@Rick_Blaine Vielen Dank für die lange Antwort. Leider geht sie für mich am Kern der Fragestellung vorbei. Möglicherweise habe ich meine Fragen nicht deutlich genug formuliert oder Dir war der Beitrag nicht mehr gegenwärtig, auf den ich mich bezog.
Es ging um die Vorgänge bei der Verhandlung. Wir waren natürlich beide nicht dabei, aber es haben sich da Leute zeitnah aufgeschrieben, was sie beobachtet und gehört haben.
Nehmen wir mal an, das stimme so. Es beginnt mit dem zweiten Verhandlungstag. Mich interessiert Deine Meinung zum Verhalten der Polizei. Nochmal zusammengefasst.
Beobachtung:
...Sehr interessant an diesem Tag war auch, dass ein Zeuge auf Vorhalt seiner polizeilichen Aussage sagte: „Das habe ich so nicht gesagt!“ Es handelte sich um eine definitive Festlegung zur Wiedergabe einer Aussage, die der Beschuldigte ihm gegenüber getroffen haben soll. Am Ende zeigte sich, dass der Zeuge den Sachverhalt so annahm, es aber nie wirklich zu dem im Vernehmungsprotokoll angegebenen Aussagen kam, jedoch die Vernehmungsbeamten dies gerne aufnehmen wollten. Der Vorsitzende Wagner zeigte sich darüber sehr verwundert. Er fragte auch mehrfach beim Staatsanwalt nach, was man hier eigentlich mache.
...Das finde ich auch interessant und das hätte ich mich auch gefragt. War da jemand etwas übereifrig? Wurde jemandem etwas in den Mund gelegt? Sieht irgendwie so aus.
Dass Zeugen mitunter Aussagen ändern, dazu hast Du Dich schon ausführlich geäußert.
Der oben angesprochene Sachverhalt stellt sich mir so dar:
Der Zeuge hat sich in der Vergangenheit mit dem Angeklagten unterhalten. Dabei schloss der Zeuge aus den Äußerungen der Angeklagten etwas, was der aber wörtlich nicht gesagt hat. Das gab der Zeuge auch so bei der Vernehmung an. Die Vernehmungsbeamten hätten nun aber gerne gehabt, dass der Angeklagte gesagt haben soll, was der Zeuge nur schloss.
Dass der Schluss des Zeugen, der sich in dessen Kopf abspielte, am Ende als Worte aus dem Munde des Angeklagten aufgenommen wurden, weil die Vernehmungsbeamten das gerne hatten, halte ich für bemerkenswert und merkwürdig.
Und das scheint dem Richter auch so gegangen zu sein.
Beobachtung:
....Der dritte Verhandlungstag verhielt sich ganz ähnlich. Als erstes sagte ein Mann aus, welcher Polizist i. Frührente ist. Dieser war übertrieben belastungsfreudig. Allerdings konnte er seine „Vermutungen“ nicht untermauern. Die Vernehmung kippte dann an der Stelle, als er zugeben musste, dass er den Angeklagten eigentlich nur von wenigen kurzen Zusammentreffen kennt und sich seine Einschätzungen aus Schilderungen seiner Frau zusammenreimt, welche eine Arbeitskollegin des Angeklagten war. Dabei stoß es der Verteidigung besonders auf, dass gerade dieser Belastungszeuge am Vortag von einem Polizisten vor dem Gerichtssaal angesprochen wurde, welcher den Prozess im Auftrag des Polizeipräsidiums mitschreibt, wovon die beteiligten Beamten aber angeblich keine Kenntnis erhielten.
...Ist das Deiner Erfahrung nach normal und üblich, dass ein Zeuge sich in Vermutungen ergeht?
Ist das Deiner Erfahrung nach normal und üblich, dass die Polizei mehr oder weniger heimlich Prozessbeobachter zum mitschreiben in eine Verhandlung schickt?
Wenn ja, zu welchem Zweck?
Wenn nein, zu welchem Zweck denn dann? Du darfst gerne mutmaßen.
Beobachtung des Gerichtsreporters, aus der Zeitung.
..Eine Befragung des Kriminaloberkommissars der den Angeklagten kurz nach der Tat (damals noch als Zeugen) und nach der Festnahme im Juli 2010 befragt hatte, ergab, dass der Angeklagte 2009 über ein angespanntes Verhältnis zum Toten berichtet hatte. Bei der Vernehmung nach der Festnahme habe der Angeklagte die Tat bestritten, berichtete der Polizist über eine Passage, die nicht im Vernehmungsprotokoll steht. Andreas D. bestritt die Tat, habe aber eingeräumt, dass die Indizien ihn verdächtigt machten. Auf Wunsch des Festgenommenen habe man das jedoch gestrichen. „Seit wann entscheidet der Vernommene, was ins Protokoll kommt?“, wunderte sich Verteidiger Christoph Lang. „In dem Fall haben wir das so gemacht“, antwortete der Beamte, was Lang an der Vollständigkeit des Protokolls zweifeln ließ.Ich gehe davon aus ( und hoffe, dass es so ist ), dass wenigstens die Vernehmungen wörtlich aufgezeichnet werden, dass es da auch Vorschriften gibt. Ist das so?
Oder machen sich die Beamten sinngemäße Notizen zur Gedächtnisstütze?
Wie würdest Du reagieren, wenn Dir ein Polizist so eine Antwort gibt?
Rick_Blaine schrieb:Dew
Probleme, die Aussagen von Polizisten vor Gericht, Aussagen des Angeklagten oder Zeugen bei der Polizei und evtl. die Aussage vor Gericht alle unter einen Hut zu bringen?
........
Ich habe leider überhaupt kein Problem damit, aus diesen Vorgängen Schlüsse zu ziehen. Mein Problem ist, dass mir die Schlüsse nicht gefallen, ich aber die Vorgänge nicht einfach ignorieren kann, weil ich finde, dass die Polizei so nicht arbeiten darf.
Nur mal angenommen, diese Vorgänge haben sich vor Gericht tatsächlich so abgespielt, was würdest
Du daraus für Schlüsse ziehen?
MfG
Dew