@Optimist An außerbiblischen Belegen scheint mir noch immer die Inschrift der Tel-Dan-Stele als das sicherste Zeugnis zu gelten. Entstanden im 9. oder 8.Jh. v.Chr. berichtet sie von einem Angriff eines fremden Reiches, genauer gesagt einer Koalition, auf ein Königreich, dessen Hauptgott Hadad war (erwähnt in Zeile 4 und Zeile 5).
Wichtig sind folgende Passagen in Zeile 7 bis 9:
[...]rm.br.[...]
mlk.ysr'l.wqtl[...]yhw.br.[...]
k.bytdwd.[...]
Zwei mal ist das Wort
br zu sehen, was aramäisch bar heißt und Sohn bedeutet. Davon ausgehend dürfte zuvor ein Personenname stehen und anschließend der Vatername. Also "X, Sohn des Y". In Zeile 7 fehlt nach dem ersten
br ungefähr so viel Text wie für einen mäßig kurzen Personennamen. Das hieße, daß der Anfang der nächsten Zeile direkt an diese Namensnennung anschließt. Und dort steht als erstes
mlk.ysr'l, gefolgt von einem
w ("und"), was auf den Anfang eines neuen Satzes oder Teilsatzes deutet.
Somit wäre der Text bis hier wie folgt:
[...]rm, Sohn des [...], König Israels.
Der nächste Satz fängt wie gesagt mit einem "und" an, gefolgt von einem Verb, das so viel wie Töten bedeutet. Es folgt wieder das Ende eines Personennamens, die Angabe "Sohn", und wieder fehlt etwas Text, diesmal aber etwas länger. Der Namensrest immerhin ist eine ziemlich typische Namensendung in Israel und Juda, nämlich "
yhw", also "jahu". Elia z.B. heißt "'elijahu", "Mein Gott ist JHW(H)".
Weil hier erneut ein Name mit Vaternamen erwähnt wird, vermutet man eine Parallele zum ersten Satz. Deswegen nimmt man an, die Passage spricht davon, daß der Sprecher (der aramäische König) auch den "[...]
rm, Sohn des [...], den König Israels" getötet hat, und ebenso, daß das
k am Anfang der neunten Zeile der letzte Buchstabe eines
mlk, also "König", darstellt (das ML hätte am Ende der 8. Zeile gestanden). Jener zweite wäre also in Parallele "[...]
yhw König von
bytdwd".
Das bytdwd nun läßt sich auflösen als "bet dawid", als Haus Davids. Im damaligen Alten Orient war es üblich, ein Königreich auch als "Haus des X" zu bezeichnen, wobei X den Dynastiegründer oder Reichsgründer bezeichnet. So wird das Nordreich Israel in manchen außerbiblischen Texten (selbst in mesopotamischen) "bit chumbri" genannt, Haus des Omri (der Begründer der Omridendynastie, unter dem Israel sehr erstarkte).
Schauen wir nun in die Bibel, so lesen wir in 2.Könige 8 dies:
25 Im zwölften Jahr Jorams, des Sohnes Ahabs, des Königs von Israel, wurde Ahasja König, der Sohn Jorams, des Königs von Juda.
26 Ahasja war 22 Jahre alt, als er König wurde, und er regierte ein Jahr in Jerusalem; und der Name seiner Mutter war Atalja, die Tochter Omris, des Königs von Israel.
27 Und er ging auf dem Weg des Hauses Ahabs und tat, was böse war in den Augen des HERRN, wie das Haus Ahabs; denn er war mit dem Haus Ahabs verschwägert.
28 Und er zog mit Joram, dem Sohn Ahabs, in den Kampf gegen Hasael, den König von Aram, bei Ramot [in] Gilead. Und die Aramäer verwundeten Joram.
29 Da kehrte der König Joram zurück, um sich in Jesreel von den Wunden heilen zu lassen, die ihm die Aramäer bei Rama geschlagen hatten, als er gegen Hasael, den König von Aram, kämpfte. Und Ahasja, der Sohn Jorams, der König von Juda, zog hinab, um Joram, den Sohn Ahabs, in Jesreel zu besuchen, weil er krank war.
Beide Könige, frisch und z.T. verwundet aus einer verlorenen Schlacht heimkommend, werden dort dann umgehend von Jehu getötet, der sich darauf selbst zum König Israels macht.
Wir haben also eine Schlacht zweier Könige gegen das Aramäerreich des Hasael, Nachfolger des Königs Hadadeser (man beachte den Gottesnamen Hadad im Personennamen), welche für die beiden Könige schlecht ausging und mit deren Tod endete. Genau das gleiche haben wir in der Tel-Dan-Inschrift. Nur daß hier der aramäische König sich mit den Lorbeeren der Königstötung schmückt. Was übrigens nicht so selten ist, daß mehrere Herrscher sich mit der selben Großtat brüsten, die doch nur von einem vollbracht worden sein kann. Na einer von beiden wirds schon gemacht haben, aber ansonsten isses doch gleich berichtet.
