Arrakai schrieb:Yukterez hatte für Ω = 1,00±0,02 mal einen (Mindest-)Radius von ca. 100 Mrd. Lichtjahre ausgerechnet, das passt schon annähernd zu der Zahl in Wiki würde ich mal sagen.
Naja, und die Fehlermarge läßt wieder mal alles offen. Paßt also genau zu meiner Aussage: das Flache Universum ist keine Tatsache, wir können nur von einer ungefähren flachen Geometrie bis zu einem Abstand XY sprechen.
Das Blöde daran ist auch noch dies, daß der Dichteparameter Ω
tot = ρ / ρ
c letztlich berechnet wird, als wenn die Expansion einzig durch die Gravitation der vorhandenen Gravitation beeinflußt würde: Alles fliegt auseinander, wird aber durch seine gegenseitige Anziehung ausgebremst. Da sich die die Expansion bewirkende Kraft der DE jedoch nicht bei Volumenzunahme ausdünnt, frage ich, ob der so wie auf Wiki berechnete Dichteparameter überhaupt taugt.
Arrakai schrieb:Die letzten PLANCK-Messungen haben (ebenfalls laut Wiki) allerdings Ω = 1,00±0,0065 ergeben, die Mindestgröße müsste dann also viel größer sein. Keine Ahnung, wo die Zahlen jeweils herkommen, das müsste man mal verifizieren...
Auch da gibts wieder ein "Blödes daran", denn die Prozentangaben für die DM und die DE und damit auch die für die Baryonische Materie verändern sich alle paar Jahre.
The Wilkinson Microwave Anisotropy Probe (WMAP) spacecraft seven-year analysis estimated a universe made up of 72.8% dark energy, 22.7% dark matter, and 4.5% ordinary matter.[6] Work done in 2013 based on the Planck spacecraft observations of the CMB gave a more accurate estimate of 68.3% dark energy, 26.8% dark matter, and 4.9% ordinary matter.
Wikipedia: Dark energy#Cosmic microwave backgroundJe nach dem, mit welchen Werten Du rechnest, verschiebt sich auch der aktuelle Wert der derzeitigen Materiedichte sowie der kritischen Dichte. Diese Schwankungen vergrößern die Fehlermarge des Dichteparameter auf Werte im einstelligen Prozentbereich. Das desavouiert die vier Nachkommastellen dann doch etwas als "Beleg". Sie gelten nur für den zugrundegelegten Parameter der für die Rechnung herangezogenen aktuellen Werte der Häufigkeitsverteilung von BM, DM und DE.
Arrakai schrieb:Das Universum ist nach aktuellen Analysen wahrscheinlich einige hundert Mal größer als das beobachtbare Universum (sofern es nicht unendlich groß ist).
Ich sagte auch nichts gegen diese Annahme. Die teile ich schließlich selbst. Aber Du kamst mir damit einen Tick zu tatsachig damit an:
Arrakai schrieb:Das ist allerdings deutlich kleiner als das gesamte Universum
Wenn Du jetzt also ein "wahrscheinlich" einschiebst, isses schon deutlich besser.
Arrakai schrieb:Zusammenfassend: Nichts genaues weiß man nicht... ;-)
High five!
Arrakai schrieb:Es handelt sich um eine comoving distance, d.h. sie muss mit dem Partikelhorizont (46,6 Mrd. Lichtjahre) verglichen werden.
Mit anderen Worten, wir können also nicht mal fürs gesamte beobachtbare Universum sagen, daß dieses flacher ist als die Fehlermarge (jener Berechnung, auf die der Wiki-Artikel sich bezog).
Arrakai schrieb:Man benötigt die Kartographierung der Hintergrundstrahlung und die ist mittlerweile sehr genau aber natürlich gibt es Potenzial nach oben.
Nee, die hilft uns eben nicht. OK, sie könnte uns helfen, aber nur, wenn der Radius des endlichen und gekrümmten Universums exakt so groß ist wie die Entfernung zwischen den Raumregionen, aus denen die heute ankommende Hintergrundstrahlung stammt, und uns. Betrüge der Durchmesser des Universums nur irgendetwas zwischen 78 und 93 Milliarden Lichtjahre, würde die Hintergrundstrahlung aus Richtung A spiegelbildlich mit der Hintergrundstrahlung aus Richtung -A korelieren, die um bis 15 Milliarden Lichtjahre näher an uns dran liegt. Die von dort zu uns abgestrahlte Hintergrundstrahlung wäre aber eben auch schon längst an uns vorbeigerauscht, und wir könnten sie nicht mehr vergleichen.
Aber darauf hatte ich eigentlich schon hingewiesen.
