@Narrenschiffer Ein neuer Versuch.
Daß Aktiv und Passiv zueinander in Beziehung stehen, ist bekannt und wird auch von Dir ausdrücklich angesprochen.
Der Taxifahrer fährt.
Der Taxifahrer wird gefahren.
Beide Sätze werden zwar mit dem selben Verb gebildet, einmal im Aktiv und einmal im Passiv, und auch der Taxifahrer ist derselbe, aber das sind dennoch zwei völlig verschiedene, nicht zusammenhängende Verwendungen des Verbes.
Der Taxifahrer fährt den Kunden.
Der Kunde wird gefahren (vom Taxifahrer).
Hier merken wir deutlich, daß die beiden Sätze zusammenhängen. Daß die Zusammengehörigkeit und Umwandelbarkeit der beiden Sätze und der beiden Aktionsformen des einen Verbes ausgedrückt wird.
Daher kennen wir auch die Regel: Der Passiv drückt aus, was im Aktiv mit dem Objekt (durch das Subjekt) ausgeführt wird.
Kann man auf diese Weise auch Transitiv und Intransitiv miteinander in Beziehung setzen und umwandeln? Bleiben wir einfach bei den Verben, die sowohl transitiv als auch intransitiv sind.
Der Bäcker bäckt Brot.
Das Brot bäckt im Ofen.
Das geht übrigens auch mit "fahren", denn auch das ist sowohl transitiv als auch intransitiv. Ich kann mit dem Auto fahren, mit dem Flugzeug fliegen, ohne daß ich selbst am Steuer sitze. Ich fahre/fliege dann
mit und werde zugleich gefahren/geflogen. Aber wir können auch sagen "ich fahre/fliege". Der Taxifahrer kann den Kunden gleicherweise fragen:
Wohin wollen Sie gefahren werden?
Wohin wollen Sie fahren?
Wohin soll ich Sie fahren?
Der Taxifahrer fährt den Kunden zum Flughafen.
Der Taxi-Kunde fährt zum Flughafen.
Auch hier drücken beide Sätze die gleiche Aktion aus, nur einmal mit dem Transitiv und einmal mit dem Intransitiv. Und das Subjekt des Intransitivs ist das Objekt des Transitivs.
Bei der Beziehung Transitiv-Intransitiv muß also das Objekt des Transitivverbes zum Subjekt des Intransitivverbes werden, genauso wie bei der Beziehung Aktiv-Passiv.
Und nun zurück zu "gehen".
Aktiv - Passiv:
Ich gehe den Weg. - Der Weg wird gegangen.
Transitiv - Intransitiv:
Ich gehe den Weg. - Ich gehe.
Ich gehe den Weg. - Der Weg geht.
Ich gehe den Weg. - Der Weg geht über den Berg nach Norden.
Im ersten Fall stimmt zwar die Verwendung der Verben, aber das Subjekt des Intransitivs ist nicht das Objekt des Transitivs.
Im zweiten Fall stimmt zwar die Umwandlungsregel, doch ein Weg geht nicht.
Im dritten Fall kann zwar der Weg gehen, doch ist dies unsauberes Deutsch; Gehen steht unsauber für korrektes Führen.
Könnte dennoch der dritte Fall trotz unsauberer Verbverwendung ein sauberes Transitiv-Intransitiv-Verhältnis sein? Nein. Und das läßt sich durch die Conjugatio periphrastica herausfinden.
