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Künstlich geschaffene Ummantelung um geschädigte Nervenbahnen?

17 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Gehirn ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Seite 1 von 1

Künstlich geschaffene Ummantelung um geschädigte Nervenbahnen?

01.08.2016 um 10:48
Hallo Community,

ich habe eine Frage, die sich an alle richtet, die ein wenig von Chemie, Physik oder Biologie verstehen.

Wie könnte man die Haut an einer abgezogenen Mandel wieder wachsen lassen?

Diese Haut kann man abziehen, wenn man die Mandel in heißem Wasser einweicht, aufquellen lässt und dann mit den Fingern abstreift.
Wie kehrt man diesen Prozess um?
Könnte man nun die Mandel in eine kristalline Öllösung innerhalb einer Petrischale legen und unter Strom setzen, damit die Haut wieder wächst und ummantelt wird?

Ich habe überlegt, dass man geschädigte Nervenbahnen im Gehirn wieder ummanteln könnte, indem man eine kristalline Öllösung injeziert und von außen leichte Stromstöße mittlels Elektroschocktherapie verabreicht. Das könnte den Effekt haben, dass die Nervenbahnen den elektrischen Impuls wieder weiterleiten können.

Das ganze ist nur eine vorläufige Theorie und ich kann das alles nicht belegen, aber vielleicht habt ihr ja eine Idee dazu oder könnt mir helfen, meine Theorie zu verbessern oder verändern?

Danke im Voraus.


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Künstlich geschaffene Ummantelung um geschädigte Nervenbahnen?

01.08.2016 um 11:08
@Lightness
Zitat von LightnessLightness schrieb:eine kristalline Öllösung
Was ist das?
Zitat von LightnessLightness schrieb:Wie kehrt man diesen Prozess um?
Gar nicht. Die abgelöste Haut war ja zuvor schon regulatorisch vom übrigen Mandel-Körper abgelöst. Das Aufquellen und abschaben war dann nur noch der mechanische Vollzug des biochemisch bereits vollzogenen Abtrennens. Analog könntest Du auch fragen, wie es gelingen kann, abgeschnittene Fingernägel wieder anwachsen zu lassen. So etwas geht nicht.


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Künstlich geschaffene Ummantelung um geschädigte Nervenbahnen?

01.08.2016 um 11:13
Es geht dir um die Reparatur der Myelinscheiden?
Das von dir, recht nebulös, beschriebene Verfahren erinnert ein wenig an die Pulverbeschichtung und ist so im Körper wohl kaum durchzuführen.
Am Thema wird aber schon seit längerem geforscht, schliesslich gibt es diverse Krankheiten, die mit einer Degeneration der Myelinscheide einhergehen.
Am sinnvollsten wäre wohl die entzündlichen Prozesse zu unterdrücken, die die Myelindegeneration auslösen.
Im Tierversuch hat man aber eine weitere Möglichkeit entdeckt, die Aussicht auf Erfolg bieten könnte. Man hat Wirkstoffe gefunden, die die Stammzellen im Hirn anregen neue Myelinscheiden zu bilden (vereinfacht dargestellt). Stammzellen sollen sich zu Oligodendrozyten ausbilden, die dann die Myelinscheiden ausbessern sollen.
Die Ergebnisse der Tierversuche geben Anlass den Weg weiter zu verfolgen.
Hier http://www.nature.com/nature/journal/v522/n7555/full/nature14335.html kannst du zumindest mal das Abstract lesen, der Rest ist kostenpflichtig.


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Künstlich geschaffene Ummantelung um geschädigte Nervenbahnen?

01.08.2016 um 18:27
Danke für eure Antworten @Heide_witzka und @BioGenEthiker .

Ich schaue mir das Abstract mal an.


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Künstlich geschaffene Ummantelung um geschädigte Nervenbahnen?

