@LightstormIch denke, ich sehe diese Aisha-Geschichte in einem etwas anderem Licht als viele der Kritiker hier.
Die Heirat eines jungen Mädchens war zu jener Zeit und in jenem Kulturkreis weit verbreitet. Betrachte ich die Erzählung einfach als eine historische Geschichte, so lässt sich daraus schwerlich ein Vorwurf stricken. Auch, wenn es uns seltsam vorkommen mag, so sind unsere Vorstellungen von dem, was Recht oder Unrecht ist, doch stark von der Zeit und dem Umfeld geprägt, in dem wir leben. In tausend Jahren betrachtet man möglicherweise uns als böse, primitive Menschen und kann sich unser Verhalten, unsere Vorstellungswelt und unseren Glauben nicht erklären.
Es ist sehr einfach, Leute, die in lang vergangenen Zeiten und an weit entfernten Orten leben aufgrund ihres Verhaltens zu verurteilen, insbesondere, wenn man ignoriert, das man dereinst möglicherweise selbst verurteilt wird. Man sollte nicht vergessen, das unsere Moralvorstellungen kein Absolutum darstellen. Um mal zu einem drastischen Beispiel zu greifen: Platon ist einer der größten Denker der Menschheitsgeschichte gewesen - und er war ein Unterstützer der Kindstötung, etwas, das gerne ausgeblendet wird. Warum wird Platon nicht als ein Fan des Kindermords angesehen und dafür von den Menschen verurteilt?
Die Antwort liegt meiner Meinung nach darin, das es hier keinen Anspruch der Absolutheit existiert. Wenn ich sage, das Platon sich in irgend etwas geirrt hat, dann dürfte sich daran niemand anecken, die Menschen möchten höchstens wissen, in was und warum.
Bei den Lehren von Mohammed sieht es aber etwas anders aus. An eine heilige Schrift, die die wahre Religion vermitteln soll, muss man einen Absolutheitsanspruch stellen. Das heißt, selbst wenn sich die Vorstellungen der Menschen im Laufe der Jahrhunderte um 180 ° drehen, sollte diese heilige Schrift unverrückbare Werte vermitteln. Und genau aus diesem Grunde finde ich es wenigstens erstaunlich, das hier keine exakte Aussage getroffen wird. Oder liege ich falsch und es existiert eine verbindliche Aussage? Was sagt der Koran denn zum Thema:
- Der Vollzug der Ehe mit Kindern ist völlig in Ordnung
- Der Vollzug der Ehe mit Kindern ist falsch
- Der Vollzug der Ehe mit Kindern wird gar nicht behandelt
Wie also muss ich mir das vorstellen:
1) Leben wir nur zufällig in einer Zeit, in der wir diesen Vollzug nicht in Ordnung finden, aber der Islam als "Felsen in der Brandung" bewahrt diesen Wert?
2) Der Vollzug der Ehe mit Kindern ist falsch, und der Koran sagt das klipp und klar? In dem Falle würde mich wundern, das diese Aussage mit Mohammed überhaupt im Raum steht.
3) Oder das Thema ist völlig irrelevant? Das würde zumindest für mich bedeuten, das im Islam etwas, das damals durchaus häufig vorkam, nicht behandelte, schlicht, weil es damals irgendwie "normal" war. In dem Falle hätte ich ein Problem mit dem Absolutheitsanspruch, weil es ein Hinweis darauf wäre, das nur Dinge, die man damals als falsch angesehen hat, eine Erwähnung finden. Das würde darauf hindeuten, das der Koran eine historische Schrift ist - aber eben keine Botschaft Gottes.
Mich würde Deine Meinung dazu wirklich interessieren. Und ja, mir ist klar, das ich eine solche Frage natürlich an jede Religion richten kann - tue ich im Grunde genommen auch, wenn es Dich beruhigt. Wäre aber hier im Thread ein bisschen verkehrt. ;-)
ciao
JM