Conjugatio periphrastica meint, daß beim Konjugieren eines Verbes keine eigene Verbform verwendet wird, sondern eine Periphrase, eine Umschreibung mithilfe eines Hilfsverbes. Zum Beispiel bilden andere Sprachen auch für Perfekt und Plusquanperfekt eigene Verbformen heraus, doch im Deutschen ist das nicht der Fall. Während im Präsens und im Präterium (Imperfekt) noch die Verben konjugiert werden:
ich gehe / ging
du gehst / gingst
er/sie/es geht/ging
wir gehen/gingen
ihr geht/gingt
sie gehen/gingen
wird im Perfekt und Plusquamperfekt nur das Partizip II des Verbes verwendet und mit einem Hilfsverb verbunden, welches dann konjugiert wird.
ich bin/war gegangen
du bist/warst gegangen
er/sie/es ist/war gegangen
wir sind/waren gegangen
ihr seid/wart gegangen
sie sind/waren gegangen
Nun kann bei Aktiv und Passiv der Aktiv auch in Form einer Conjugatio periphrastica unter Zuhilfenahme des Passivs wiedergegeben werden.
Der Taxikunde wird gefahren. Der Taxifahrer fährt den Taxikunden.
---> Der Taxifahrer macht, daß der Taxikunde gefahren wird.
OK, ist zwar gestelzt, aber es geht nur darum, daß es so funzen würde, wenn man das Aktiv mit dem Passiv umschreiben will.
Der Bäcker macht, daß das Brot gebacken wird.
Der Leser macht, daß das Buch gelesen wird.
Der Richter macht, daß der Straftäter verurteilt wird.
...
Auch bei Transitiv-Intransitiv kann das Transitiv-Pendant eines Intransitiv-Satzes mithilfe des Intransitiv-Verbes und eines Hilfsverbes umschrieben wird.
Der Taxikunde fährt zum Flughafen. Der Taxifahrer fährt den Taxikunden zum Flughafen. Der Taxifahrer macht den Taxikunden zum Flughafen fahren.
Der Bäcker macht das Brot backen.
Der Vandale macht die Fensterscheibe brechen.
Der Redner macht die Rede beginnen.
Der Glöckner macht die Glocke läuten.
Oft wäre als Hilfsverb das "lassen" besser geeignet, dann klingt das nicht so gestelzt. Der Glöckner läßt die Glocke läuten. Aber manchmal geht das nicht. Der Taxifahrer läßt den Taxikunden zum Flughafen fahren, das klingt dann eher so, als überließe er jenem das Steuer. Deswegen bin ich beim "machen" geblieben.
So, und nun zurück zum Gehen.
Ich gehe den Weg. - Ich gehe.
Ich gehe den Weg. - Der Weg geht.
Ich gehe den Weg. - Der Weg geht über den Berg nach Norden.
Könnte eins davon ein Transitiv-Intransitiv-Verhältnis sein? Wenn ja, dann müßte sich für eine der drei Varianten der Transitiv durch den Intransitiv im Infinitiv und das Hilfsverb Machen/Lassen ausdrücken lassen.
Die erste Variante fällt schon mal wegen des falschen Transitiv-Subjekts aus.
Ich mache/lasse den Weg gehen.
Ich mache/lasse den Weg über den Berg nach Norden gehen.
Die zweite Variante - hier also die erste - scheitert noch immer daran, daß der Weg nicht geht.
Die dritte Variante nun geht zwar, aber die damit beschriebene Aktion ist nicht das transitiv formulierte "Ich gehe den Weg über den Berg nach Norden", sondern es bedutet "ich lege einen Weg an, der über den Berg nach Norden "geht"/führt".
Mit anderen Worten, "Ich gehe den Weg" ist kein klassischer Transitiv, kein Pendant zu Gehen als Intransitiv.
Da Gehen im allgemeinen intransitiv verwendet wird, und da, wenn solch ein Objekt hinzukommt, die Auswahl der möglichen Nomina extrem limitiert ist, handelt es sich nicht um eine Transitivversion zu Gehen, sondern um eine Intensivierung eines intransitiven Verbes mithilfe eines "Scheinobjekts", welches entweder aus dem Wortstamm des Verbes oder gebildet wird oder einen Begriff aus dem Wortfeld des Verbes darstellt.
Also:
einen Kampf kämpfen,
einen Schlaf schlafen,
ein Leben leben,
einen Weg gehen.