Dennis75 schrieb:Soweit mir bekannt ist hat noch kein Historiker jemals ernsthaft versucht das Auferstehungsrätsel mit Massengeisteskrankheit zu erklären, oder wenn dann befindet er sich in der hoffnungslosen Unterzahl gegen jene Textkritiker die Bultmann bevorzugen.
Ich möchte nun eine Reihe der bekanntesten Autoren auflisten, die die Frage nach Jesu geistiger Gesundheit angepackt haben, und die Summe ihrer Meinungen präsentieren. Der wahrscheinlich berühmteste Kritiker der letzten 200 Jahre war David Friedrich Strauß. In seinem ersten Buch "Das Leben Jesu" von 1835 vertrat er die Meinung, dass Jesus einfach ein "religiöser Fanatiker" war. In seinem zweiten Buch "Das Leben Jesu" von 1864 stellte er fest, dass Jesu Fanatismus "an Wahnsinn grenze".
Ein anderes Werk war Oskar Holtzmanns "War Jesus Extatiker?" von 1903. Ja! Er fühlte, dass er es war! "Ekstatisch" ist eine nette Art zu sagen, dass Jesus nicht im engen Kontakt mit der Wirklichkeit war.
Emil Rasmussen schrieb im Jahre 1904: "Jesus, A Comparative Study in Psychopathology" (Jesus, eine vergleichende Studie in Psychopathologie). Er folgert darin, dass Jesus ein Epileptiker war. Er weist auf zwei Arten von epileptischen Anfällen hin, einen kleineren in Gethsemane und einen grossen bei der Reinigung des Tempels. Er bietet noch andere kleinere Beweise an; sein Buch wird jedoch von den meisten anderen Autoren zu diesem Thema verworfen.
Ein weiterer Autor war Dr. George de Loosten, der sein Buch: "Jesus Christ from the Standpoint of a Psychiatrist" (Jesus Christ von Standpunkt eines Psychiaters aus) im Jahre 1905 veröffentlichte. De Loosten erklärt Jesu bizarres Verhalten mit schlechter Vererbung, die ihn zu einem "Degenerierten mit bestimmten Wahnvorstellungen" machte. Natürlich war Dr. de Loosten nicht sehr populär unter Christen. Seine Ideen fanden keine weitverbreitete Akzeptanz.
Auch Dr. Charles Binet-Sanglé nahm die Frage nach Jesu geistiger Gesundheit auf. Sein Buch: "La Folie de Jesus" (Das Irresein Jesu) erschien 1910 in Paris. Der Titel sagt alles. Dr. Binet-Sanglé bezeichnet Jesus als verrückt. Er bezeichnet seine Krankheit als "religiöse Paranoia". Seine psychiatrische Studie über Jesus legt besonderen Nachdruck auf verschiedene Ereignisse, aus denen der Arzt auf Halluzinationen schliesst. Er identifiziert 7 Halluzinationen - 2 als rein visuell und 5 als visuell zusammen mit dem Hören von Stimmen. Im Jahre 1912 veröffentlichte der prominente New Yorker Psychiater Dr. William Hirsh: "Religion and Civilization - Conclusions of a Psychiatrist" (Religion und Zivilisation - Folgerungen eines Psychiaters). Dr. Hirsh zählt verschiedene Vorfälle von abweichendem Verhalten auf Seiten Jesu auf. Er stimmt mit Binet-Sanglé hinsichtlich der Halluzinationen überein und weist hin auf seinen "Größenwahn, der unaufhörlich und unermesslich anstieg". Dr. HirshŽs Erkenntnisse sind durchaus folgerichtig. Er sagt, Jesus war "paranoid", simpel und einfach. Er fügt hinzu: "alles, was wir über Jesus wissen, stimmt so perfekt mit dem klinischen Bild der Paranoia überein, dass es schwer zu akzeptieren ist, dass die Menschen sogar die Genauigkeit der Diagnose in Frage stellen". Ich finde diese Feststellung etwas dogmatisch, besonders, wenn sie von einem Psychiater getroffen wird.
Kurz nachdem Dr. Hirsh sein Buch veröffentlicht hatte, schrieb der berühmte Dr. Albert Schweitzer seine "Psychiatrische Studie über Jesus". Es war hauptsächlich eine Auflistung dessen, was Dr. Schweitzer - allzeit ein Verteidiger Jesu - als unverantwortliche und unberechtigte Angriffe auf Jesu Geistesverfassung empfand. Er führt einige gute Gesichtspunkte an. Es sei unfair, Ereignisse aus dem Zusammenhang von Kultur und Aberglauben der Zeit, in der sie wahrscheinlich stattgefunden hatten, zu isolieren. Darüberhinaus finde ich seine Verteidigung für Jesu geistige Gesundheit verzerrt. Ein beachtenswerter Teil seines Buches jedoch ist, dass er ziemlich alle Argumente von Jesu Kritikern auflistet.
Das jüngste Buch, das ich zu diesem Thema fand, und eines der hilfreichsten, die nach der Initialzündung im frühen 20. Jahrhundert veröffentlicht wurden, ist "The Psychic Health of Jesus" (Die psychische Gesundheit Jesu) von Dr. Walter Bundy (1922). Dr. Bundy ist wie Dr. Schweitzer ein glühender Anhänger Jesu. Jedoch, Dr. Schweitzers 1913 erschienenem Werk folgend ist er ein besserer Zusammenfasser von dem, was er die "psychopathologischen Bücher" nennt, die früher über Jesus verfasst wurden. Er folgert, dass "eine Pathographie von Jesus nur möglich ist auf der Basis eines Kenntnismangels über die Richtung und die Folgerungen der Neuen Testament - Kritik und einer amateurhaften Anwendung der Psychiatrie-Wissenschaft." Es ist interessant, dass Dr. Bundy verschiedene angesehene Psychiater in Deutschland und den USA der "amateurhaften" Folgerungen bezichtigt. Durchweg erzeugt sein Buch den Eindruck, dass diese anderen Forscher, mit Ausnahme von Dr. Schweitzer einfach nicht klug genug oder sich der Fakten nicht bewusst waren, so wie Dr. Bundy es war.
In einer persönlichen Mitteilung (1996) listete Dr. A. J. Mattill Jr. 14 Kategorien auf, innerhalb derer die meisten der von den verschiedenen Autoren angeführten Punkte über Jesu Geisteszustand eingeordnet werden könnten. Die Kategorien enthalten Jesu "chronische Herumtreiberei" und "gewohnheitsmässigen Rückzug in die Einsamkeit". Um Platz zu sparen, habe ich diese und andere Kategorien ausgelassen. Auch weil argumentiert werden könnte, dass einige dieser Angewohnheiten, obgleich sonderbar, nicht unbedingt als Indikatoren für Geisteskrankheit gelten müssen. Deshalb führe ich nur acht Kategorien an, da diese in der Literatur am meisten erwähnt und am engsten mit dem Problem der Geisteskrankheiten verbunden worden sind. Hier die Kategorien in zufälliger Reihenfolge:
1.Jesu Halluzinationen, Visionen und Stimmen
2.Jesu Tempelreinigung
3.Jesu Verfluchung des Feigenbaumes
4.Jesu verbale Explosionen und Aufrufe zur Gewalt
5.Jesu Beziehung zu seiner Familie
6.Jesu instabiler Geisteszustand aus der Sicht seiner Familie und Anderer
7.Jesu messianisches Selbstbewusstsein und sein Größenwahn
8.Jesu Aufruf zur Selbstverstümmelung
http://www.ibka.org/artikel/ag03/jesus.html