Themen-Wiki: Der Fall Birgit A. aus Lohmar

Guter und ausführlicher Artikel zum Fall mit allen wichtigen Hinweisen:
Stern-Artikel 2016

Bericht über die Suchaktionen:
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Berichte zum Fund der Knochen am 05.11.2020:
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Zeugenaufruf der Polizei vom 05.04.2021:
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Zeugenaufruf vom 29.11.2021 zu Gegenständen, die am Leichenfundort und in einem Waldstück bei Büchenbeuren gefunden wurden:
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Örtlichkeiten (Grafik aus dem Zeugenaufruf):
Original anzeigen (0,7 MB)

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Transkription der SAT.1Gold Realcrime-Doku:
Der Fall Birgit A. aus Lohmar (Seite 633) (Beitrag von Tritonus)

"Ungelöst und unvergessen: Der Mordfall Birgit Ameis"
Sendedatum: 25. Juli 2022

B= Benecke
S= Sprecher
Transkription: Spoiler
B: Manchmal wird erst viele Jahre später aus einem Vermisstenfall ein Mordfall. Die Ermittlungen in solchen Fällen sind äußerst schwierig, denn der Faktor Zeit spielt bei der Hinweissuche eine wichtige Rolle. Je mehr Zeit zwischen dem eigentlichen Verbrechen und dem Fund der Leiche liegt, desto schwieriger wird es, einen Täter zu finden. Wie im Fall der 2015 verschwundenen Birgit Ameis.

S: Eine Angestellte des Flughafens Frankfurt-Hahn, die ihre Nachtschicht beendet. Ein unheimliches Gebäude, ein leerer Parkplatz, ein Auto, das plötzlich woanders steht. Was steckt hinter dem rätselhaften Verbrechen an Birgit Ameis?
Es sind die letzten Schritte der 54-Jährigen. Wenig später stirbt Birgit Ameis, völlig unklar wie, völlig unklar wo, klar ist nur, sie wird getötet

B: Wenn eine erwachsene Person verschwindet, können natürlich Fragen aufkommen wie: Ist diese Person bewusst möglicherweise irgendwo hingegangen und hat sich nicht abgemeldet gegenüber ihren Angehörigen oder könnte möglicherweise die Person suizidal gewesen sein. All diese Optionen konnten im Fall von Brgit Ameis schon sehr früh ausgeschlossen werden. Sie war eine bodenständige und lebenslustige Frau, hatte ganz konkrete Pläne für dieses Wochenende und auch für die nächste Zeit danach. Es gab überhaupt kein Indiz dafür, dass sie freiwillig nicht diese Pläne umgesetzt hätte, und deswegen wurde schon sehr früh von einem Gewaltverbrechen als Option ausgegangen.

S: Die Schicht vom 3. auf den 4. April 2015 verläuft wie jede andere. Es ist Karsamstag. Für die Osterfeiertage hat Birgit Ameis Pläne. Sie möchte grillen und wandern. So schreibt sie es in einer Mail an eine Freundin, die sie kurz vor Schichtende abschickt. Ein weiterer Grund zur Vorfreude: Ihre Tochter ist schwanger, mit Zwillingen. Die Angestellte des Deutschen Wetterdienstes freut sich sehr über den Familienzuwachs, überlegt sogar, beruflich kürzer zu treten, um mehr Zeit für ihre Enkelkinder zu haben.
Wie immer nach der Nachtschicht will Birgit Ameis zum Personalapartment, um sich auszuruhen. Auf dem Weg trifft sie ihren Bruder. Auch er arbeitet und wohnt am Flughafen. Die beiden unterhalten sich. Es geht um Familie, um den Job, die üblichen Themen. Nichts im Gespräch mit seiner Schwester ist für ihn anders als sonst. 
Genausowenig wie in der Wohnung am Gebäude 669.

B: Als ihr Bruder nach seiner Schicht das Appartement, das auch er nutzte, betrat, fiel ihm nichts Ungewöhnliches auf. Es war so hinterlassen, wie er es immer vorfand, wenn seine Schwester vor ihm die Schicht beendet und das Apartment hinterlassen hatte. Ihre Sachen waren weg, die Matratze, die sie nutzte, war an dem Ort, an dem sie üblicherweise hinterlassen wurde. Das ist insofern interessant, weil in diesem Apartment mehrere Personen unterschiedliche Matratzen benutzten und diese immer wieder an bestimmte Orte weglegten. Ihre Matratze war an dem Ort, an dem sie zu erwarten gewesen wäre.

