perttivalkonen schrieb:Das "Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts" ist eine philosophische Frage, keine wissenschaftliche.
Magst du kurz begründen, warum die Frage "Why is there something rather than nothing?" eine philosophische Frage sei, während bspw. die Frage "What was before the Big Bang?" oder "Was ist hinter den Grenzen des Universums?" es nicht sei?
:ask:Und evtl. noch kurz ein Kriterium, welches philosophische Fragen von wissenschaftlichen Fragen abgrenzt?
Und bspw. die Kant'schen "Antinomien der reinen Vernunft" kennst du? Eine der Antinomien war ja bspw. die folgende:
These: Die Welt hat einen Anfang in der Zeit, und ist dem Raum nach auch in Grenzen eingeschlossen.
Antithese: Die Welt hat keinen Anfang, und keine Grenzen im Raume, sondern ist, sowohl in Ansehung der Zeit, als des Raumes, unendlich.Wikipedia: Antinomien der reinen Vernunft#Einzelne AntinomienKommt dir die Fragestellung irgendwie bekannt vor? Und handelt es sich hierbei um eine philosophische, oder aber wissenschaftliche Frage? Ja, nein, warum?
perttivalkonen schrieb:Zu deutsch: Deine Hawking-Kritik geht an Hawking massiv vorbei.
Meine Güte, es geht doch eigentlich auch überhaupt nicht um Hawking, sondern um die hier gestellte Frage:
"Was ist hinter den Grenzen des Universums?"Und diese Grenzen wurden hier bis dato vor allem
a) räumlich und
b) zeitlich
gezogen. Und in beiden Fällen wurde die Frage, wie ich finde, auch zufriedenstellend beantwortet (jedenfalls für meine Wenigkeit). Beantwortet wurde allerdings nicht die Frage nach den
ontologischen Grenzen, also bspw. nach den Seinsbedingungen für die Existenz einer raumzeitartigen Struktur (diese Frage findet sich auch in der IV. Kant'schen Antinomie wieder, aber das nur am Rande).
perttivalkonen schrieb:Mir schon. Aber Wissenschaft ist mehr für das Existierende da, nicht für das Warum des Existierens.
So'n Quatsch (schon allein von der Formulierung her) und durch zahlreiche Beispiele widerlegt! Warum existieren Planeten, Sterne, Galaxien, Pflanzen, Tiere.... warum gibt es Schnee, Berge, Flüsse, Wolken... nur so'n paar Beispiele für's "Warum des Existierens", wo's die Naturwissenschaft weitestgehend auch beantworten kann.
perttivalkonen schrieb:Mir hat das hier jemand mal mit den Worten gesagt "Wissenschaft erklärt nicht, Wissenschaft beschreibt". (Wobei "Erklären" durchaus verschiedene Aspekte haben kann, und manches davon dennoch zum "Beschreiben" gehört.) Wie gesagt: Philosophie und Wissenschaft behandeln oft die selben Phänomene, doch ganz andere Sachen dabei.
Wissenschaft beschreibt
und erklärt. Sie tätigt also einerseits
deskriptive Aussagen, aber eben auch
explikative Aussagen, wie die Sprachwissenschaft so schön sagt.
Und hättest du recht, würde sich die Kosmologie bspw. bereits mit der bloßen
Beschreibung der Expansionsgeschwindigkeit des Kosmos zufrieden geben (wie es bspw. mit dem sog. Lambda-CDM-Modell möglich ist), ohne sich aber weiter um's "warum" bzw. eine
Erklärung (wie sie unter dem Schlagwort "Dunkle Energie" diskutiert wird) zu bemühen. Und dieses eine Gegenbeispiel genügt ja im Prinzip schon, um dieses alberne und ad nauseam kolportierte Märchen, die Wissenschaft würde Phänomene lediglich beschreiben, aber nicht erklären, wieder einmal als blanken Unsinn zu entlarven, auch wenn die Geschichte insbesondere der Naturwissenschaft im Prinzip natürlich voll von der Suche nach Antworten auf Warum-Fragen resp. nach Erklärungen für unzählige Phänomene ist.
perttivalkonen schrieb:Freilich meine ich es nochmals etwas anderser. Stell Dir vor, wir würden im Labor ne Uratmosphäre basteln und sowas, und am Ende entsteht ne lebende Zelle. Wär der Hammer! EIn anderes Labor bastelt ne andere Ur-Situation, und auch da entsteht Leben. Toll, geil, gleich noch eine Möglichkeit. Frage: Wie sind dann eigentlich wir entstanden?
Simple Antwort: Ungefähr so, wie es in beiden Experimenten simuliert wird.
