine etwas naive Ansicht des Ps damit zu tun hatte, dass er vielleicht von einer Belohnung profitieren könnte. Die Tatsache, dass er das "Geständnis" dann aber schnell "widerrief" wertet das Gericht dahingehend, dass ihm das wohl bewusst geworden war. Da waren die Angaben aber bereits gemacht.

2. Das Gericht fand keinerlei Hinweise darauf, dass P. die Angaben machte, um bewusst M. fälschlich zu belasten. Es fand kein Motiv dafür.

3. Das Gericht fand, dass entscheidende Punkte seiner Angaben mit der Realität übereinstimmten und auch sogenanntes Täterwissen offenbarten.

4. Auch nach dem Widerruf hat P. in mehreren Vernehmungen immer wieder die Kernpunkte seiner Aussage wiederholt und bekräftigt, allerdings jetzt mit dem Hinweis, dass M. nichts damit zu tun habe. Das fand das Gericht berechtigterweise, so meine Meinung, etwas skurril: denn er belastete sich weiterhin damit selbst (siehe 1.) und versuchte jetzt aber relativ unglaubwürdig den M. aus der Sache herauszuhalten. Es wertete daraufhin den "Widerruf" als relativ leicht zu durchschauenden Versuch, M. nun doch herauszuhalten und zu schützen.

5. Dahingehend wertete es spätere Angaben dann auch als bewussten Versuch, die Ermittlungen nun von M. - und auch von sich selbst - wegzuführen. Ihm erschien das aber als durchschaubare Taktik, daher nahm es einige der späteren Angaben nicht mehr ernst.

6. Das Gericht versuchte durch Befragung einiger Zeugen, die mit P. zu tun hatten, generell herauszufinden, wie man P. einschätzen müsse und kam dabei zu dem Schluss, dass weder sein Alkoholismus noch andere Probleme zwangsläufig oder auch nur gegenständlich nahelegen, dass seine Grundaussagen falsch waren.

Wie gesagt, es handelt sich hier auch nicht nur um ein einmaliges "Geständnis," sondern P. hat die Kernpunkte seiner Aussage selbst nach dem "Widerruf" mehrfach bestätigt.

Die Aussagen des P. sind sicherlich Kernstück der Verurteilung des M., und ich weiss, wie problematisch so eine Beweiswürdigung ist, wenn der Zeuge selbst verstorben ist, aber das Gericht hat sich in meinen Augen die Mühe gemacht, und es auch nachvollziehbar geschafft, darzulegen, warum es den Aussagen des P. glaubt.
Zitat von margarethamargaretha schrieb:Sicher fehlt da das Ein oder andere, aber das sind Sachverhalte, die man m. M. n. nicht pauschalisieren kann, wurde darauf in der Urteilsbegründung eingegangen?


Mir ist auch klar, daß eine Alkoholismus nicht zwangsläufig „unglaubwürdig“ bedeutet, nur darf ich halt auch Zweifel daran haben, daß der daran erkrankte Pfaffinger 1982 und zu Lebzeiten als schlechter und bedenklicher Zeuge galt, dem nach seinen Vernehmungen der Besuch beim Psychiater empfohlen wird, und den die Ermittler und der Augsburger Oberstaatsanwalt als äußerst zweifelhaft sahen nach seinem Ableben als zuverlässiger Zeuge gilt.
Siehe oben. Das Gericht hat sich das angeschaut, hat diese Zeugen ebenfalls gehört, und dann einen Gesamteindruck gefasst.
Zitat von roberndrobernd schrieb:Wäre die Frage tatsächlich irrelevant, hätte niemand die über 30 Bänder akribisch untersucht. Ergebnis: Sie wurden von völlig verschiedenen Geräten bespielt. Kosten für die Gutachten (es waren zwei): ca. 30.000 EUR. Gibt es eine Idee, warum diese Untersuchungen ausgeführt wurden? Wäre die Frage auch irrelevant, wenn die Bänder zum TK 248 passen?
Das mag im Nachhinein so aussehen, aber als man diese Ermittlungen in Auftrag gab, wusste man ja das Ergebnis noch nicht. M. hat angegeben, Tonbandgerät und Bänder zusammen erworben zu haben, da liegt schon nahe zu prüfen, ob die Bänder auch mal durch dieses Gerät bespielt wurden. Das Ergebnis war negativ. Wäre das anders gewesen, hätte es Ms. story vielleicht glaubhafter gemacht, vielleicht aber auch nicht. Ich persönlich denke eher nicht, daher bezeichne ich diese Fragestellung als irrelevant.
Zitat von roberndrobernd schrieb:In diesem Zusammenhang: Offenbar wurden im Urteil mehrere irrelevante Indizien verwendet. Auf welche hätte das Gericht deiner Meinung nach verzichten können, ohne den Urteilsspruch zu verändern? Eine kurze Liste hatte ich ja schon zur Verfügung gestellt.
Ich denke, den Tonbandkomplex kann man weglassen. Aus mangelnder Fachkenntnis gehe ich einfach mal davon aus, dass die hier eingebrachten Argumente stimmen und das Tonband tatsächlich nichts mit den Erpresseranrufen zu tun hatte. Ich nehme also den für M. günstigsten Fall an - dennoch habe ich das Gefühl, das Gericht hätte alle übrigen Indizien ausreichend für einen Schuldspruch bewertet.

