@nogonogo schrieb:Es gibt auch andere Arten von Bewegung. Ich habe einmal einen Film gesehen, da hat jemand ein ganzes Jahr damit verbracht, von einem Baum täglich kurze Sequenzen mittels fest installierter Kamara, zu drehen. Das Ergebnis war die Bewegung des Wachsens und Werdens und Vergehens im Jahreslauf.
Ja, ein so genannter Zeitraffer. Das ist eine hübsche Illusion, die vieles sichtbar machen kann, was von unserer gewohnten Eigenzeit abweicht und wir es deswegen nicht direkt bemerken können. Dennoch entsteht jede Bewegung prinzipiell so, wie ich es hier zuvor, wenn auch sehr allgemein gehalten beschrieben haben. Wenn eine Bewegung langsamer oder schneller als eine andere bemerkt wird, dann ist das deswegen so, weil das miteinander Inbezugsetzen zweier Eigenständigkeiten langsamer bzw. schneller stattfindet.
nogo schrieb:Der Standpunkt wurde dabei nicht verändert.
Standpunkte sind Punkte, von denen aus Aufmerksamkeit ausgeübt wird. Es gibt keinen Standpunkt, der anderswo als im Bewusstsein befindlich liegen könnte. Das ständig wechselnde Einnehmen eines anderen Betrachtungsstandpunktes erzeugt das, was wir Bewegung nennen. Bewegung ist eine Zugabe beim Akt der Beobachtung, der in Wirklichkeit ein Akt der Erschaffung ist. Ohne Aufmerksamkeit gibt es keine Bewegungen.
nogo schrieb:So bleibt für mich immer noch die Frage offen: gibt es Unbewegtheit, Stillstand, Zeitlosigkeit, das Auge im Sturm oder ist es ledigkeit der verzweifelte Wunsch des überforderten Gehirns nach Pause?
Es gibt sowohl Unbewegtheit, wie auch Stillstand, wie auch Zeitlosigkeit.
Wenn du traumlos schläfst, bewegt sich dann irgendetwas für dich? Alle Bewegtheiten hören dann für dich unverzüglich auf. Erst nachdem du wieder aufgewachst bist, beginnst du die Dinge erneut miteinander in Beziehung zu setzen und deswegen bewegen sie sich auch für dich wieder. Dass andere Lebewesen während deines traumlosen Schlafes nicht aufgehört haben, die Dinge miteinander in Beziehung zu setzen, bemerkst du daran, dass sie sich an anderen "Orten" befinden. Wenn man dieselben Kommunikationsmittel benutzt, dann sollte das einen nicht wundern, schließlich sind sie genau deswegen erschaffen worden. Mit Kommunikationsmitteln meine ich hier alle Wirkungen, die wir üblicherweise als Dinge und Gegenstände verstehen. Sie bilden anzahlmässig in der Summe das, was wir als Bewusstsein bezeichnen, da sie prinzipiell jedem bewusst werden können, wenn er seinen Aufmerksamkeitsfokus darauf richtet. Da Bewusstsein keinen Plural kennt und es tatsächlich nur ein einziges verfügbares Bewusstsein gibt, sind demzufolge auch seine Inhalte für jeden, der es benutzt, mehr oder weniger identisch. Deswegen erkennst du einen bestimmten Baum prinzipiell genauso, wie ich ihn erkennen kann.
Wir benutzen alle dasselbe Bewusstsein, welches durch die Dinge und Gegenstände repräsentiert ist, die einem bewusst werden können, aber wir benutzen unterschiedliche Aufmerksamkeitsfokusse, die wir dann immer nur auf jene Bewusstseinsinhalte richten, die wir für uns als erreichbar bezeichnen. Dieses Bereich der Erreichbarkeit ist das, was jeder als "sein Bewusstein" versteht. Tatsächlich jedoch gibt es nur eine einzige Gesamtheit von Dingen und Gegenständen, die wir als Bewusstsein bezeichnen.
Ob es stimmt, was ich hier sage, kannst du selbst mit einer einfachen Überlegung verifizieren. Frage dich: Ist für mich das Universum stets in seiner Gesamtheit verfügbar, oder ist es eher so, dass es für mich ein ganz bestimmtes Universum gibt, und für jemand anderen gibt es dann ein anderes? Gibt es irgendetwas, das in meinem Universum fehlt, was aber in dem Universum eines anderen vorhanden ist? Oder ist es eher so, dass jeder Einzelne von uns das komplette und vollständige Universum stets in seiner Gesamtheit verfügbar hat?
Hierbei ist es wichtig, den Unterschied zwischen Verfügbarkeit und Erreichbarkeit zu beachten. Beispiel: Das Brandenburger Tor in Berlin ist ohne jeglichen Zweifel ein Teil des Universums, genauso wie der Mond, die Sonne oder jeder beliebige Stern. Das heißt: Das Brandenburger Tor ist für jeden Menschen auf der Welt verfügbar, eben weil es Teil des gesamten Universums ist, aber es ist nicht für jeden erreichbar. Es gibt keinen Menschen auf der Welt, der in einem Universum lebt, in dem das Brandenburger Tor fehlt. Das meine ich, wenn ich sage, dass das Universum stets in seiner Gesamtheit für jeden verfügbar, aber eben nicht beliebig erreichbar ist. Und zwar deswegen, weil die Aufmerksamkeitsfokussse unterschiedliche Standpunkte einnehmen. Und weil es eine Tatsache ist, dass alle Inhalte des Universums für jeden Einzelnen verfügbar sind, sind sie demzufolge dasselbe wie das, was wir als Bewusstsein bezeichnen. Oder wie ich sage: Das Universum existiert nur im/als Bewusstsein, weil es nur dort bemerkt werden kann.
Diese Tatsache kann man zwar leugnen, wenn sie einem nicht gefällt, aber sie wird dadurch nicht unwahr.
Wenn man von Zeitlosigkeit spricht, muss man aufpassen, ob man auch das Richtige meint. Viele Menschen verwechseln Zeitlosigkeit mit einer Erfahrung. Tatsächliche Zeitlosigkeit zu erfahren ist jedoch vollkommen ausgeschlossen, weil man nur Wirkungen erfahren kann. Zeitlosigkeit ist aber nunmal dadurch charakterissiert, dass sie dasselbe wie eine vollkommene Wirkungslosigkeit ist.
Was dagegen viele Menschen oft als Zeitlosigkeit verstehen, ist lediglich ein unbewegter Aufmerksamkeitsfokus. Das ist zwar keine Zeitlosigkeit, aber es ist eine Erfahrung, eine Wirkung. Das empfinden wir dann meist als Stille, als Leere oder Ähnliches. Ein sehr entspannender Zustand. In der Meditation gibt es hierfür die sogenannte und sehr gern benutzte Nullpunkt-Meditation. Sie ist, vereinfacht gesagt, das Verweilen zwischen zwei Gedanken. Das klingt für Menschen, die nicht wissen, was das ist, zunächst abstrus, kann aber von jedem erlernt und nachvollzogen werden. Dabei macht man Folgendes: Wenn man das Auftauchen und Abtauchen von Gedanken sehr aufmerksam beobachtet, dann gibt es eine Lücke zwischen den beiden. Diese Lücke kann man erweitern. Eine herrlich entspannende Erfahrung, aus der man viel Kraft schöpfen kann. Das ist aber keine echte Zeitlosigkeit.