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Doppelmord Babenhausen

26.333 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, 2009, Nachbar ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Doppelmord Babenhausen

Doppelmord Babenhausen

13.09.2018 um 22:12
@SFR

Du hast Deinen Glauben. Dein Glaube ist unerschütterlich. Und Dein Glaube verhindert (leider) auch jedes Verstehenwollen.


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Doppelmord Babenhausen

13.09.2018 um 22:33
Zitat von SFRSFR schrieb:Ist diese Verklärung, Idealisierung und Schwärmerei jetzt wirklich Dein ernst?

Es leuchtet mir überhaupt nicht ein, warum gerade diese 3 Berufsgruppen mit einer grotesken Ausschließlichkeit über anderen Berufsgruppen stehen sollen was Verantwortungbewusstsein betrifft und die auch an entscheidenen Schnittstellen des menschlichen Lebens stehen.
[... uns so weiter]
Sorry aber das ist ein "Argumentum ad hominem".

BTW: Haben wir schon eine Seite mehr für die Untermauerung der Zweifel aller Teilnehmer an der Unschuld?


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Doppelmord Babenhausen

13.09.2018 um 22:54
@Lichtenberg

Lass es gut sein....Nach der Gaußschen Normalverteilung macht die Strafjustiz es insgesamt wohl so richtig, wie Menschenwerk nun mal nur sein kann.

Die einen meinen, es sitzen zu viele Unschuldige in den Gefängnissen, und den anderen ist die Strafjustiz zu lasch und viel zu täter- statt opferzentriert. Die Wahrheit wird schon irgendwo in der Mitte liegen.


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14.09.2018 um 05:34
Zitat von SFRSFR schrieb:Ja Richter die nicht protokollieren müssen machen mir mehr Angst, als welche die protokollieren müssten, das stimmt schon.
Das sind gar nicht die Richter, vor denen ich Angst habe.

Ich habe viel mehr Angst vor Richtern, die so weltfremd sind, so borniert in ihrer eigenen Weltsicht, die mit dem realen Leben der Menschen nichts zutun hat, die so in ihrem Elfenbeinturm sitzen, dass sie keine Ahnung haben, was die echten Menschen jeden Tag erleben. Solche Richter sind es, die furchteinflössend sind. Und wie man erst vor Kurzem an einem bekannten Beispiel sehen konnte, schaffen die es auch manchmal, die anderen 4 Richter mitzureissen in ihre irreale Welt. Richter, die sich wie Pippi Langstrumpf ihre Welt selbst machen und dann gnadenlos jeden verurteilen, dessen Welt nicht genauso ist.

Das allerdings kann ich bei der Kammer, die AD verurteilt hat gerade nicht sehen. Weltfremd kommen mir hier eher ab und zu Theorien derer vor, die meinen zu wissen, dass AD unschuldig ist.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Justizpolitik wird wie alles eben auch nach Kassenlage gemacht, da darf man sich nichts vormachen.
Allerdings.


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14.09.2018 um 08:11
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Und wie man erst vor Kurzem an einem bekannten Beispiel sehen konnte
Welches Beispiel meinst Du?


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14.09.2018 um 08:59
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Ich habe viel mehr Angst vor Richtern, die so weltfremd sind, so borniert in ihrer eigenen Weltsicht, die mit dem realen Leben der Menschen nichts zutun hat, die so in ihrem Elfenbeinturm sitzen, dass sie keine Ahnung haben, was die echten Menschen jeden Tag erleben.
Das ist wirklich ein Thema, über das sich zu diskutieren lohnt. Es geht dabei ja auch um die Frage, auf welche Weise durch wen Richter auf Beförderungsposten gelangen und dann auf herausgehobenen Posten amtieren. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Person Dr. Fischer und seine Konkurrentenklagen (kann man alles bei wikipedia nachlesen).

Nach Art. 33 GG sollte es im öffentlichen Dienst bei Beförderungen ausschließlich nach Eignung, Leistung und Befähigung gehen, aber es ein offenes Geheimnis, das manchmal ganz, ganz andere Kriterien ausschlaggebend sind.