Das ist freilich eine ganz wichtige Frage für einen möglichen Antrag auf ein Wiederaufnahmeverfahren.

Meine Ansicht wird m.E. dadurch unterstützt, dass das Gericht nur bei diesem Themenbereich selbst im Urteil nur von "wahrscheinlich" spricht, während es diese einschränkende Formulierung bei anderen Themenbereichen nicht verwendet.

Noch einmal zu dem Thema "Grabungszeiten" des P: es wurde hier oben geschrieben, dass die Ermittlungen ergeben hätten, dass eine Grabungszeit im August stattgefunden hat. Davon sehe ich im Urteil nichts. Im Gegenteil, das Gericht hat auch hier wieder ein Gutachten eingeholt (in diesem Fall wurden erstaunlich viele Gutachten eingeholt, keineswegs nur das Tonbandgutachten), das die von P. selbst angegebenen Grabungszeiten im September für korrekt erscheinen lässt:
Die vom Zeugen P[.] in seinem „Geständnis“ genannten Grabungszeiten zwischen dem 05.09.1981 und dem 10.09.1981 stimmen genau mit den Feststellungen des Sachverständigen Dr. N[.] überein, der bei einer Ortsbegehung am 04.10.1981 zu dem Ergebnis kam, dass das künstlich angesäte Gras vor 4-6 Wochen angekeimt gewesen und dass der unter dem Aushub freigelegte Moosrasen nicht wesentlich länger als 4 Wochen abgedeckt gewesen sei (vgl. unter E.II.2.c. „Vergrabungsort“).
Ausgehend vom Zustand des freigelegten Moösrasen, der nicht wesentlich länger als 4 Wochen abgedeckt war, ging die Kammer davon aus, dass der Kistenschacht frühestens 4 Wochen vor dem 04.10.1981 und somit Anfang September ausgehoben wurde.

Darüber hinaus lassen sich die von Klaus P[.] genannten Grabungszeiten auch exakt mit den von mehreren Zeugen beobachteten, nachstehend dargestellten Spatenfahrten in Einklang bringen.
Urteil Seite 135f

Hier wird einmal mehr deutlich, dass das Gericht sich bemüht hat, jedes Indiz wirklich zu untermauern und ggf. durch Gutachten zu bestätigen.

Acht verschiedene Zeugen haben die sogenannten "Spatenfahrten" des P. bemerkt. P. selbst hat diese mehrfach auch im genannten Zeitraum Anfang September bis zum Tattag selbst zugegeben, nur gab er verschiedene Gründe dafür an. Hier hat das Gericht m.E. sehr nachvollziehbar geurteilt, dass diese an jenen Tagen auch stattgefunden haben.

Schliesslich stellt das Gericht fest:
Dass ein Spaten zum Ausgraben des Loches geeignet war, steht für die Kammer außer Zweifel. Dies haben im Übrigen auch die Zeugen S[.] und KHK T[.] bestätigt.
Urteil Seite 148

Auch hier wieder eine Beurteilung des Sachverhalts, die von glaubwürdigen Zeugen gestützt wird.

