@Optimist Optimist schrieb:Im Moment möchte ich eben erst mal gerne die Sichtweise von Dennis zur „Brutalität“.
Vieles im AT erscheint nur auf dem ersten Blick so brutal. Aber dazu hat
@Dennis75 ja schon etwas gesagt. Sodom und Gomorra war ja auch so eine Sache. Abraham konnte ja mit JHWH aushandeln, dass, wenn er nur 10 Gerechte findet, er die ganze Stadt verschonen wird, oder? Wenn etwas aus der Bibel hervor geht, ist es, dass Gott nicht willkürlich vernichtet oder gar daran Spaß hat. Er legt lediglich seinen Schutz auf Nationen / Völker / Gruppen oder nimmt diesen Schutz eben von ihnen. Und auch das tut er nicht einfach aus Lust und Laune, sondern ist sehr geduldig. Aber irgendwann ist halt Schluss - das mag manchen nicht passen und sie mögen sagen, Gott ist brutal - aber es geht hier um eine Gerechtigkeit, welche wir aus unseren menschlichen, emotionalen Perspektive wohl nicht immer ganz nachvollziehen können - da wir nicht alle Details kennen.
Das habe ich eben gefunden:
Israel, zur Zeit der biblischen Urväter. Damals erstreckte sich im Süden des Toten Meeres das Tal Siddim. In dieser für ihre Fruchtbarkeit berühmten Landschaft lagen mehrere Städte. Laut der Überlieferung des Alten Testaments beschloss Gott, zwei dieser Siedlungen – Sodom und Gomorra – für ihre Sünden zu bestrafen und zu vernichten (1. Buch Moses, 18). Doch Abraham setzte sich für die Menschen ein. Er begann mit dem Herrn, der bei ihm zu Besuch weilte, zu feilschen und wollte erst fünfzig, dann nur noch zehn gerechte Personen in den Städten finden, um derer willen die Städte verschont werden sollten. Gott erklärte sich einverstanden und schickte zwei Engel, um die Situation vor Ort zu prüfen. In Sodom wurden sie von Lot, einem Neffen Abrahams, in dessen Haus gastfreundlich aufgenommen. Doch kaum saß man beim Abendessen, versammelten sich Sodoms »Männer, jung und alt« vor dem Haus und forderten lautstark die Herausgabe der beiden Fremden: »Führe sie heraus, dass wir uns über sie hermachen!« Doch Lot hielt das Gesetz der Gastfreundschaft für heilig. Er ging sogar so weit, den Randalierern seine bei-den noch jungfräulichen Töchter auszuliefern: »Tut mit ihnen, was euch gefällt; aber diesen Männern tut nichts ...« Davon wollten aber die Sodomiter nichts wissen. Sie drohten und versuchten mit Ge-walt in das Haus einzudringen. Da blendeten die Engel die Angreifer – und der Entschluss Gottes, die Städte zu zerstören, stand nun fest.
Bei Tagesanbruch traten Lot, seine Frau und die Töchter die Flucht an. »Da ließ der Herr auf Sodom und Gomorra Schwefel und Feuer vom Himmel herabregnen und vernichtete von Grund auf jene Städte, die ganze Umgebung, alle Einwohner der Städte und was auf dem Erdboden wuchs.« Lots Frau missachtete die Anordnung der Engel, sich nicht umzudrehen; sie »sah hinter sich und erstarrte zur Salzsäule«. Die Geschichte von Sodom und Gomorra hat seit jeher die Fantasie beflügelt, weil sie alle Ingredien-zien einer guten Story enthält: Sex, Crime – und am Ende ein gran-dioser Showdown.
Es wurde viel gerätselt darüber, was die Zerstörung dieser beiden Städte, die am Südufer des Toten Meeres lagen, erzählen will. Vordergründig handelt es sich um den Bericht eines Strafgerichts. Gott vernichtet die Städte, weil ihre Einwohner der Homosexualität frönen – das jedenfalls ist die allgemein übliche Lesart. Weshalb sonst, so das Argument, fordern die Männer von Sodom die beiden Gäste von Lot heraus – doch nur, um sich mit ihnen zu vergnügen. Homosexuelle Handlungen aber sind ein Verbrechen, das mit dem Tod bestraft werden muss – so fordert es Gott, und so steht es bis heute in der Bibel (3. Moses, 20,3).
Allerdings: Viele biblische Geschichten haben doppelten Boden, das heißt, sie berichten anhand eines konkreten Beispiels über gesellschaftliche Umwälzungen oder Naturereignisse. So brachte man die biblische Geschichte mit der Geologie des Jordantals in Verbindung: Hier gibt es einen Riss in der Erdkruste, der vom Taurusgebirge über das Südufer des Toten Meeres zum Golf von Akaba verläuft und auf dem afrikanischen Kontinent endet. Die Gebiete entlang dieses Risses sind stark erdbebengefährdet. Verschwanden Sodom und Gomorra bei einem Erdbeben und/oder einem Vulkanausbruch, bei dem Feuer und Schwefel auf die Städte niederregnete? Oder spiegelt sich in dieser Geschichte der uralte Streit zwischen Nomaden und Sesshaften? Siehe die Erzählung von Kain (der Bauer) und Abel (der Nomade). Mit anderen Worten: Sodom und Gomorra könnten zwei Handelsstädte gewesen sein, die eine aggressive Politik betrieben. Ob sich die beiden Städte gegenseitig zerstörten oder tatsächlich bei einer Naturkatastrophe dem Erdboden gleichgemacht wurden, niemand weiß es.
Für die Bibel-Autoren jedenfalls war ihre Zerstörung eine Gelegenheit, wieder einmal die Städte als Nester von Gottlosigkeit und Laster zu geißeln – und davor zu warnen, weil Gott solchen Sittenverfall grausam bestraft. Diese Warnung hat tiefen Eindruck gemacht. Noch immer stehen »Sodom und Gomorra« für sexuelle Exzesse; und unter »Sodomie« wird heute gemeinhin sexueller Umgang mit Tieren verstanden, obwohl die Bibel dies den Sodomitern gar nicht vorwirft. Ursprünglich war damit Homosexualität gemeint. Zu denken gibt allerdings das Ende der Geschichte: Lot flüchtete in eine Höhle. Dort beschlossen die beiden Töchter (weil sonst nichts Männliches in Sicht war), den Vater betrunken zu machen, mit ihm zu schlafen und sich von ihm schwängern zu lassen. Gesagt, getan. Die daraus entstandenen Kinder Moab und Ben-Ammi wurden Stammväter der Moabiter und Ammoniter. Das war vorsätzlicher, doppelter Inzest – von Bestrafung aber keine Rede. Die Bibel meint, Lot sei in den beiden Nächten zu betrunken ge-wesen, um das mitzukriegen. Eine ziemlich maue Entschuldigung, wenn man bedenkt, was den Sodomitern widerfuhr.
http://www.pm-magazin.de/r/gute-frage/was-geschah-sodom-und-gomorra (Archiv-Version vom 18.02.2013)