Arrakai schrieb:Ja, das stimmt, auch wenn ich eigentlich in keinem Paper gelesen habe dass ein Kosmologe das ernsthaft in Betracht zieht. Hast du dazu eine Quelle?
Nein, habe ich nicht. Kennst Du einen, der den Dichteparameter mit einer Formel berechnet, in der auch die Expansion durch die DE berücksichtigt wird?
Physik ist ja wahrlich nicht so mein Ding. Aber aus anderen Bereichen kenne ich das leidige Problem, daß Forscher selbst Sachen ihres eigenen Forschungsbereiches sträflich ignorieren, erst recht Sachen, die Interdisziplinarität verlangen. Aus dem Bereich Paläanthropologie z.B. kenn ich ein paar Horrorgeschichten, sag ich Dir...
OK, ein kleines Beispiel, und zwar weil ich da belegen kann, daß mir das Jahre vor der Korrektur aufgefallen ist. Als eine neue, recht kleine und urtümliche Menschenform in Südafrika entdeckt wurde, der Homo naledi, da wurde der Schädel wie folgt rekonstruiert:
Original anzeigen (0,3 MB)Original anzeigen (0,2 MB)Im selben Jahr schrieb ich hier auf Allmy bereits, daß dieser Schädel falsch zusammengesetzt wurde. Die Schnauze müßte weiter vorstehen (und der Gesichtsbereich müßte anteilig größer sein). In der öffentlichen Diskussion zum Homo naledi hat keiner sonst eine solche Kritik an der Rekonstruktion geäußert (soweit ich erkennen kann). Jahre später wurde ein Schädel gefunden, bei dem es auch Fragmente gab, die zwischen Schädel und Kiefer vermitteln, und plötzlich hatte der Naledi-Mensch eine flachere Stirn, einen größeren Abstand von Überaugenwulst zu Kauleiste, und die Schnauze ragte deutlich vor. Hier mal ein Komposit von mir zur Verdeutlichung:
Original anzeigen (0,7 MB)Selbst hinterher gab es keine Diskussion der voreiligen und falschen zu modernen anatomischen Rekonstruktion.
Und das ist beileibe keine seltene Ausnahme, die nur alle paar Jahrzehnte mal passiert, daß eine ganze Forscherzunft schläft.
Das will ich nicht als "Beweis" nehmen, daß das hier ebenso sein müsse, schon gar nicht im Sinne grenzwissenschaftlichen Wissenschafts-Bashings odgl. Aber ein "kein Physiker berücksichtigt das" ist für mich eben auch kein wirkliches Argument. (Ohne damit jetzt unterstellen zu wollen, Du habest es als Argument vorgebracht.)
Arrakai schrieb:Okay, "light" trifft es wohl, atomare Strukturen werden sich ohne Phantomenergie aber sicher nicht auflösen.
Selbstverfreilich nicht. Selbst einzelne Himmelskörper können sich definitiv nicht durch die Expansion "light" auflösen. Und sobald es bei gravitativ gebundenen Systemen einen Limes für sowas wie die gezeitenreibungsbedingte Distanzvergrößerung gibt, werden auch Planetensysteme, Galaxien, wahrscheinlich selbst Galaxienhaufen nimmer "gerippt" werden.
Light eben...
Arrakai schrieb:Aber was unterscheidet diesen "Big Rip Light" dann vom Big Freeze? Verstehe ich noch nicht...
Nix. Ich sagte nur, daß selbst die derzeitig festgestellte Expansion den Rip-Effekt ergeben wird, nur nicht so "heavy" - sondern eben "light" - wie das Big-Rip-Szenario. Nicht so weit runter ins Kleinräumige wie letzteres.
Arrakai schrieb:Es gibt schon einen Effekt auch bei kleineren Strukturen. Allerdings genügt die Gravitation (und die anderen Grundkräfte natürlich umso mehr), um eine kontinuierliche Expansion zu verhindern. Die Dunkle Energie schwächt die Gravitation zwar ab, aber die Expansionsgeschwindigkeit ist so gering, dass die Objekte trotzdem gravitativ gebunden bleiben.
Ich sage es nochmal: Sollte die Expansionsvergrößerung des Erde-Mond-Systems keinen Limes haben, an den die Drehimpulsübertragung den Mond nur heranschieben kann, sollte der Effekt also bis ins Unendliche gehen können, wäre es zwingend, daß der Mond von der Erde irgendwann weit genug weg ist, daß die Raumexpansion auch hier über die Gravitation dominiert. Klar, das klappt nicht, weil der Mond dazu erst noch die Fluchtgeschwindigkeit zur Sonne erreichen müßte, dann die Fluchtgeschwindigkeit zur Galaxis, schließlich die zur Lokalen Gruppe. Und das kommt durch die Gezeitenreibung nicht zustande. Deswegen meine Frage / Überlegung: Gibt es die Gezeitenreibung und damit Distanzvergrößerung auch bei dem Sonne-Erde-System? Da ja, aber gibt es sowas auch bei der Milchstraße? Gar bei der Lokalen Gruppe?