Ich kann es nur noch einmal wiederholen: Das Gericht hat sich, so weit ich das sehen kann, mit jeder der hier in der Diskussion aufgeworfenen Fragen beschäftigt und versucht seine Schlüsse auf tragfähigem Boden zu machen.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

06.11.2019 um 07:24
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Ich denke, den Tonbandkomplex kann man weglassen.
Bis auf das zufälligen Zusammentreffen von Auffälligkeiten:
1. Fehlstellung Aufnahmekopf passt zur Tätertonfolge (im Sinne einer möglichen Erklärung),
2. "Flohmarktverschwörung" gegen Mazurek und
3. Distanzierungsverhalten Mazureks zu Tonbandgeräten im Allgemeinen und im Besonderen. Wie so oft kann das auch alles alternativ erklärt werden, aber die Häufung machts zum Indiz.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Ich kann es nur noch einmal wiederholen: Das Gericht hat sich, so weit ich das sehen kann, mit jeder der hier in der Diskussion aufgeworfenen Fragen beschäftigt

Es gab umfangreiche aber ergebnislose Ermittlungen zu den Anstrichen der Kistenhaube (Bitumen und Silberbronze). Da man nicht herausfinden konnte, von welchem Hersteller die Produkte sind, vermutete @2r2n, dass es sich um Experimente einer Spezialfirma handelte. Was schreibt das Gericht zu den verwendeten Anstrichen? Gibt es im Urteil Vermutungen, woher Mazurek diese hatte?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

06.11.2019 um 08:20
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Was schreibt das Gericht zu den verwendeten Anstrichen? Gibt es im Urteil Vermutungen, woher Mazurek diese hatte?
Gar nichts. Sie werden aufgeführt und zur Kenntnis genommen, es gibt Spuren, die darauf hinweisen dass die Kiste zumindest teilweise bereits zusammengebaut war, als sie angestrichen wurde. Mehr nicht. Das scheint ihm nicht wichtig gewesen zu sein.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

06.11.2019 um 09:03
@Rick_Blaine
Vielen Dank für die sachliche Erklärung :Y:

Hat sich das Gericht auch dazu geäußert, wie es P.'s falsch angegebenen Grabungsort bewertet?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

06.11.2019 um 09:10
Zitat von Jacksy24Jacksy24 schrieb:Hat sich das Gericht auch dazu geäußert, wie es P.'s falsch angegebenen Grabungsort bewertet?
Ich hänge noch eine Frage an @Rick_Blaine an (und Danke, dass du dir die Zeit nimmst!):
Gibt es zu den o.g. Widersprüchen, das Grabewerkzeug betreffend, Aussagen des Gerichts?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

06.11.2019 um 09:33
Zitat von panta_rheipanta_rhei schrieb:Gibt es zu den o.g. Widersprüchen, das Grabewerkzeug betreffend, Aussagen des Gerichts?
Das Gericht hat Zeugen vernommen die für das Gericht glaubwürdig dargestellt haben, dass die Grabearbeiten mit dem Spaten vorgenommen werden konnten. (siehe oben)
Zitat von Jacksy24Jacksy24 schrieb:Hat sich das Gericht auch dazu geäußert, wie es P.'s falsch angegebenen Grabungsort bewertet?
Oh ja:
Ein weiteres starkes Indiz dafür, dass Klaus P[.] tatsächlich am Vergrabungsort war, ist die von ihm in seiner verlesenen Vernehmung am
01.03.1981 abgegebene Beschreibung der Stelle im Weingarten, die ihm der
Angeklagte gezeigt habe, um dort ein Loch für ihn zu graben. Die von ihm
geschilderte Örtlichkeit einschließlich des Weges dorthin zeigt eine verblüffende Übereinstimmung mit den tatsächlichen Gegebenheiten.

...

Die Beschreibung des Zeugen Klaus P[.] deckt sich nahezu mit den unter E.II.2.C. getroffenen Feststellungen zum Vergrabungsort.

...

Die Kammer verkennt nicht, dass Klaus P[.] im Laufe seiner zahlreichen weiteren Vernehmungen die Grabungsstelle an den Seeweg zwischen Schondorf und Eching verlegte, wenig aufschlussreiche Skizzen fertigte und auch bei den Ortsbegehungen die Beamten nicht zur tatsächlichen Vergrabungsstelle führte. Die von ihm am 01.03.1982 abgegebene Ortsbeschreibung ist in ihren wesentlichen Teilen aber derart authentisch, dass es die Kammer für ausgeschlossen hält, dass er sich diese Vielzahl an Details, die nahezu alle mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmen, zusammengereimt haben kann. Die Kammer hält es für ausgeschlossen, dass jemand den tatsächlichen Vergrabungsort so exakt beschreiben kann, der nicht die genaue Stelle kennt.

...