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14.09.2018 um 10:19
Zitat von AndanteAndante schrieb:Nach Art. 33 GG sollte es im öffentlichen Dienst bei Beförderungen ausschließlich nach Eignung, Leistung und Befähigung gehen, aber es ein offenes Geheimnis, das manchmal ganz, ganz andere Kriterien ausschlaggebend sind.
Haha, ja, ich habe einige Jahre im öffentlichen Dienst verbracht und habe dabei zahlreiche Inhaber besonders der höchsten Besoldungsgruppen kennengelernt, die garantiert nicht nach Leistung und Befähigung dort gelandet sind. Habe gerade erst wieder ein interessantes Gespräch in der Hinsicht mit einem hohen Amtsträger in Berlin gehabt, welches mich in der Meinung bestätigt. Aber das ist nun wirklich OT

Den populären Herrn Fischer habe ich übrigens nicht in meinen postings gemeint oder angesprochen, nur das nichts missverstanden wird.

Worum es mir allerdings schon geht ist, was ich oben angesprochen habe. Richter, genau wie Strafverteidiger oder Staatsanwälte müssten meines Erachtens nach unbedingt Einblick in die Lebenswelt der normalen Menschen nehmen. Ich betone das auch immer wieder in meinen Veranstaltungen vor Jurastudenten. Es ist schön und gut, dass angehende Juristen heutzutage fleissig Praktika in Kanzleien, Gerichten, Behörden, Ministerien und Auslandsvertretungen absolvieren. Aber man sollte mal ganz die juristische Umgebung verlassen. Ich habe während meines Studiums in den Ferien in einem Automobilwerk am Band gearbeitet, neben mir "richtige Arbeiter." Es war sehr interessant von diesen zu lernen, was sie so bewegt und bedrückt. Oder in einem Krankenhaus. Im Rettungsdienst und in der Feuerwehr. Einfach unter Menschen gehen, die noch nie von Schönfelder, Palandt und Sartorius gehört haben.

Oder passend zu unserem Fall: mal in einem Plattenbau wohnen. Im Plattenbau lernt man "Lärm" zu beurteilen und "Ruhe" zu geniessen. Und plötzlich kann man sich besser in Darsow hineinversetzen als wenn man bisher "Lärm" nur als das sommerliche Zwitschern einer Amsel im Baum im Garten des elterlichen Einfamilienhauses am Waldrand kennt.

In der amerikanischen Verfassung wurde eine Idee der Magna Charta aufgenommen, dass ein Angeklagter nur von einer Jury aus Mitgliedern seiner eigenen Gesellschaftsschicht verurteilt werden sollte, nicht von den bis dahin üblichen Richtern, die alle der höheren Gesellschaft angehörten. Für das 18. Jahrhundert war das ein hochmodernes Denken. Das täte auch unserer Gesellschaft wieder ganz gut.


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Doppelmord Babenhausen

14.09.2018 um 10:27
@Rick_Blaine
man muss es nicht erleben, um empathisch sein zu können und auch Richter haben ein normales Leben, wo sie mit allem Möglichen konfrontiert werden. Wenn man sie beschreibt wie Du, so jenseits des "Normalen", dann zementiert man einen Sockel, anstatt ihn abzubauen.


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14.09.2018 um 10:36
@Tussinelda

Touche (Wie macht man einen Apostroph auf das e?). Ich habe mich vielleicht etwas hinreissen lassen indem ich an diesen einen Richter denke, den ich oben mal angesprochen hatte. Nicht alle Richter sind irgendwo in einem Elfenbeinturm.

Aber das war ja hier im Fall immer mal angesprochen worden: "Kann ein Mensch so durch Lärm fertiggemacht werden, dass er ausrastet? Haben die Richter hier nicht ein weltfremdes Urteil gesprochen, indem sie so ein Motiv akzeptieren?" Ich sage aus meiner persönlichen Lebenserfahrung: nein, das ist nicht weltfremd. Und ich denke in diesem Fall, haben die Richter das verstanden.