01.08.2016 um 18:32
@Lightness
Zitat von LightnessLightness schrieb:Diese Haut kann man abziehen, wenn man die Mandel in heißem Wasser einweicht, aufquellen lässt und dann mit den Fingern abstreift.
Wie kehrt man diesen Prozess um?
Gar nicht.
Zitat von LightnessLightness schrieb:Ich habe überlegt, dass man geschädigte Nervenbahnen im Gehirn wieder ummanteln könnte, indem man eine kristalline Öllösung injeziert und von außen leichte Stromstöße mittlels Elektroschocktherapie verabreicht. Das könnte den Effekt haben, dass die Nervenbahnen den elektrischen Impuls wieder weiterleiten können.
Ich will nicht komplett abstreiten, dass man Nervenzellen vielleicht irgendwann remyelieren kann, aber sicher nicht so. Myelin besteht schließlich hauptsächlich aus Lipiden. Was da Stromstöße erreichen sollen, erschließt sich mir nicht.


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Künstlich geschaffene Ummantelung um geschädigte Nervenbahnen?

01.08.2016 um 18:33
Hallo @Pan_narrans

Was sind denn Lipide?


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Künstlich geschaffene Ummantelung um geschädigte Nervenbahnen?

01.08.2016 um 18:35
@Lightness
Fette


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Künstlich geschaffene Ummantelung um geschädigte Nervenbahnen?

01.08.2016 um 18:36
@Lightness

Lipide sind Ester von Fettsäuren mit Glycerol. Mit elektrischem Strom lässt sich da wenig bewirken, um sie zur Assemblierung zu Myelin zu bringen.

Wikipedia: Lipide

Wikipedia: Myelin


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Künstlich geschaffene Ummantelung um geschädigte Nervenbahnen?

01.08.2016 um 18:44
Hallo @BioGenEthiker ,

ich verstehe deinen Begriff der Assemblierung in diesem Zusammenhang nicht. Das Wort stammt aus der Nukleartechnik.

Ich möchte hier kein Atomkraftwerk bauen :)

Ich wolle diese Nervenbahnen nur mit etwas Kristallinem das in Öl gelöst wird irgendwie mit Strom in Verbindung bringen, welches das Kristallin zu einer Art Ummantelung anregt.

Das ist nur eine Idee, kA wozu das gut sein könnte :)


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Künstlich geschaffene Ummantelung um geschädigte Nervenbahnen?

01.08.2016 um 18:48
@Lightness
Assemblierung heißt nichts anderes als ein Vorgang, bei dem sich etwas zusammensetzt. In diesem Fall Fette und einige Proteine zu Myelin.


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Künstlich geschaffene Ummantelung um geschädigte Nervenbahnen?

01.08.2016 um 18:53
@Pan_narrans

Ich habe gelesen, dass Myelin bereits flüssige Kristalle enthalten.

Könnte man diese Kristalle nicht dazu anregen weiter zu wachsen?

Vierchow hat herausgefunden, dass diese Kristalle in Wasser löslich sind. Könnte man sie mit Fette in Verbindung bringen und zum Kristallinisieren anregen?


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Künstlich geschaffene Ummantelung um geschädigte Nervenbahnen?

01.08.2016 um 20:10
@Lightness
Zitat von LightnessLightness schrieb:Ich habe gelesen, dass Myelin bereits flüssige Kristalle enthalten.
Ja, lyotrope Flüssigkristalle. Dazu sagt Wiki:
Daneben gibt es lyotrope Flüssigkristalle. Diese bilden sich, wenn amphiphile Substanzen (wie Tenside) in einem Lösungsmittel (beispielsweise Wasser) gelöst werden. Bei geeigneter Konzentration des Amphiphils kommt es zur Ausbildung von submikroskopischen Strukturen wie Vesikeln und Mizellen, die sich im Lösungsmittel symmetrisch anordnen und dadurch eine anisotrope Flüssigkeit bilden.
Quelle: Wikipedia: Flüssigkristall

