geeky schrieb:Statt der zu Hahnemanns Zeiten gebräuchlichen Drastica (stark wirkende, dafür aber auch stark schwächende Arzneien) bekam der Homöopathie-Kunde ganz einfach: Nichts. Er muß nur die Krankheit überstehen und nicht Arznei UND Krankheit. Sanfter geht es nicht.
Teilweise wahr. Richtig ist, dass "Medizin" damals tatsächlich oft gefährlicher war als viele Krankheiten oder genauso gefährlich.
Nicht wahr ist aber, dass die Patienten von Hahnemann "nichts" bekamen.
Denn dann wäre ja die düstere Einstellung "Ich bin krank und kann nichts dagegen tun" geblieben, die durchaus den Unterschied zwischen Leben und Sterben machen kann bzw den Krankheitsverlauf verschlimmern und/oder verlängern.
Hahnemann verkaufte nicht "nichts", er verkaufte Hoffnung.
Seine Patienten waren davon überzeugt eine sanfte Medikation zu erhalten, die bei ihrer Heilung aktiv unterstützt.
Es ist wirklich schade, dass der Placeboeffekt so wenig Ansehen genießt.
Homöopathieanhänger empfinden es als beleidigend, wenn man den Placeboeffekt als Wirkmechanismus ins Spiel bringt.
Homöopathiegegner neigen dazu "Placeboeffekt" mit "nichts" gleichzusetzen, was auch nicht stimmt.
Jeder Schulmediziner, der z.B. schon mal gesehen hat was psychosomatische "Erkrankungen" am Patienten anrichten können..
Das sind keine Hypochonder die Krankheiten vorspielen.
Das sind durchaus auch Menschen mit fast unstillbarem Erbrechen, Durchfällen, Reizdarmsyndromen, schwersten Beklemmungen die sich richtig übel auf den Rücken auswirken usw.
Also im Grunde kerngesunde Menschen, die NUR aufgrund von Psychosomatik durchaus in Gefahr geraten können z.B. durch den Elektrolytverlust bei ständigem Erbrechen oder Durchfall.
Von sozialer Isolation und der Unfähigkeit einen Beruf auszuüben mal ganz zu schweigen.
Natürlich muss man hier oft schulmedizinisch eingreifen um die Symptome zu lindern.
Aber die Ursache, die ist primär über Psychotherapie anzugehen und grade bei Patienten, die Schwierigkeiten haben sich einem Therapeuten zu öffnen können Placebos hier bereits ganz großartige Arbeit leisten, wenn sie von einer Person zu der der Patient vertrauen hat angepriesen werden.
Und was die Sache mit dem Vertrauen angeht sind Heilpraktiker oft besser als Ärzte, was ziemlich einfach damit zu erklären ist, dass der Heilpraktiker sich die Zeit die er sich für seine Patienten nimmt bezahlen lassen kann was dem Schulmediziner mit Kassenzulassung eigentlich verwehrt bleibt.
Von daher bin ich persönlich gegen das Verbot von Homöopathika, zumindest solange die Gabe von Placebos nicht erlaubt ist.
ABER ich bin definitiv dafür ein generelles Verbot für Heilpraktiker auszusprechen und Schulmediziner für die Zeit die grade solche Patienten benötigen ordentlich zu bezahlen.
Heide_witzka schrieb: Fraukie schrieb:
Eine Nachbarin von mir hat mir mal vorgeschwärmt, dass ihr Heilpraktiker sie mit eigens hergestellten Tropfen von einer Allergie geheilt hätte
Solche Anekdötchen kursieren zu hunderten. Die Aussagekraft reicht mir nicht um sicher von einer Heilung durch die H. auszugehen.
Das ist keine Anekdote.
Anekdoten sind die ganzen hübschen Geschichten über Wunderheilungen die irgendwelche Scharlatane berichten und die wenn man sie wissenschaftlich durchleuchtet entweder zumindest zu großen Anteilen erfunden sein müssen, wichtige Aspekte weglassen oder klar wird, dass der Patient einfach mal durch ein Wunder geheilt wurde, dass "Immunsystem" heißt und das beim Menschen im Lieferumfang inbegriffen ist.