S: Seit dem Morgen des 4. April 2025 ist Birgit Ameis spurlos verschwunden.Nachdem ihre Familie sie als vermisst meldet, übernimmt die Soko Hahn den Fall. Schnell gehen die Beamten davon aus, dass ein Gewaltverbrechen vorliegt. Vier Tatorte kommen in Frage. Möglicher Tatort Nr.1: der Flughafen-Tower. Die Soko Hahn untersucht den streng gesicherten Flughafen bis in die letzte Ecke, kontrolliert Protokolle, befragt Mitarbeiter. Ihre Kollegen beschreiben Birgit Ameis als freundlich, zuverlässig und lebensfroh, keine Anzeichen von Depressionen, keine Hinweise auf dunkle Geheimnisse. Eine Zeugin will sie gegen 8 Uhr noch bei einem Backshop in der Flughafenhalle gesehen haben. Bestätigt werden kann das jedoch nicht. Die Aufnahmen der Überwachungskameras wurden eine Woche nach dem Tag des Verschwindens routinemäßig gelöscht. Die Ermittler sind sich sicher: Hier im Tower wurde Birgit Ameis nicht angegriffen. Und auch nach einem Tatverdächtigen sucht man vergeblich.

B: Sehr viele Pesonen wurden im Zuge der Ermittlungen überprüft, sowohl das nähere Umfeld von Birgit Ameis als auch Personen, die auf dem Flughafengelände tätig waren und teilweise auch dort übernachteten. Bei all diesen Überprüfungen ergab sich aber kein konkreter Tatverdacht.

S: Ein zweiter möglicher Tatort: das Gebäude 669. Siebenhundert Meter vom Tower entfernt direkt an der Straße am Flugplatz, im südlichen Teil des Geländes befindet sich die Dienstwohnung von Birgit Ameis und ihren Kollegen. Vor ihrem 170 km langen Heimweg ruht sich die Angestellte hier aus oder überbrückt die Zeit zwischen ihren Schichten. Ein trostloses Gebäude, z.T. an andere Firmen vermietet. Zur Osterzeit 2015 übernachten hier auch rund 40 angehende Flugbegleiter aus Portugal und Spanien. Ermittler der Soko Hahn nehmen die Wohnungen genau unter die Lupe, untersuchen Bettwäsche, Badezimmer und den Fußboden. Doch auch hier: Fehlanzeige. Die Beamten finden nichts, was auf den Verbleib von Birgit Amis deuten könnte.

B: Die Behörden haben diesen Raum sehr intensiv überprüft, geschaut, ob es irgendwelche Hinweise geben könnte für ein Kampfgeschehen, vielleicht irgendetwas, was jemand weggewaschen haben könnte, es fand sich allerdings kein Indiz. Das bedeutet nicht, dass in diesem Raum nichts abgelaufen sein kann, was mit dem Verschwinden von Birgit Ameis zu tun hat, es bedeutet nur, dass es keinerlei Indizien dafür gibt, dass dies in diesem Raum abgelaufen ist.

S: Der nächste potentielle Tatort befindet sich direkt neben dem Gebäude 669, der dazu gehörige Parkplatz. Wurde Birgit Ameis hier überfallen und verschleppt? Sicher ist, dass die 54-Jährige kurz vor ihrem Verschwinden noch einmal in der Wohnung war. Ihr Bruder, der seinen Wagen direkt neben ihrem parkte, kann sich daran erinnern, Taschen auf dem Tisch des Appartements gesehen zu haben. Am Abend des 4. Aprils, nach seinem Schichtende, waren diese verschwunden. Ebenso der Wagen von Birgit Ameis.
Eine Woche nach dem Verschwinden der 54-Jährigen findet ein Postbote ihren roten Renault Scenic im Lautzenhausener Ortskern auf einem Parkplatz hinter dem Gemeindehaus. Laut der Soko ist das der vierte mögliche Tatort.