In lesbarerem Deutsch heißt das, dass bestimmte Substanzen, die eine in Bezug auf Wasserlöslichkeit und Fettlöslichkeit doppelte Natur aufweisen (also ein Molekül-Ende mit wasserabstoßenden und zugleich fettanziehenden Eigenschaften und ein Molekül-Ende mit wasseranziehenden und zugleich fettabstoßenden Eigenschaften = amphiphil = beides liebend = sowohl Fett wie auch Wasser liebend) in wässriger Lösung bei ausreichender Konzentration Strukturen bilden, die Bläschen gleichen (Vesikeln oder Micellen), so dass durch deren Anordnung eine Art entmischte Flüssigkeit entsteht (anisotrope Verteilung der Bestandteile, also an-isotrop = nicht gleichverteilt).

Das bedeutet, dass solche Flüssigkristalle spontan entstehen, wenn die geeigneten Bestandteile - in Bezug auf Myelin eben amphiphile Lipide - in ausreichender Menge mit einem passenden Lösungsmittel zusammenkommen, so dass die eben beschriebenen anisotropen Strukturen entstehen.
Zitat von LightnessLightness schrieb:Könnte man diese Kristalle nicht dazu anregen weiter zu wachsen?
Im Prinzip schon, aber da die Myelinscheiden über komplexe biochemische und regulatorische Prozesse zustandekommen, muss man in den Zellstoffwechsel eingreifen, um hier Abhilfe zu schaffen. Wie @Heide_witzka schon verlinkt hatte, experimentiert man bereits mit Stammzellen, die über biochemische Prozesse die Produktion neuer Myelinscheiden ankurbeln. Es bringt aber nichts, diverse Lösungen ins Hirn zu spritzen und danach Elektroden anzulegen. Damit erreicht man nur, dass sich die Ionen in Richtung der Pole sortieren, nicht aber die Sortierung der amphiphilen Lipide zu Flüssigkristallen in Gestalt der organisierten Struktur von Myelinscheiden.
Zitat von LightnessLightness schrieb:Könnte man sie mit Fette in Verbindung bringen und zum Kristallinisieren anregen?
Das wäre ungünstig, weil sich in Fett die amphiphilen Lipide lediglich umorientieren und dann gewissermaßen spiegelbildlich verkehrte Membranen bilden, wo der lipophile Rest außen und der hydrophile Rest innen ist. Problematisch ist dabei, dass diese Strukturen instabiler sind als die "richtig herum" gebildeten Membranen, weil der hydrophile Kopf kurz und klobig ist, während der lipophile Schwanz lang und leicht gekrümmt ist, so dass sich die gegenüberliegenden Enden beider Membranschichten miteinander verhaken können und so die Stabilität der Struktur erhöhen. Bildlich sieht das so aus:

http://www.pbrc.hawaii.edu/~danh/InvertebrateMyelin/images/Vertebrate-myelin.jpg

Und so eine einzelne Membran (ganz unten):

http://www.ajnr.org/content/21/6/1099/F1.large.jpg

Und hier noch einmal im Detail:

http://www.bioboard.de/files/zellmembran_1_305.gif

Fette wären also kontraproduktiv, da dann die kleinen Kugeln in die Mitte gelangen und die längeren Fäden nach außen. Solche Membranen wären noch störanfälliger als die üblichen Membranen der Schwannschen Zelle, die sich um den Axon der Nervenfaser herumwindet.


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Künstlich geschaffene Ummantelung um geschädigte Nervenbahnen?

02.08.2016 um 01:35
Danke für deine ausführliche Antwort @BioGenEthiker .

Ich muss das erst noch einmal alles durchlesen,

aber ein paar Fragen habe ich noch:

Was bezweckt man mit Stammzellen? Wo kommen Stammzellen her und wie werden sie in dieses System 'eingebaut'?


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Künstlich geschaffene Ummantelung um geschädigte Nervenbahnen?