Wenn nämlich ja, und
wenn ohne Limes, dann würden eben auch gravitativ gebundene Systeme letztendlich irgendwann einmal
zwangsläufig "rippen" bei der derzeitigen Expansionslage. Deswegen - nochmal - meine Frage / Überlegung: Gibt es diesen Effekt bei Galaxis & höher? Und gibt es (k)einen Limes? Davon hängts ab.
Arrakai schrieb:siehe z.B. auch Wikipedia
Ja klar. Wenn es bei Galaxien und Galaxienhaufen keine Drehimpulsübertragung in Form von Distanzvergrößerung gibt, oder wenn es diese zwar gibt, jedoch nicht ad infinitum, dann bleibt diese gravitative Bindung unüberwindlich.
Arrakai schrieb:Wobei dieser Ausgangs"punkt" ja schon unendlich groß gewesen sein muss.
Waaas???
OK, wenn wir die Singularität aufgeben und irgendnen Quantenzustand mit Raum annehmen als Ausgangspunkt für den Urknall, dann müßte dieser räumlich ausgedehnte Ausgangszustand in der Tat unendlich groß sein. Dann aber hast Du gleich mal das Problem, wie dann der Urknall "dadrin" überall konzertiert gleich"zeitig" losging. Überhaupt gibst Du dann den Urknall als das Einsetzen von Raum und Zeit auf.
Wenn wir hingegen bei letzterem bleiben, bleiben wir bei der Singularität. Und die ist nicht "unendlich groß"-
Und darum: Waaas???
Arrakai schrieb:Fakt bleib jednefalls, wie @Peter0167 ja schon geschrieben hat, dass ein heute unendlich großes Universum schon immer unendlich groß gewesen sein muss.
Naja, das ist keine andere Logik als die, daß ein X, welches Raum einnimmt, auch in früherer, komprimierterer Form immer Raum eingenommen haben muß. Ebenso, wie Du ein endliches nicht durch Multiplizieren mit Endlichem zu etwas Unendlichem bekommst, bekommst Du auch keine Null zu etwas Endlichem durch Multiplikation mit Endlichem. Ich sagte doch: das ist die selbe "Unmöglichkeit" gleich noch einmal.
Lupo54 schrieb:Bei der ganzen Diskussion darf man eines nicht vergessen:
Die beobachtbare Rotverschiebung sehr weit entfernter Galaxien kommt nicht daher, dass sie sich von uns wegbewegen wie einen Ball den wir werfen oder eine Rakete die gestartet ist und Fahrt aufnimmt.
Der Effekt kommt daher, dass auf der Strecke zwischen uns und ihnen ständig neuer Raum entsteht und das Licht mehr Zeit braucht um diesen Raum zu überwinden.
Gelbes Licht, welches einen längeren Weg zurücklegen muß, bleibt dennoch gelb. Schick Licht durch ein gerades Glasfaserkabel von 40 Millionen Lichtjahren Länge, ohne Expansion würde es gelb rauskommen. Schick es durch ein 13,8 Milliarden Lichtjahre langes, spiralig aufgewickeltes Glasfaserkabel, wobei diese Spirale ebenfalls 40 Millionen Lichtjahre lang ist, und wieder kommt das gelbe Licht gelb raus (ohne Raumexpansion). Klappt auch mit nem 46,2 Milliarden Lichtjahre langem Glasfaserkabel. Jedenfalls, was die Wellenlänge betrifft.
(Was vor knapp 13,8 Milliarden Jahren 40 Millionen Lichtjahre weit auseinander lag, ist heute durch die Raumexpansion 46,2 Milliarden Lichtjahre weit voneinander entfernt. Licht, das damals vom einen Objekt losging und heute beim anderen Objekt ankam, hat einen Weg von 13,8 Milliarden Lichtjahren zurückgelegt. Daher die gewählten drei Distanzen.)
Daß das Licht rotverschoben ist, könnte man
vereinfacht/bildhaft so sagen: auch
zwischen zwei Photonen oder
innerhalb einer einzelnen Wellenlänge hat sich der Raum 13,8 Milliarden Jahre lang ausgedehnt. Dadurch wurden die Wellen / die Photonenabstände länger.