Es wurde gefragt: "Wenn das alles so wäre, warum ist Darsow dann nicht einfach ausgezogen, hat er sein Reihenhaus nicht einfach mit Verlust verkauft?" Nun, es gibt Menschen, für die ist so ein Häuschen eben schon ein Lebenstraum, und Geld liegt nicht auf der Strasse. Man muss nachvollziehen können, in diesem Fall, was es für Darsow bedeutet hat, dass seine Nachbarn ihm diesen Traum zerstörten.

Und so weiter. Ich finde, die Richter in Darmstadt haben einen guten Job gemacht, sich in die Lebenswirklichkeit in jener Strasse in Babenhausen hineinzuversetzen. Und das ist wichtig. Nicht jeder Richter, und auch nicht jedes Forenmitglied kann das.

Darum ging es mir. Sorry :)


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14.09.2018 um 10:58
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Touche (Wie macht man einen Apostroph auf das e?).
Oben, rechts neben der Taste "ß" findest Du diese "´`", die drückst Du zuerst und zack: Touché

Nicht dafür.


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14.09.2018 um 10:59
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Ich finde, die Richter in Darmstadt haben einen guten Job gemacht, sich in die Lebenswirklichkeit in jener Strasse in Babenhausen hineinzuversetzen
Sehe ich auch so. Das Gericht hat die Umstände u.a. hier ausführlich beschrieben:
Spoilerlaerm ADOriginal anzeigen (0,4 MB)



Das Motiv des Lärms ist für mich absolut nachvollziehbar in Verbindung mit dem Gefühl, eine Ungerechtigkeit ertragen zu müssen, einem negativen Hineinsteigern in die Situation, die dadurch zu einer permanenten Belästigung wurde, bis hin zum Hass auf die Familie Toll.


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14.09.2018 um 11:14
Genau. Und das Motiv ist in diesem besonderen Fall hier von einer erheblichen Bedeutung. Nicht in jedem Mordfall spielt ein Motiv eine Rolle, wenn durch Zeugen, Indizien usw. der Ablauf einer Tat zweifelsfrei feststellt, kann theoretisch darauf verzichtet werden zu fragen, warum der Täter die Tat begangen hat.

In unserem Fall hier ist es aber wichtig, dass man Darsows Motiv versteht. Dass man nachvollziehen, ja gedanklich miterleben kann, wie er mehr und mehr durch das Verhalten der Tolls zur Verzweiflung getrieben wird. Wie er erst versucht, die Sache vernünftig zu regeln. Wie er versucht, Hilfe von aussen, durch Vermieter, Polizei, Justiz zu bekommen und wie das alles vergeblich ist. Wie er sogar überlegt, zu verkaufen und damit aufzugeben. Und wie die Situation für ihn immer aussichtsloser wird. Und wie der Rest der Welt achselzuckend reagiert, obwohl er immer wieder klagt.

Wer an den Fall von vornherein so herangeht, dass er sagt: "So was gibt es nicht. Kein Mensch kann durch Nachbarlärm zu einem Mord getrieben werden. Sowas kann ich mir einfach nicht vorstellen, sowas habe ich noch nie erlebt. Basta!" der wird nicht in der Lage sein, AD schuldig zu sprechen.

In diesem Fall ist es ganz entscheidend, das Motiv zu verstehen und zu akzeptieren, dass es ein realistisches Motiv ist. Und dazu bedarf es auch einer gewissen Empathie.

Das macht den Fall ja sogar tragisch: Man versteht, dass sich AD selbst als Opfer sieht, oder noch besser gesagt, sich als Opfer empfindet, subjektiv wirklich unter der Situation leidet, und er dabei dennoch zum Täter wird.

