DavidS. schrieb:Es gibt viele Hinweise darauf, dass das Leben auf der Erde nicht einzigartig sein könnte, wie z.B. die Entdeckung von Exoplaneten oder die Existenz von extremophilen Organismen. die in extremen Umgebungen leben können, die für die meisten anderen Organismen tödlich wären.
DavidS. schrieb:Es gibt Hinweise darauf, dass einige Exoplaneten Wasser auf ihrer Oberfläche oder in ihrer Atmosphäre haben könnten.
Klar gibt es Hinweise. Ob viele, sei mal dahingestellt. Allerdings ist einer der drei von Dir genannten Hinweise schon mal keiner, auch wenn er wirklich oft dafür gehalten ist: die Größe des Universums. Richtig am Verweis auf die Größe ist, daß bei einer Wahrscheinlichkeit die Größe einer Gesamtmenge Einfluß auf die Höhe von Wahrscheinlichkeiten hat. Eine Wahrscheinlichkeit von 50% für ein Phänomen X bedeutet, daß unter zwei Events gemittelt einmal X zu erwarten ist. Etwa beim Würfeln, daß die angezeigte Augenzahl eines Würfels gerade ist. Würfel ich ein Mal, ist die Wahrscheinlichkeit, daß eine gerade Augenzahl vorkommt, 50%. Würfle ich zweimal hintereinander, liegt sie schon bei 75%. Bei vier Würfen sinds 87,5%.
Bei einer Einzelwahrscheinlichkeit von 50% brauche ich nur zwei Events, damit ich von "sehr wahrscheinlich" im Sinne von "über 50%" sprechen kann. Aber bei ner Wahrscheinlichkeit wie der, bei 6 aus 49 mit sechs Richtigen plus Superzahl den Jackpot abzuräumen, liegt bei knapp 1:140.000.000, nicht bei 1:2 wie beim Würfeln einer geraden Zahl. Auch dort wird durch Vergrößerung der Events (Loskäufe) die Gesamt-Trefferwahrscheinlichkeit erhöht. Aber bevor die Eventmenge nicht größer ist als besagte knapp 140.000.000, kann die Gesamtwahrscheinlichkeit eines Jackpot-Gewinns nicht als "sehr wahrscheinlich = größer als 50%" bezeichnet werden.
Will heißen: Um herauszufinden, ob die Größe einer Menge den Schluß auf "X ist sehr wahrscheinlich" erlaubt, müssen wir nicht nur die ungefähre Größe dieser Menge kennen, sondern auch die Einzelwahrscheinlichkeit für das Auftreten eines einzigen X. Bei ner Einzelwahrscheinlichkeit von 1:2 biste mit 10 Würfelwürfen mal sowas von sicher, wenigstens einmal was Gerades erwürfelt zu haben. Bei ner Millionen Lottolose dagegen wirst Du dagegen seehr wahrscheinlich leer ausgehen, obwohl Du Deine Gewinnchancen
extremst gesteigert hast. Doch ist das eben nur eine Steigerung in Relation zur Einzelwahrscheinlichkeit und sagt
nichts über den absoluten Wert einer Gesamtwahrscheinlichkeit aus.
Wer also aus der Größe des Universums eine hohe Wahrscheinlichkeit für Exoleben folgert, der sitzt einem groben Irrtum auf.
**********
Was wissen wir aber nun über die Einzelwahrscheinlichkeit von Lebensentstehung? Wahrscheinlichkeit ist wie gesagt der Wert des Auftreten eines Phänomens X unter Y Events, also X/Y, gemeinhin 1/Y. Wie eben 1/2 oder 1/140.000.000. Lebensentstehung ist an Bedingungen geknüpft. Und es gibt mehrere Einzelbedingungen. Gehen wir mal von planetarem Leben aus (Leben auf Monden ist auch denkbar, aber lassen wir das erst mal außen vor).
Erste Bedingung: Es gibt Sterne mit genügend hoher Metallizität, damit auch Planeten entstehen können. Wieviel Sterne erfüllen diese Bedingung? Zweite Bedingung: Nicht jeder Planet ist habitabel. Merkurkleine können keine Atmosphäre incl. Wasser halten, jupitergroße scheinen ebenfalls nicht lebensgeeignet zu sein. Selbst sogenannte Supererden scheinen wenig tauglich für Leben zu sein. Wie wahrscheinlich ist es, daß ein Planet lebenstauglich ist? Dritte Bedingung: die habitable Zone, in der die Bedingungen für Leben gegeben sind (es kommt genügend Strahlung für flüssiges Wasser an, aber nicht zu viel, sodaß nicht alles mit tödlicher Strahlungsintensität gegrillt wird). Wie wahrscheinlich ist es, daß ein Planet sich in einer solchen habitablen Zone befindet? Vierte Bedingung, die Sternenlebensdauer. Denn es braucht erst mal ne Weile, bis ein Planet entstanden ist, bis dann Leben entsteht, und wenn wir an intelligentem Leben interessiert sind, dauert auch das erst noch sehr lange, bis Leben sowas hervorbringt. Je größer, massereicher ein Stern ist, desto kürzer seine "Lebens"zeit, Brenndauer. Und zwar quadratisch. Zehnfache Sonnenmasse, nur ein Hundertstel Brenndauer. Bei gut zehn Milliarden Jahren Lebensdauer von Klärchen wären das etwas über hundert Millionen Jahre, zu wenig für Lebensenttehung. Wie viele Sterne haben genügend Lebensdauer?