Die Kammer verkennt auch nicht, dass in einigen der verlesenen Zeitungsartikel eine grobe Skizze vom Vergrabungsort abgebildet war, die in Augenschein genommen wurde. Allerdings fehlten dort exakte Streckenangaben, wie sie Klaus P[.] in seiner Aussage gemacht hat. In diesen Zeitungsartikeln war auch nichts darüber zu lesen, dass der Vergrabungsort auf einer kleinen Lichtung lag. Ebenso wenig war aus den verlesenen Zeitungsartikeln und den veröffentlichten Zeitungsbildern, die die Kammer in Augenschein nahm, die Größe der Lichtung ersichtlich. Schließlich hat Klaus P[.] selbst angegeben, dass er aus keiner Zeitung oder sonstigen Zeitschrift habe entnehmen können, wo sich die Auffindungsstelle tatsächlich befunden habe.
Urteil Seiten 152-154


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06.11.2019 um 09:52
Zitat von jadajada schrieb:Nach deiner Schilderung, hast du also schonmal beim LG Augsburg / bzw. allgemein bei einem Gericht nach "Entscheidungen" (nach § 5 (1) UrhG) angefragt, oder habe ich es falsch aufgefasst?
Habe ich nicht.
Mit Erfahrung meine ich die lange Dauer des Zivilverfahrens. Die totale Überlastung des Gerichts und wichtigere Dinge werden auch hier eine gewisse Verzögerung rechtfertigen.


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06.11.2019 um 09:59
Zitat von burgulaburgula schrieb:Wie ist das jetzt eigentlich mit dem Gutachten, macht einer mit? Du hattest doch bei
@Andante und @Lichtenberg und @ trailhamster angefragt.
Einer Forenmitglied hat angeboten, beim LG Ausgburg in meinem Namen den Antrag auf Zustimmung zur Veröffntlichung des privat anonymisierten Urteils zu stellen.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

06.11.2019 um 10:09
Zitat von roberndrobernd schrieb:Einer Forenmitglied hat angeboten, beim LG Ausgburg in meinem Namen den Antrag auf Zustimmung zur Veröffntlichung des privat anonymisierten Urteils zu stellen.
Ich denke nicht, dass sich das LG Augsburg zu dieser Frage positionieren wird und muss. Es ist nicht Aufgabe von Gerichten, darüber zu entscheiden, wer wann wo welche seiner Urteile veröffentlicht. Es entscheidet nur darüber, welche seiner selbst anonymisierten Urteile es wo (Datenbank, Fachzeitschrift) veröffentlicht. Und es entscheidet darüber, ob ein privater Dritter auf Anfrage eine vom Gericht selbst anonymisierte Fassung bekommt.

Ganz, ganz sicher wird das LG (oder eher die StA, wo die Akten inzwischen vermutlich lagern) keine nicht anonymisierte Fassung an irgendjemanden herausgeben und sich hinterher noch mal davon überzeugen, dass der private Dritte selber das Urteil hinreichend anonymisiert hat.

Wie gesagt, entweder gibt das Gericht/die StA eine selbst anonymisierte Fassung heraus oder gar keine. Es wird auch keine rechtliche verbindliche Garantieerklärung dafür abgeben, wo nun wer diese Fassung "gefahrlos" veröffentlichen darf oder nicht. Dafür sind Gerichte nicht zuständig, und dafür haben sie, wie @robernd richtig anmerkt, auch zu viel anderes zu tun.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

06.11.2019 um 10:22
PS: Laut BGH bekommen private Dritte anonymisierte Strafurteilsexemplare, anders als Zivilurteile, nur bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses, siehe § 475 StPO, also nicht voraussetzungslos bzw. salopp gesagt "einfach so".
Strafprozeßordnung (StPO)
§ 475 Auskünfte und Akteneinsicht für Privatpersonen und sonstige Stellen

(1) Für eine Privatperson und für sonstige Stellen kann, unbeschadet der Vorschrift des § 406e, ein Rechtsanwalt Auskünfte aus Akten erhalten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der öffentlichen Klage vorzulegen wären, soweit er hierfür ein berechtigtes Interesse darlegt. Auskünfte sind zu versagen, wenn der hiervon Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an der Versagung hat......
Über die Erteilung von Auskünften bzw. Überlassung von Schriftstücken aus der Akte bzw. Urteilen entscheidet, wenn die Akten dort lagern, die StA, sonst der Strafkammervorsitzende, § 478 StPO.
Strafprozeßordnung (StPO)
§ 478 Entscheidung über Auskunft oder Akteneinsicht; Rechtsbehelfe

(1) Über die Erteilung von Auskünften und die Akteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfahren und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens die Staatsanwaltschaft, im Übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts.....
Aber dass StA oder Gericht zugleich darüber entscheiden müssen, wer was wo von dem veröffentlichen darf, was er von StA/Gericht bekommen hat, ist gesetzlich nicht vorgesehen. Das muss jeder schon auf seine eigene Kappe nehmen.