Ich denke es ist hier glasklar: wer in diesem Fall das Motiv nicht nachvollziehen kann, hat es extrem schwer, die Indizien als das zu würdigen, was sie sind: Beweise für Darsows Schuld.


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14.09.2018 um 11:47
@Rick_Blaine

Hätte dieser enorme Leidensdruck denn beim Strafmaß nicht irgendwie mit berücksichtigt werden können?
Unter anderen Umständen, also mit "normalen" Nachbarn, wäre Darsow wohl nie zum Mörder geworden.
Sonst wird doch auch alles Mögliche strafmildernd gewertet, z.B. eine schwere Kindheit. Sogar der Alkoholspiegel, obwohl ein Täter den ja selbst zu verantworten hat. Warum in diesem Fall nicht? Weil er nicht gestanden hat?


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14.09.2018 um 11:53
Zitat von muscariamuscaria schrieb:Hätte dieser enorme Leidensdruck denn beim Strafmaß nicht irgendwie mit berücksichtigt werden können?
Das ist eine durchaus berechtigte Frage und es ist erstaunlich, wie viele die Tötung von ständig lärmenden Nachbarn (irgendwie) "verstehen" können.

Das Gericht hat das Strafmaß im Urteil erläutert: Darsow hat zwei Menschen getötet und versucht einen weiteren Menschen zu töten. Dabei hat er zwei Mordmerkmale verwirklicht: Heimtücke und niedriger Beweggrund. Da sah das Gericht keinen Spielraum mehr für ein Entgegenkommen im Strafmaß.

Wobei man sicher trefflich darüber diskutieren kann, ob die Tötung eines Menschen wegen Lärmterrors ein niedriger Beweggrund sei (ich meine ja).


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14.09.2018 um 12:00
Zitat von LichtenbergLichtenberg schrieb:Das Gericht hat das Strafmaß im Urteil erläutert: Darsow hat zwei Menschen getötet und versucht einen weiteren Menschen zu töten. Dabei hat er zwei Mordmerkmale verwirklicht: Heimtücke und niedriger Beweggrund. Da sah das Gericht keinen Spielraum mehr für ein Entgegenkommen im Strafmaß.
Hätte denn die Möglichkeit bestanden, ohne die besondere Schwere der Schuld zu veruteilen?

Und kann so was eh nicht nur dann berücksichtigt werden, wenn der Täter geständig ist?


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14.09.2018 um 12:01
Zitat von LichtenbergLichtenberg schrieb:Das Gericht hat das Strafmaß im Urteil erläutert: Darsow hat zwei Menschen getötet und versucht einen weiteren Menschen zu töten. Dabei hat er zwei Mordmerkmale verwirklicht: Heimtücke und niedriger Beweggrund. Da sah das Gericht keinen Spielraum mehr für ein Entgegenkommen im Strafmaß.
Mh daraus könnte man mit etwas Fantasie schon wieder einen Widerspruch zum Motiv erzeugen. Kann die Abwendung des finanziellen Ruins wirklich ein niederer Beweggrund sein? Die Darsows wären schwer verschuldet und emotional belastet aus der Sache hervorgegangen, wenn sie tatsächlich in eine Mietwohnung umziehen hätten müssen.

Ändern würde es prinzipiell nichts, das Mordmerkmal der Heimtücke wäre ja in jedem Falle erfüllt. Aber der Widerspruch zwischen niederem Beweggrund und existentiellem Motiv hätte doch eigentlich in der Revision auffallen müssen, oder?


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14.09.2018 um 12:08
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:In diesem Fall ist es ganz entscheidend, das Motiv zu verstehen und zu akzeptieren, dass es ein realistisches Motiv ist. Und dazu bedarf es auch einer gewissen Empathie. Das macht den Fall ja sogar tragisch: Man versteht, dass sich AD selbst als Opfer sieht, oder noch besser gesagt, sich als Opfer empfindet, subjektiv wirklich unter der Situation leidet, und er dabei dennoch zum Täter wird.
Genau so ist es. Ich denke auch, dass die Richter in Darmstadt das so gesehen haben. Bei aller Empathie aber konnten sie AD natürlich nicht freisprechen.

