Andante schrieb:eine Synopse dahin, dass dieTatsachenfeststellungen des Urteils dem gegenübergestellt werden, was die Podcasterinnen herausgefunden haben wollen.
Eine Sache habe ich dafür noch. Die ist mir neulich am Rande schon aufgefallen und ich hab sie nun wiedergefunden. Ich erzähle das mal im Podcast-Stil.
Abschrift aus dem Podcast, Folge 2 (00:57:00):
Anja entdeckt sogar Stellen im Urteil, die schlichtweg gelogen sind.
"Ja zum Beispiel am Ende steht drin, er trinkt zwei Flaschen Bier. Ja und er trinkt überhaupt keinen Alkohol und das ist ja so, ich weiß nicht, warum man das da reingestellt hat. Ich sag, ich kann das jetzt gerade nicht greifen, weil - hat man das Urteil von jemand anderes? Hat man irgendwo vergessen was rauszunehmen? Wie kommt man jetzt auf zwei Flaschen Bier? Es war immer ein Thema, Andreas ist Sportler, der trinkt keinen Alkohol, das war überhaupt nicht seins, ne? Der musste mal mit seinem Chef auf den Sohn anstoßen, das war ihm schon zuviel so einen Schluck Sekt zu trinken, weil er sagt, das ist nicht meins, möchte ich einfach nicht und dann steht sowas dann einfach im Urteil drin."
Das ist ja unfassbar. Das Gericht unterstellt dem Angeklagten einfach willkürlich einen Alkoholkonsum? Es schreibt Lügen ins Urteil? Ich beschließe, diesem Vorwurf nachzugehen.
Urteil, Seite 285:
"Bei dem Angeklagten lag bei Begehung der Tat letztlich auch keine erhebliche Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB vor, so dass er die Tat in voll schuldfähigem Zustand beging."
Aha. Es geht also, wie es aussieht, um die Beurteilung der Schuldfähigkeit. Ich frage mich: Ist das von Bedeutung und könnte dafür auch der Alkoholgehalt im Blut relevant sein? Ich begebe mich ins Internet, um dieser Spur nachzugehen. Nach kurzer Zeit werde ich fündig, mein erster Gedanke scheint eine riesen, riesen (usw) Spur zu sein:
Im Strafrecht kommt der Schuldfähigkeit eine große Rolle zu, denn: Grundsätzlich kann niemand verurteilt werden, der bei Begehung einer Tat ohne Schuld handelte (lateinisch: nulla poena sine culpa). Die Entscheidung, ob ein Täter schuldhaft handelte oder nicht, ist im Strafrecht an zwei Kernbegriffe geknüpft: die Einsichts- und die Steuerungsfähigkeit.
Sobald einem Täter eine dieser beiden Fähigkeiten abgesprochen werden kann – ob nun aufgrund seelischer Störungen oder Drogenmissbrauchs – kann die Schuldfähigkeit zumindest eingeschränkt sein.
https://www.koerperverletzung.com/schuldfaehigkeit/Und weiter:
Die Blutalkoholkonzentration zum Tatzeitpunkt ist ein wichtiger Anhaltspunkt für das Vorliegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung. Ab 2,0 Promille wird im Allgemeinen eine verminderte Schuldfähigkeit angenommen, bei Tötungsdelikten ab 2,2 Promille. Ab 3,0 Promille wird im Allgemeinen eine Schuldunfähigkeit angenommen, bei Tötungsdelikten wegen der höheren Hemmschwelle im Allgemeinen erst ab 3,3 Promille.
Wikipedia: SchuldunfähigkeitFür mich lautet das Fazit bis dahin: Es hat einen rechtlichen Hintergrund und einen Sinn, dass das Gericht etwas zum Alkoholkonsum ausführt. Aber der Vorwurf lautet ja, das Gericht habe sich die Angabe einfach ausgedacht und dem Angeklagten pauschal ein Leeren von zwei Flaschen Bier unterstellt, obwohl dieser gar keinen Alkohol trinkt. Das ist seltsam, warum sollte das Gericht so etwas tun? Ich will versuchen, das zu klären.
Lesen wir daher weiter im Urteil:
"Dies ergibt sich namentlich im Hinblick auf das von solchermaßen geplante und vorgestaltete Tatgeschehen, dem von ihm gezeigten Nachtatverhalten, seiner sich daraus zu erschließenden Persönlichkeit und letztlich auch aufgrund des persönlichen Eindruckes, den die Kammer durch sein im Rahmen der Hauptverhandlung gezeigtes Verhalten von dem Angeklagten gewinnen konnte.
