Andante schrieb:Nein, die Gutachten der Verteidiger sagen eben nur, dass es nicht so geht, wie sie vermuten, dass Pfoser es gemacht hat. Mehr nicht. Diese engherzige Fokussierung auf die vermutete Pfoser-Anordnung im WA-Antrag greift mE zu kurz, weil das Gericht ja gerade nicht gesagt hat, das eine der Pfoser Varianten zum Einsatz gekommen sein MUSS.
Kann es sein, dass das LG das hier das völlig offen lässt, zugleich aber mit der Pfoser-Einlassung begründet, dass es funktioniert (irgendwie)?
Meine Interpretation der Begründung sieht da anders aus, weil eben (schon im Feststellungsteil) nicht
abstrakt von einer "schalldämpfenden Konstruktion auf Grundlage der PDF-Anleitung" die Rede ist, sondern relativ
konkret von einer "PET-Flasche" mit Bodenloch. Das Gericht legt sich ja in seinem Urteil gerne fest, es ist alles "zweifelsfrei", ich erinnere nur an die Festlegung auf eine Waffe der "Marke Walther P38" (weil die so einen schönen langen Lauf hat). So auch hier. In der Begründung setzt sich das dann fort, da wird die Konstruktion m.E. ziemlich festgeklopft und andere Varianten (Kunstharz, Verklebungen) der Anleitung überhaupt nicht diskutiert.
Ich denke ja auch, ein Offenlassen der genauen Konstruktion und eine Verurteilung wären bei Indizienlage möglich gewesen. Aber dann wäre eine detaillierte Darstellung, dass es (generell) funktionieren kann, notwendig gewesen. Und dann hätte das Gericht sagen können: "So hätte es laufen können, wir wissen es nicht genau, weil andere Möglichkeiten denkbar sind." Eine solche Denke ist dem Gericht im Urteil aber fremd. Es legt sich zu gerne "zweifelsfrei" auf konkrete Abläufe, Motive und Tatmittel fest. Deshalb wirkt das Urteil so bombenfest, so unerschütterlich. Aber es verschleiert damit die Tatsachen.
Es steht dem Gericht natürlich andererseits frei, eine feste Überzeugung zu entwickeln, die sich auf eine oder einige Varianten konzentriert. Aber dafür bedarf es dann einer Begründung. Eine reine Spekulation ist m.E. nicht zulässig. Die Begründung fehlt aber m.E. hier, sonst hätte die Funktionsweise Pfoser eben genauso genau dargestellt und erläutert werden müssen.
Eine offene Feststellung, die (alle) Varianten offen lässt, die darf m.E. nicht zu Lasten des Angeklagten gehen. Wenn das Gericht einen Tatablauf möglichst offen lässt, sich nicht festlegt und sagt: "Bauschaum hier, Bauschaum dort, das reicht!", dann müssten solche offenen Festlegungen eigentlich - nach meinem laienhaften Rechtsempfinden - einfacher angreifbar sein, als umgekehrt. Es muss jedenfalls eine (im Grundsatz konkret oder abstrakt potentiell) angreifbare Begründung geben, warum die PDF-Anleitung geeignet ist, die Spuren am Tatort zu verursachen.
Wenn es im Urteil heißen sollte, "Der SV Pfoser hat es versucht und es hat geklappt!" und es fehlt jede weitere Erläuterung, dann ist ungefähr so wie das berühmte Verteidigerwort: "Der Angeklagte ist freizusprechen, weil er mir glaubhaft versichert hat, dass er unschuldig ist."