Doverex schrieb:Man sollte dabei nicht ihre Freundin vergessen, mit der sie in ihrer Unterkunft wohnte und deren Aussagen. Ich meine damit, dass für NIEMANDEN vorher lange klar war, ob Lucile allein da lang kommt oder mit ihrer Freundin gemeinsam.
Aus diesem Blickwinkel heraus betrachtet dürfte es eine nicht allzulange Zeitspanne vorher geben, wo wirklich feststand, dass Lucile tatsächlich allein um diese Uhrzeit dort auf der Innpromenade herumlaufen wird. Erst ab dem Augenblick, wo sich die Freundin entschieden hat, nicht mitzugehen, stand ja fest, dass Lucile allein sich auf dem Weg dorthin machen wird.
Dieser Umstand engt mMn. noch mal den Personenkreis sehr ein, der vorher wissen konnte, dass Lucile da ganz allein lang kommen wird.
Ein kleiner Personenkreis ist aber doch durchaus denkbar. Außenstehende verbinden die Tatsache, dass die Tat seit über einem Jahr ungeklärt ist, vermutlich eher damit, dass sich der große Unbekannte hinter dem Täter verbirgt. Das muss aber keinesfalls so sein und davon gehe ich auch nicht aus.
Zumindest müsste sich der Personenkreis mehrheitlich ermitteln lassen. Es gibt ja im Grunde nur folgende Gruppen:
a - die unmittelbar Beteiligten (Mitbewohnerin, Besuchsziel)
b - diejenigen, die Lucile selbst von ihrem Vorhaben in Kenntnis gesetzt hat
c - diejenigen, die von dem Vorhaben auf anderem Wege Kenntnis erlangt haben (direktes Beobachten, Infos von Gruppe a, b)
Ein Beziehungstäter, der Lucile "auf gut Glück" aufgelauert hat wäre sicherlich am schwierigsten zu erfassen. Diese Möglichkeit ist glücklicherweise relativ abwegig.
Man sollte das Szenario einmal durchspielen, dann wird schnell klar, dass die bloße Info "Lucile verlässt im Laufe des Abends alleine die Wohnung" noch keinen allzu großen Beitrag zur Tatplanung beisteuert, es sei denn der Täter hat vor dem Wohnhaus frühzeitig Stellung bezogen. Einen ungefähren Hinweis bzgl. Uhrzeit wird der Täter also vermutlich gehabt haben. Nun gibt es zwei Ansätze:
1. Der Täter verfolgte Lucile ab ihrem Wohnhaus (er hat die Situation vollkommen kontrolliert)
oder (weitaus diffiziler für den Täter, weil er nicht genau wusste wo und wann Lucile auftauchen wird, selbst wenn er um die geplante Ankunftszeit wusste)
2. Der Täter lauerte Lucile auf oder ging ihr entgegen
Ein Täter aus (2.) konnte seine Position merklich verbessern, wenn er entweder ein "Ich gehe jetzt los." oder ein "Ich bin gleich da." erhielt. Andernfalls war die Tat aus Sicht des Täters wenig kontrolliert und eher ein Warten bzw. durch die Straßen tigern.
Die Frage dabei lautet also bei einer möglichen Beziehungstat: "Wie hat der Täter erfahren, dass Lucile sich allein auf den Weg machen wird? Oder WIE & DURCH WAS kam er an diese Info heran?"
Das ist m. E. der zentrale Ermittlungsansatz.
Doverex schrieb:Eine weitere Möglichkeit die mir dazu einfällt und dann all die möglichen INFOS darüber als eher recht unwichtig erscheinen ließe wäre, wenn der Täter sie schon beim Verlassen oder in der Nähe ihrer Unterkunft beobachtet hätte. Also er gar keine Infos vorher gehabt hätte, sondern einfach aus seiner Beobachtung heraus sah, dass Lucile sich nun allein auf den Weg macht. Wenn er gesehen hat, dass Lucile sich Richtung Weg zur Innpromenade aufmacht, er genau wusste, wo er sie da allein unbemerkt abfangen wird können? In diesem Fall würden also all die INFOS, wer was genau vorher wusste, eben ob Lucile noch ausgeht oder nicht, an ihrer Bedeutung verlieren. Und Lucile wurde möglicherweise vom Täter gestalkt, oder sie stand unter seiner Beobachtung - unbemerkt von ihr, und aus dieser, also allein aus seiner Beobachtung heraus hat er die Info, dass sie da ganz allein in dieser Nacht unterwegs ist?
Gänzlich ausschließen kann man es nicht. Es kämen praktisch nur ein Hausbewohner aus Nr. 26, ein direkter Nachbar oder jemand, der vor dem Haus im Freien oder im Auto wartete, in Frage.
Ein entscheidender Punkt ist die Wahl des Tatortes, welche bei der Analyse des Falls berücksichtigt werden muss. Das ist natürlich sehr komplex. Vereinfacht ist zu differenzieren, ob der Täter über Lucile's Route Bescheid wusste, also auf der Strecke, den für ihn bestmöglichen Tatort auswählen konnte oder ob er das nicht wusste und sich der Tatort mehr oder weniger spontan ergab.
Die Tat ereignete sich etwa 80 Meter vor dem Abzweig von der Innpromenade, den Lucile genommen hätte. Danach wäre die Tat im Grunde - ohne die Inkaufnahme eines erheblichen Entdeckungsrisikos - nicht mehr ausführbar gewesen.
Außerdem spielt aus der Sicht eines Täters vermutlich auch die eigene Wegstrecke (Hin- und Rückweg), die er zum Tatort zurücklegen muss, eine Rolle. Diese wird ein Täter tendenziell minimieren wollen, gerade dann wenn er zu Fuß unterwegs ist.