(stell' dir die gleiche Frage mal mit Blitzen oder so...)
perttivalkonen schrieb:Nur, weil Wissenschaft eine saubere Beschreibung gibt, wie etwas passiert bzw. entstanden sein kann, heißt das nicht, daß das so passiert, entstanden sein muß.
Doch, haargenau das. Dein Problem ist vermutlich, dass du bei Warum-Fragen permanent an einen "tieferen Grund" denkst oder so...? Was auch immer das sein soll... den gibt es natürlich nicht. Wenn bspw. hier oder dort ein Blitz entsteht, ist die Frage nach dem Warum bzw. Grund simpel: Elektrostatische Aufladung wolkenbildender Wassertröpfchen oder Regentropfen, es kommt zur Entladung, Blitz, Donner... naja, zumindest so ungefähr. Und natürlich ist die Entstehung des
einzelnen, konkreten Blitzes (der da gerade direkt vor mir im Baum vor ausgerechnet meinem Haus um genau diese und jene Uhrzeit einschlägt) keine Zwangsläufigkeit, das Phänomen als solches lässt sich dennoch nicht vermeiden!
Genauso ist es mit dem Leben - wenn hier oder dort Leben entsteht, ist die Frage nach dem Warum bzw. Grund ebenfalls simpel: Die richtigen Bedingungen, Abiogenese, etc. pp., fertig.
perttivalkonen schrieb:Wissenschaft kann diese Frage nicht wirklich beantworten.
Doch, genau das. Wissenschaft kann sowohl die Frage beantworten, warum Wolken, Blitze, Planeten, Sterne oder Galaxien entstehen, wie auch (in nicht allzu ferner Zukunft) die Frage, warum komplexe Zellen bis hin zu höheren Lebensformen entstehen.
Ich hab' deinen Absatz ganz schön zerrupt, das gehört auch noch mit dazu:
perttivalkonen schrieb:Sie kann also die gegenwärtige Situation "herleiten", ne sinnige und praktikable Möglichkeit beschreiben. Aber nicht "erklären".
Aber genau das - eine Situation "herleiten" -
ist doch das "erklären". Warum gibt es bspw. Blitze? Das erklärt sich einfach durch die Erläuterung des Vorgangs der Blitzentstehung und der hierfür zureichenden Gründe. Und damit ist das Phänomen dann hinreichend erklärt.
...und das gehört auch noch mit zum Absatz dazu...
:)perttivalkonen schrieb:Das "warum ist Leben hier auf der Erde" oder "warum ist das Universum" etc. sind nochmal ne andere Frage.
Beim Leben auf der Erde ganz analog: Das Warum erklärt sich durch die Erläuterung des Vorgangs der Entstehung von Leben und der hierfür zureichenden Gründe (Uratmosphäre, blakeks...). Nur bei der zweiten Frage tappen wir eben (noch) völlig im Dunkeln. Und Hawking hätte hier geantwortet: Es gibt schlichtweg keinen Grund, warum es ein Universum wie unseres gibt. Was allerdings wenig überzeugend ist. Und wird's auch nicht dadurch, indem man die Zuständigkeit einfach von sich weist und behauptet, es sei bloß wieder eine von diesen ollen philosophischen Fragen.
perttivalkonen schrieb:Ja, und manchmal denken auch Naturwissenschaftler, sie könnten philosophische Fragestellungen beantworten.
Du weichst aus. Wir sind hier im Prinzip immer noch bei dem Zitat von Hawking:
"Even if there is only one possible unified theory, it is just a set of rules and equations. What is it that breathes fire into the equations and makes a universe for them to describe? The usual approach of science of constructing a mathematical model cannot answer the questions of why there should be a universe for the model to describe. Why does the universe go to all the bother of existing?"
(Stephen Hawking, A Brief History of Time)Das mit dem Tegmark und dem Modal Realism steht nicht wirklich zur Diskussion (ich persönlich teile Tegmark's Standpunkt bspw. auch nicht), sondern diente lediglich mit zur Erläuterung der Problemstellung, wie sie ja nun auch schon ein paar mal erwähnt wurde: Warum ist
dieses Universum real, obwohl unzählige andere "Welten" genauso möglich gewesen wären?
Und zu der ganzen Diskussion wegen dem "Nichts" sage ich jetzt mal.... äh...
nichts....
:DPS: Mit dem nächsten Beitrag versuche ich vielleicht mal, ein Zwischenfazit zu ziehen und die Problematik noch einmal auf den Punkt zu bringen, sonst ufert's wieder aus mit diesen Zitatschlachten...