B: Der Auffindeort des Autos warf viele Fragen auf. Beispielsweise ob Birgit Ameis irgendeinen Grund gehabt hätte, dieses Auto selbstständig dorthin zu fahren und abzustellen. Es wurde geprüft, ob sie sich mit jemandem dort verabredet haben könnte, vielleicht für einen Spaziergang. Es wurde auch in diesem Kontext geprüft, ob sie vielleicht eine Affäre gehabt haben könnte, die sie dort hätte treffen können. Dies konnte ausgeschlossen werden. Es fand sich kein Indiz dafür, dass sie irgendeinen Grund gehabt hätte, an diesem Tag freiwillig und willentlich ihr Auto dort abzustellen.

S: Von der Hauptstraße aus ist der Parkplatz kaum zu erkennen. Laut einem Augenzeugen soll der Wagen dort bereits am späten Morgen des 4. Aprils gestanden haben, also am Tag des Verschwindens von Birgit Ameis. Stellte die dreifache Mutter ihren Wagen selbst dort ab oder hat ihr Mörder ihn hier geparkt? Mysteriös ist auch der Zustand des Lenkrads. Ermittler der Soko Hahn finden daran keine fremde DNA aber sie finden auch keine DNA der Halterin Birgit Ameis. Hat der Täter alle Spuren entfernt? Laut der zuständigen Staatsanwaltschaft kann das nicht ausgeschlossen werden. Allerdings könnte auch der poröse Zustand des Lenkrads das Fehlen der Molekularspuren erklären.
Und auch andere Erkenntnisse stellen die Ermittler vor Rätsel.

B: Im Kofferraum ihres Autos wurde unter anderem ihr Koffer gefunden, auch einige Gegenstände, die sie typischerweise auf ihrer Rückfahrt mit in den Kofferraum packte. Interessanterweise lagen dort auch ihr Handy und ihre Geldbörse, darin befanden sich ihre Ausweispapiere und auch Geld. Ihre Handtasche jedoch befand sich nicht im Kofferraum. Das ist insofern interessant, als dass typischerweise Handy und Geldbörse in der Handtasche zu erwarten wären und diese im Auto nicht aufgefunden werden konnte.

S: Das Handy der Vermissten zeigt weitere Ungereimtheiten auf. Es geht nicht um Inhalte, die sie sich auf dem Mobiltelefon befinden; diese seien laut Ermittlungen unspektakulär. Keine anonymen Anrufe, keine SMS eines Unbekannten.
Nur Fotos aus der Natur und Nachrichten von Freunden und Familie. Das Ungewöhnliche ist, dass sich ihr Handy im Flugmodus befindet. Denn wie sich später per Datenanalyse zeigt, bricht die Verbindung zwischen dem Handy und der Funkzelle im Bereich des Flughafens, in dem sich auch der Fundort befindet, erst am Nachmittag des 4. Aprils ab. Das Handy hat in diesem Zeitraum den Bereich nie verlassen. Das bedeutet, entweder kehrte Birgit Ameis am Nachmittag noch mal zu ihrem Fahrzeug zurück und schaltete ihr Handy in den Flugmodus, oder es war ihr Mörder. Laut Staatsanwaltschaft eine naheliegende Hypothese.

B: Das Handy wurde von einer unbekannen Person im Auto zurück gelassen. Hier stellt sich natürlich die Frage, warum wurde es in den Flugmodus versetzt. Eine Möglichkeit wäre die, dass die Person nicht wollte, dass es dort klingelt. Das könnte auf einem Parkplatz, wo sich auch Menschen bewegen tagsüber natürlich, gegebenenfalls Aufmerksamkeit erzeugen und auf dieses Fahrzeug lenken. Es wäe allerdings auch möglich, das Mobilelefon auszuschalten, damit es nicht klingelt, und hier verwundert, warum es in den Flugmodus versetzt wurde und nicht einfach komplett ausgeschaltet wurde.

S: Nach wie vor fehlt von Birgit Ameis jede Spur. Die Ermittler tappen im Dunkeln. Vor allem der Fundort des Autos sowie die Gegenstände im
Wagen stellen die Beamten vor Rätsel. Was könnte an diesem mysteriösen Karsamstag passiert sein?

