withe schrieb:Aber mir ist @perttivalkonen s Ausschluss der Christgläubigen vom Gericht neu, da ich in der katholischen Lehre nie hörte, der Glaube "nehme vom Weltgericht aus".
Nicht? Dir ist noch nie das Konzept des Fegfeuers untergekommen? Da kommen nämlich alle die Katholen hin, die nicht so richtig brav gewesen sind. Im Fegfeuer müssense dann solange sitzen, bis ihre Sündenlast abgegolten ist. Aber anschließend kommense garantiert inn Himmel, das steht fest, sobaldse im Fegfeuer landen. Extra vors Gericht müssense nich, denn Hölle is nicht.
withe schrieb:1. Warum dieses Privileg? 2. Dann müsste der Glaube an Christus etwas besonders Verdienstvolles sein.
Ein "Privileg", welches allen offen steht. Und nicht der Glaube ist was Verdienstvolles, sondern Gottes Geschenk ist das Verdienstvolle. Muß man halt annehmen - also glauben.
withe schrieb:3. Wie definiert sich demnach überhaupt in der evangelischen Lehre der Glaube genau?
Glauben ist eine Entscheidung, eine Einstellung und ein Agieren. Stärker noch ist Glauben ein Antworten. Und vor allem: ein Geschenk. Luther:
Ich glaube, daß ich nicht [...] glauben kann.
Hier etwas länger:
Ich glaube, daß ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann;
Aus dem Kleinen Katechismus. Da gehts dann noch ein bisserl weiter, daß es der Heilige Geist ist, der den Glauben in mich gibt, zugleich auch die Gaben des Heiligen Geistes, mit denen ich meinen Glauben dann leben kann, und wodurch ich täglich Vergebung erlange und dereinst auferweckt werde und zum ewigen Leben gelange. Sowas eben. Thats Glaube à la Luther.
withe schrieb:4. Was ist eigentlich unter Werkgerechtigkeit zu verstehen? Der Katholik denkt dabei an die kleinlichen, berechnenden Pharisäer, die meinten, sie könnten das Heil von Gott kaufen, indem sie Kümmel und Minze als Opfer genau abwiegen.
Ja, Katholen habens mehr mit dem Peter als mit dem Paul. Der Paulus aber erklärts ziemlich gut (und leider auch ein bisserl unkatholisch), daß kein Mensch es vermag, sämtliche von ihm verlangten guten Werke zu tun und niemals was falsches / schlechtes zu tun. Kann kein Mensch, nicht einer. Aber es wäre nötig, um vor dem gerechten Gott bestehen zu können. Ist nun aber nicht möglich, und so mit kann kein Mensch durch Werke gerecht vor Gott sein.
Is schon richtig, auch Paulus war in seinem früheren Leben ein Pharisäer, und daher mag seine Vorstellung von der Werksgerechtigkeit der der Pharisäer ähneln. Allerdings wäre es Paulus nie dabei ums Verzehnen der Minze gegangen. Und auch Jesus kritisiert die Pharisäer nicht wegen ihrer Werksgerechtigkeit, sondern wegen ihrer mangelnden Werksgerechtigkeit. Sie verzehnen die Minze, aber sieben die Kamele aus, so der Vorwurf. Mal ins Reine gesprochen heißt es: bei kleinen, leicht zu erbringenden Opfern oder Gebotserfüllungen udgl. sindse vorbildlich, aber bei schwerwiegenderen Sachen sindse doch arg gnädig zu sich selbst. Auf die billige Winzminze zahlense problemlos den Zehnten als Abgabe, aber das große, schwere und teure Kamel, dafür wollnse nicht blechen. Sie halten sich ans Gesetz - wo es leicht fällt, wo's nicht viel "kostet". Jesu Forderung dagegen ist sehr viel radikaler: man muß alles leisten. Und hat man die gesamte Thora erfüllt, dann verkaufe man eben seinen gesamten Besitzstand und gebe das Geld komplett ab. Tu nicht alles - tu mehr! Noch mehr! Bleib nicht stehn, geh weiter, das da kannst Du auch noch tragen.
withe schrieb:Martin Luther wollte sich doch mit seiner Auslegung des Römerbriefs davon losmachen: "Allein/nur der Glaube" rette den Sünder für das ewige Heil, "nicht die Gesetzeswerke". Er verwarf den Judasbrief, der dies bestreitet.
