Kephalopyr schrieb:So, der Thread ist wieder eröffnet und ich hoffe, wir können uns nochmal in Ruhe über die hier angesprochene Thematik unterhalten und austauschen, ohne, dass es in irgendeine Eskalation ausartet. :)
Ach, prima. Ich hätte zur Not meine ausstehenden Antworten einfach in die andere
Diskussion verschoben. Aber dann mach' ich mir auch gleich mal 'nen Vermerk, dass ich dir auch noch 'ne Antwort schuldig bin.
:)Aber (mehr oder weniger) der Reihe nach... erst einmal
@Simplex und
@Libertin Simplex schrieb am 31.05.2023:Aber es ist schon ein Unterschied, zu sagen:
"Es ist höchst wahrscheinlich, betrachtet man allein die Zahl von ca. 70'000'000'000'000'000'000'000 Sternen im Universum, dass es dort draußen auch Leben gibt."
Oder man sagt:
"Ich weiß mit 100%iger Sicherheit: Es gibt Leben außerhalb der Erde."
Ersteres kannst du mit Papern und Articels zur Lebensentstehung untermauern; für Letzteres musst du den Nachweis erbringen.
Nun, ich sagte ja eigentlich nicht, dass ich ganz genau
wüsste, es gäbe Leben außerhalb der Erde. Ich sagte, dass eine Einmaligkeit der Lebensentstehung im Universum völlig ausgeschlossen* sei. Auch wenn der Unterschied zwischen beiden Aussagen bestenfalls geringfügig sein mag (bzw. hielte ich eine philosophische Debatte über die Definition von "Wissen" an dieser Stelle auch für müßig...).
Was ich aber meine, ist: Bis vor knapp 30 Jahren
wussten wir auch nicht, dass es noch andere Planeten außerhalb unseres Sonnensystems gibt, d.h. es gab hierfür keinen
direkten empirischen Nachweis im Sinne einer Entdeckung, wie du ihn ja nun aber gerade im Falle der Existenz von Leben außerhalb der Erde bzw. unseres Sonnensystems einforderst. Nichtsdestotrotz war es aber auch
ohne einen solchen direkten empirischen Nachweis völlig ausgeschlossen und geradezu absurd, zu glauben, dass unser Sonnensystem das einzige im Universum sei, in welchem Planeten entstanden sind. Das ließ sich natürlich durchaus
begründen**, was ein besonders verschlagenes Gemüt aber auch einfach hätte stur zurückweisen können, um weiter über unbekannte Faktoren, Wahrscheinlichkeiten und fehlende empirische Evidenz für Exoplaneten zu schwafeln.
*wir steigern uns also langsam von 'unwahrscheinlich' auf 'absurd' zu nunmehr 'völlig ausgeschlossen'
:)**Stichwort 'nebular hypothesis' u.a.
Libertin schrieb am 31.05.2023:Es lässt sich nunmal nicht komplett ausschließen und ja, dies gefällt Dir ganz offensichtlich nicht, was aber an ihrer Legitimität nichts ändert.
Nix für ungut, aber mit einem vernunftbasierten Diskurs und überhaupt irgendeinem Argument hat das herzlich wenig zu tun, wenn es - wie es scheint - letztendlich auf eine Tautologie hinausläuft:
Wir können nicht komplett ausschließen, dass die Erde der einzige Planet ist, auf dem sich Leben entwickelt hat...
...also können wir nicht komplett ausschließen, dass die Erde der einzige Planet ist, auf dem sich Leben entwickelt hat.Damit's nicht so auffällt, wird's scheinbar noch "begründet" mit einer an den Haaren herbeigezogenen "seltenen Bedingung", über die sich sonst null Aussage treffen lässt. Aber ja, gut, kann ich auch:
Wir können nicht komplett ausschließen, dass es im Universum nur so wimmelt von Leben...
...also können wir nicht komplett ausschließen, dass es im Universum nur so wimmelt von Leben.Merkste sicherlich selbst, dass so ein Appell an Nichtwissen wenig zielführend ist. Erstens.
Zweitens. Wer sich mal intensiver mit Popper oder generell mit Wissenschaftstheorie auseinandergesetzt hat, dürfte sicherlich mit der Position des
Fallibilismus vertraut sein,
"nach der es keine absolute Gewissheit geben kann und sich Irrtümer niemals ausschließen lassen". Stattdessen bleibt uns nur,
"Überzeugungen, Meinungen oder Hypothesen immer wieder auf Irrtümer hin zu überprüfen und nach Möglichkeit durch bessere zu ersetzen".
Aus einer gewissen Demut heraus und in Abgrenzung zum Dogmatismus ist der Fallibilismus durchaus eine vernünftige erkenntnistheoretische Position, sofern er nicht in eine Extremform pervertiert wird, die alles anzweifelt, was nicht ins eigene Weltbild passt, nur weil sich Irrtümer oder bestimmte Möglichkeiten nicht mit absoluter Gewissheit ausschließen lassen. Letztendlich mag alles Wissen grundsätzlich fehlbar und revidierbar sein, selbst für unsere bestbestätigsten Theorien können wir nicht mit absoluter Gewissheit ausschließen, dass sie sich nicht doch eines Tages als falsch oder zumindest unzureichend erweisen.
In diesem Sinne können wir dann aber nicht nur nicht ausschließen, dass die Entstehung von Leben tatsächlich ein einziger und unglaublich extrem seltener Zufall ist, sondern bspw. noch nicht einmal ausschließen, dass Mensch und Affe gemeinsame Vorfahren haben, sich das Universum über einen endlichen Zeitraum entwickelt hat oder Elvis nicht vielleicht doch mit Außerirdischen davonflog und immer noch lebt.
Aus Bequemlichkeitsgründen lässt man das Kleingedruckte bzw. den Vorbehalt des Fallibilismus bzw. die prinzipielle Möglichkeit eines Irrtums in der Regel allerdings meistens weg.