B: Es gibt in diesem Fall sehr viele Theorien zu all den Aspekten, die Fragen aufwerfen. Eine Theorie beispielsweise zu der Frage, warum befanden sich das Mobiltelefon und das Portemonnaie im Kofferraum, obgleich die Handtasche am Leichenfundort aufgefunden wurde, wäre, dass Birgit Ameis bereits all ihre Sachen im Auto hatte und im Begriff war, sich auf den Heimweg zu machen, als eine Person sie ansprach und sie möglicherweise unter irgendeinem Vorwand ablenkte, einem Vorwand, der sie dzu bewegt haben könnte, ihr Portemonnaie hervorzuholen und sollte sie im Zuge einer solchen Ablenkung beispielsweise niedergeschlagen worden sein, dann könnte das erklären, warum sie Portemonnaie und Handy, wenn sie diese grade in der Hand hatte, in den Kofferraum befördert wurden. Aber selbst das ist nichts anderes als eine von vielen Möglichkeiten und dann, wenn dieser Fall geklärt wird, werden wir hoffentlich all die Antworten finden.

S: Fünf Jahre später wird aus dem Vermisstenfall ein Mordfall. Am 5. November 2020 werden die sterblichen Überreste von Birgit Ameis an der alten Bundesstraße 327 in einem Waldstück zwischen Lötzbeuren und dem Flughafengelände gefunden. Doch selbst mit der traurigen Gewissheit, dass Birgit Ameis tot ist, können die Ermittler den Fall nicht lösen. Denn neben Hinweisen, die auf einen möglichen Täter deuten, fehlen auch Erkenntnisse über die Todesursache. Bis heute konnte medizinisch nicht festgestellt werden, wie Birgit Ameis ums Leben kam.

B: In der unmittelbaren Nähe der Leiche fanden sich auch einige persönliche Gegenstände, Teile ihrer Kleidung, ihre Schuhe, ihre Hose und auch ihr BH, ihre Brille und auch ihr Autoschlüssel, ebenso wie ihre Handtasche. Da ihre Leiche wahrscheinlich über 5 Jahre an dieser Stelle im Wald lag, konnte nicht mehr geklärt werden, ob sie zum Zeitpunkt, als die Leiche dorthin gebracht wurde, bekleidet war. Es konnte auch nicht geklärt werden, ob beispielsweise Kleidungsstücke, die nicht mehr auffindbar waren, durch die Witterung zerstört wurden oder auch durch Tiere weggeschleppt wurden.

S: Wer könnte verantwortlich für den Tod von Birgit Ameis sein? War es jemand, den sie kannte? Vielleicht sogar ein Freund oder ein Familienmitglied? Die Staatsanwaltschaft hat das zunächst in Betracht gezogen. Doch schnell konnte jeder Tatverdacht gegen Angehörige ausgeschlossen werden.
Der Fall Birgit Ameis ist einer der mysteriösesten Mordfälle Deutschlands. Eine Frau verschwindet am hellichten Tag. Ihre Leiche wird erst 5 Jahre später gefunden. Keine Hinweise auf den Täter, keine Erkenntnisse zur Todesursache. Zurück bleibt eine traumatisierte Familie.

B: Die Ungewissheit, was mit Birgit Ameis geschehen ist und wer dafür verantwortlich ist, ist natürlich etwas, was ihre Angehörigen sehr belastet. Sollte jemand diese Sendung sehen, der irgendwelche Informationen hat, sei es vielleicht doch eine Beobachtung, die irgendwann irrelevant erschien, die aber in der damaligen Gegend mit diesem Fall zusammenhängen könnte, oder sei es, dass jemand Kommentare oder Bemerkungen von einer Person im Kopf hat, die darauf hinweisen, dass diese Person vielleicht Informationen hat, oder die mit dieser Tat zusammenhängen, so wäre es extrem wichtig, dies der Polizei mitzuteilen.

Quelle: https://www.sat1gold.de/tv/ungeloest-und-unvergessen/staffel-03/episode-06/einer-der-mysterioesesten-kriminalfaelle-deutschlands