Tommy57 schrieb:Was denkst du, wie Isaak über seinen Vater danach gedacht hat?
Er wird gedacht haben, dass sein Vater zum Allerschlimmsten fähig ist, wenn Gott es verlangt. Sogar dazu, sein Kind zu opfern. Und er, Isaak, war dieses Kind. Ich glaube kaum, dass seine Meinung über seinem Vater danach gut war. Aber er war sicher klug genug, das für sich zu behalten und Liebe und Achtung vorzutäuschen. Denn er wusste ja jetzt, dass sein Vater, was ihn betraf, zu allem fähig war.
Tommy57 schrieb:Isaak wird als treuer Glaubensmann beschrieben
Er kannte es ja auch nicht anders. In anderen Kulturen kam es ja auch vor, dass Kinder den Göttern geopfert wurden. War also quasi "normal". Für das entsprechende Kind wird es trotzdem jedes Mal ein enormer Schock gewesen sein, vor allem wenn die Eltern selbst die Opferer waren oder zumindest zustimmten. Da geht sicher das Urvertrauen verloren, das ein Kind normalerweise zu den Eltern hat. Aber da das Kind nach der Opferung tot ist, spielen psychische Auswirkungen ja keine Rolle mehr.
Tommy57 schrieb:zudem hat er gemäss Bericht mitbekommen, dass der Himmel letztendlich die Opferung verhindert hat.
Vor allem hat er mitbekommen, dass sein ansonsten eher konfliktscheuer Vater dazu fähig gewesen wäre. Dass Gott die Opferung dann abgebrochen hat, ändert doch daran nichts, dass Abraham es sonst durchgezogen hätte.
Tommy57 schrieb:Gott hatte gemäss Bericht die Opferung Isaaks auch angeordnet, es war nicht Abrahams Idee.
Na und? Abraham war sofort bereit, dieser Anordnung Folge zu leisten. So wie er auch sonst (wenn auch erst nach Rückfrage bei Gott, der es ihm dann erlaubte) alles tat, was andere von ihm wollten, auch wenn das zu Lasten Dritter ging.
Tommy57 schrieb:Isaak war zu dem Zeitpunkt auch kein kleines Kind mehr, sondern bereits Herangewachsen! Er hätte sich wehren können, aber er tat es nicht.
Ist das so? Davon weiß ich nichts. Meiner Meinung nach wird Isaaks Alter nicht erwähnt. Außerdem erfuhr er ja erst, als es wirklich so weit war, dass er selbst es war, der geopfert werden sollte. Selbst wenn Isaak stärker oder gleichstark gewesen sein sollte, konnte Abraham den Überraschungseffekt nutzen. Denn Isaak hatte ja anscheinend nicht mit so etwas gerechnet.
Tommy57 schrieb:Seine Zeugung und Geburt war gemäss Bericht ein göttliches Wunder, weil Sarah war bereits 99 Jahre alt.
Na und? Das zeigt doch nur, dass Gott die Menschen Kinder bekommen lassen kann, wann immer er es will. Wenn Isaak geopfert worden wäre und Abraham und Sarah dann einen weiteren Jungen, sozusagen als Ersatz, bekommen hätten, wäre das dann in Ordnung gewesen, weil Abraham ja trotzdem wieder einen Sohn gehabt hätte? Hatte Isaak nicht eigenständige Menschenrechte? War er nur ein Besitzstück seines Vaters, so wie ein Rind oder eine Schale? Ich glaube, zu der Zeit, als die Geschichte niedergeschrieben wurde, wurde das tatsächlich in den meisten antiken Kulturen so gesehen.
Tommy57 schrieb:Das war nicht unmoralisch sondern in Verbindung mit dem gesamten Bibelbericht die einzige Möglichkeit zur Rettung der Menschheitsfamilie!
Der allmächtige Gott, der selbst auch über die richtige Moral bestimmen kann, hat keine andere Möglichkeit, als einen besonders guten Menschen von anderen Menschen zu Tode foltern zu lassen? Das rettet dann die Menschenfamilie, also unbeteiligte Personen?
Tommy57 schrieb:Gott selbst konnte sich nicht opfern, weil das Opfer musste nach dem Prinzip der Gerechtigkeit dem Wert des Lebens von Adam entsprechen um den Loskauf zu bewirken.
Wie oben: Der allmächtige Gott, der selbst entscheiden kann, was gerecht ist, ist also zu brutalen Maßnahmen gezwungen, weil jede andere, unblutige Möglichkeit nicht gerecht wäre?
Na, immerhin gibst du zu, dass Gott sich nicht selbst geopfert hat, sondern jemand anderen.
Heide_witzka schrieb:Brichst du deinem Sohn auch die Beine, um der Nachbarin vergeben zu können, wenn sie das nächste Mal deine Einfahrt zuparkt?
Und das ist ja nicht alles. Da wird ja vom Sohn auch noch erwartet, dass er sich "freiwillig" die Beine brechen lässt. Und er tut es, weil er weiß, dass sein Vater die Nachbarin sonst erwürgen würde, und er (der Sohn) ihr das nicht antun will. Danach wird die Nachbarin davon in Kenntnis gesetzt und soll nicht nur künftig woanders parken, sondern dem Sohn dankbar sein, dass er sich ihr zuliebe die Beine brechen ließ, und dem Vater, dass er seine Wut an seinem Sohn abreagierte und nicht an ihr, der Falschparkerin. Und wenn sie doch mal wieder vor der Einfahrt parkt, wird sie dennoch erwürgt.
Und andere Möglichkeiten wie ein freundliches Gespräch wegen des Falschparkens, die Anrufung eines Schiedgerichts oder notfalls das Abschleppenlassen des Autos der Nachbarin kommen dem Vater gar nicht in den Sinn.
AlteTante schrieb:Bei anderen Themen (wie der Frage, was der Mensch tun soll, um das ewige Leben zu erhalten), unterscheiden sich die Evangelien da noch viel krasser. So kann man ohne große Mühen und geistige Verrenkungen alles Gewünschte hineininterpretieren.
Niselprim schrieb:Der Vater freut sich halt, wenn das Kind zu Ihm zurückfindet.
Ich meinte eher, dass es bei Johannes praktisch nur darauf ankommt, ob man an Jesus glaubt oder nicht, während das bei Matthäus nahezu unwichtig ist und es wichtiger ist, anderen Leuten Gutes zu tun.
Für mich fundamentale Unterschiede schon bei den Evangelisten, also den Urchristen wenige Jahrzehnte nach Jesu Kreuzigung, die sich vermutlich aus unterschiedlichen Auffassungen einzelner damaliger Christen erklären (hier: Johannes, wobei der Evangelist wohl gar nicht der Jünger war, und andererseits Markus, der wohl die Blaupause für Matthäus (und Lukas) geliefert hat).