Ich versuch mich mal an dieser Liste.
1. Briefwechsel EH mit JS mit mehr oder weniger konkreten Äußerungen, dass die Eltern aus dem Leben von EH verschwinden sollten. Söring schrieb sogar, dass es in der Gegend der Eltern von EH ja in letzter Zeit mehrfach Überfälle gegeben hätte, dieses Mal könnte es ja auch die Hausherren selbst treffen.
Ja.
2. Flucht aus den USA, als er Finger- und Fußabdrücke geben soll. Abbruch des Studium, Verzicht auf Stipendiatsgelder.
Ja.
3. Kriminelle Karriere in Asien und Europa mit Pass- und Scheckfälschungen, dabei sogar verkleidet/mit falschem Bart
Ja, nachdem die beiden die USA verlassen hatten, legten sie sich falsche Identitäten zu und lebten von Scheckbetrügereien.
4. Kleinbetrügereien (z.B. Unfall mit Mietwagen)
Worauf bezieht sich das?
5. Rechtfertigung der Tat von EH immer mit ihrer Lügenkarriere/Borderliner. Seine einschlägigen psychiatrischen Diagnosen aus GB erwähnt er selten bzw. nicht (z.B. psychische Abhängigkeit von EH, Psychose, ...).
Behauptet er nicht, dass er psychisch von ihr abhängig gewesen wäre und sie das ausgenutzt habe? Versteh das Argument nicht.
6. Mehrfache Geständnisse in GB gegenüber GB-Polizisten und auch gegenüber Gardner/Updike aus den USA, Geständnisse auch gegenüber den Psychiatern, die ihn ärztlich untersuchten und entsprechende Diagnosen stellten sowie einem Angehörigen der deutschen Botschaft. Hierbei hat JS Täterwissen offenbart.
Nachdem er anfangs bestritten hat, mit den Taten zu tun zu haben, hat er in London nach seiner Festnahme seine Story geändert und die Taten zugegeben. Bis er bei seinem Prozess erneut eine Tatbeteiligung bestritt.
Aus den mehrfachen Geständnissen kann man nicht die Wahrhaftigkeit dieser Geständnisse ablesen, genauso wenig wie man seine Unschuld daraus ableiten kann, dass er seit 27 Jahren und gefühlt hunderte Male seine Unschuld beteuert.
Man kann meines Erachtens nur sagen, dass er sich jeweils bewusst für die eine oder andere Version seiner Geschichte entschied.
Täterwissen bedeutet nicht zwangsläufig, dass er Täter war. Er kann auch Zeuge gewesen sein, oder ein Täter hat ihm davon berichtet. Letzteres behauptet Söring.
7. Wird als Täter der Tötungen in den Urteilen des Europ. Gerichtshof für Menschenrechte in 1989 genannt, obwohl EH schon 1987 verurteilt wurde, daher sein ominiöse Versprechen, sie vor dem elektr. Stuhl zu bewahren, erfüllt war. Spätestens nach ihrem Urteil hätte er widerrufen müssen, um glaubhaft zu bleiben.
Ja, kann man so sehen.
8. EH hat ihn als Täter in ihrem Prozess und später auch in seinem Prozess belastet, sie hat sich nicht gegen die Auslieferung gewehrt und im Verfahren von vornherein für schuldig bekannt. "First come - first choice", damit ist sie objektiv glaubhafter. EH sitzt auch immer noch im Gefängnis, hat daher für die Aussage gegen ihn in seinem Prozess kein Agreement mit der Staatsanwaltschaft getroffen, die ihr eine frühere Entlassung ermöglichten.
Geht der Frage aus dem Weg, wie glaubwürdig Elizabeth Haysoms Aussage tatsächlich ist - technisch gesehen ist sie "objektiv glaubhafter". Aber kann man ihr wirklich glauben? Immerhin hat auch sie ihre Geschichte geändert, und zugegeben, gegenüber Vernehmungsbeamten und vor Gericht gelogen zu haben.