02.08.2016 um 07:00
@Lightness

Stammzellen sind Zellen, die noch nicht zu bestimmten Organzellen ausdifferenziert sind. Beispielsweise befinden sich im Knochenmark Stammzellen, aus denen dann noch verschiedene Blutzellen werden können, also rote Blutkörperchen, weiße Blutkörperchen usw.

Je nach Herkunft unterscheidet man embryonale Stammzellen (aus Embryonen in einem frühen Entwicklungsstadium) und adulte Stammzellen (aus Erwachsenen), wobei adulte Stammzellen schwieriger in verschiedene Organzellen differenzierbar sind als embryonale Stammzellen.

Man bezweckt mit Stammzellen, dass sie sich im Kontext mit Nervenzellen, die die entsprechenden Signalstoffe abgeben, zu neuen Schwannschen Zellen differenzieren und somit neue Myelinscheiden ausbilden, nachdem die alten, beschädigten abgebaut worden sind. Problematisch ist hierbei noch der gezielte Einbau solcher Stammzellen in die Bereiche des Nervensystems, wo sie benötigt werden.

Hier noch einige Links zum vertiefenden Lesen:

http://www.wissenschaft-aktuell.de/artikel/Multiple_Sklerose__Angeregte_Stammzellen_reparieren_Schaeden1771015589811.html

http://www.salk.at/14225.html (Archiv-Version vom 19.03.2016)

http://www.amsel.de/multiple-sklerose-news/medizin/Stammzelltherapie-bei-Multipler-Sklerose_6503


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Künstlich geschaffene Ummantelung um geschädigte Nervenbahnen?

02.08.2016 um 16:41
Zitat von BioGenEthikerBioGenEthiker schrieb:Fette wären also kontraproduktiv, da dann die kleinen Kugeln in die Mitte gelangen und die längeren Fäden nach außen. Solche Membranen wären noch störanfälliger als die üblichen Membranen der Schwannschen Zelle, die sich um den Axon der Nervenfaser herumwindet.
Entschuldige wenn ich noch mal nachfrage, aber ich habe das nicht verstanden @BioGenEthiker .

Hättest du zu dem o.g. Zitat von dir Abbildungen, damit ich mir das vorstellen kann?

Ich finde es nett von dir, dass du dir soviel Mühe machst, mir das alles zu erklären. :)
Danke


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Künstlich geschaffene Ummantelung um geschädigte Nervenbahnen?

02.08.2016 um 18:02
@Lightness
Zitat von LightnessLightness schrieb:Hättest du zu dem o.g. Zitat von dir Abbildungen, damit ich mir das vorstellen kann?
Ja, hier:

http://www.viacutan.de/img/content/zellmembran-fettsaeure.gif (Archiv-Version vom 24.04.2014)

Das ist die Normalanordnung der Lipide einer Membran. Diese stellt sich ein, wenn die Umgebung wässrig ist. Die hydrophilen Enden der Lipide sind die kleinen Kugeln, die die Membran nach außen hin begrenzen. Die hydrophoben Enden sind die Schwänzchen bzw. Fäden, die das Innere der Membran bilden.

Würde man dieselben Lipide in eine ölige Umgebung bringen, würden sich die hydrophilen Enden in die Mitte sortieren und die hydrophoben Schwänzchen nach außen. Wir hätten dann eine reichlich zerfranste Außenschicht der Membran und eine zwar kompakte, aber wegen der kleinen Kügelchen nur sehr dünne Innenschicht. die bei mechanischer Beanspruchung - u.a. wegen der Wärmebewegung der Teilchen - viel eher zerreißt als das bei der Normalanordnung in wässriger Umgebung der Fall wäre.


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Künstlich geschaffene Ummantelung um geschädigte Nervenbahnen?

10.08.2016 um 04:40
Danke für deine Antwort @BioGenEthiker .
Ich war gesperrt, wegen eines Irrtums.

Gruß Lightness


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