Und nun noch die Namen. Der Köniog von Israel war Joram, Sohn des Ahab und Bruder des jüngst verstorbenen Ahabnachfolgers Ahasja, und der König von Juda war Ahasja, Sohn des Joram. Diese putzige Namensgleichheit "über Kreuz" erklärt sich übrigens daraus, daß Israel unter Ahab und Juda unter Joschafat kurz zuvor eine Art Bündnis geschlossen hatten. Das Bündnis wurde durch eine Hochzeit besiegelt, indem der da noch junge Joram von Juda die Ahabtochter Atalja heiratete. Zu der Zeit dürfte der Ahabsohn Ahasja schon geboren gewesen sein. Die nächsten beiden Söhne, die in Juda und Israel im Königshaus geboren wurden, erhielten dann im Rahmen dieses politisch-familiären Paktes den Namen des jeweils anderen Kronprätendenten: im Nordreich der nächste Ahabssprößling, im Südreich der erste Sohn von Joram und Atalja.
Das nur nebenbei, die Thronfolge Ahasja-Joram im Nordreich Israel und Joram-Ahasja im Südreich Juda ist halt zu auffällig, um übergangen zu werden.
OK, zurück zu den beiden Königen. Der eine endet mit Namen auf
rm, und der andere auf
yhw. Genau, wie im Text der Tel-Dan-Stele. Und exakt wie in der Tel-Dan-Inschrift ist der aut -
rm endende Typ König von Israel. Und der auf -
yhw endende Typ ist ein Davidide, stammt also aus dem "Haus David". Das würde also praktisch alles total zusammengehen.
Dennoch gibt es Forscher, die das bezweifeln. Mir fällt vor allem die Schreibweise des "Haus David" auf. Sie müßte eigentlich
btdwd lauten, nicht
bytdwd, und eigentlich müßten es zwei Wörter sein, also
b(y)t.dwd. OK, im Hebräischen wird "bajit", das "Haus", tatsächlich
byt geschrieben. Aber eben nicht im Aramäischen. Denkbar wäre, daß der aramäische Text gar nicht auf aramäisch "Haus David" schreibt, sondern die hebräische Bezeichnung "Haus David" übernimmt und als hebräische Landesbezeichnung und ein einzelnes Wort fehldeutet. So ähnlich Hebräisch und Aramäisch auch sind, vor allem im Schriftbild, so sind es dennoch zwei verschiedene Sprachen, deren Sprecher einander nicht problemlos verstehen können (vgl. 2.Könige18,26-28).
Auch wenn das Y und die Zusammenschreibung für bytdwd erklärlich ist, so bleibt eine gewisse Unsicherheit, ebenso für die verstümmelten Namen. Alles in allem ist diese Interpretation aber dennoch die mit Abstand plausibelste. Nur eben kann man sie nicht "absolut gewiß" nennen.
**********
Der für mich noch immer beste Beleg für die Historizität Davids ist biblisch. Nämlich die Tatsache, daß der Jerusalemer Tempel auf Salomo zurückgeführt wird, nicht auf David.
Auch wenn Salomo der Friedensherrscher schlechthin ist, nicht David, und auch wenn Er der Tempelerbauer ist, so ist dennoch in der biblischen Überlieferung stets David DER König schlechthin. An ihm werden sämtliche Nachfolger gemessen, und nach dem Ende des Königtums und dem Exil erwartete man stets einen neuen David bzw. Davidssproß, nicht einen neuen Salomo / Salomosproß. David ist der Überflieger.
Wieso also war es Salomo und nicht David, der den Tempel zu Jerusalem errichtete? Dieser Tempel spielt im biblischen Befund ja ebenfalls eine immer größere Rolle, wird schließllich zum einzigen legitimen Heiligtum überhaupt und gilt als Garant der Nichteroberbarkeit Jerusalems (bis es dann doch passiert). Und ausgerechnet diesen Tempel hat David nicht selbst gebaut?
In den älteren Texten der Königsbücher wird dies bereits thematisiert. Es wird erzählt, daß David dies durchaus vorhatte, aber der Prophet Nathan brachte ihm ein Wort Gottes, wonach dies erst durch Salomo erfolgen solle. Immerhin konnte man in 2.Samuel24 dem König David andichten, daß er bereits den Standort des späteren Tempels durch eine Offenbarung des Engels des HERRN finden und dann aus eigenem Geld erwerben konnte. Also immerhin ein bisserl Vorarbeit für den Tempel. In den deutlich jüngeren Chronikbüchern wird David dann noch dichter an den Tempelbau gerückt; dort hat er schon das Areal vorbereiten und quasi sämtliches Baumaterial heranschaffen lassen. Salomo mußte also nur noch "stapeln".
Wie wir sehen können, war der Wunsch, David als Initiator des Tempels hinzustellen, über die Jahrhunderte hinweg vorhanden. Dennoch aber wurde es ihm nie angedichtet. Warum?
Eben weil es eine allzu bekannte Tatsache war, daß David den Tempel nicht gebaut hat, sondern sein Sohn Salomo. Salomo ist der Tempelbauherr, und das ist geradezu ein historischer Fakt. Wäre es keiner, hätte man dieses Werk David nachgesagt, was man an den vielen "Halb"versuchen sehen kann. Hat man aber nicht.
OK, historisch belegt ist damit also Salomo, nicht David himself. Immerhin aber der Davidssohn Salomo. Dies ist quasi das letzte Stück "wackelige Brücke", über das man gehen muß: Salomo ist historisch belegt, so weit das geht, und er gilt als der leibliche Sohn und direkte Thronfolger Davids. Selbst von denen, die die Historizität von David und Salomo bezweifeln, gehen nicht davon aus, daß die beiden in der Überlieferung erst nachträglich miteinander verbunden worden wären. Nein, David und Salomo gehören stets und ursprünglich zusammen als Vater und Sohn, egal ob historisch oder fiktiv.