9. Tatort war quasi perfekt sauber gemacht, obwohl die Polizei mit allen Möglichkeiten und sogar technischen Innovationen gearbeitet hat. In dem geführten Indizienprozess war das allerdings für ihn nicht von Vorteil, da durch sein Geständnis alles gegen ihn sprach, aber keine Indizien für seine Abwesenheit unmittelbar dafür sprachen, dass er nicht am Tatort war. Der gefundene Fingerabdruck von EH auf der Wodkaflasche kann alt sein, die Eltern tranken Gin und Scotch. Ein Fingeradruck auf dem Glas von DH kann daher kommen, dass das Glas nicht ordentlich gespült war, das Haar im Waschbecken kann von sonst wem stammen, danach waren auch etliche Leute am Tatort (Vermutung von Englade, dass Geld gestohlen wurde, bevor die Polizei verständigt wurde).
Abgesehen davon, dass der Tatort nicht "perfekt sauber gemacht" wurde - er war äußerst blutig: Ja, es wurde versucht, Spuren zu verwischen. Die Spuren die blieben könnte man - wenn man wollte - teilweise Elizabeth Haysom zuordnen (Blutspur in der Küche, verwischter Teil-Schuhabdruck) oder Söring (Blutspuren an Eingangstür und Bad, Sockenabdruck). Im Großen und Ganzen ist die Spurenlage aber eher uneindeutig.
10. Präsentation des Sockenabdrucks: Soweit dieser Beweis überraschend vorgelegt wurde, geht der Punkt an die Staatsanwaltschaft durch den Überrumpelungsmoment. Jedoch ist auch im Gutachten, das JS für seine Revision anfertigen ließ, nicht von Manipulation der Folien die rede. Vielmehr erweckt es den ersten Eindruck, dass das gut passen könnte. Wenn seine Anwälte von dem Beweismittel schon früher wussten, ist auch ihm die schlechte Verhandlungsführung der Anwälte zuzurechnen - da hätte er darauf bestehen können/müssen. Sein Anwalt Neaton hat die Bedeutung des Sockenabdrucks in seinen Ausführungen nach der Sockenabdruckpräsentation und in seinem Schlussplädoyer allerdings gewürdigt bzw. dessen Beweiswert bestritten. Für ein Sachverständigengutachten fehlte ggf. Geld oder die Einsicht, dass das unbedingt gemacht werden müsste, möglicherweise wurde die Bedeutung im Prozess von Söring und seinen Anwälten nicht erkannt. Eine Anfechtung erst im Revisionsverfahren war daher von vornherein aussichtslos.
Siehe Anmerkung zu 9.
11. Schlechtes Alibi in Washington ohne Zeugen. Wenn es wenigstens noch ein Museum/Restaurant/öffentlicher Ort o.ä. gewesen wäre, es hätte auch schon gereicht, wenn er seine vorhandene Kreditkarte irgendwo für eine Anschaffung genutzt hätte, dann wäre mit dem Beleg das Alibi wasserdicht gewesen
Warum ist ein schlechtes Alibi ein Indiz? Nur wenn man von seiner Schuld ausgeht, kann man sagen, dass er ja gerade deswegen so ein schwaches Alibi hatte - denn fingierte Alibis sind eben eher schwach.
Abgesehen davon war das schwache Alibi nicht das Problem, sondern dass überhaupt soviele Alibis vorhanden waren. Sie wirkten so, als ob sie extra produziert wurden.
12. Umschwenken nach der Auslieferung nach Virginia darauf, dass vsl. EH bzw. EH mit Komplizen bzw. gar nicht EH, sondern die bereits erwähnten beiden Landstreicher die Eltern getötet hätten. 2 Täter Hypothese, obwohl er in den Vernehmung doch sogar eine mögliche Notwehrsituation als Einzeltäter genannt hatte. Eltern hatten >2 Promille Alkohl, waren schon älter, daher sehr gut denkbare Möglichkeit, dass die Tat von nur 1 Täter durchgeführt wurde
Seine Version ab dem Prozess ist: er war es nicht, Elizabeth hat ihm die Morde gestanden. Folglich kann er keine konkreten Angaben zu den Morden machen, ob sie es alleine war oder mit anderen. Er kann lediglich anhand der Spurenlage spekulieren, was er auch macht. Falls er zu Unrecht im Gefängnis sitzt, wäre das auch das einzige, was er machen könnte: Alternativ-Szenarien entwerfen.