Die Geschichte meiner Nachbarin aber ist keine Anekdote, denn sie beschreibt den einzigen, bekannten und mehrfach nachgewiesenen Fall in dem das Similiprinzip auf dem die gesamte Homöopathie fußt nachweislich funktioniert.
In jedem anderen Fall konnte nie belegt werden, dass Hahnemanns Theorie "Es heilt in Kleinstmengen, was in größeren Mengen krank macht." überhaupt stimmt.
Eben mit genau einer Ausnahme:
Die Hyposensibilisierung bei Allergien.
Das einigen Allergikern nachhaltig geholfen werden kann indem sie dem Allergen erst in Kleinstmengen und dann in steigender Dosis ausgesetzt werden ist keine Anekdote und auch kein Mythos, sondern das schulmedizinisch geprüfte und nachgewiesene Prinzip, dass das Immunsystem bei manchen Allergikern auf diese Weise hyposensibilisiert werden also lernen kann, dass der Stoff den es bekämpft gar keine Gefahr für den Organismus darstellt.
Allerdings ist die Tatsache, dass die Hyposensibilisierung von Allergikern der einzig nachgewiesene Fall ist bei dem das Simileprinzip stimmt und funktionieren kann meiner Ansicht nach auch ein verdammt guter Hinweis darauf, dass der Berufsstand des Heilpraktikers verboten werden sollte.
Denn wäre meine Nachbarin statt zu einem Heilpraktiker zu einem Schulmediziner gegangen, dann hätte der nicht nur gewusst, dass man manchmal Allergien auf diese Weise heilen kann, im Gegensatz zu dem Heilpraktiker hätte der Schulmediziner auch gewusst wie hochgradig gefährlich diese Behandlung sein kann und das man das Mittel idealerweise in der Ambulanz verabreicht, den Patienten aber mal ganz sicher nicht mit ein paar Fläschchen immer höher werdenden Konzentrationen des Allergens heim schickt und sagt "Jeden Tag eine, sind ja durchnummeriert."
Hätte meine Nachbarin nicht an einer leichten Allergie gegen (ich glaub es war Hühnereiweiß) gelitten, sondern z.B. an einer schweren Allergie gegen Erdnüsse, dann hätte der geniale Therapieplan ihres "Homöopathen" sie mit einer nicht grade geringen Wahrscheinlichkeit nicht geheilt sondern umgebracht oder zumindest in akute Lebensgefahr gebracht.
Bleibt in der Bilanz:
In den meisten Fällen ist Homöopathie einfach nur Betrug, denn es werden Präparate verkauft von denen der Heilpraktiker genau weiß, dass sie das was behauptet wird in klinischen Tests niemals halten konnten und in den Fällen in denen Homöopathie scheinbar wirkt (weil es entweder eine Hyposensibilisierung, eine Phytotherapie mit Niederpotenzen oder ein zielgerichteter Placeboeffekt ist) sollte die Ausgabe doch lieber durch einen echten Arzt erfolgen, der viel Zeit und Geld berappt hat um auf der Uni zu lernen wie man kranke Menschen eigenverantwortlich behandelt.
Das kann bei jemandem der mal einen Kurs und nen Test beim Gesundheitsamt gemacht hat auf Dauer einfach nicht gut gehen.
Im Bestfall passiert nichts, im nicht so guten Fall kostet das rumhampeln mit unwirksamen Präparaten durch einen medizinischen Laien aber ganz konkret Leben.
Und das ewige Heilpraktikerargument, dass sie ja begleitend zur Schulmedizin arbeiten ist längst dahin, weil es wirklich mehr als genug Fernsehteams gab die ganz konkret nachgewiesen haben, dass die Beratung einen Schulmediziner aufzusuchen und die Homöopathie ergänzend zu nutzen in beängstigend vielen Fällen nur dann erfolgt, wenn die Kamera sichtbar und der Reporter als solcher erkennbar ist.
"Verdeckt" und mit versteckter Kamera sind ist der Anteil an Heilpraktikern, der darüber aufklärt, dass er grade bei schweren Erkrankungen nur ergänzend helfen kann und ein Schulmediziner aufgesucht werden muss schon erschreckend gering erschreckend hoch hingegen ist die Anzahl der Homöopathen die sogar aktiv von der Konsultation eines Schulmediziners abraten, wenn sie nicht wissen, dass ein Reporter vor ihnen sitzt.