Der Deutschlandfunk hat es geschafft, den diesjährigen Physiknobelpreisträger Reinhard Genzel für ein Interview zu gewinnen. Das ist eine (wie ich finde) gute Gelegenheit, aus "Erster Hand" etwas über seine Forschung zu Schwarzen Löchern zu erfahren, also was sie da eigentlich entdeckt haben, wie sie es angestellt haben, welche Probleme sie lösen mussten und was das Ganze eigentlich für eine Bedeutung hat.
Kurz nachdem Albert Einstein seine bahnbrechende Theorie über die Gravitation veröffentlichte, gab es auch schon die ersten Hypothesen über ein Schwarzes Loch im Zentrum unserer Galaxie, also zu einem Zeitpunkt, wo das mit den Galaxien alles noch gar nicht so klar war.
1916 hatte man noch nicht die technischen Möglichkeiten einer experimentellen Überprüfung, doch das hat sich inzwischen geändert. Leistungsstarke Teleskope in Verbindung mit der nötigen Rechenleistung und ausgefeilen Technologien sind nur die grundlegenden Voraussetzungen, entscheidend sind aber auch jene Menschen, die diese Möglichkeiten zu nutzen wissen. Und Reinhard Genzel ist neben vielen anderen einer von denen, die unermüdlich all ihre Kraft und ihre Zeit in Projekte investieren, die uns alle voran bringen.
Wer einen Eindruck gewinnen möchte, welche Hürden es zu überwinden galt, und wie sie letztlich überwunden wurden, der sollte sich das Interview unbedingt durchlesen (für die "Lesefaulen" gibt es auch einen Link zur Audiothek, läuft aber wohl nur auf Androiden und dem angebissenen Fallobst).
Und zum Schluss noch ein Zitat aus dem Interview, in dem noch mal deutlich wird, worum es allgemein in der Forschung geht ... oder besser: gehen sollte!
Das ist in der Aufklärung der grundsätzliche Anspruch jeder Form von Verbesserung des Wissens, dass man in die Richtung gehen möchte, dass man mehr Wahrheit haben will. Wobei man davon ausgeht, dass es sozusagen erkenntnistheoretisch in der Tat eine solche gibt. Muss es vielleicht nicht, aber zumindest ist das erstmal die Annahme.
uatu schrieb:Da es sich bei Umlaufbahnen im Allgemeinen um ein Physik-Grundlagen-Thema handelt, das in einer ernsthaften Diskussion über Schwarze Löcher nichts verloren hat
Schau nächstens genauer hin, das hat sehr viel damit zu tun.. Danke und schönen Abend noch.
Dieses Thema hat hier im Thread, wie ich geschrieben habe, nichts verloren. Die Besonderheiten von Umlaufbahnen in der Umgebung von schwarzen Löchern sind eine andere Baustelle.
Ich muss dabei immer an Taz, den Tasmanischen Teufel von den Looney Tunes denken 😏 So ungefähr stelle ich es mir vor dass es sich @eich-hörnchen vorstellt.
Hey ich hätte auch mal ne frage :) Sind Singularitäten auch in der Physik anerkannt oder handelt es sich um ein rein mathematisches Produkt? Sollte es rein mathematisch sein (wovon ich ausgehe) wie sind Mathematiker darauf gekommen und inkl. warum sollte es ein "Körper" nicht existiereden Volumen sein? (so zumindest habe ich es verstanden)
Nett gemeint aber Wikipedia bietet doch er einen groben Überblick. Deshalb ist meine frage wie und warum genau auf die singularität immernoch unbeantwort :D
Senkuu schrieb:Deshalb ist meine frage wie und warum genau auf die singularität immernoch unbeantwort
Das kann man halt nur rein mathematisch beantworten. Das Linienelement der Schwarzschild-Metrik sieht in Schwarzschildkoordinaten folgendermaßen aus (mit der Signatur (-, +, +, +) und in geometresierten Einheiten):
ds2=−(1−rrs)dt2+1−rrs1dr2+r2dΩ2
Dabei ist r der Abstand vom Zentrum des Schwarzen Lochs, und rs ist der Schwarzschild-Radius.
Diese Koordinaten beschreiben die Sicht eines Beobachters von außen, der hinreichend weit vom Schwarzen Loch entfernt ist. Das sieht erst einmal erschlagend aus, aber es kommt nur auf einen kleinen Teil der Formel an.
Man sieht, dass es für rs = r wegen 1 / (1 - (rs / r)) = 1 / (1 - 1) = 1 / 0 und r = 0 wegen rs/r = rs/0 keine Lösung gibt. Diese Definitionslücken nennt man in der Mathematik "Singularität".