Wobei ich keine Probleme sehe, wenn der einzig hier betroffene Mazurek der Veröffentlichung des (privat) komplett anonymisierten Urteils zustimmt. Wie gesagt geht das woanders ja auch, siehe RA Strate.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

06.11.2019 um 10:53
Ooops, habe zu spät gesehen, dass § 475 StPO von "berechtigtem Interesse" spricht, nicht von "rechtlichem Interesse".

Beides ist nicht identisch. "Berechtigtes Interesse" ist weiter gefasst als "rechtliches Interesse" und enthält zB auch das Interesse von Medien an der Erteilung von Auskünften aus der Strafakte.

Aber dass zu "berechtigtem Interesse" auch bloße Neugier von Privatleuten gehören soll, wage ich denn doch zu bezweifeln.....Wobei ich da hin- und hergerissen bin. Nach der fachkundigen Bewertung von @Rick_Blaine scheint es sich ja um ein sorgfältig begründetes Urteil zu handeln, das interessierten Lesern klarmacht, wozu das Gericht diese Riesenbeweisaufnahme durchgeführt hat und dass es sich mit all den Fragen befasst hat, die hier im Thread schon gestellt wurden. Mit der Veröffentlichung könnten also viele sorgsam kultivierte Zweifel beseitigt werden, die manche in Bezug auf das Urteil im besonderen (und in Bezug auf die Rechtsprechung im allgemeinen) nach wie vor stets meinen haben zu müssen.


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06.11.2019 um 11:16
Zitat von monstramonstra schrieb:Philosophisch liegt das einfach daran, dass man ein Ereignis der Vergangenheit nie exakt rekonstruieren kann. Es bleiben immer Bereiche des "Nichtwissens". An dessen Stelle treten Annahmen, Bewertungen und eine (fundierte indizienbasierte aber letztlich subjektive) Überzeugung einer qualifizierten Mehrheit der Richter einer Kammer.
Im naturwissenschaftlich-technischen Bereich ist das in der Regel anders.
Es ist Fakt, dass sich mit dem TK 248 bei einer akustischen Überspielung nicht die in der Tätertonfolge enthaltenen Schaltgeräusche erzeugen lassen. Jetzt und in der Vergangenheit und zu jedem beliebigen anderen Zeitpunkt.
Es ist Fakt, dass die Gutachterin mit einer Tonträgervorlage des BR gearbeitet hat, die nicht der Ursprung der Tätertonfolge ist.
Es ist Fakt, dass der BR im Gegensatz zur Aussage seiner Mitarbeiter und Überzeugung des Gerichts auch andere Versionen gesendet hat.
Und wenn eine Unsicherheit besteht, benennt ein seriöser Techniker sie auch.
Zitat von margarethamargaretha schrieb:Es wäre schön, wenn darin die Zweifel ausgeräumt würden, wovon ich derzeit aber nicht ausgehe!
Zum Einen kann ich mir nicht vorstellen, daß das Gericht in den 300 Seiten des Urteils auf jede Gegensätzlichkeit eingeht/eingehen kann, ...
Tut es ja auch nicht. Im Zweifelsfall werden mehrere alternative Fakten in einer Gesamtschau zur Wahrheit erhoben.
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Es ist aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten wahrscheinlich, dass er gelötet hat.
Es ist aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten nicht ausgeschlossen, dass er gelötet hat. Aber unwahrscheinlich, weil speziell aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten Löten nicht erforderlich und zeitraubend ist.
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Das ist ein Fehler, der dir immer wieder passiert. Du versetzt dich in Mazurek hinein und implizierst, was er tun würde.
Ich sage, was er wahrscheinlich nicht gemacht hätte. Aber ich biete eine wahrscheinlichere Alternative an. Weil Juristen alternative Möglichkeiten in der Regel unbekannt sind, haben sie dieses Problem nicht.
Zitat von Seps13Seps13 schrieb:Ja, vom Flohmarkt, den er vor der Entführung 1981 besuchte.
Danke, damit sprichst du ein heikles Thema an: Hättest du eine Idee, warum Werner M. das Gerät ausgerechnet auf einem Flohmarkt gekauft haben will, zu dem sich zeitnah recherchieren lässt? Vielleicht wäre er besser beraten gewesen, es einem (ebenso fiktiven) Flohmarktbesuch von 1997 zuzuordnen.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Generell kann man jemandem, der irgendwelche amtlichen Dokumente veröffentlichen will, nur raten, vollständig anonymisierte Fassungen zu verwenden.
Zum Komplex der Verdeckten Ermittler tauchen auch in den Ermittlungsakten niemals Namen der VE auf. Es geht allein um die Genehmigung. Es ist nicht einmal bekannt, ob diese jemals eingesetzt wurden.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Im Gegenteil, das Gericht hat auch hier wieder ein Gutachten eingeholt (in diesem Fall wurden erstaunlich viele Gutachten eingeholt, keineswegs nur das Tonbandgutachten), das die von P. selbst angegebenen Grabungszeiten im September für korrekt erscheinen lässt:
Das Gericht hat weder das Tonband-Gutachten noch ein Gutachten über eine Begehung 1981 eingeholt. Es hat lediglich Gutachten aus der Vergangenheit verwendet (was ich als Aktenlage bezeichne).
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Seps13 schrieb:
Was schreibt das Gericht zu den verwendeten Anstrichen? Gibt es im Urteil Vermutungen, woher Mazurek diese hatte?

