kuno7 schrieb:Ich denke, Leben wird immer überall dort entstehen, wo die Bedingungen dies zulassen.
Und selbst das ist nur ein ungedeckter Scheck. Wir wissen es schlicht nicht, ob Lebensentstehung ein Automatismus ist, sobald nur sämtliche Bedingungen dafür gegeben sind. Nachher entstehen aus den richtigen Zutaten halt nur haufenweise Leichnahme statt Lebewesen; die bestehen ja nicht aus was anderem.
Wie lange es auf der Erde dauerte, als alle Bedingungen gegeben waren, bis zum ersten Leben, das wissen wir nicht. Könnten mehrere hundert Millionen Jahre vergangen sein. Und das nicht, weil Lebensentstehung halt ein so lange währender Prozeß ist. So lange Zeiträume sind in der Evolution ja durchaus gang und gebe, bevor aus nem keinen Fischlein ein denkender Mensch wird, daher sind wir es gewöhnt, mit so langen Zeiträumen zu rechnen, wenns um Leben geht. Aber damit aus einer Anhäufung von komplexen organischen Molekülen ein funktionierendes autarkes Koazervat wird, brauchts eher Sekunden, Minuten, vielleicht Tage, gar Wochen. Länger wäre fatal, da sich die Molekülketten auch wieder zersetzen, wenn sie nicht geschützt, repariert oder ersetzt werden. Auch die Vererbungsmechanismen können nicht anders als in kurzen Zeiträumen entstehen (sich allmählich verändern, verbessern, ausbauen können sie dann natürlich über Jahrmillionen).
Wenn also auf nem gigantischen "Biolabor" wie der Erde mit allen Bedingungen pro Leben hundert Millionen Jahre lang nichts passiert, dann würde ich Lebensentstehung nicht als Automatismus bezeichnen, sondern als einen extremsten Zufall, ein Versehen. Auch hier könnte man das "Größen-Argument" bringen, die schiere Zeit hunderter Millionen Jahre und die unvorstellbare Masse zeitgleicher Lebensentstehungsversuche pro Quadratkilometer machts halt irgendwann zwangsläufig. Doch auch hier wissen wir nicht, ob die Wahrscheinlichkeit pro Leben nicht erst nach zwanzig Milliarden Jahren zuschlägt und unsere Erde halt die extreme Ausnahme war, daß es schon zweihundert Millionen Jahre nach Versuchsanfang klappte.
Wäre Lebensentstehung ein Automatismus, dann wäre auch auf der Erde Leben mehrmals unabhängig voneinander entstanden. Wie wir u.a. an unserem Erbgut sehen können, geht jedoch alles bestehende Leben auf einen einzelnen, gemeinsamen Ursprung zurück (sonst hätte manche Lebensform hier andere Arten von Erbgut, andere Basen, vielleicht Quadrupletts, womöglich völlig anders aufgebaut). Klar könnt man meinen, es gab mal andere Versionen, doch die gerieten ins Hintertreffen und starben schon früh aus. Ist ja auch so die Regel, daß weniger Angepaßtes immer wieder mal verschwindet. Dumm nur, daß es durchaus verschiedene Formen, Linien und Grundtypen von Leben gibt und sich nicht stets nur eine Linie durchsetzt. Vielfalt der "Grundtypen" ist die kontinuierliche Regel. Ausgestorben wird am Rand, nicht überall außer in der Mitte. Auch der bereits erwähnte Jacques Monod (Nobelpreisträger Biochemie) kam zu dem Schluß einer einzigen erfolgreichen Lebensentstehung auf der Erde. Und wies deswegen Lebensentstehung als Automatismus, als Naturgesetzmäßigkeit ab.
Ich will nicht sagen, daß es falsch sein müsse, Lebensentstehung für einen solchen Automatismus zu halten, sobald nur sämtliche Bedingungen gegeben sind. Es ist nur genauso wenig richtig oder begründet, davon auszugehen. Wir können nicht mal Wahrscheinlichkeiten dazu ins Feld führen.