Also Luther verwarf den Jakobusbrief nicht. Er hätte ihn gern verworfen, aber er tat es nicht. Der steht noch immer in der Lutherbibel, er fehlte nie. Immerhin aber schob Luther den Jakobusbrief nach hinten an den Katzentisch.
withe schrieb:Der Katholik stimmt Luthers "Rechtfertigung durch den Glauben" zwar zu
hat aber dennoch die Werksgerechtigkeit. Zwar ist die Menschheit durch die Erbsünde geschwächt, aber es ist möglich, durch die Werke gerecht zu werden. Ja man kann sogar mehr gute Werke erbringen, als für die eigene Gerechtigkeit möglich. Dies haben zahlreiche Heilige geschafft - und somit ne Art "Surplus erwirtschaftet". Dieser Surplus liegt jetzt im Schatzkästchen der Katholischen Kirche. Und immer, wenn ein Kathole mal wieder Nasse aufm Konto hat wegen irgendwelcher begangenen Sünden, dann macht die Kirche ihr Schatzkästlein auf und bezahlt daraus die Schulden des reuigen Sünders. Nicht aus dem Blut Jesu, nein. Damit wird der Christ einmal reingewaschen, am Anfang, quasi mit der Taufe. Aber alle späteren Sünden müssen dann aus der Werksgerechtigkeit bezahlt werden. Weil sonst wärs ja Essig mitm Himmel, dann gäbs wirklich nur das Gericht.
Für den Protestanten dagegen kommt Sündenvergebung ausschließlich aus dem Werk Christi, aus seinem Sterben für uns. Im Glauben. Und das nimmt uns aus der Werksgerechtigkeit heraus. Gänzlich. Ohne Nachbesserung mithilfe der "Guten Werke der Heiligen". Rechtfertigung
allein aus Glauben eben.
withe schrieb:Katholiken jedenfalls sind da skeptisch. Für sie gelten Jesu Gleichnis von den törichten und den klugen Jungfrauen und die Rede vom Weltgericht mit den Schafen und Böcken gleichsinnig: für alle Menschen, Gläubige und Ungläubige.
Ach, bei den Katholiken stehen die Jungfauen also für Gläubige wie Ungläubige gleichermaßen? Whow, das hätt ich jetzt echt nicht für möglich gehalten! Seit wann warten Ungläubige auf die Wiederkunft des Herrn??? Egal, ob mit Ausdauer und Anstrengung ihres Glaubens (genügend Öl auf der Pfanne) oder nicht (die törichten)? Und seit wann beachten Katholiken ihre Werke nicht, ob diese dem Herrn wohlgefällig sind? Denn im Falle daß nicht, müssense doch zur Beichte. Also nein, Katholen können schwerlich vor dem Weltrichter Schaf oder Bock spielen und so tun, als wüßtense nicht, was sie "angerichtet" haben.
Daß Katholiken ihre Schrift nicht so ordentlich lesen, um das auch wirklich zu erkennen, wovon die beiden Gleichnisse in Matthäus25 handeln, das immerhin wäre durchaus denkbar. Insofern könnt also auch ein Katholik sagen, daß da Gläubige wie Ungläubige drinstecken. Aber nur weil die das dann sagen, isses ja noch nicht inhaltlich korrekt. Das müßte man dann schon ausdiskutieren, mit Argumenten, Aufweisen und sowas.
withe schrieb:Und worin soll denn des Paulus "Nicht-ungeschoren-Davonkommen" konkret bestehen, wenn Gläubige nach dem Weltgericht überhaupt nicht mehr bestraft werden?
Also ein Katholik bist Du jedenfalls nicht. Wenn Dich diese Stelle bei Paulus nicht ans Fegfeuer denken läßt.
withe schrieb:Und gar dass sie unmöglich in die Hölle kommen können, halte ich für nicht vorstellbar.
Jeder kann in die Hölle kommen, das ist nicht die Frage. Muß man z.B. nur seinen christlichen Glauben aufgeben. Oder den Heiligen Geist lästern, katholischerseits auch noch: ne Todsünde begehen und vorm Beichten sterben (weswegen Selbstmord so ne besonders schlimme Version ist, weil a) Mord = Todsünde
und b) keine anschließende Beichte incl. Ablaß der Sünde möglich).