Gar nichts. Sie werden aufgeführt und zur Kenntnis genommen, es gibt Spuren, die darauf hinweisen dass die Kiste zumindest teilweise bereits zusammengebaut war, als sie angestrichen wurde. Mehr nicht. Das scheint ihm nicht wichtig gewesen zu sein.
Das stimmt nicht. Das Gericht schreibt einmal, dass P. eine naturfarbene Pressspanplatte als Deckel erkannt habe. Danach soll es eine silberfarbene Pressspanplatte gewesen sein. Zunächst ist das in Widerspruch innerhalb weniger Zeilen. Außerdem handelt es sich zweifellos um eine Platte mit weißer Kunststoffoberfläche. An der ist nicht erkennbar, ob es eine Pressspanplatte ist.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Wie gesagt, entweder gibt das Gericht/die StA eine selbst anonymisierte Fassung heraus oder gar keine. Es wird auch keine rechtliche verbindliche Garantieerklärung dafür abgeben, wo nun wer diese Fassung "gefahrlos" veröffentlichen darf oder nicht. Dafür sind Gerichte nicht zuständig, und dafür haben sie, wie @robernd richtig anmerkt, auch zu viel anderes zu tun.
Tja, was soll ich daraus schließen? Wollte mich mit dem Vorschlag jemand (der mitliest) ins Messer rennen lassen?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

06.11.2019 um 11:38
Zitat von roberndrobernd schrieb:Tja, was soll ich daraus schließen? Wollte mich mit dem Vorschlag jemand (der mitliest) ins Messer rennen lassen?
Natürlich nicht. Der/die Betreffende hatte wahrscheinlich eine falsche Vorstellung davon, was StA Gerichte mit der Veröffentlichung von Urteilen und Akteninhalten durch private Dritte zu tun haben und was nicht.


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06.11.2019 um 11:49
@robernd

Ich mache mal einen Vorschlag: Du fragst Mazurek, ob er mit der Veröffentlichung des komplett anonymisierten Strafurteils auf deiner HP einverstanden ist.

Wenn ja, müsste irgendwer das Urteil anonymisieren.
Das ist bei der Länge des Urteils und den vielen Namen eine Heidenarbeit, die einige Zeit brauchen wird. Aus Erfahrung weiß ich, dass man da immer mal was übersieht. Man muss also mindestens zwei-, dreimal drangehen. Wenn das Werk fertig ist, kann es auf deine HP. Wenn Mazurek möchte, dass du es von dort herunternimmst, machst du das ebenfalls. Doof wäre nur, wenn Mazurek erst zustimmt, dann macht sich jemand die Arbeit mit der Anonymisierung, und dann will Mazurek plötzlich doch nicht mehr.

Wo ist das Problem?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

06.11.2019 um 11:53
Zitat von roberndrobernd schrieb:Tja, was soll ich daraus schließen? Wollte mich mit dem Vorschlag jemand (der mitliest) ins Messer rennen lassen?
Da wollte Dich gewiss niemand "ins Messer rennen" lassen.

Kann es sein, dass Du andere Menschen nicht nur sehr oft für unfähig, sondern auch für böse hälst?


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