Die Version der Landstreicher kam meines Erachtens bei der Frage auf, ob die Jury von deren Existenz hätten wissen sollen, schließlich war das eine Spur während der Ermittlungen.
13. Unzutreffendes Argument, dass die Eltern ihn nicht ins Haus gelassen hätten, er als Täter ausscheide. Dafür hatte er den Hausschlüssel von EH bekommen können, da er mit ihr bereits 2x in Abwesenheit der Eltern ein WE dort verbracht hatte
Wäre aber ein eher schwaches Indiz.
14. Äußerung gegenüber Gardner, nochmals auf Socken zum Haus zurückgekommen zu sein (kongruent mit dem gefundenen Sockenabdruck, es wurde noch ein halb verwischter Schuhabdruck gefunden). Wieso sollte der/die Täter nach der Tat ihre Schuhe ausziehen und wenn doch, warum sollten sie diese ungewöhnliche Vorgehensweise auch noch der Polizei schildern, da diese Aussage selbst bei einer später behaupteten Falschaussage ein starkes Indiz ist, dass man tatsächlich doch an der Tat beteiligt war.
Wer Täterwissen hat, war entweder Täter, dabei oder ihm wurde von der Tat berichtet. Letzteres behauptet Söring.
15. JS hat den Außenlichtschalter im Master Bedroom bei seiner Rückkehr nicht gefunden, obwohl er das Licht ausmachen wollte (das schreibt Gardner an den Gouvernei McDonnel, Sörings Anwälte bestreiten allerdings in ihrer Antwort auf den Brief, dass Söring das damals so ausgesagt hätte, er wäre mit der Haustechnik durch den 2maligen Besuch vertraut gewesen).
Ich versteh das Argument nicht. Ich vergesse auch hin und wieder, das Licht auszuschalten. Das sagt was über meine Schusseligkeit aus. Gab es Spuren, die auf ein Suchen des Lichtschalters hinweisen?
16. Bisher Verweigerung eines Lügendetektortests.
Warum sollte er: Besteht er ihn, wird sich an seiner Verurteilung nichts ändern. Ist das Ergebnis uneindeutig, oder fällt er durch, wird das gegen ihn ausgelegt werden.
17. Geständnis der Tat auch gegenüber seinem Freund Matthias, der das nach seinem Prozess an das Parol Board schrieb.
And, according to Matthias, Soering not only confessed but bragged. He was proud of what he'd done.
auf deutsch: Und, nach Angaben von Matthias, hat Söring nicht nur gestanden, er prahlte sogar damit. Er war stolz darauf, was er getan hat.
Jemand behauptet das in den Kommentarspalten eines Blogs. -> unzulässige Quelle, da nicht überprüfbar.
18. Absolut ungewöhnliche Reaktion auf der angebliche Geständnis der Freundin - er informiert nicht die Strafverfolgungsbehörde, er deckt sie einfach und lebt völlig unberüht seinen Alltag weiter. Wie viele "normale" 18 Jährige schaffen das?
"Ich hätte anders reagiert"-Argument.
19. Absolut unglaubwürdige "Cover story" - wie er in Washington bleibt und angeblich drei Filme anschaut. Allein die Tatsache, dass der letzte Film um Mitternacht beginnt (bei einer "normalen" Kurierfahrt wäre EH zu der Zeit schon wieder dagewesen) = all das macht keinen Sinn. Die Kurierfahrt an sich ja auch keinen Sinn macht, weil alle an derselben Uni studieren, im selben Ort wohnen und Eh und JS am nächsten Tag sowieo gefahren wären. .
Falsche Zusammenfassung der Aussage. Das Überbringen der Drogen sollte nicht an diesem Tag stattfinden, sondern erst nach der Rückkehr am nächsten Tag. Für den letzten Film gab es nur eine Kinokarte, er war also nicht Teil des Alibis. An der Story ist einiges problematisch, aber gerade nicht das, was hier in Punkt 19 beschrieben wird.
