@Retsiemfoh @sören42 Der Zeitdruck des Täters muss ja nicht mit seinem Bedürfnis nach Alibi, Rückkehr zum Arbeitsplatz usw. zusammen hängen.
Vielmehr konnte sich der Täter ausrechnen, dass Frau Ameis zu Hause vermisst werden würde. Wenn der Mord und die Verbringung noch am selben Tag stattfanden, musste er dennoch mit dem zeitnahen Auffinden des Renault und einer gründlichen Absuche der Umgebung in naher Zukunft rechnen. Immerhin stand ja anfangs auch ein freiwilliges Verschwinden in Zusammenhang mit denkbarer Selbstgefährdung im Raum - es ist eher Zufall, dass der Ablageort nicht gleich nach dem Verschwinden entdeckt wurde. Die Fichtenschonung hätte gefunden werden können. Dem Täter spielten einige Umstände in die Karten, er konnte sich ihrer aber keineswegs sicher sein.
Hätte der Täter länger hingewartet, hätte er einen weiter entfernten Ablageplatz wählen müssen, um bei der Ablage des Opfers nicht eventuellen Suchmannschaften in die Arme zu laufen. Ein weiter entfernter Ablageort wäre wiederum mit mehr Risiken verbunden gewesen, und das Verbringen und die Ablage wäre womöglich erheblich anstrengender gewesen. Er hätte eine weitere Strecke fahren müssen, einen längeren Zeitraum der Abwesenheit seinem Umfeld plausibel erklären müssen und sich, falls er nicht von dort stammte, länger in dieser Gegend aufhalten müssen.
Ich will mit dieser Überlegung darauf hinaus, dass der Täter eine Art Minimax-Strategie verfolgt haben könnte- mit dem geringstmöglichen Aufwand (rasche Ablage in der Nähe, Parken des Renault im Ort) den maximalen Nutzen (nicht gefasst zu werden) zu erreichen.
Genau das sagt auch etwas über den Täter aus: Er wollte keineswegs ein perfektes Verbrechen begehen, sondern die Entdeckung seiner Tat mit einer gewissen Anstrengung, aber doch mit einer Restchance des Scheiterns, aber eben
ohne allzugroßen Aufwand verhindern. Wie riskant diese Strategie war, ist eine eher theoretische Überlegung, aber ich schätze den Täter als jemanden ein, der seinen Intellekt nicht annähernd ausschöpft, sondern ihn lieber zum Finden für ihn einfacher und bequemer Lösungen verwendet.
Das wiederum lässt für mich auf eine relativ hohe Intelligenz in Verbindung mit eher geringer formaler Bildung schließen. Jemand, der womöglich über eine eher geringe
Selbstwirksamkeitserwartung verfügt - eine Mentalität, wie sie gerade auch die Gesellschaften der vormals kommunistischen Länder des Ostens auszeichnete, wo die Inititative und Kreativität der Menschen sich häufig auf das "Durchschlawinern" durch den staatlich gewollten Mangel beschränkte, und nicht so sehr zur Verwirklichung individueller Lebensziele genutzt wurde/werden sollte. Es ist aber auch eine Mentalität, die mitunter so genannte
"Underachiever" in westlichen Gesellschaften auszeichnet, denen die Möglichkeit versagt blieb, ihre volle Leistungsfähigkeit zu erreichen.
Das Nachtatverhalten war also meiner Meinung nach von einem gewissen Unwillen geprägt, die Aufdeckung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern. Man könnte auch von einer Art Faulheit sprechen oder dem Unwillen, eine "Aufgabe" mit Perfektion auszuführen.
Dass die Tat gleichwohl bis heute unaufgeklärt blieb, wird den Täter nach wie vor verwundern. Er hat aus seiner Sicht die volle Punktzahl (nicht entdeckt werden) mit geringstmöglichem Einsatz erreicht.