Bei rs = r befindet sich der Ereignishorizont. In geeigneten Koordinaten, in diesem Fall aus der Perspektive eines ins Schwarze Loch einfallenden Freifallers, verschwindet diese Singularität. Man spricht daher von einer sogenannten "Koordinatensingularität". Man sieht das sehr schön in Gullstrand-Painlevé-Koordinaten, hier sieht man direkt, dass kein 1 / (1 - (rs / r)) mehr vorkommt:
ds2=−(1−rrs)dt~2+2rrsdt~dr+dr2+r2dΩ2
Bei r = 0 liegt ebenfalls eine Singularität. In diesem Fall handelt es sich um eine echte Singularität, die man sie durch die Wahl der Koordinaten nicht wegtransformieren kann. Man sieht ja oben, dass ein rs / r in beiden Linienelementen vorkommt. Diese Singularität tritt auch in allen anderen bekannten Koordinaten auf (Eddington-Finkelstein, Kruskal-Szekeres, um nur zwei bekannte zu nennen).
Das ist die berühmte "Zentralsingularität", der Punkt im Zentrum.
@Arrakai Jetzt muss ich aber mal blöd fragen. Und wie kam man darauf das auszurechnen? Wollte man herausfinden was schwarze Löcher sind? Oder wegen dem Urknall? Oder fand man dadurch heraus dass es schwarze Löcher gegen kann oder so?
Wann es wirklich anfing, ist schwer zu sagen, ich denke aber es war lange vor Einstein. 1676 zeigte Ole Rømer erstmals, dass sich Licht mit endlicher Geschwindigkeit ausbreitet.
Aus meiner Sicht war das der erste entscheidende Schritt auf dem andere wie Isaac Newton, John Mitchel und Pierre-Simon de Laplace im 18. Jhd. ihre diesbezüglichen Theorien aufbauten. Im 19. Jhd. verwendet François Arago den Begriff "Schwarzes Loch" zur Beschreibung eines Ringnebels.
Erst über 100 Jahre später veröffentlichte Einstein seine Feldgleichungen zur Allgemeinen Relativitätstheorie, zu denen Karl Schwarzschild ein Jahr später die erste exakte Lösung (Schwarzschild-Metrik) lieferte, welche erstmals die Beschreibung eines bestimmten Typs Schwarzer Löcher ermöglichte.
In den folgenden Jahren fand man weitere Lösungen, mit denen auch andere Schwarze Löcher beschrieben werden konnten, u.a. von Hans Reissner und Gunnar Nordström.
Einsteins Arbeiten waren wichtig, womöglich von entscheidender Bedeutung, aber die "BHs" sind nicht auf seinem Mist gewachsen. :D
Schon 1783 spekulierte der britische Naturforscher John Michell über Dunkle Sterne, deren Gravitation ausreicht, um Licht gefangen zu halten. In einem Brief, der von der Royal Society publiziert wurde, schrieb er:
“If the semi-diameter of a sphere of the same density as the Sun were to exceed that of the Sun in the proportion of 500 to 1, a body falling from an infinite height towards it would have acquired at its surface greater velocity than that of light, and consequently supposing light to be attracted by the same force in proportion to its vis inertiae [mass], with other bodies, all light emitted from such a body would be made to return towards it by its own proper gravity. This assumes that light is influenced by gravity in the same way as massive objects.”
„Wenn der Radius einer Kugel von der gleichen Dichte wie die Sonne den der Sonne in einem Verhältnis von 500 zu 1 überstiege, hätte ein Körper, der aus unendlicher Höhe auf sie zu fiele, an ihrer Oberfläche eine höhere Geschwindigkeit als die des Lichts erlangt. Folglich – unter der Annahme, dass Licht von derselben im Verhältnis zu seiner Masse stehenden Kraft angezogen wird wie andere Körper auch – würde alles von einem solchen Körper abgegebene Licht infolge seiner eigenen Gravitation zu ihm zurückkehren. Dies gilt unter der Annahme, dass Licht von der Gravitation in der gleichen Weise beeinflusst wird wie massive Objekte.“
– John Michell
Die Idee schwerer Sterne, von denen korpuskulares Licht nicht entkommen könne, wurde im Jahr 1796 auch von Pierre Simon Laplace in seiner Exposition du Système du Monde beschrieben. Er schuf dafür den Begriff „Dunkler Körper“ (corps obscur). Diese Ideen bewegten sich innerhalb der newtonschen Physik.
Peter0167 schrieb:Einsteins Arbeiten waren wichtig, womöglich von entscheidender Bedeutung, aber die "BHs" sind nicht auf seinem Mist gewachsen.
Kommt darauf an, was man unter einem Schwarzen Loch versteht. Aufbau und Eigenschaften der genannten Objekte haben natürlich wenig bis nichts mit dem zu tun, was man heute unter einem Schwarzes Loch versteht.
Im Rahmen der Newton‘schon Physik könnte sich auch gar kein Objekt bilden, dessen Gravitation stark genug ist, um Licht gefangen zu halten. Das funktioniert nur im Rahmen der ART, da in den Energie-Impuls-Tensor statt nur der Masse die gesamte Energiedichte (wegen E = mc²) sowie Druck und Scherung einfließen und die Theorie dadurch nichtlinear wird (Gravitation erzeugt sozusagen Gravitation).
Aber alleine, dass es ähnliche Ideen in Grundzügen schon so früh gab, ist in der Tat sehr erstaunlich. Um nicht zu sagen: Faszinierend!