Generell haben Richter der Eingangsinstanzen aber schon recht viel Einblick in die Lebenswelten der Kläger, Beklagten, Angeklagten. Denn bei Amtsgerichten etwa ist, bis auf Familiensachen, ja kein Anwaltszwang, die Menschen kommen persönlich zu ihrem Termin, und der Richter muss dann versuchen, eine gemeinsame Sprache zu finden, das juristische Kauderwelsch in verständliche Worte zu übersetzen, auch mal abseits von rein juristischen Aspekten nach einer pragmatischen, den langen Weg durch die Instanzen sparenden und schnell Rechtsfrieden schaffenden Lösung suchen. Genau das möchten die Menschen, die zu einem Amtsgericht kommen, ja meistens auch. Richtig ist, dass nicht jeder Jurist für so eine Arbeit in der Eingangsinstanz (als sog. "Frontschwein") geeignet ist. Wer es auf Dauer lieber wissenschaftlich mag bzw. den ausgiebigen Fachdisput mit der Anwaltschaft schätzt, ist besser beim OLG oder beim BGH aufgehoben. Jeder Richter, der beim OLG oder BGH tätig ist, hat aber erst mal als Amtsrichter oder einfacher Staatsanwalt angefangen, das nebenbei.
Zitat von falstafffalstaff schrieb:Ändern würde es prinzipiell nicht, das Mordmerkmal der Heimtücke wäre ja in jedem Falle erfüllt. Aber der Widerspruch zwischen niederer Beweggrund und existentiellem Motiv hätte doch eigentlich in der Revision auffallen müssen, oder?
Das wäre ja nur eine akademische Frage gewesen, die am Ergebnis Mord nichts geändert hätte. Der BGH ist ja, wie jedes Gericht, für bloße Rechtsgutachten, die am Ergebnis sowieso nichts ändern, nicht zuständig.


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14.09.2018 um 12:12
Zitat von muscariamuscaria schrieb:Hätte dieser enorme Leidensdruck denn beim Strafmaß nicht irgendwie mit berücksichtigt werden können?
Der " Leidensdruck" wird doch bestritten. Ausserdem hätte er dem " Leidensdruck" doch aus dem Wege gehen können. Kriegen andere Menschen ja auch hin.
Mildernde Umstände, für einen Doppel- und geplanten Dreifachmord weil einem die Nachbarn nicht genehm sind. Das wäre es noch.


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14.09.2018 um 12:13
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:In unserem Fall hier ist es aber wichtig, dass man Darsows Motiv versteht. Dass man nachvollziehen, ja gedanklich miterleben kann, wie er mehr und mehr durch das Verhalten der Tolls zur Verzweiflung getrieben wird. Wie er erst versucht, die Sache vernünftig zu regeln. Wie er versucht, Hilfe von aussen, durch Vermieter, Polizei, Justiz zu bekommen und wie das alles vergeblich ist. Wie er sogar überlegt, zu verkaufen und damit aufzugeben. Und wie die Situation für ihn immer aussichtsloser wird.
A.D. hat nicht allein gelebt, Frau und Kinder im Gefolge, diese hatten wohl ebenso in Bezug auf den Lärm zu klagen.
Nicht zu verstehen ,aus welchem Grund die Ehefrau den Lärm zu einem späteren Zeitraum als nicht relevant dargestellt hatte.
Ein Widerspruch…