Der Angeklagte ist geistig wie körperlich gesund und dabei auch mindestens durchschnittlich intelligent, was sein bisheriger Lebensweg zeigt, da der Angeklagte mit Erfolg einen Realschulabschluss erreichte und bewusst kein Abitur ablegte, weil er nicht studieren wollte. Vielmehr begann er nach seiner Bundeswehrzeit bei der Firma Aumann GmbH bis zu seiner Festnahme zur Zufriedenheit des Inhabers Dieter Aumann zu arbeiten, was zeigt, dass er seine Aufgaben und Tätigkeiten ordentlich erledigte. Da dies im Hinblick auf seine Tätigkeit als Einkäufer eine gewisse geistige Fähigkeit und Grundintelligenz voraussetzt und diese zweifellos gegeben war, kann auch nicht nur ansatzweise davon ausgegangen werden, der Angeklagte könne schwachsinnig sein. Der Angeklagte ist auch geistesgesund. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass bei dem Angeklagten generell oder bei Begehung der Tat eine krankhafte seelische Störung im Sinne des § 20 StGB, also eine hirnorganische Schädigung, eine akute Psychose oder postpsychotischer Zustand vorge legen haben könnte. Es ergeben sich keine Hinweise auf eine Störung der Hirnfunktion, die mit einer überdauernden traumatischen, entzündlichen oder toxischen Hirnerkrankung erklärt werden könnte. Bereits nach seiner Einlassung zu seinen persönlichen Verhältnissen leidet oder litt der Angeklagte nicht an körperlichen oder seelischen Gebrechen, insbesondere war er niemals in psychiatrischer Behandlung gewesen, auch hatte er in seinem Leben keinen Unfall, in dessen Folge er eine Gehirnerschütterung oder gar ein Schädel- Hirntrauma erlitt bzw. bewusstlos wurde. Der Angeklagte konsumierte niemals Drogen und Alkohol nur gelegentlich, ,,mal eine bis zwei Flaschen Bier".
Wir wissen nun schon, warum das Gericht das alles über den Andreas schreibt. Es hat seine Schuldfähigkeit beurteilt. Er ist geistig nicht getrübt, auch nicht durch Alkohol oder andere Rauschmittel. Dazu schreibt das Gericht, er trinke nur gelegentlich Bier. Anja hatte die Feststellung im Urteil noch anders beschrieben, es klang so, als hätte das Gericht einen regelmäßigen Alkoholkonsum behauptet.
Warum aber schreibt das Gericht nicht, dass er gar kein Bier trinkt? Das wäre für das Ergebnis einer vollen Schuldfähigkeit doch sogar noch besser? Wie kommt das Gericht auf ein bis zwei gelegentliche Flaschen Bier, was Anja als "Lüge" bezeichnet?
Eine Sache fällt mir auf.
Warum setzt das Gericht diese Aussage in Anführungszeichen?
Ich bin dem Rätsel weiter investigativ auf den Grund gegangen und habe eine plausible Lösung gefunden.
Wikipedia: AnführungszeichenAnführungszeichen sind Satzzeichen, die am Anfang und am Ende der direkten Rede, eines wörtlichen Zitats oder des zitierten Titels oder Namens eines Werkes stehen.
Aha. Das Gericht
zitiert jemanden.
Im Text darüber erwähnt es die "Einlassung des Angeklagten zu seinen persönlichen Verhältnissen." Das könnte zusammenhängen. Darf das Gericht den Angeklagten zu persönlichen Verhältnissen befragen?
Ja:
https://dejure.org/gesetze/StPO/243.html1. Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. 2. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.
Das Gericht zitiert also aller Wahrscheinlichkeit nach
die eigenen Angaben von Andreas in der Verhandlung.
Dafür sprechen die Anführungszeichen, die zuvor erwähnte Einlassung zu den persönlichen Verhältnissen und der Umstand, dass gelegentliches Biertrinken für die Beurteilung der Schuldfähigkeit die gleiche Relevanz hat wie gar kein Tropfen Alkohol. Gar kein Alkohol wäre sogar noch passender und es ist anzunehmen, dass das Gericht das auch so übernommen hätte, wenn es diese Information bekommen hätte.
Das Gericht hat überhaupt keinen Grund, "schlichtweg zu lügen" und es sieht ganz so aus, als hätte es dies auch nicht getan.
Hier stellt sich nun eine weitere Frage:
Ist der Podcast vielleicht gar nicht investigativ und aufklärend, sondern nur Meinungsmache für Leichtgläubige? Ich könnte es mir jetzt leicht machen und jedem die Beurteilung selbst überlassen. Das will ich aber nicht, denn ich komme am Ende zu dem Schluss, für mich ist dieser Podcast peinlich und plump. Jemand hatte den Vergleich mit Europa Hörspielkassetten gebracht und dieser Vergleich passt. Mit einer Ausnahme: TKKG, fünf Freunde und die drei ??? hätten kritischer und objektiver nach dem wahren Täter gesucht.