20. Weglügen des Motivs. Während er sich als "neuen Schwiegersohn" präsentiert, war er bei den Haysoms ja nicht gerade populär zudem wollten die Eltern von EH den Umgang mit JS verbieten, drohten sie von der Uni zu nehmen.
Ja, ist aber auch eher ein schwaches Indiz.
21. Die Kilometerzahl auf dem Mietwagen, die ja irgendwer drauf gefahren haben muss. Jemand, der einen Autoschlüssel zu dem Wagen hatte.
Ja. Ist aber auch ein Indiz gegen Elizabeth Haysom.
22. Das Fehlen von Wut & Verzweiflung ... wenn du wirklich unschuldig einsitzt, dann bist du doch wesentlich emotionaler, v.a., wenn du seit 29 Jahren dort bist. Dein ganzes Leben rauscht da vorbei ...
"Ich würde anders reagieren"-Argument.
23. Das konstante Vertuschen der Fakten. Er behauptet Dinge, die nicht stimmen (z.B. dass es nach der 21 Tage Regel gelungen war, den Kinokartenverkäufer zu finden). Wenn du doch jemand hast, der nach deiner Verurteilung als absoluter Entlastungszeuge für dich dient, dann redest du doch nicht so um den heißen Brei herum. Buchanan wird doch auch immer wieder namentlich genannt.
Er vertuscht konstant die Fakten? Weiß nicht. Er interpretiert, bewertet und gewichtet sie halt anders.
24. Die ganzen "Red Herrings" - z.B. die Buchanan Geschichte, die ist so unglaubwürdig (auch hier fehlende Kreditkartenbelege, kein Mörder lässt 3 Monate das blutige Messer im Auto liegen). Dann die Landstreicher ...
Ein "er will mit falschen Spuren ablenken" ist nur ein Argument, wenn man Söring für schuldig hält, ist aber kein Hinweis auf seine Schuld.
25. Der Tagebucheintrag von EH über die Fingerabdrücke von JS
Ja.
26. Fortwährende Verunglimpfung von EH, beispielsweise als Prostituierte und Junkie (Tenor: ich der weiße Ritter, EH die verrückte drogensüchtige Psychopathin. Welcher Unschuldige hat das nötig?)
Ein "ich würde anderes reagieren"-Argument. Abgesehen davon stellt Elizabeth Haysom ihn als potentiellen Serienmörder dar, mit einer "hilist", die seine Eltern, seine Großmutter, ihren Halb-Bruder und Gardner beinhaltet. So wie sie damit behauptet, dass sie ihn gar nicht manipulieren musste damit er zum Mörder wird, will er damit andeuten, dass seine Rolle bei den Morden unbedeutend sei.
27. Keine Entlastung durch DNA Proben. Am Tatort wurden beispielsweise 5 Blutproben gefunden, die der Blutgruppe von JS zuzurechnen sind (und die JS durch die neuen Entwicklungen NICHT entlasten). Alle 5 Spuren fanden sich in unmittelbarer Nähe der Leichen.
Aber auch keine Belastung durch die DNA-Proben. Wem die "Blutgruppe 0"-Spur gehört, bleibt offen. (Sie wurde an der Tür gefunden, in deren Nähe der Leichnam von Derek Haysom lag.)
28. Die Schnittwunde an der Hand, die ein unabhängiger Zeuge bei JS zum Zeitpunkt der Beerdigung erkannt haben will.
Ja.
29. Trotz signifikanter Finanzmittel, einem großen Unterstützerkreis, div. Gutachtern und mehreren Sachverständigen (beispielsweise untersuchte der ehemalige Kriminalkommissar DW den Fall ausgiebig) hat es Jens Söring in 30 Jahren, in denen er versucht frei zu kommen, nicht vermocht, glaubhaft darzulegen, wer statt seiner die Morde gegangen haben könnte. Tatsächlich haben seine Versuche stets einen großen Bogen um diese Thematik gemacht.
Da es keine objektive Spuren gibt, die ihn zwingend mit der Tat in Verbindung bringen oder die ihn eindeutig entlasten, bleibt ihm nur, dass man ihm glaubt. Viele glauben ihm nicht. Einige schon.