Es gibt noch weitere solcher Einzelbedingungen, die wir kennen. Nochmals mehr, wenn es um das Entstehen höheren Lebens geht. Bin vor Jahren mal auf deutlich über zehn gekommen, in der Forschung werden sicher noch mehr bekannt sein. Und das Dumme: Wir kennen noch gar nicht alle zu erfüllenden Bedingungen, dazu müßten wir die Lebensentstehung erst einmal richtig begreifen, am besten im Labor nachgestalten. Und jede einzelne Bedingung hat ihre Einzel-Auftretenswahrscheinlichkeit. Diese nun müssen miteinander multipliziert werden, nicht nur addiert. Um eine Sechs zu erwürfeln - Wahrscheinlichkeit 1/6 - mußt Du im Schnitt sechs Mal würfeln. Bei zwei Sechsen mit zwei Würfeln mußt Du aber 6*6=36 mal würfeln, nicht nur 6+6=12 mal.
Wie will man nun also die Gesamtwahrscheinlichkeit für Leben im Universum herausfinden, um anhand der Größe des Universums abschätzen zu können, die Wahrscheinlichkeit für weiteres Leben sei sehr hoch? Das Dumme ist nämlich, daß selbst wenn die Wahrscheinlichkeit jeder einzelnen heute bekannten Bedingung arg hoch wäre, bräuchte es nur einer einzigen weiteren Unbekannten in der Rechnung mit extrem lausiger Auftretenswahrscheinlichkeit, und das Ergebnis kippt gewaltig. Nehmen wir mal an, wir kennen zehn Bedingungen, und neun davon sind unter jedem Stern gegeben. Dann läge die Gesamtwahrscheinlichkeit für Lebensentstehung dieser zehn Bedingungen bei 100%. Die Wahrscheinlichkeit für Leben da draußen lägesowas von hoch, sie wäre eine Gewißheit. Unter jedem Stern gäbe es Leben. Aber nur, wenn diese zehn Bedingungen alles sind. Kommt ne elfte Bedingung hinzu, und die ist nur unter jedem millionsten Stern gegeben, dann wäre nur noch unter jeder millionsten Sonne Leben zu erwarten. Naja, wäre noch immer super, und die Größe des Universums würde daraus ne Gewißheit machen. Was aber ist mit der zwölften Bedingung? Der dreizenten? Und so weiter...
Nehmen wir mal an, es gibt 35 Bedingungen, und im Durchschnitt liegt die Auftretenswahrscheinlichkeit für jede einzelne dieser Bedingungen im Durchschnitt bei 20% = 1/5. 35 Einzelbedingungen sind nicht wirklich viel, 20% mittlere Einzelwahrscheinlich nicht wirklich wenig. Damit bräuchte es jedoch schon mehrere hundert mal die Größe des gesamten beobachtbaren Universums, damit wenigstens mit einer einzelnen Lebensentstehung zu rechnen ist - also mit uns!
(Ist nur ne Beispielrechnung. Könnten zwanzig Bedingungen sein mit gemittelt 50% Einzelwahrscheinlichkeit; dann wäre mit zahlreichem Exoleben allein schon in der Milchstraße zu rechnen. Könnte aber auch noch düsterer aussehen.)
Wer nun aber aus einer hohen mittleren Einzelwahrscheinlichkeit aller bekannten Lebensentstehungs-Einzelbedingungen eine hohe Gesamtwahrscheinlichkeit für Leben folgert (unter Absehung der unbekannten Bedingungen bzw. der unbekannten Auftretenswahrscheinlichkeit schon bekannter Bedingungen), der sitzt einem zweiten groben Irrtum auf.
**********
Wenn also ein gestandener Wissenschaftler wie Dr. Harald Zaun sagt
Ich glaube dennoch daran, dass wir nicht alleine sind, weil die Wahrscheinlichkeit in Anbetracht der Größe des Universums und der vielen potenziellen Galaxien und der neu entdeckten Exoplaneten - es spricht alles dafür, dass wir nicht alleine sein können.
dann ist das grober Unfug und steht in sträflichem Widerspruch zu seinem
wenn ich untermauere, dass wir die wissenschaftliche Methode präferieren. Also wir sind auch da [...] sehr vorsichtig vorgegangen
(aus Deinem Link)
Klar, glauben darf er das natürlich. Nur eben nicht für wissenschaftlich sauber gefolgert halten.
parabol schrieb:Wir wissen sehr wenig darüber, wie das Leben entstanden ist und zugleich wissen wir sehr wenig von den Bedingungen auf den Exoplaneten, aber das Wenige was man weiß, deutet eher darauf hin, dass Leben auf den Exoplaneten existieren könnte.
Korrekt. Nur eben läßt sich in diesem Falle das bereits Bekannte nicht auf das noch nicht Bekannte extrapolieren, anders als in anderen Fällen. Wenn wir zum Beispiel nicht wissen, wie eine künftige Quanterngravitations-Theorie aussehen wird, so können wir dennoch mit dem bereits Erkannten schon mal extrapolieren, daß es auch bei der nicht möglich sein wird, ein massebehaftetes Objekt auf Überlichtgeschwindigkeit zu bringen, indem es von Unterlichtgeschwindigkeit aus beschleunigt wird. Das ist sauber extrapoliert. Aber in Sachen Lebensentstehung kann man eben nicht von der Zahl und mittleren Einzelwahrscheinlichkeit der bekannten Lebensentstehungs-Bedingungen auf die Zahl und Einzelwahrscheinlichkeit der noch nicht bekannten Bedingungen extrapolieren. Daher nützt ein "das bisher Bekannte deutet hin auf" nicht die Bohne.