Die Ehefrau war doch, denke ich, beteiligt, als die Polizei in Bezug auf Lärmverursachung gerufen wurde.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Wer an den Fall von vornherein so herangeht, dass er sagt: "So was gibt es nicht. Kein Mensch kann durch Nachbarlärm zu einem Mord getrieben werden. Sowas kann ich mir einfach nicht vorstellen, sowas habe ich noch nie erlebt. Basta!" der wird nicht in der Lage sein, AD schuldig zu sprechen.
Exakt dargestellt.
A.D. hat offenbar sein Problem mit sich selbst ausgetragen und nach einer Lösung gesucht, nachdem alle seine Bemühungen, das Haus verkaufen zu können, umzuziehen, aus seiner Sicht, gescheitert sind.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:In diesem Fall ist es ganz entscheidend, das Motiv zu verstehen und zu akzeptieren, dass es ein realistisches Motiv ist.
Es ist ein realistisches Motiv und A.D. stand nicht nur hinter seinen eigenen Gedanken, inbegriffen war auch der Druck, der auf ihm lastete, die Familie zu schützen.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Das macht den Fall ja sogar tragisch: Man versteht, dass sich AD selbst als Opfer sieht, oder noch besser gesagt, sich als Opfer empfindet, subjektiv wirklich unter der Situation leidet, und er dabei dennoch zum Täter wird.
Er ist wohl dennoch zum Täter geworden.

Was mich, in Bezug auf diesen Fall, nach wie vor beschäftigt. A.D. schweigt bis dato und hat sich mit seiner Situation arrangiert.

Er liebt seine Frau und Kinder und bewundert den Ehrgeiz seiner Frau, ein WAV zu bewirken. Das ist nachvollziehbar…


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14.09.2018 um 12:21
Zitat von muscariamuscaria schrieb:Hätte dieser enorme Leidensdruck denn beim Strafmaß nicht irgendwie mit berücksichtigt werden können?
Unter anderen Umständen, also mit "normalen" Nachbarn, wäre Darsow wohl nie zum Mörder geworden.
Sonst wird doch auch alles Mögliche strafmildernd gewertet, z.B. eine schwere Kindheit. Sogar der Alkoholspiegel, obwohl ein Täter den ja selbst zu verantworten hat. Warum in diesem Fall nicht? Weil er nicht gestanden hat?
Ja, da ist Darsow in einem Dilemma. Zwar schreibt das Gesetz eigentlich vor, dass der Mörder mit lebenslänglicher Haft bestraft werden muss, aber es gibt inzwischen durch die sog. Strafzumessungslösung in Einzelfällen die Möglichkeit, auch einen Mörder milder zu bestrafen.

Ausserdem hatte das Gericht hier einen gewissen Ermessensspielraum hinsichtlich der Feststellung der "schweren Schuld," die in der Praxis auch mal 10 Jahre auf ein "normales" Strafmass draufsatteln kann.

Nur: das Gericht hätte sicherlich sich nur dann bereitgefunden, diese Dinge in Erwägung zu ziehen, wenn Darsow die Tat gestanden und die besonderen Gründe, wie z.B. diesen Leidensdruck, selbst dargelegt hätte. Das hat @Cassandra71 hier richtig bemerkt.

Der BGH ist hier allerdings immer wieder deutlich auf die Bremse getreten, seit dem berühmten Haustyrannenurteil, denn er sagt schon richtig: Der Gesetzgeber geht erst mal von der lebenslangen Haft aus.

Darsow und seine Verteidiger wollten offensichtlich nicht das Risiko eingehen, dass das Gericht hier keine ausserordentlichen Milderungsgründe sieht. Sie haben lieber darauf bestanden, dass die Anklage die Tat nachweist und gehofft sie könne das nicht.

Apropos verstehen. Verstehen heisst genau das, es verstehen können. Das heisst nicht, dass man die Tat gutheisst, entschuldigt usw. Das kann aus dem Verstehen resultieren, aber muss nicht. Verstehen kann ich einen Ehemann, der seine Frau mit ihrem Liebhaber erwischt und beide sofort tötet. Der Gesetzgeber übrigens auch, er nennt so etwas Affekttat. Wer das versteht, muss das aber noch lange nicht gutheissen. Der Gesetzgeber tut das auch nicht, eine solche Tat ist nicht straffrei. Usw.

Um diesen Fall hier richtig beurteilen zu können muss man aber m.E. Darsows Motiv verstehen können.


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